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SCHWERPUNKT
Kontrazeption in der Adoleszenz
Welche Methoden eignen sich am besten für sehr junge Patientinnen?
Vorurteile und Halbwissen zum Thema Verhütung sind bei jungen Menschen weitverbreitet. Eine frühzeitige Kontrazeptionsberatung wird unabhängig vom Alter und Sexualverhalten empfohlen, um Risiken vorzubeugen. Gemäss WHO-Kriterien sind sämtliche Kombinations- und Gestagenmonopräparate sowie langwirksame Kontrazeptiva in der Adoleszenz zugelassen. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die Methoden in der Schweiz.
PHILIPP QUAAS
Philipp Quaas
Die Adoleszenz wird von der World Health Organization (WHO) definiert als «zweite Lebensdekade»; Adoleszente sind damit Individuen im Alter von 10 bis 19 Jahren (1). Dieser Lebensabschnitt ist gekennzeichnet durch grundlegende körperliche, psychologische und soziale Veränderungen. Die Jugendlichen erleben die Pubertät und erlangen die Geschlechtsreife. Sie sind in dieser Lebensphase tiefgreifenden und komplexen Entwicklungsschritten ausgesetzt, verspüren den Drang nach Freiheit und Autonomie und suchen nach zuverlässigen Massstäben und Vorbildern. Es ist eine Phase der Neuorientierung, aber auch eine Zeit, die von Unsicherheit und Gefühlsschwankungen geprägt sein kann. Jugendliche experimentieren in unterschiedlichsten Bereichen. Hierzu kann auch der Konsum von Alkohol, Nikotin und Drogen gehören.
Thematik frühe Sexualität und Schwangerschaften
Von zentraler Bedeutung ist in dieser Lebensphase das Erleben der Geschlechtlichkeit. Die Konfrontation mit Sexualität in zunehmend jüngerem Alter führt zu einer erhöhten Exposition gegenüber sexuell übertragbaren Krankheiten («sexually transmitted in-
Merksätze
n Die Adoleszenz ist eine Zeit grundlegender, biopsychosozialer Veränderung sowie des Dranges nach Autonomie und Neuorientierung.
n Nach den World Health Organization Medical Eligibility Criteria (WHO-MEC) sind sämtliche Kombinations- und Gestagenmonopräparate sowie langwirksame Kontrazeptiva (Spiralen und Stäbchen) in der Adoleszenz zugelassen.
n Long-Acting Reversible Contraceptives (LARC) gelten als Goldstandard in der Adoleszenz. Combined Hormonal Contraceptives (CHC) bzw. kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) sind nach Ausschluss von Risikofaktoren eine sinnvolle und geeignete Alternative.
n Die zusätzliche Verwendung von Kondomen sollte in der Adoleszenz zum Schutz vor Sexually Transmitted Infections (STI) empfohlen werden.
fections – STI») sowie ungewollten Schwangerschaften und deren biopsychosozialen Folgen (2). Nach Angaben der Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique (FIGO) gibt es jährlich etwa 16 Millionen Geburten bei Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren, 95% hiervon in Entwicklungsländern. Jedes Jahr kommt es zu etwa 4,5 Millionen Schwangerschaftsabbrüchen in dieser Altersgruppe, 40% dieser Eingriffe erfolgen unter unhygienischen und medizinisch riskanten Bedingungen. Bezüglich der Geburtenraten in der Adoleszenz gibt es deutliche regionale Unterschiede: So liegen die Raten im Vergleich zur Gesamtgeburtenrate in China bei etwa 2%, in Lateinamerika bei etwa 18% und in Subsahara-Afrika bei etwa 50% (3). In der Schweiz sind die Zahlen weniger besorgniserregend: Die Geburtenrate bei jugendlichen Müttern macht hier etwa 0,2% der Gesamtgeburtenrate aus. Bei 714 Adoleszentinnen erfolgte im Jahr 2022 in der Schweiz ein Schwangerschaftsabbruch. Dies entspricht einer Rate von etwa 6% aller Abbrüche in diesem Jahr (4–6).
Früheres Menarchenalter
Sowohl das mittlere Menarchenalter (MMA) als auch das Alter der Kohabitarche sinkt tendenziell. In China lag das MMA im Jahr 1985 noch bei 13,4, heute liegt es bei etwa 12,0 Jahren (7). In der Schweiz lässt sich eine vergleichbare Tendenz erkennen (8, 9). Die Ursachen hierfür werden unterschiedlich diskutiert. Vermutet wird eine multifaktorielle Genese, wobei genetische, sozioökonomische und umweltbedingte Faktoren eine Rolle spielen können. Als gesicherter Einflussfaktor für das sinkende MMA gilt ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) (10). Das Durchschnittsalter der Kohabitarche wird in den westlichen Industrienationen mit 17 Jahren angegeben. Im Alter von 15 Jahren haben etwa 15% der Adoleszentinnen Geschlechtsverkehr gehabt, im Alter von 18 Jahren etwa 60% und im Alter von 20 Jahren etwa 80% (11, 12).
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SCHWERPUNKT
Die Daten hinsichtlich Geburten- und Schwangerschaftsabbruchraten bei Jugendlichen sowie der Nachweis eines sinkenden MMA verdeutlichen die Notwendigkeit einer frühzeitigen Kontrazeptionsberatung.
Wichtige Aspekte der Kontrazeptionsberatung bei der jungen Patientin
Die Kontrazeptionsberatung in der Adoleszenz sollte ungeachtet des Alters oder Sexualverhaltens so frühzeitig wie möglich erfolgen. Das Fachpersonal sollte routinemässig Bedürfnisse, Erwartungen und Bedenken der jungen Patientin erfassen (13). Weiterhin sollte in der Beratung das individuelle Risikoprofil und die Compliance beurteilt werden (14). Auch der Impfstatus der Adoleszentin besonders im Hinblick auf humane Papillomaviren (HPV) und Röteln sollte erfragt werden (Tabelle 1). Eine frühzeitige Beratung dient der Prävention von STI, ungewollten Schwangerschaften und deren biopsychosozialen Folgen sowie der Vorbeugung von Irrtümern und Halbwissen bezüglich einer mechanischen oder hormonellen Kontrazeption. Die Vorurteile halten sich zumeist hartnäckig und schüren bei den Anwenderinnen unbegründete Ängste. Diese können beispielsweise eine Einschränkung der Fruchtbarkeit oder die Entstehung von Krebserkrankungen beinhalten (Tabelle 2). Die Kontrazeptionsberatung in der Adoleszenz sollte «auf Augenhöhe» und nach den gleichen Richtlinien wie bei einer erwachsenen Frau erfolgen. Die junge, oft auch gut informierte und kritische Patientin soll sich wahrgenommen und verstanden fühlen. Die Art der Vermittlung und eine solide, auf einer
Tabelle 1:
Die Kontrazeptionsberatung bei der jungen Patientin
Rahmen Inhalt Prozedere
• Gespräch auf Augenhöhe • Selbstbestimmtheit der Patientin • Mit/ohne Begleitperson • Vertrauensvolle Atmosphäre • Privatsphäre und Diskretion • Aufrichtigkeit und Offenheit • Wohlwollen und Wertschätzung • Aufbau Arzt-Patient-Beziehung • Vermittlung von Wissen und Information • Ängste, Wünsche und Bedürfnisse • Vorurteile, Irrtümer und Halbwissen • Benefits von Kontrazeptiva • Nebenwirkungen von Kontrazeptiva • Möglichkeit Langzyklus (Off-Label-Use) • Risikoprofil (Eigen- und Familienanamnese) • Sexualverhalten • Selbstbestimmte Sexualität • STI (doppelte Verhütung mit Kondom) • Notfallkontrazeption • HPV-Impfstatus, Rötelnstatus • Vitalparameter und BMI • Ablauf gynäkologische Untersuchung • Leitliniengerechte Verschreibung (SGGG/WHO-MEC) • «Quick Start» möglich (unabhängig vom Zyklus) • «Bridging» möglich (z. B. KOK bis LARC verfügbar/möglich) • Verlaufskontrolle drei Monate nach Kontrazeptionsbeginn • Ggf. Impfungen planen • Ggf. gynäkologische Untersuchung planen • Kontaktmöglichkeit für Rückfragen
Abkürzungen: STI: Sexually Transmitted Infection (sexuell übertragbare Infektion), HPV: humanes Papillomavirus, BMI: Body-Mass-Index, SGGG: Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, WHO-MEC: World Health Organization Medical Eligibility Criteria, KOK: kombiniertes orales Kontrazeptivum, LARC: Long-Acting Reversible Contraceptive. (Adaptiert nach Gerancher 2017; Todd and Black 2020; Richards and Buyers 2016; Jacot-Guillarmod and Diserens 2019; Böttcher and Segerer 2023; Böttcher 2019; Quaas 2023)
Tabelle 2:
Irrtümer und Fakten bezüglich Kontrazeption
Irrtum Fakt
«Pillen und Spiralen können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.» Nach Absetzen der Pille bzw. Entfernung der Spirale kehren
Anwenderinnen rasch zu ihrer ursprünglichen Fruchtbarkeit zurück.
Pillen und Spiralen können zudem einen protektiven Effekt auf die
reproduktiven Organe haben.
«Vor Beginn einer Kontrazeption ist zwingend
Vor Beginn einer Kontrazeption muss nicht zwingend eine
eine gynäkologische Untersuchung erforderlich.»
gynäkologische Untersuchung erfolgen (Ausnahme IUD).
«KOK verursachen Gewichtszunahme und Akne.»
Plazebokontrollierte Studien haben keinen Zusammenhang zwischen
KOK und Gewichtszunahme gezeigt. Akne verbessert sich bei den
meisten Anwenderinnen von KOK, da es zu einer Senkung von frei
zirkulierenden Androgenen kommt.
«IUD können in der Adoleszenz und bei Nulliparen nicht
IUD können in der Adoleszenz und bei Nulliparen sicher angewendet
verwendet werden.»
werden.
«KOK verursachen Krebs.»
Die Anwendung von KOK reduziert das Risiko für Endometrium- und
Ovarialkarzinom sowie möglicherweise das Risiko für Kolonkarzinom.
Das Risiko für Zervixkarzinom kann bei Anwenderinnen von KOK im
Vergleich zu Nichtanwenderinnen erhöht sein. Ein erhöhtes Risiko für
Mammakarzinom wird kontrovers diskutiert.
IUD: Intrauterine Devices, KOK: kombinierte orale Kontrazeptiva. (Adaptiert nach Todd and Black 2020; Böttcher and Segerer 2023; Böttcher 2019).
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SCHWERPUNKT
Tabelle 3:
Kontrazeptionsmethoden Vor- und Nachteile für sehr junge Patientinnen
Methode
PI (pu) PI (tu) Vorteile
Nachteile
CHC
0,3 9 • Gute Effektivität bei korrekter Anwendung
• Abhängig von Compliance der Patientin
KOK
• Gute Zyklusstabilität
• TE-Risiko
Pflaster (patch)
• Kontrazeptive Benefits (Wirkung auf Dys-/
• EE-Dosis unter 30µg nicht ausreichend
Ring
Hypermenorrhö, Wirkung auf PMDS,
zur Erhaltung PBM/BMD
Wirkung auf Akne und Hirsutismus,
Senkung des Karzinomrisikos)
• Erhaltung der PBM/BMD bei EE-Dosis 30–35µg
• Keine Gewichtszunahme
POC • Unabhängig von Compliance der Patientin
• Abhängig von Compliance der Patientin (POP)
POP (DSG/DRSP) 0,4/0,7 9
(LNG-IUS, ENG-Implantat)
• Gehäuft Blutungsstörungen
LNG-IUS*
0,2 0,2 • Kein TE-Risiko (POP, LNG-IUS, ENG-Implantat) • Ggf. Gewichtszunahme (v. a. DMPA)
ENG-Implantat* 0,05 0,05 • Hohe Effektivität (LNG-IUS, ENG-Implantat)
• Ggf. negative Effekte auf PBM/BMD
DMPA
0,2 6 • Gute Effektivität bei korrekter Anwendung (POP) bei Langzeitanwendung (DMPA)
• Kontrazeptive Benefits (Wirkung auf Dys-/
• TE-Risiko (DMPA)
Hypermenorrhö, Wirkung auf PMDS, DRSP
mit antiandrogener Partialwirkung,
Senkung Karzinomrisiko)
• Erhaltung der PBM/BMD (POP, LNG-IUS)
• Keine Gewichtszunahme (POP, ENG-Implantat)
Cu-IUD*
0,6 0,8 • Unabhängig von Compliance der Patientin
• Ggf. Hypermenorrhö u. Blutungsstörungen
• Hohe Effektivität
• Notfallkontrazeptivum
Kondom
2 18 • Effektiver Schutz vor STI
• Beeinträchtigung des sexuellen Erlebens
• Einfach verfügbar
• Rezeptfrei
Coitus interruptus 4 22
Ohne Verhütung 85 85
* Long-Acting Reversible Contraceptive (LARC) Abkürzungen: PI (pu): Pearl Index Perfect Use, PI (tu): Pearl Index Typical Use, CHC: Combined Hormonal Contraceptive, KOK: kombiniertes orales Kontrazeptivum, PMDS: prämenstruelle dysphorische Störung, PBM: Peak Bone Mass, BMD: Bone Mineral Density, EE: Ethinylestradiol, TE: Thromboembolie, POC: Progestin-Only Contraceptive, POP: Progestin-Only Pill, DSG: Desogestrel, DRSP: Drospirenon, LNG-IUS: Levonorgestrel-Releasing Intrauterine System (Hormonspirale), ENG: Etonorgestrel, DMPA: Depot-Medroxyprogesteronacetat, Cu-IUD: Copper-Intrauterine Device (Kupferspirale), STI: Sexually Transmitted Infection (sexuell übertragbare Infektion) (Adaptiert nach Gerancher 2017; Todd and Black 2020; Richards and Buyers 2016; Jacot-Guillarmod and Diserens 2019; Böttcher and Segerer 2023; Böttcher 2019; Quaas 2023)
Vertrauensbasis beruhende Arzt-Patient-Beziehung spielen hier eine entscheidende Rolle. In der Praxis hat sich bei Erwachsenen wie auch Adoleszenten das «kontrazeptive Dreieck» nach Bitzer erwiesen. Es umfasst die drei Variablen: Methode, Kontext und Patientin. Diese sollten wie Puzzleteile ineinandergreifen, um eine optimale Beratung zu gewährleisten. Die Erfassung des biopsychosozialen Gesamtbildes ist Bestandteil dieser Herangehensweise (15). Insgesamt soll betont werden, dass auch die sehr junge Patientin mündig ist und das Recht auf eine selbstbestimmte Entscheidung hat. Sie besitzt die erforderliche Urteilsfähigkeit für eine informierte Entscheidung im Kontext der Kontrazeption. Diese ist im Alter von 14 Jahren gegeben (11). Bei Anwesenheit einer erwachsenen Begleitperson empfehlen sich zwei Gespräche, eines im Beisein des Erwachsenen und eines mit der Jugendlichen allein (2).
Geeignete Kontrazeptionsmethoden
Nach den World Health Organization Medical Eligibility Criteria (WHO-MEC) sind sämtliche Kombinations- und Gestagenmonopräparate sowie langwirksame Kontrazeptiva (Spiralen und Stäbchen) in der Adoleszenz zugelassen (Tabelle 3). Bei der Wahl der geeigneten Methode sind Faktoren wie die individuelle Reife und das soziale Verhalten der Patientin miteinzubeziehen (16).
Langwirksame Methoden Als «first-line» bzw. Goldstandard in der Adoleszenz gelten nach internationalen Standards die sogenannten Long-Acting Reversible Contraceptives (LARC), also die Spiralen bzw. Intrauterine Devices (IUD) und die Implantate (11, 13, 17). Diese bieten unabhängig von der Compliance der Patientin eine effektive und langfristige Kontrazeption. Hierbei zeigen Daten,
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SCHWERPUNKT
dass die Häufigkeit von Komplikationen (Einlageschwierigkeiten, Infektionen, Expulsionen, Blutungen) bei Adoleszenten nicht höher als bei erwachsenen Frauen ist (18, 19). Bei passendem Profil und Kontext sind auch die kombinierten hormonellen Kontrazeptiva (bzw. «combined hormonal contraceptives, CHC)» in Form von unterschiedlichen Applikationsformen (Pillen, Hautpflaster oder Vaginalring) eine geeignete Option. Die Pillen oder kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) sind mit unterschiedlichen Gestagenen erhältlich, deren Partialwirkungen man sich in der Anwendung zunutze machen kann. Nach den Leitlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) gilt hier Levonorgestrel (LNG) aufgrund des niedrigsten Thromboembolie (TE)-Risikos und der Zyklusstabilität als «first line» (20).
Östrogenkomponente und Dosierung Bezüglich der Östrogenkomponente in KOK sind mittlerweile Kombinationen mit Ethinylestradiol (EE) sowie Estradiol (E2) und Estetrol (E4) verfügbar (20). Die Art (EE/E2/E4), Applikationsform (oral/parenteral) und Dosierung (15/20/30/35 µg) des Östrogens hat nach den aktuell vorliegenden Daten keinen signifikanten Einfluss auf das TE-Risiko (20, 21). Bezüglich der EE-Dosis sollten in der Adoleszenz aber die höherdosierten Präparate (30–35µg) bevorzugt werden, da diese mittel- bis langfristig mit einer besseren «bone mineral density (BMD)» bei den Anwenderinnen assoziiert sind (22). Hingegen sollte der Vaginalring bei Mädchen unter 16 Jahren mit Zurückhaltung verwendet werden, da die niedrigen Serumöstrogenspiegel möglicherweise negative Effekte auf die Knochengesundheit haben (23).
Gestagene Entsprechendes gilt für die Anwendung bestimmter Gestagenmonopräparate bzw. «progestin-only contraceptives (POC)»: Die «Dreimonatsspritze» mit Depot-Medroxyprogesteronacetat (DMPA) wird in der Adoleszenz nicht empfohlen, da sie bei der heranwachsenden Jugendlichen zu einem Verlust der BMD führen kann (24). Überdies ist für DMPA in allen Altersgruppen ein erhöhtes TE-Risiko beschrieben worden (25, 26). Andere POC mit intermediärer Gestagendosis wie die «progestin-only pills (POP)» mit Desogestrel oder Drospirenon (DRSP) sowie das «Stäbchen» mit Etonorgestrel sind hinsichtlich der BMD als unbedenklich eingestuft worden (27, 28). Die POP mit DRSP ist auch vom Hersteller für die Anwendung in der Adoleszenz zugelassen (29).
Neuere Methoden Zu neueren Kontrazeptionsmethoden wie den KOK mit E2 und E4 sowie zum für ein Jahr in den USA zugelassenen Vaginalring mit EE und Segesteron las-
sen sich zur Anwendung bei Jugendlichen noch keine abschliessenden Angaben machen. Besonders E4 hat aber in Studien vielversprechende Eigenschaften gezeigt, die gerade bei der Anwendung in der Adoleszenz günstig sein könnten (20, 30).
Schlussbemerkung
Generell sollte die Kontrazeptionsberatung in der Adoleszenz nach den national und international geltenden Leitlinien erfolgen (SGGG/WHO-MEC). Sinnvoll ist eine Verlaufskontrolle drei Monate nach Kontrazeptionsbeginn. Im Hinblick auf das Infektionsrisiko sollten besonders mit Adoleszenten die Vorteile einer «doppelten Verhütung» mit simultaner Verwendung von Kondomen thematisiert werden. n
Dr. med. Philipp Quaas Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Universitätsspital Basel 4031 Basel E-Mail: philipp.quaas@usb.ch
Interessenkonflikte: Der Autor hat Honorare sowie Erstattungen von Konferenzgebühren und Reisekosten von folgenden Unternehmen erhalten: Xiromed, Exeltis, Gedeon Richter, Ferring, Theramed.
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