Transkript
EDITORIAL
Die sehr junge Patientin
D ie jüngsten Patientinnen in der Sprechstunde stellen uns häufig vor spezielle Herausforderungen: 15- und 16-Jährige kommen mit ihren Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen im Zuge ihrer körperlichen und mentalen Entwicklung zur Erwachsenen für frauenärztliche Behandlung und Beratung. Und sie konfrontieren uns mit neuesten Zeitströmungen und ihren Fragen. Wir stehen oft vor einem Dilemma: Sollte dies sein oder sollte das nicht? Wir haben dieses potenzielle Dilemma in dieser Ausgabe aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet:
Soll, kann, muss oder ...?
Dr. Lysann Hildebrandt und Prof. Beatrice Mosimann beleuchten das Thema Schwangerschaft im Teenageralter und zeigen auf, dass es vielfach Risikoschwangerschaften sind, weil gehäuft sozioökonomische und psychische Belastungen, aber auch ganz bestimmte Schwangerschaftskomplikationen eine Rolle spielen. Prädiktions- und Screeningmethoden haben hier oft ausserhalb der vorgegebenen Normkurven zu erfolgen. Auf der anderen Seite ist die Verhütung ein wichtiges und immer wieder schwierig zu diskutierendes Thema, das im Jugendlichenalter von Tabus einerseits und fahrlässigem Verhalten andererseits in seiner ganzen Spannbreite begleitet wird. Dr. Philipp Quaas zeigt auf, welche Kontrazeptiva sich besonders eignen und welche Themen in welcher Weise in der Beratung anzusprechen sind. Zunehmend sehen wir auch bereits knapp 18-jährige Patienten mit Genderdysphorie respektive Geschlechtsinkongruenz. Andrea Scheidegger vom in-
ter- und multidisziplinären Behandlungszentrum für Personen mit einer Geschlechtsinkongruenz/-dysphorie am Universitätsspital Basel beschreibt differenziert, welche Sichtweisen und Herausforderungen für Betreuer wesentlich werden. Und immer steht im Vordergrund: Ist ein weitreichender Eingriff bereits gut erwogen, soll er durchgeführt werden angesichts einer potenziellen Unreife? Schliesslich wird das Thema Psychische Gesundheit der heutigen jungen Generation aufgegriffen angesichts der aktuellen Zeit nach COVID und mit allen politischen und ökologischen Gefahren, die jungen Menschen die Hoffnung auf eine sichere Zukunft nehmen können. Prof. Christina Stadler thematisiert, dass solche Belastungen jugendliche Mädchen gerade bei erhöhtem Risiko für psychische Erkrankung stärker beeinträchtigen als Jungen.
Ich hoffe, dass Sie Interesse an diesen Themen haben und unsere wissenschaftlichen Berichte Ihnen in Ihrer Praxis helfen werden.
Ihre Viola Heinzelmann-Schwarz Universitätsfrauenklinik Basel
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Die «Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE» ist nach den Weiter- und Fortbildungsschwerpunkten des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) der FMH ausgerichet.
Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE 1/2024:
Gynäkologische Onkologie/gynäkologische Senologie Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Operative Gynäkologie und Geburtshilfe Fetomaternale Medizin Urogynäkologie
GYNÄKOLOGIE 1/2024
1