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&K U R Z B Ü N D I G
Cannabidiol reduziert Krampfanfälle bei Epilepsie
Traditionelle Behandlungsoptionen für neurologische Störungen wie Epilepsie, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Alzheimer-Erkrankung, neuropathischer Schmerz und Angststörungen bieten oft nur begrenzte Linderung und sind mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden. In den letzten Jahren hat das Interesse am therapeutischen Potenzial von Cannabidiol (CBD), einer im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol nicht psychoaktiven Verbindung aus der Cannabissativa-Pflanze, zugenommen. Bei bestimmten Epilepsie-Formen ist CBD zugelassen.
Auf die antikonvulsive Medikation zur Anfallskontrolle sprechen bekanntlich über 30 Prozent der Patienten nicht an. Infolgedessen wurde CBD (Epidyolex®) als adjuvante Behandlung zusammen mit bestehenden antiepileptischen Medikamenten zugelassen. Grund dafür sind Belege aus randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) für die Wirksamkeit von CBD bei der Verringerung von Anfällen bei Personen mit behandlungsresistenten Erkrankungen wie dem Dravet-Syndrom, dem Lennox-Gastaut-Syndrom und dem tuberösen Sklerose (TSC)-Syndrom.
Die therapeutischen Effekte von CBD sollen durch seine Interaktion mit dem Endocannabinoid-System, einem komplexen Netzwerk von Rezeptoren, Endocannabinoiden und Enzymen, die an der Regulation verschiedener physiologischer Prozesse beteiligt sind, vermittelt werden. CBD moduliert das Endocannabinoid-System und entfaltet neuroprotektive, entzündungshemmende, antioxidative und analgetische Effekte. Eine der bekanntesten neurologischen Störungen, bei der CBD vielversprechend ist, ist Epilepsie. Mehrere klinische Studien haben gezeigt, dass CBD die Häufigkeit und Schwere von Anfällen bei Personen mit bestimmten Arten von Epilepsie, wie dem Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom, reduzieren kann. In je einer Studie erhielten Patienten mit Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrom orales CBD 10 oder 20 mg/kg/Tag während 14 Wochen, zusammen mit einem oder mehreren antiepileptischen Medikamenten (wie Clobazam, Valproat, Lamotrigin und/oder Levetiracetam). Dabei zeigte sich, dass die Häufigkeit von Krämpfen und Anfällen unter CBD im Vergleich
zu Plazebo signifikant sank (um 37–42% vs.
17,2%). In 2 weiteren offenen Studien mit Dosen
von 20 bis 30 mg/kg/Tag über 156 Wochen
reduzierte orales CBD die Anfälle um 45 bis 84%.
In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde
die Anwendung von CBD > 50 mg/kg/Tag für
3 Monate zur Behandlung von TSC-bedingten
Anfällen untersucht. Im Vergleich zum Aus-
gangswert sank die Anzahl der wöchentlichen
Anfälle um fast die Hälfte (48. Woche). In einer
ähnlichen Studie reduzierte die Gabe von 25
oder 50 mg/kg/Tag bei TSC-Patienten während
16 Wochen 47 bis 49% der Anfälle. In der Stu-
dienverlängerung erreichten die Patienten mit
einer durchschnittlichen Dosis von 27 mg/kg/
Tag eine signifikante Anfallsreduktion von 53%
bis 61% bei der Häufigkeit von Anfällen inner-
halb von 48 Wochen.
Jeder Patient erreichte einen Rückgang von
mindestens 50% in der Anzahl der Anfälle,
begleitet von einer insgesamt verbesserten
Lebensqualität.
vh l
Quelle: Singh K et al.: Emerging therapeutic potential of cannabidiol (CBD) in neurological disorders: a comprehensive review. Behav Neurol. 2023;2023:8825358.
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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE
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