Transkript
SCHWERPUNKT
Fokus Knochen in der menopausalen Transition
Was gilt es präventiv und therapeutisch zu beachten?
Zwei Drittel der Osteoporosefälle in Europa betreffen Frauen. Das Lebenszeitrisiko einer Frau, ab 50. Lebensjahr eine osteoporotische Fraktur zu erleiden, ist mit 40 bis 50% höher als die Wahrscheinlichkeit, an einem Mammakarzinom oder kardiovaskulär zu erkranken. Die Osteoporoseprävention sollte daher Teil der gynäkologischen Vorsorge sein. Im Folgenden soll eine einfache Herangehensweise für die Praxis mit Fokus auf die menopausale Transition dargelegt werden.
MAKI KASHIWAGI, DIANA FREY
Maki Kashiwagi Diana Frey
In den nächsten zehn Jahre werden kalkuliert mehr als fünf Millionen Menschen in Europa osteoporotische Frakturen erleiden. Dies entspricht einer Zunahme von 25% gegenüber dem Jahr 2019 (1).
Ossäre Veränderungen in der menopausalen Transition
Die Menopause bezeichnet den Zeitpunkt der letzten natürlichen Menstruation (final menstruational period = FMP). 2011 wurden die STRAW (= Stages of Reproductive Aging Workshop)-Stadien etabliert, die auf der Grundlage bestehender, umfassender longitudinaler Kohortenstudien die hormonellen Veränderungen der Frau vor der FMP festhalten (2, 3). Die menopausale Transition (MT) erhält hier ihren eigenen Stellenwert. In den letzten beiden Stadien vor der FMP, STRAW-2 (= early menopausal transition) und STRAW-1 (= late menopausal transition), sind variable Menstruations-
zykluslängen und FSH-Spiegel und schliesslich Amenorrhöen, FSH-Anstiege sowie Estradiol (E2)-Abfälle zu verzeichnen. Praktisch erkennbar ist STRAW-2 an den ersten Zyklusveränderungen mit wiederholter Differenz von mehr als einer Woche in Folgezyklen innerhalb von zehn Zyklen. STRAW-1 ist charakterisiert durch die Häufung der Zyklusunregelmässigkeiten und Amenorrhöen von mindestens 60 Tagen, aber ≤ 1 Jahr. In Abbildung 1 (4) sind neben den bekannten FSHAnstiegen und Estradiol-Abfällen in diesem Kontext auch die knochenmetabolischen Auswirkungen dargestellt. Diese wurden unter anderem in den multizentrischen und multiethnischen SWAN (Study of Women Across the Nation)-Studien weitreichend untersucht. Es ist festzustellen, dass ein signifikanter Knochendichteverlust in STRAW-1 erfolgt. Die Frau verliert während der menopausalen Transition bis zu zwei Jahre nach der FMP (entsprechend «STRAW+1a, +1b») rapider an Knochendichte (BMD = bone mineral density) als in den späteren Stadien der Postmenopause. Der spongiöse Knochen ist stärker betroffen als der kortikale Knochen. In der Lendenwirbelsäule zeigt sich mit initial 2,4%/Jahr ein steilerer BMD-Abfall als in der Hüfte mit 1,8%/Jahr. In der Postmenopause, ab STRAW+1b, kommt es zu einer Abflachung der BMD-Verluste auf ca. 1%/Jahr (5, 6). Rund zwei Drittel des gesamten Knochendichteverlusts werden im Stadium STRAW-1 verloren (5).
Abbildung 1: Verlauf von Estradiol, FSH, dem Knochenresorptionsmarker N-Telopeptid im Urin und der Knochendichte während der menopausalen Transition (Transmenopause).Modifiziert nach Shieh A (4).
Frakturrisiko und Präventionsbedarf Eine verminderte BMD ist der bestimmende Faktor
für das Risiko einer osteoporotischen Fraktur (7). Es
muss dennoch in Frage gestellt werden, ob der be-
schriebene, beschleunigte BMD-Verlust der meno-
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SCHWERPUNKT
pausalen Transition, der bei einer gesunden Frau in absoluten Zahlen nur eine geringfügige Veränderung mit sich bringt, eine präventive Konsequenz zur Folge haben sollte. Für die Osteoprävention ab STRAW-1 sprechen Untersuchungen weiterer Knochenqualitätsmarker. Eine gestörte Mikroarchitektur des Knochens, die sich im TBS (= trabecular bone score) widerspiegelt, ist ein von der BMD unabhängiger Risikofaktor für eine osteoporotische Fraktur. Die TBS ist ebenfalls schon in STRAW-1 von signifikanter Degradation betroffen. Wie in den SWAN-Studien untersucht ist, zeigt sich der TBS ähnlich der BMD ab STRAW-1 bis STRAW+1 a-b mit einem Verlust von 2%/Jahr beschleunigt und erfährt dann eine Verlangsamung auf ca. 1%/Jahr (8, 9). Ebenso weist in mehreren Studien die Analyse der Knochenumbaumarker eine erhöhte Knochenresorption in der menopausalen Transition nach (6, 9). Umgekehrt zeigte sich in einer grossen Metaanalyse von 2022, dass die therapeutische Erhöhung der BMD um nur 1% eine Risikoreduktion nichtvertebraler Frakturen von 8% nach sich zieht. Jede weitere BMD-Erhöhung senkte das Risiko weiter (10). Demzufolge empfehlen zahlreiche Autorinnen und Autoren die osteologische Risikoevaluation der Patientin in der menopausalen Transition. Da es kein klares Diagnosekriterium für die menopausalen Transition gibt (aufgrund der starken Schwankungen müssten bspw. FSH- und E2- Blutspiegel seriell gemessen werden), wäre der praktische Ansatz, sich ab Alter 40 Jahren an den beginnenden Zyklusunregelmässigkeiten und ggf. klimakterischen Beschwerden zu orientieren. Sind andere auch internistische oder psychosomatische Ursachen für die Symptomatik ausgeschlossen, ist die menopausale Transition offensichtlich.
Abbildung 2: Therapieschwellen und Einteilung des 10-Jahres-Frakturrisikos für eine höhergradige osteoporotische Fraktur (adaptiert nach 12).
ist aufschlussreich für die Einschätzung der Osteoporose-Gefährdung. Hilfreich dabei ist die Übersicht der Schweizerischen Gesellschaft gegen die Osteoporose (SVGO), die zu den gelisteten Risikofaktoren auch die jeweils assoziierte Frakturrisikoerhöhung widergibt (Tabelle 1). Leider muss zwischen den evidenten und den von den Krankenkassen in der Rückvergütung der diagnostischen Kosten anerkannten Risiken (*in Tabelle 1) unterschieden werden. Patientinnen sollten auf die möglichen (geringen) Selbstkosten hingewiesen werden. Erfüllt eine Patientin eine der gelisteten Risikokriterien, wird die Abklärung über die DXA (dual energy x-ray absorptiometry)-Osteodensitometrie empfohlen.
Osteoporose-Diagnostik
Risikopatientinnen erkennen Gynäkologinnen und Gynäkologen haben das Privileg, über die regelmässige Vorsorge eine persönliche Bindung zur Patientin aufbauen zu können. Das Gespräch kommt oftmals einer Anamnese gleich und alleine durch die Beobachtung kann ein Teil klinischer Risikofaktoren für eine Osteoporose erfasst werden. Zum Beispiel können Erzählungen über körperliche Aktivitäten oder die Nutzung von Gehhilfen auf Sturzneigung hinweisen. Der Sturz ist eine der Hauptrisiken für eine osteoporotische Fraktur. Ähnlich können weitere Faktoren mit relativ geringem Aufwand eruiert werden. Eine kurze Anamnese zum Lebensstil (Nikotinabusus, Alkoholkonsum, Ernährungsgewohnheiten), zur Medikamenteneinnahme (u.a. Glukokortikoide, Aromatasehemmer) und Erkrankungen (insbesondere chronisch-entzündliche Erkrankungen bzw. Autoimmunerkrankungen)
Evaluation der Risikopatientin und Therapie Der Goldstandard in der Osteoporose-Diagnostik bleibt zur BMD-Messung die DXA-Osteodensitometrie. Die Messung des erwähnten Trabecular Bone Scores (TBS) erfolgt über den Einsatz einer spezifischen Software im Rahmen der DXA-Bildgebung. Sie ist ebenfalls etabliert. Ein T-Score (= die Abweichung des BMD im Vergleich zu der Gruppe gesunder, weisser 20- bis 29-jähriger Frauen) ab -1,0 SD ist als Osteopenie und ab -2,5 SD ist als Osteoporose definiert. Da die DXA-Osteodensitometrie keine gynäkologisch-technische «Alltagsuntersuchung» darstellt, hier einige nützliche Hinweise: n Die Strahlenbelastung einer DXA-Osteodensito-
metrie ist mit ca. 10 bis 20 Sievert gering, und sie kann der besorgten Patientin mit einem Langstreckenflug Zürich-New York (ca. 100 Sievert) verglichen werden.
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SCHWERPUNKT
Tabelle 1:
Faktoren, die in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht mit einem signifikant erhöhten Frakturrisiko assoziiert sind - mit Darstellung des relativen Risikos (RR)
(Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft gegen die Osteoporose [SVGO] 2015)
Postmenopausale Frauen und Männer ab 60. Lebensjahr
Relatives Risko (RR)
Allgemeine Risikofaktoren
Wirbelfraktur(en) SS/*
Nicht vertebrale Fraktur(en) nach dem 50. Lebensjahr
M/*
(Ausnahme Finger, Zehen, Schädel, Knöchel)
Proximale Femurfrakturen eines Elternteils
M
Untergewicht (BMI < 20) M Immobilität (kann ohne fremde Hilfe nicht ins Freie M Nikotinkonsum M Multiple Stürze (mehr als 1 x in den letzten 12 Monaten) M Krankheiten Grad-1-Hyperparathyreoidismus (I°-HPT) S/* Hypogonadismus M/* Cushing Syndrom SS Rheumatoide Arthritis M Spondylitis ankylosans M Diabetes mellitus Typ I < 70 Jahre S Diabetes mellitus Typ I > 70 Jahr
SS
Diabetes mellitus Typ II
M
Entzündliche Darmerkrankung
M/*
TSH-Werte < 0,3 mU/L S Medikamente Orale Glukokortikoide ≥ 7,5 mg Prednisonäquivalente > 3 Monate
SS/*
< 7,5 mg Prednisonäquivalente S/* Aromatase-Inhibitoren M Antiandrogene Therapie M Glitazone S Enzyminduzierende Antiepileptika S M: moderat, (RR 1,5–2, S: schwer (RR 2–4), SS: sehr schwer (RR > 4) * Pflichtleistung nach KLV, Anhang I, Absatz 9 für DXA-Untersuchung
n Für prämenopausale Frauen (z. B . mit RED-S [= Relative Energy Deficiency in Sports] oder unter antihormoneller Therapie) muss der Z-Score (= der Vergleich mit derselben Altersgruppe) bewertet werden. Ab einem Z-Score von ≤ -2,0 SD sind weitere Abklärungen empfohlen.
n Bei Frauen in der menopausalen Transition kann gemäss der International Society for Clinical Densitometry (ISCD Update 2023) der T-Score für die Diagnostik angewendet werden.
n Rund 50% der nichtvertebralen osteoporotischen Frakturen geschehen bei osteopenen Knochendichtewerten (11). Auch die Osteopenie ist bei Risikopatientinnen weiter abklärungsbedürftig.
n Für die sicher präzise Beurteilung von Verlaufsmessungen sollten diese wenn möglich am selben Gerät und durch dieselbe technische Assistenz durchgeführt werden. Für die technische Assistenzpersonen wird im Optimalfall durch Mehr-
fachmessungen an derselben Patientin sogar der Abweichungskoeffizient berechnet. n Eine Verlaufskontrolle ist selten früher als nach zwei Jahren sinnvoll.
Bei signifikant verminderter BMD oder einem raschen Knochendichteverlust muss die physiologisch hormonelle Ursache von sekundären BMD-Verlusten durch ein Basislabor differenziert werden (Tabelle 2). Gynäkologisch ohnehin relevant bei Zyklusstörungen in der menopausalen Transition wären der diagnostische Ausschluss einer Hyperprolaktinämie oder Hyperthyreose. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Inneren Medizin respektive Osteologie kann hierbei oder in der gemeinsamen Bewertung des schlussendlich kalkulierten 10-Jahres-Frakturrisikos der Patientin beginnen. Die Kalkulation dieses Risikos erfolgt auf der Grundlage der T-Werte und o.g. klinischer Risikofaktoren über Web-verfügbare Tools wie dem FRAX (https:// www.fraxplus.org/) oder dem Schweizer TOP-Tool (https://www.osteorheuma.ch/top/). Die 10-Jahres-Frakturwahrscheinlichkeit wird neuerdings ergänzt durch eine Frakturanamnese. Dadurch wird der jeweilige Fall therapeutisch in eine low, moderate, high oder sogar imminente Risikosituation klassifiziert (Abbildung 2) (12). Die low- und moderate risk-Situation sind das therapeutische Einsatzgebiet der endokrinologischen Gynäkologie, supportiv ist sie in den höheren Risikosituationen jedenfalls wirksam.
Die Hormontherapie als effiziente Frakturprävention bereits in der menopausalen Transition?
In den Guidelines der gynäkologisch-endokrinologischen Fachgesellschaften wird gemäss der Datenlage nach Risiko-Nutzen-Abwägung der Einsatz der Hormontherapie (HT) nicht nur therapeutisch sondern auch für die Protektion des Knochens befürwortet (Kasten). Es scheint nun naheliegend, Risikopatientinnen für Osteoporose schon in der menopausalen Transition nach Ausschluss von Kontraindikationen und auch ohne Vorliegen von klimakterischen Beschwerden eine HT anzubieten.
Östrogen ist im stetigen, resorptiv-anabolem Knochenumbauprozess ein wichtiger Resorptionshemmer. Unter anderem erhöht Östrogen in den Umbauzonen die Sekretion von Osteoprotegerin, das die Osteoklastenbildung bzw. -differenzierung hemmt. Zudem wirkt es auf anderen Ebenen des Knochenstoffwechsel, in dem es beispielsweise die Apoptose der für den Knochenaufbau relevanten Osteoblasten und Osteozyten verlangsamen kann.
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SCHWERPUNKT
Die Assoziation der gesamthaft sinkenden E2-Spiegel mit vermehrter Knochenresorption, mit abnehmender BMD sowie mit einer Erhöhung des Frakturrisikos ist bestens belegt. Bestens belegt für die Postmenopause ist ebenso, dass die kombinierte Hormontherapie Östrogen plus Gestagen, aber auch die alleinige Östrogentherapie das Risiko für eine osteoporotische Fraktur um 20 bis 40% senkt (13, 14, 15). In der menopausalen Transition finden sich jedoch zum Teil noch normwertige E2-Spiegel. Als Einflussfaktoren für die osteologischen Veränderungen werden zusätzlich die Schwankungen der E2-Spiegel diskutiert, ein direkter Einfluss des hohen FSH, für das sich an Osteoklasten und ihren Vorläuferzellen Rezeptoren finden oder aber auch die sinkenden Androgenspiegel.
Progesteron Die Zyklusstörungen der menopausalen Transition sind geprägt durch Lutealinsuffizienzen und Anovulationen. Der Progesteronmangel geht dem Östrogenmangel voraus. Federführend in der Frage der Relevanz des Progesterons auf den Knochenstoffwechsel ist die Studiengruppe um Prior und Seifert-Klauss. Schon in der WHI-Studie konnte eine additive Wirkung des Gestagens (Medroxyprogesteronacetat) auf die BMD und die Frakturprävention dargestellt werden (15). Prior und Seifert-Klauss bestätigten den Gestageneinfluss erneut gemäss einer Metaanalyse: Östrogen kombiniert mit synthetischem Gestagen führt zu einem signifikant höheren BMD-Anstieg als eine Östrogentherapie alleine (16). Weitere eigene Untersuchungen der genannten Autorinnen (v.a. auch bei Fällen von Anovulation oder in vitro) lassen einen knochenanabolen Effekt des Progesterons annehmen (17). Die Gabe von Progesteron zum Östrogen in der menopausalen Transition könnte schlussendlich eine Verstärkung der Knochenformation bewirken. Bei Frauen nach Hysterektomie oder unter Gestagen-IUD ist somit nicht nur für Schlafstörungen oder für die anxiolytisch-sedative Wirkung des Progesteronmetaboliten Allopregnanolols sondern auch in osteologischen Risikosituationen die Progesterongabe grosszügig zu erwägen. Praktisch sind für die HT zur Osteoprotektion folgende Aspekte zu berücksichtigen: n Für die transdermale Östrogenzufuhr existieren
nur Belege zur Verbesserung der BMD, Frakturdaten existieren nicht. In einer longitudinalen Studie der SWAN an > 2000 multiethnischen Frauen wurde in der menopausalen Transition mit einem E2-Spiegel < 35 pg/ml signfikante BMD-Verluste der LWS assoziiert (18). Auch unabhängig von der BMD wiesen Frauen mit höheren E2-Spiegeln ein
Tabelle 2:
Laborparameter, mit einem signifikant erhöhten Frakturrisiko assoziiert sind, und Fragestellungen
modifiziert aus Empfehlungen der SVGO 2015
Laborparameter Fragestellung
Differenziertes Blutbild
Hämatologische Pathologien
CRP/BSG
DD: entzündliche Ursachen, multiples
Myelom
Serum-Kalzium
DD: I°-HPT, 2°-HPT, Tumorhyperkalzämie
– bei Hyper- oder Hypokalzämie: Parathormon
Serum-Phosphat
2°-HPT, Malabsorption
Alkalische Phosphatase
Osteomalazie, Hypophosphatasie
Gamma-GT
DD einer hepatisch bedingten
AP-Erhöhung
Serum-Kreatinin und eGFR
renale Osteopathie
TSH < 0,3 mU/L endogen oder durch
L-Thyroxin-Medikation bedingt
25-(OH)-D bei Hypo-, Hyperkalzämie, V. a.
Vitamin-D-Mangel
Mangelernährung (auch St. n. Bypass-OP)
FSH bei Amenorrhö vor dem durchschnitt-
Hypogonadismus-Abgrenzung zum POI
lichen Menopausenalter, bzw. generelle
Amenorrhöabklärung je nach Klinik
Tryptase Mastozytose
Transglutaminase-Antikörper Zöliakie-Ausschluss
Prolaktin Hyperprolaktinämie
HPT: Hyperparathyreoidismus, POI:prämature Ovarialinsuffizienz DD: Differenzialdiagnose
Kasten:
Empfehlungen der Fachgesellschaften* zum Einsatz einer Hormontherapie (HT) zur Osteoprotektion
n Bei Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko (FRAX®) ist die HT auch bei asymptomatischen Frauen eine Therapie der ersten Wahl.
n Nach Ausschluss von Kontraindikationen ist eine systemische HT bei Frauen < 60 Jahren oder innerhalb 10 Jahren nach der Menopause eine geeignete Therapie, um vor Knochenverlust zu schützen (Level I)
n Der Beginn einer HT zum alleinigen Zweck der Prävention von Frakturen nach dem 60. Lebensjahr wird nicht empfohlen. Hingegen kann eine individualisierte HT allein zur Frakturprävention über das 60. Lebensjahr hinaus fortgesetzt werden, sofern die möglichen langfristigen Vorteile und Risiken im Vergleich zu den alternativen nicht hormonellen Therapien berücksichtigt sind.
n Nach Ausschluss von Kontraindikationen sind Frauen mit vorzeitiger Menopause ohne vorangehender osteoporotische Fraktur bis zum durchschnittlichen Menopausenalter am besten mit einer HT oder oralen Kontrazeptiva versorgt, um vor BMD-Verlust zu schützen und das Frakturrisiko zu reduzieren – eher noch als durch knochenspezifische Therapie. Anschliessend sollte die Behandlung neu evaluiert werden (Level II).
* SGGG Expertenbrief Nr. 42. North American Menopause Society (NAMS): The 2022 hormone therapy position statement of the NAMS.
niedrigeres Frakturrisiko auf (19, 20). Der empfohlene Zielspiegel variiert je nach Expertengruppe, es lohnt sich jedenfalls bei Risikopatientinnen unter transdermaler HT einen Wert von > 35 pg/ml sicherzustellen. n Wird eine HT beendet, sollte bedacht werden, dass der protektive Effekt des Östrogens nachlassen wird.
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SCHWERPUNKT
Schlussfolgernd sollte im Hinblick auf eine effiziente
Osteoporoseprävention berücksichtigt werden, dass
in der menopausalen Transition ein rapider BMD-Ver-
lust zu verzeichnen ist und Risikopatientinnen anam-
nestisch frühzeitig erfasst werden.
Die Frakturprävention gehört zu den am besten be-
legten medizinischen Vorzügen einer HT in der Pri-
märprävention.
Der Beginn einer prophylaktischen HT ist daher nicht
zwingend an die Dauer der Amenorrhö oder dem
Vorliegen klimakterischer Beschwerden gebunden,
sondern sollte gemeinsam mit der Patientin bzw. in-
dividuell erörtert werden.
n
Dr. med. Maki Kashiwagi (Korrespondenzadresse) FMH Gynäkologie und Geburtshilfe gynosense-Gesundheitszentrum für die Frau 8610 Uster E-Mail: maki.kashiwagi@gynosense.ch
Dr. med. Diana Frey Leiterin Osteoporosezentrum (bis 2024/8) Universitätspital Zürich 8091 Zürich Konsiliarärztin für Knochenstoffwechselerkrankungen in der Praxis gynosense.
Interessenkonflikte: keine.
Merkpunkte
n Bereits in der menopausalen Transition kommt es zu einem rapiden Knochendichteverlust sowie einer Degradation der ossären Mikroarchitektur.
n Auch bei Osteopenie können Frakturen auftreten. n Nach Messung der Knochendichte ist nicht die Definition der Osteoporose oder Os-
teopenie ausschlaggebend für einen Therapiestart, sondern das kalkulierte 10-Jahres-Frakturrisiko, das die Klinik (v.a. auch stattgehabte Frakturen) miteinbezieht. n Die SGGG und die Empfehlungen der NAMS ermöglichen den Einsatz einer HT zur Osteoporoseprävention auch ohne Vorliegen der typischen Menopausenbeschwerden.
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