Transkript
&K U R Z B Ü N D I G
Orale Alternative bei schwierig zu behandelnden Migränepatienten
ELEVATE ist die erste Studie mit einem oralen CGRP-Antagonisten, die eine signifikante Wirksamkeit in der Prophylaxe von episodischen Migräneattacken bei Patienten zeigt. Damit steht für diese Patienten neben den injizierbaren CGRP-Präparaten und auch eine orale CGRP-Variante zur Verfügung. Gepante sind orale, niedermolekulare CGRP-Rezeptor-Antagonisten, die ebenfalls speziell zur Behandlung von Migräne entwickelt wurden. Atogepant ist ein oraler Wirkstoff mit hoher Affinität, der für die präventive Behandlung von Migräne zugelassen ist. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Atogepant wurden in der ADVANCE-Studie für die Prophylaxe der episodischen Migräne und in der PROGRESS-Studie der chronischen Migräne mit und ohne vorherige präventive Behandlung nachgewiesen. In der neuen ELEVATE-Studie wurden nun Wirksamkeit und Sicherheit von Atogepant 60 mg 1-mal täglich zur präventiven Behandlung von episodischer Migräne bei Teilnehmern untersucht, bei denen dokumentiert ist, dass die vorherige Behandlung mit 2 bis 4 Klassen von oralen Präventivtherapien versagt hat. In dieser multizentrischen, randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten PhaseIIIb-Studie erhielten in 73 Studienzentren in Europa, Russland, den USA und Australien 313 Patienten zwischen 18 und 80 Jahren 1-mal täglich entweder Atogepant 60 mg oder Plazebo während 12 Wochen. Bei den Teilnehmern
handelte es sich um Patienten mit mindestens 1-jähriger Migräneerkrankung mit oder ohne Aura und mit 4 bis 14 Migränetagen pro Monat. Primärer Studienendpunkt hinsichtlich Wirksamkeit war die Veränderung der Migränetage nach 12 Wochen Behandlung. Als Ausgangswerte wurden die Anzahl Migränetage im Monat vor Studienbeginn (zw. 8 und 15 Tagen bei den meisten) herangezogen. Sekundäre Endpunkte waren das Erreichen einer mindestens 50-prozentigen Reduktion des 3-MonatsDurchschnitts der monatlichen Migränetage gegenüber dem Ausgangswert, die Veränderung der mittleren monatlichen Kopfschmerztage gegenüber dem Ausgangswert und die Veränderung der mittleren monatlichen Tage mit akutem Medikamentengebrauch. Die Veränderung von Behinderung und Lebensqualität waren weitere Parameter. Des Weiteren wurden Art und Häufigkeit von auftretenden Nebenwirkungen untersucht. Bei Studienende zeigte sich, dass Atogepant die durchschnittlichen Migränetage nach 12 Wochen Behandlung signifikant reduziert hat. Während unter Plazebo die Reduktion bei 1,9 Tagen lag, betrug sie in der Verumgruppe 4,2 Tage (kleinste mittlere Differenz –2,4 Tage; 95%KI [Konfidenzintervall] –3,2 bis –1,5; bereinigt p < 0,0001). Auch in allen sekundären Endpunkten zeigte sich Atogepant gegenüber Plazebo signifikant überlegen. Während der Therapie traten Nebenwirkungen in beiden Studiengruppen ähnlich häufig auf: 54% unter Plazebo und 52% unter Atogepant. Darunter am häufigsten Obstipation (3 vs. 10%), Nausea (3 vs. 7%) und Nasopharyngitis (8 vs. 5%). Therapiebedingte Nebenwirkungen, die bei mindestens 2 Prozent beider Gruppen auftraten, waren Obstipation, Nausea und reduzierter Appetit. Zu schweren therapiebedingten Nebenwirkungen von Atogepant kam es nicht. Die Rate von Studienabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen war tief: 2% in der Atogepant- und 1% in der Plazebogruppe. Fazit Diese Studie zeigt, dass der oral anzuwendende CGRP-Antagonist Atogepant bei Patienten mit episodischer Migräne in der Migräneprophy- laxe nach Versagen von mindestens 2 konven- tionellen Medikamentenklassen, das heisst bei einer schwierig zu behandelnden Patienten- gruppe, signifikant wirksamer ist als Plazebo. Dies bei guter Verträglichkeit. Limitierend ist allerdings die mit 12 Wochen verhältnismässige kurze Behandlungsdauer. Die Verträglichkeit in dieser Dosierung wurde jedoch in der Open-label-Verlängerung um 40 Wochen der Phase-III-Zulassungsstudie ADVANCE geprüft. vh l Quelle: Tassorelli C et al.: Safety and efficacy of atogepant for the preventive treatment of episodic migraine in adults for whom conventional oral preventive treatments have failed (ELEVATE): a randomised, placebo-controlled, phase 3b trial. Lancet Neurol. 2024;23(4):382-392. doi:10.1016/S14744422(24)00025-5. Betreuer von Epilepsie-Patienten bewerten CBD-Wirkung positiv In plazebokontrollierten klinischen Phase-IIIStudien zeigte Cannabidiol (CBD) eine Reduktion der Anfallshäufigkeit bei Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) und DravetSyndrom (DS) und verbesserte den Gesamtzustand. Anekdotische Berichte legen ausserdem eine positive Wirkung bei nicht anfallsbezogenen Domänen nahe. In der BECOME-Studie wurde dem nachgegangen. Zu diesem Zweck wurden online 498 Betreuer (97% Eltern) von Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom (80%) und Dravet-Syndrom (20%), die seit ≥ 3 Monate unter einer Behandlung mit Cannabidiol 100 mg/ml (Epidyolex®) standen, gebeten, den letzten Monat mit dem Zeitraum vor Beginn der CBD-Behandlung zu vergleichen und ihren Eindruck von Veränderungen anhand symmetrischer Likert-Skalen zu bewerten. Die Patienten waren im Durchschnitt 16 Jahre alt und zur Hälfte männlich. Die Patienten nahmen im Median eine CBD-Dosis von 14 mg/kg/d und im Median gleichzeitig 4 weitere Medikamente gegen Anfälle ein. Ein Grossteil der Befragten berichtete über Verbesserungen bei mindestens 1 Frage in allen anfallsfreien Domänen: Wachsamkeit, Kognition und Exekutivfunktion (85%); emotionale Funktion (82%); Sprache und Kommunikation (79% bei nonverbalen und 74% bei verbalen Patienten); Aktivitäten des täglichen Lebens (51%); Schlaf (51%) und körperliche Funktion (46%). Die Befragten berichteten über Verbesserungen in anfallsbezogenen Bereichen, einschliesslich der allgemeinen Anfallshäufigkeit (85%), der allgemeinen Anfallsschwere (76%), der anfallsfreien Tage pro Woche für ≥1 Anfallstyp (67%) und der An- fallsfreiheit im letzten Monat (16%). Die Mehrheit der Befragten, die über eine Verringerung der Anfallshäufigkeit berichteten, meldeten auch Verbesserungen in anfallsfreien Bereichen (51–80%). Verbesserungen in anfallsfreien Bereichen (18–56%) wurden jedoch auch von Patienten berichtet, bei denen sich die Anfallshäufigkeit entweder nicht verändert oder verschlechtert hatte. Insgesamt gaben 93% der Betreuer an, die CBD-Behandlung fortzusetzen: in erster Linie wegen der geringeren Anfallsbelastung, aber auch wegen der Verbesserungen bei nicht anfallsbedingten Ergebnissen. vh l Quelle: Berg AT et al.: Caregiver-reported outcomes with realworld use of cannabidiol in Lennox-Gastaut syndrome and Dravet syndrome from the BECOME survey. Epilepsy Res. Published online December 14, 2023. doi:10.1016/j. eplepsyres.2023.107280 34 PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE 3/2024