Transkript
SCHWERPUNKT
Welkende Schönheit in der Menopause?
Einflüsse zwischen Menopause und Haut & Haar
Eine glatte, strahlende Haut und glänzendes, volles Haar sind Inbegriffe weiblicher Schönheit und Gesundheit. Für die Hautalterung mit Faltenbildung, Trockenheit und schütterem Haar sind neben intrinsischen und extrinsischen Faktoren auch die hormonellen Veränderungen in der Menopause ursächlich. Der Artikel erläutert neu erkannte Zusammenhänge zwischen Steroidhormonen und Haut- und Haarsymptomen sowie Therapieoptionen.
MAGDALENA WEIDLINGER1, KRISTINE HEIDEMEYER2 SUSANNA WEIDLINGER1
Magdalena Weidlinger Kristine Heidemeyer Susanna Weidlinger
Trockenheit, Erschlaffung und Faltenbildung insbesondere im Gesicht sowie trockenes, dünnes und schütteres Haar tragen zu einer verstärkten Wahrnehmung des Alterns und einer verminderten Attraktivität bei (1), was sich erheblich auf die Lebensqualität auswirken kann. Die Alterung der Haut tritt unwiderruflich bei allen Menschen auf und wird durch intrinsische (z. B. Genetik) und extrinsische Faktoren (z. B. UV-Strahlen, Zigarettenabusus) beeinflusst. Steroidhormone spielen bei der Regulation zahlreicher Prozesse in Haut und Haaren eine entscheidende Rolle, weswegen die hormonellen Veränderungen in der Menopause auch an Haut und Haaren nicht spurlos vorübergehen.
Aufbau der Haut und Grundlagen altersbedingter Veränderungen
Unsere Haut besteht aus drei Schichten, welche jeweils unterschiedliche Zellen, Drüsen und Strukturproteine beinhalten, wodurch jede Hautschicht eine andere Funktion ausübt. Von aussen nach innen sind
1 Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Bern, 2 Klinik für Dermatologie, Universitätsspital Bern
Merkpunkte
n Östrogene zeichnen sich durch vielfältige positive und protektive Auswirkungen auf Haut und Haare aus.
n Mit der Menopause kommt es zu einer Verschiebung des Verhältnisses zwischen weiblichen und männlichen Geschlechtshormonen. Es kommt zu einem relativen Übergewicht der Androgene.
n Eine MHT wird aufgrund des Nutzen-Risiko-Profils nicht nur zur Therapie von menopausalen Haut- und Haarsymptomen empfohlen.
dies die Epidermis, die Dermis und die Subkutis (Abbildung). Epidermis: Die physische Barriere nach aussen schützt vor dem Eintritt von schädlichen Substanzen oder Mikroorganismen und vor Wasserverlust. Mehr als 90% dieser Hautschicht bestehen aus Keratinozyten, welche Keratine und Lipide sezernieren. Dermis: Sie verleiht der Haut ihre Festigkeit und Elastizität. Dies wird durch den äusserst hohen Anteil an den Strukturproteinen Kollagen und Elastin gewährleistet. Dabei sorgen die Kollagenfasern für Struktur, Zugfestigkeit und Zähigkeit und die Elastinfasern für Elastizität, Rückfederung und Geschmeidigkeit der Haut. Glykosaminoglykane wie Hyaluronsäure dienen als Feuchtigkeitsspender. Zudem befinden sich Schweiss- und Talgdrüsen sowie Haarfollikel in dieser Schicht. Subkutis: Sie fungiert als Isolationsschicht und schützt den Körper vor Hitze oder Kälte und dient als Energiespeicher. Postpubertär nimmt die Dicke der Epidermis, Dermis und Subkutis mit zunehmendem Alter ab (Abbildung). Zudem treten vermehrt erweiterte Poren und Pigmentstörungen auf. Die Merkmale der gealterten Haut machen sich vor allem durch den Funktionsverlust der Dermis, also die Abnahme von Kollagen, Elastin und Hyaluronsäure sowie die durch Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und mitochondrialem oxidativen Stress verursachte Fragmentierung der noch bestehenden Kollagen- und elastischen Fasern, bemerkbar. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Dehnbarkeit, einem Verlust an Spannkraft und dem Fortschreiten der Vertiefung von Gesichtsfalten. Schliesslich reduziert sich durch eine Abnahme des subkutanen Fettgewebes auch das Gesamtvolumen der Hypodermis (1).
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hemmen MMP (14). Folglich wird durch den Östrogeneinfluss n die Dicke, die Feuchtigkeit, der Turgor und die
Elastizität der Haut erhöht, n die Hautdurchblutung, die Regenerationsfähig-
keit und die Wundheilung gefördert (15), n vor Photoaging geschützt (16) und n auf diesem Wege die Faltenbildung bei postme-
nopausalen Frauen vermindert (17).
Abbildung: Aufbau gesunder und gealterter Haut
Weiterhin stimulieren Östrogene den Haarfollikel und fördern das Wachstum wie auch die Lebensdauer des Kopfhaars, indem sie über die Synthese essenzieller Wachstumsfaktoren die Anagenphase des Haarzyklus verlängern und die Proliferation der Follikelkeratinozyten anregen (2, 11).
Auswirkungen von Östrogenen auf Haut und Haare
Der grösste Teil der Östrogensynthese bei prämenopausalen Frauen (insbesondere 17β-Estradiol) findet in den Ovarien statt. Eine nicht zu unterschätzende Menge an Östrogenen (insbesondere Estron) wird bei postmenopausalen Frauen in nicht ovariellen Geweben, darunter in den Nebennierenrinden, dem Gehirn, dem Fettgewebe, dem Pankreas und der Haut, synthetisiert (2, 3). Die Östrogene Estradiol und Estron leiten sich von Testosteron bzw. Androstendion ab. Die Cytochrom-P450-Aromatase (P450arom, CYP19A1), die die Umwandlung von Testosteron in Estradiol bzw. von Androstendion in Estron katalysiert, ist das die Östrogensynthese limitierende Enzym. Viele Zellkomponenten der Haut exprimieren P450arom, wie z. B. Keratinozyten, Fibroblasten, Melanozyten, Talgdrüsen sowie anagene und terminale Haarfollikel (4). Die kutane P450arom ist somit ein wichtiger Regulator des Steroidhormonmilieus der Haut mit bedeutenden Funktionen, sowohl lokal als auch systemisch (5). Im Körper wirken mehrere Formen von Östrogenen: Estradiol, Estron und Estriol. Ihre individuelle Potenz ist unterschiedlich. Estradiol ist jenes der natürlich zirkulierenden Östrogene mit der höchsten Bindungsaffinität zu den Östrogenrezeptoren und somit das biologisch am stärksten wirksame Östrogen. Im Vergleich besitzt Estron nur etwa ein Drittel und Estriol nur ein Zehntel der biologischen Aktivität von Estradiol. Um ihre Wirkung zu entfalten, müssen Östrogene an ihre Rezeptoren binden. Östrogenrezeptoren (ER) sind sowohl in der Dermis als auch in der Epidermis reichlich vorhanden (6). Östrogene zeichnen sich durch vielfältige positive und protektive Auswirkungen auf Haut und Haare aus (7–9). Beispielsweise stimulieren sie die Proliferation von epidermalen Keratinozyten (10), erhöhen die Lebensfähigkeit der dermalen Fibroblasten (11), fördern die Synthese von Kollagen, Elastin und Hyaluronsäure (12, 13) und
Auswirkungen von Androgenen auf Haut und Haare
Beim Menschen werden die Androgene Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEA-S) und DHEA zu über 90% in der Nebennierenrinde (NNR) produziert. Androstendion ist ein Androgen, das zu 50% im Ovar und zu 50% in der NNR gebildet wird, während Testosteron zu 25% aus den Ovarien und zu 25% aus den NNR stammt, sowie zu 50% durch periphere Konversion aus Androstendion gebildet wird. Die Synthese des potentesten Androgens Dihydrotestosteron (DHT) findet hauptsächlich in peripheren Geweben durch das Enzym 5α-Reduktase aus Testosteron statt. Aufgrund seiner fehlenden Fähigkeit, durch Aromatisierung als Substrat für Östrogene zu dienen, bleibt seine Wirkung ausschliesslich androgen. In der Haut ist DHEA das Hauptsubstrat für die Produktion der potenteren Androgene Testosteron und DHT. Die 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase wandelt DHEA in Androstendion und in einem weiteren Schritt in Testosteron um. Aus Testosteron wird durch das Enzym 5α-Reduktase das nicht aromatisierbare potente DHT synthetisiert. Talg- und Schweissdrüsen, Keratinozyten und dermale Fibroblasten gehören zu den wichtigsten Hautzellen und Hautanhangsgebilden, die an der Synthese von DHT beteiligt sind (18). Androgene (insbesondere DHT) stimulieren die Talgproduktion in den Talgdrüsen, was im Extremfall zu fettiger Haut bis hin zu Akne führen kann. Zudem spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Haarwuchses. Einerseits wird das Haarwachstum und Ausbildung von Terminalhaaren an bestimmten Körperbereichen (Bart-, Brust- und Rückenbehaarung) stimuliert, andererseits kann es im Bereich der Kopfhaut bei genetischer Prädisposition auch eine Art Haarausfall verursachen (androgenetische Alopezie). Eine schrittweise Verkürzung der Wachstumsphase des Haares (Anagenphase) führt zu dünner werdendem und schütterem Haar bis hin zur Kahlheit.
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Tabelle 1:
Sexualsteroide und deren Auswirkungen auf den Haarfollikel
Hormon
Wirkungsmechanismus
Einfluss auf das Haar
Androgene
Wirkung via intrazellulärem Androgenrezeptor
Transformation von Vellus- zum Terminalhaar
in der dermalen Papille
in Gesicht, Achsel, im Brust-und Schambereich
Testosteron und DHT
5α-Reduktase konvertiert Testosteron zu DHT
Verkürzung des Wachstumszyklus der Haare,
schrittweise Verkümmerung der Haarfollikel,
Verringerung der Haardichte
Östrogene
Bindung an hoch affine Östrogenrezeptoren
Gegenstand aktueller Forschung:
vermutlich Verlängerung der Anagen- und
Verkürzung der Telogenphase
Progesteron
Zentrale Wirkung: inhibiert die LH-Sekretion,
Gegenstand aktueller Forschung:
wodurch es zu einer Reduktion der
Wirkung vermutlich über eine Einflussnahme
Androgensynthese kommt.
auf die Androgensynthese und den
Periphere Wirkung: inhibiert 5α-Reduktase Androgenmetabolismus
im Haarfollikel, wodurch es zu einer reduzierten
Konversion von Testosteron zu DHT kommt
DHT = Dihydrotestosteron, LH = Luteinisierendes Hormon (modifiziert nach Kamp et al.; 23)
Die Menopause – eine neue hormonelle Situation
Mit der Menopause versiegt die ovarielle Estradiolproduktion. Durch die persistierende periphere bzw. extraglanduläre Umwandlung von Androstendion wird nun das deutlich weniger potente Estron zum vorherrschenden Östrogen. Ein ganz anderes Bild zeigt sich, wenn man die Androgenkonzentrationen betrachtet, auf die die Menopause per se keinen unmittelbaren Effekt hat. Die bei Frauen im Vergleich zu Männern ohnehin sehr niedrigen Androgenspiegel sind in der Pubertät am höchsten und beginnen bereits in den ersten postpubertären Jahren lebenslang langsam, aber stetig abzufallen. Dieser Abfall geht auch nach der Menopause weiter. Mit der Menopause kommt es zu einer Verschiebung des Verhältnisses zwischen weiblichen und männlichen Geschlechtshormonen. Es kommt zu einem relativen Übergewicht der Androgene, auch wenn die Androgenspiegel, absolut gesehen, nicht erhöht sind. Zusätzlich kommt es infolge des abrupten menopausalen Östrogenabfalls zwangsläufig zu einem Abfall der hepatischen Produktion von SHBG (Sex hormonebinding globulin), was wiederum zu einer Erhöhung des Anteils an freien, ungebundenen und biologisch aktiven Androgenen führt.
Auswirkungen auf die Haut und Haare
Hautalterung auf Ebene der Epidermis Durch eine reduzierte Produktion von epidermalen Hautoberflächenlipiden, ist der oberflächige Lipidverschluss nicht mehr gewährleistet und geht konsekutiv gesteigertem transepidermalen Wasserverlust, vermehrter Trockenheit sowie einer reduzierten Barrierefunktion einher.
Hautalterung auf Ebene der Dermis Durch die menopausale hormonelle Umstellung kommt es zu einem erschreckend raschen Rückgang des Hautkollagens von 30% in den ersten 5 Jahren nach der Menopause und einem anschliessenden Kollagenverlust von 1 bis 2% pro Jahr in den darauf folgenden 15 Jahren (19). Dieser Kollagenverlust hängt nicht mit dem chronologischen Alter, sondern vielmehr mit dem postmenopausalen Alter zusammen. Auch der Elastinabbau nimmt in der Menopause zu. Dies äussert sich klinisch in Form schlaffer Haut und verstärkter Faltenbildung (8). Eine menopausale Hormontherapie (MHT) vermag den Kollagengehalt signifikant anzuheben und einen weiteren Kollagenverlust zu verhindern (8). Bezüglich des Elastinabbaus ist die Datenlage kontrovers, hier wird der Zusammenhang zum Östrogenentzug aber vermutet. Während die Verwendung von systemischen Östrogenen das Elastin nicht zu beeinflussen scheint, haben einige Studien mit topischem Östrogen eine Zunahme der Faserdicke und des Gesamtelastins gezeigt. Weitere Untersuchungen sind erforderlich (20). Zudem nimmt mit zunehmendem Alter der Gehalt an hydrophilen Glykosaminoglykanen ab, welche wie Hyaluronsäure zur Wasserspeicherkapazität beitragen. Dies trägt zusätzlich zur verminderten Produktion von epidermalen Lipiden zur Hauttrockenheit bei. Infolge einer Östrogentherapie konnte ein deutlicher Anstieg der Glykosaminoglykanen festgestellt werden (8). Akne kann infolge der postmenopausalen hormonellen Veränderungen erneut auftreten und zeigt sich typischerweise mit offenen und geschlossenen Komedonen, Papeln und Pusteln bis hin zu Zysten. Als Pathophysiologie wird das Ungleichgewicht zwischen
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Tabelle 2:
Therapeutische Optionen bei androgenetischer Alopezie
Therapiemodalität Medikation
Topisch
– 2% Minoxidillösung (2 ×/Tag)
– 5% Minoxidilschaum (1 ×/Tag)
Systemisch
– Finasterid 1 mg (1 ×/Tag)
– Dutasterid 0,5–2,5 mg (1 ×/Tag)
– Cyproteronacetat ≤ 100 mg
(1 ×/Tag vom 1. bis zum 15. Zyklustag)
– Spironolacton 100–200 mg (1 ×/Tag)
– Minoxidil 0,25–2,5 mg (1 ×/Tag)
– Nahrungsergänzungsmittel
(inkl. B-Vitamine und Zink)
Chirurgisch
– Haartransplantation
Andere
– Platelet-rich-Plasma-Injektionen
– Low-level-Laser
– Camouflage, Haarteile, Perücken
(modifiziert nach Kamp et al., 23)
Anmerkung Kann zu Irritationen der Kopfhaut führen
Off-Label-Use bei Frauen, Empfehlung zur sicheren Antikonzeption bei prämenopausalen Frauen kann zu Libidominderung und Zyklusstörungen führen, bisher nur an prämenopausalen Frauen untersucht Kontrolle der Elektrolyte 1 Woche nach Start oder Dosisanpassung, anschliessend alle 3 Monate Vorsicht bei kardialen Vorerkrankungen; häufiges Auftreten von Hypertrichose im Gesicht und am Körper Zur Festlegung standardisierter Dosierungen sind weitere Studien erforderlich Ausreichende Haardichte an der Entnahmestelle erforderlich, zusätzliche Erhaltungstherapie notwendig Weitere Untersuchungen zu Ergebnissen und Dosierungsschemata erforderlich
Östrogenen und Androgenen mit dem relativen hyperandrogenen Zustand vermutet. Zu den therapeutischen Optionen gehören dermatologische topische Standardtherapeutika wie Benzoylperoxid, Retinoide und Azelainsäure sowie systemische antiandrogene Therapien, Tetrazykline und Retinoide (20, 21).
Pigmentierung Melasma ist eine symmetrische, fleckige, unregelmässig hell- bis dunkelbraune Pigmentierung an sonnenexponierten Stellen (Wange, Stirn, Nase und Kinn). Die Ätiologie ist multifaktoriell, wobei ein eindeutiger Zusammenhang mit endogenen sowie exogenen Östrogenen besteht. So kann bei bis zu 70% der schwangeren Frauen und bei 5 bis 34% der Frauen, die orale Kontrazeptiva verwenden, ein Melasma festgestellt werden. Weitere mögliche Ursachen sind eine MHT, UV-Strahlenexposition oder eine genetische Prädisposition. Obwohl bis zu 80% der Frauen mit extrafazialem Melasma postmenopausal sind, konnte ein ätiologischer Zusammenhang mit der Menopause bisher nicht nachgewiesen werden (22).
Auswirkung auf die Haare Tabelle 1 gibt eine Übersicht der Wirkungen verschiedener Sexualsteroide auf den Haarfollikel (23). Östrogen spielt eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des Haarzyklus, wobei Östrogene die anagene Wachstumsphase fördern. Bei Frauen nach der Menopause wurde eine Reduktion des Anteils der anagenen Haare nachgewiesen, wobei dieser Befund im Bereich der vorderen Kopfhaut deutlich ausgeprägter war als am Hinterkopf (24). Androgene können
eine Umwandlung von Vellus- zu Terminalhaaren verursachen. Umgekehrt können Androgene (insbesondere DHT) aber auch durch intrazelluläre Rezeptoren in der dermalen Papille des Haarfollikels den Haarwachstum hemmen – ein Prozess, der wahrscheinlich für die androgenetische Alopezie entscheidend ist (25).
Female Pattern Hairloss (FPHL) Dabei kommt es zu einer generellen Haarausdünnung und zu einer Schwächung des Haarschafts auf der gesamten Kopfhaut mit Betonung am zentralen Kapillitium. Im Gegensatz zum männlich typischen Haarausfall, bei dem sich die Haarlinie normalerweise zurückbildet, bleibt die Haarlinie bei FPHL stabil (26). Obwohl FPHL als Folge einer Hyperandrogenämie auftreten kann, hat die überwiegende Mehrheit der Patientinnen normale Androgenspiegel. Ursächlich werden der mit der Menopause einhergehende, drastische Östrogenabfall bzw. das damit assoziierte, relative Androgenübergewicht sowie genetische Faktoren vermutet (25, 27). Eine hormonelle Abklärung ist dann indiziert, wenn der Haarausfall schwerwiegend ist, schnell einsetzt und/oder andere Androgenisierungserscheinungen wie Hirsutismus, schwere Akne oder Zyklusunregelmässigkeiten vorhanden sind. Therapeutische Optionen sind in der Tabelle 2 aufgeführt (23). Die Datenlage zur Wirksamkeit einer MHT als Therapie bei FPHL ist unzureichend (27).
Hirsutismus Dieser wird im Gesichtsbereich bei 50% der postmenopausalen Frauen beklagt (25). Der Zusammenhang
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zwischen der Postmenopause und der Entwicklung von Hirsutismus ist noch nicht restlich geklärt. Auch hier wird ein relatives Ungleichgewicht zwischen Östrogenen und Androgenen als Ursache vermutet (25). Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören topisches Eflornithin sowie systemische Antiandrogene. Physikalische Epilation wie Elektrolyse oder Laserhaarreduktion werden ebenfalls häufig eingesetzt (26).
Zusammenfassung und Schlusswort
Viele der intrinsischen Alterungsprozesse an Haut
und Haaren können durch östrogenhaltige Lokalthe-
rapeutika oder eine systemische MHT signifikant ab-
geschwächt werden. Zu beachten ist, dass eine MHT
weiterhin aufgrund des Nutzen-Risiko-Profils nicht
einzig und allein zur Therapie von menopausalen
Haut- und Haarsymptomen empfohlen wird. Nichts-
destotrotz kann das Wissen um diesen Zusatznutzen,
der klar über die positiven Auswirkungen einer MHT
auf vasomotorische Symptome, den Knochenstoff-
wechsel, das kardiovaskuläre System usw. hinaus-
geht, Frauen helfen, fundierte Entscheidungen zur
Wahl der Therapie ihrer Wechseljahresbeschwerden
zu treffen.
Mitnichten darf ausser Acht gelassen werden, dass
Alterungsprozesse an Haut und Haaren Teil des na-
türlichen chronologischen Alterungsprozesses sind,
die hauptsächlich durch den Lebensstil beeinflusst
werden. Es gilt die altbekannte Empfehlung zur Ver-
meidung übermässiger und ungeschützter Sonnen-
einstrahlung, Verzicht auf Zigarettenkonsum sowie
ein gesunder Lebensstil.
n
Dr. med. Magdalena Weidlinger (Erstautorin) und Dr. med. Susanna Weidlinger (Korrespondenzadresse) E-Mail: susanna.weidlinger@insel.ch
Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Dr. med. Kristine Heidemeyer Universitätsklinik für Dermatologie Inselspital 3010 Bern
Interessenkonflikte: keine
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