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JOURNAL CLUB
Brustkrebs im Frühstadium (HR+/HER2-)
CDK4/6-Hemmer in der Adjuvanz für Hochrisikopatientinnen
Für den häufigsten Brustkrebstyp (HR+; HER2-) in einem frühen Stadium kann es
sowie Männer mit dieser Krankheit er-
bald grünes Licht für eine neue Therapieoption geben: Die Zugabe des CDK4/6-Inhibitors Ribociclib zum Aromatasehemmer in der adjuvanten Therapie hat ein signifikant verbessertes invasiv krankheitsfreies Überleben bei Patienten im Stadium II und III gezeigt, so erste Zwischenresultate der Phase-III-Studie NATALEE. Eine
hielten zusätzlich Goserelin alle 28 Tage. Eingeschlossen wurden Patienten unabhängig von ihrem Nodalstatus bei Stadium IIB und III, diejenigen im Stadium IIa mit mindestens einem positiven
ähnlich konzipierte Studie (monarchE) mit Abemaciclib hatte schon früher Resul- Lymphknoten oder einem Ki-67-Prolife-
tate gezeigt, welche zur Zulassung für die adjuvante Therapie führten.
rationsindez von mindestens 20% oder auch Patienten in einer genetischen
Hochrisikogruppe (z. B. Oncotype DX
Hormonrezeptor-positiver (HR+), HER2- die Behandlung mit Ribociclib (3 Jahre) Breast Recurrence Score von mindestens
negativer (HER2-) Brustkrebs betrifft zirka plus einem nichtsteroidalem Aromatase- 26). Primärer Endpunkt war das invasive
70 bis 75% aller Mammakarzinome und hemmer (NSAI; Letrozol oder Anastrozol) krankheitsfreie Überleben (IDFS); zu den
wird meist in einem Stadium I bis III dia- für mindestens 5 Jahre versus einem sekundären Endpunkten gehörten das
gnostiziert. Diese Erkrankung wird in NSAI allein. Prämenopausale Frauen fernmetastasenfreie Überleben, Ge-
kurativer Absicht mittels Chirurgie, ggf.
Radio- oder Chemotherapie, gefolgt von
adjuvanter Hormontherapie für 5 bis 10 Jahre behandelt. Trotz dieser Optionen kommt es im Stadium II bei etwa 30% und im Stadium III bei bis zu 57% der Patientinnen zum Rezidiv, auch noch 20 Jahren nach der Diagnose.
Adjuvantes Abemaciclib erreicht kontinuierlich Überlebensvorteile
Eine neue, kürzlich publizierte Zwischenanalyse der monarchE-Studie mit Abemaciclib plus endokriner Therapie (ET) versus alleiniger ET in der Adjuvanz bei Brustkrebspatientinnen (mit HR+, HER2sowie nodalpositiven Tumoren) ergab, dass sich der klinische Nutzen über die Jahre fortschreitend vergrösserte und das Gesamtüberleben verlängerte.
Die zyklinabhängigen Kinasehemmer
Zuvor war nachgewiesen worden, dass die adjuvante Therapie mit Abemaciclib (Verzenios®) plus ET über
(CDK4/6-Hemmer) werden standardmässig bei Brustkrebs (HR+; HER2-) im fortgeschrittenen Stadium eingesetzt, seitdem Studienresultate ein signifikant
2 Jahre zu einem signifikant verbessertem invasiv krankheitsfreiem Überleben (IDFS; Hazard Ratio: 0,680) und fernmetastasenfreien Überleben (DRFS; HR: 0,675) führte. Die neue, terminlich geplante Analyse bezog sich nun auf 5-Jahres-Resultate zu beiden Parametern und zum Gesamtüberleben; das mediane Follow-up betrug 54 Monate.
verbessertes Gesamtüberleben nachgewiesen haben und die entsprechende
monarchE: im Langzeitverlauf immer mehr Nutzen Die internationale Phase-III-Studie zog gesamthaft 5637 Patientinnen und Patienten mit Hochrisiko für ein
Zulassung erfolgte. In der adjuvanten Rezidiv ein. Dabei wurde stratifiziert in Kohorte 1 (91% der Pat.: 4 positive pathologische Lymphknoten
Situation wurde kürzlich der CDK4/6Hemmer Abemaciclib (Verzenios®) in Kombination mit endokriner Therapie für Hochrisikopatientinnen zugelassen (s. Compendium Schweiz).
(pALN) oder 1 bis 3 Hochrisikofaktoren bzw. Tumorgrösse ≥ 5 cm) und in Kohorte 2 (9%: 1 bis 3 pALN und Ki-67 ≥ 20%). Die gesamte Intention-to-treat-Population zeigte im Follow-up nach der Therapiephase über 2 Jahre eine weitere Verbesserung beim IDFS (7,6%) und beim DRFS (6,7%) gegenüber den 6% bzw. 5,3% nach 4 Jahren und den 4,8% bzw. 4,1% nach 3 Jahren gegenüber der Kontrollgruppe. Dies entspricht einer Risikoverringerung um 32%, und zwar in allen Subgruppen.
NATALEE: offene, randomisierte Vergleichsstudie mit über 5000 Teilnehmern
Aufgrund des etablierten Nutzens des CDK4/6-Hemmers Ribociclib (Kisqali®) beim fortgeschrittenen Karzinom wurde jetzt an über 5000 Patientinnen/Patienten mit frühem (HR+, HER2-) Brustkrebs Ribociclib als Zugabe zur Aromatasehemmertherapie untersucht. Erste Resultate der geplanten Zwischenanalyse der Studie liegen jetzt vor (1): In die internationale Phase-III-Studie wurden Frauen und auch Männer im Brustkrebsstadium II und III randomisiert im Verhältnis 1:1 für
Besseres Gesamtüberleben, wesentlich weniger Metastasen Zum Zeitpunkt der Interimsanalyse nach 5 Jahren waren 208 (7,4%) versus 234 (8,3%) gestorben. 8,6% respektive 10,3% der Patienten hatten die Studie abgebrochen. Trotz der verringerten Sterberate im Studienarm erreichte der Unterschied beim Gesamtüberleben keine statistische Signifikanz, die Hazard Ratio betrug 0,903 (95%-KI: 0,749–1,088). Bemerkenswert ist auch, dass von den Überlebenden im ET-Arm 269 Patienten Metastasen entwickelten und im Abemaciclib-/ET-Arm nur 138. Bezüglich Toxizität gab es keine neuen Signale im Beobachtungszeitraum. Die Studienleiter sehen den Nutzen der Abemaciclib-Zugabe zur ET in der adjuvanten Therapie für Hochrisikopatientinnen und -patienten deutlich bestätigt.
hir
Quelle: Rastogi P et al.: Adjuvant abemaciclib plus endocrine therapy for hormone receptor–positive, Human Epidermal Growth Factor Receptor 2–Negative, High-Risk Early Breast Cancer: Results From a Preplanned monarchE Overall Survival Interim Analysis, Including 5-Year Efficacy outcomes. J Cln Oncol 2024; Mar 20;42(9):987-993. doi: 10.1200/JCO.23.01994.
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samtüberleben, die Sicherheit und Lebensqualität.
Nach 3 Jahren: Risikoreduktion für Rezidiv um 25,2%
Die Randomisierung erfolgte zwischen Januar 2019 und April 2021 und umfasste insgesamt 5101 Patientinnen und Patienten mit ähnlichen demografischen und klinischen Charakteristika. Zum vordefinierten Daten-Cutoff-Termin (11. Januar 2023) zeigte die Zwischenanalyse einen signifikanten Nutzen beim IDFS unter der Kombination gegenüber der alleinigen NSAI-Gabe. Nach dreijähriger Behandlung überlebten 90,4% der Patienten invasiv krankheitsfrei versus 87,1% in der Kontrollgruppe. Dies entspricht einer Hazard Ratio (HR) für eine invasive Erkrankung bzw. Rezidiv oder Tod von rund 0,75
(95%-KI: 0,62–0,91; p = 0,003). Die mediane Therapiedauer betrug 30 Monate in beiden Gruppen. 426 Patienten hatten bis 11. Januar 2023 eine invasive Erkrankung bzw. ein Rezidiv erlitten oder waren gestorben: 189 (7,4%) in der Ribociclib/NSAI-Gruppe und 237 Patienten (9,3%) in der Kontrollgruppe. Die Daten zum metastasen- und rezidivfreien Überleben als sekundäre Endpunkte lagen ebenfalls zugunsten der Ribociclib-Kombination. Fernmetastasen traten zum Analysezeitraum unter dieser Therapie bei 120 (4,7%) versus 170 Patienten (6,7%) auf, meist waren Knochen und Leber betroffen. Nach 3 Jahren betrug das fernmetastasenfreie Überleben 90,8% unter Ribociclib/NSAI versus 88,6% (HR: 0,74; 95%-KI: 0,60–0,91). Daten zum Gesamtüberleben konnten noch nicht evaluiert werden.
Neue Toxizitäten wurden in dem 3-Jah-
res-Zeitraum nicht beobachtet. Die häu-
figsten Nebenwirkungen waren Neu-
tropenie (62,1% vs. 4,5%), Arthralgie
(36,5% vs. 42,5%) und hepatisch (25,4%
vs. 10,6%); die Abbruchrate betrug in
beiden Gruppen zirka 3%.
Die Studienleiter sprechen sich bei
Hochrisikopatienten (Stadium II bis III bei
Brustkrebs, HR+, HER2-) für die Zugabe
von Ribociclib über 3 Jahre zuzüglich zur
Langzeittherapie mit einem NSAI aus.
Langzeitdaten werden mit Spannung er-
wartet.
n
Bärbel Hirrle
Quelle: 1. Slamon D et al.: Ribociclib plus endocrine therapy in early breast cancer. N Engl J Med. 2024; 390 (12): 1080-1092.
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