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KONGRESSBERICHT
American Society of Clinical Oncology (ASCO) Annual Meeting, Juni 2024
Knochenmetastasen bei Brustkrebs: RANKL-Antikörper
Weniger intensive Therapie – positive Effekte
Bei Knochenmetastasen erfolgt standardmässig die Behandlung mit dem RANKL-Antikörper Denosumab (120 mg, XGEVA®) zur Verringerung skelettbezogener Ereignisse wie Knochenfrakturen; andererseits sind Nebenwirkungen, vor allem schmerzhafte Kieferosteonekrosen, einzukalkulieren. Jetzt kam eine grosse Schweizer Studie zu dem Ergebnis, dass eine weniger intensive Therapie (Dosis alle 12 statt alle 4 Wochen) bei guter Wirksamkeit weniger Kiefernekrosen bewirkt. Somit können verbesserte Lebensqualität und Einsparung von Therapiekosten erreicht werden.
In der Schweiz treten bei mehr als 5000 Krebspatientinnen und -patienten jährlich Knochenmetastasen auf, darunter sind viele mit Brustkrebs. Betroffene erhalten heute überwiegend die antiresorptive Behandlung mit Denosumab (120 mg), welche sich als wirksamer als mit einem Bisphosphonat erwiesen hat bezüglich skelettbezogener Folgen von Knochenmetastasen. Schmerzhafte Knochennekrosen des Kiefers als Nebenwirkung einer Langzeittherapie mit Denosumab können im Verlauf aber bis zu 10% der Behandelten betreffen. Die Frage stellt sich, ob dieses Nebenwirkungsrisiko unter verändertem Anwendungsschema verringert werden kann. Die Schweizerische Arbeitsgruppe für klinische Krebsforschung (SAKK) lancierte ihre dazu bisher grösste Studie (SAKK 96/12; REDUSE): Die randomisierte Phase-III-Studie untersuchte als «non-inferiority trial» die optimale Dosierung von Denosumab bei Patienten mit Knochenmetastasen, erste Ergebnisse wurden am diesjährigen ASCO-Jahreskongress präsentiert (1).
REDUSE-(SAKK 96/12) Studie
In die Studie wurden 1380 Patientinnen und Patienten mit metastasiertem Mammaoder kastrationsresistentem Prostatakarzinom aus grossen Schweizer Tumorzentren eingeschlossen und 1:1 randomisiert für n Denosumab 120 mg alle 4 Wochen
(q4w; Standardmedikation = Arm A) versus n Denosumab 120 mg alle 12 Wochen (q12w; Arm B) nach einer dreimonatigen Induktionsphase mit dem q4w-Schema. Die Inzidenz von Kiefernekrosen war ein Studienziel («key secondary outcome»). Obligat war die zahnärztliche Inspektion bei Studienbeginn und vor jeder Denosumab-Gabe; für Patienten mit Risikofaktoren wurde eine prophylaktische Zahntherapie empfohlen. In die Zwischenanalyse nach median drei Jahren Beobachtung («follow-up»; cutoff: 11. Dezember 2023) wurden die Daten der Patienten einbezogen, die mindestens eine Denosumab-Dosis erhalten hatten. Da die Unterscheidung zwischen Zahninfektion und Kieferosteonekrose schwierig sein kann, wurden beide Befunde in die Analyse einbezogen.
Verringerung des Risikos für Kiefernekrosen um 33%
Die Daten von 1271 Patienten konnten
ausgewertet werden. In der dreimonati-
gen Induktionsphase erlitten bereits 2
eine Kieferosteonekrose.
In Arm A kam es bei 48/575 (8,3%) und in
Arm B bei 32/561 (5,7%) Patienten zu ei-
ner Kieferosteonekrose. Die Zeit bis zum
Auftreten der ersten Nekrose und/oder
Zahninfektion war deutlich länger in Arm
B mit der Anwendung alle 12 Wochen: Es
traten im Beobachtungszeitraum 33%
weniger dieser Nebenwirkungen auf:
Hazard Ratio (HR) 0,67; 95%-KI: 0,48–
0,93) (vgl. Details in der Tabelle).
Die Studienleiter betonen, dass die Rate
der Kieferosteonekrosen in der REDUSE-
Studie von 8,3% in der q4w-Anwendung
über rund zwei Jahre der früherer Studien
entspricht. Dies bedeute, dass die Ergeb-
nisse zur Denosumab-Verabreichung alle
12 statt alle 4 Wochen, klinisch relevant
sind. Weitere Studienresultate werden
mit Spannung erwartet.
In ihrer Medienmitteilung betont die
SAKK, dass dieses Ergebnis dazu bei-
trägt, dass hohe Kosten der Tumor- und
Nebenwirkungstherapie erheblich ge-
senkt werden können (2).
n
Bärbel Hirrle
Quellen: 1. Von Moos R A et al: Incidence of osteonecrosis of the jaw (ONJ) in the randomized non-inferiority phase III trial SAKK 96/12 REDUSE comparing denosumab (DN) administered every 4 weeks (q4w) versus every 12 weeks (q12w). ASCO 2024; Abstract 12067. 2. SAKK: Sinkende Therapiekosten und reduzierte Nebenwirkungen. Medienmitteilung der SAKK. Juni 2024.
Tabelle:
Zahl (Anteil) der Patientinnen und Patienten mit Kiefernekrosen und/oder Zahninfektionen als Nebenwirkung unter Denosumab 120 mg zur Behandlung bei Knochenmetastasen
(adaptiert nach [1]).
Studienbeginn
In ersten 16 Wochen
(Baseline) (N = 1271) (N = 1271)
Kieferosteonekrosen
0 (0,0%)
2 (0,2%)
Zahninfektion oder Zahnabzess
0 (0,0%)
10 (0,8%)
Kieferosteonekrosen oder
0 (0,0%)
12 (0,9%)
Zahninfektion/-abszess
Bis zum Therapieende Arm A (= q4w) (N = 575) 48 (8,3%) 43 (7,5%) 81 (14,1%)
Bis zum Therapieende Arm B (= q12w) (N = 561) 32 (5,7%) 28 (5,0%) 55 (9,8%)
28 GYNÄKOLOGIE 3/2024