Transkript
Fortbildung GYNEA-Symposium 2023 Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgynäkologie
Ängste und Vorurteile beim Thema Impfungen
Mit Beginn der Corona-Impfungen hat das Thema Impfung wie nie zuvor die Bevölkerung polarisiert und die Zahl sogenannter Impfskeptiker in die Höhe schnellen lassen. Dabei sind diese gar nicht per se gegen Impfungen, fand Infektiologie Prof. Philip Tarr heraus. Für eine gute Vorsorge sei entscheidend, dass spezifisch beraten werde.
Zu beobachten seien neue Entwicklungen: Während bis zirka 2005 vor allem eine vielfältige Impfgegnerschaft von sich reden machte, die jegliche Vakzination ablehnt, zeigen sich seit Kurzem vor allem solche Gruppen, die die CoronaImpfung strikt ablehnen und/oder sich Verschwörungstheorien zu eigen machen. Impfgegner machten 1 bis 3% der Bevölkerung aus, die Impfskeptiker dagegen rund 30%, so Schätzungen. In den letzten Jahren wurden Wirksamkeit und Sicherheit der neu entwickelten CoronaImpfung breit kommuniziert und proklamiert; aber scheinbar genau deswegen
wird sie von einigen Menschen strikt abgelehnt. Was ist passiert? Wie kommt es zu so deutlichen Ängsten und Vorurteilen?
Zielgruppenspezifisch beraten
Erste kantonale Untersuchungen haben inzwischen gezeigt, dass nach einer guten, individuellen ärztlichen Beratung mit Klärung kritischer Fragen die Akzeptanz der Impfung erhöht werden kann Dabei sei es von grosser Bedeutung, so Tarr, dass zielgruppenspezifische Informationen gegeben würden, etwa für Pflegerinnen und Hebammen, für bildungsferne
Gruppen oder für sogenannte behör-
denkritische Personen. Die gemeinsame
Entscheidungsfindung nach Information
über Nutzen und Risiken der Impfung als
das Schlüsselkonzept der Medizin sei ex-
trem wichtig. «Wir müssen und können
impfkritische Personen ernst nehmen
und von ihnen lernen», argumentierte
Tarr. Die angepasste Kommunikation sei
extrem wichtig.
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Quelle: GYNEA-Symposium, 14. September 2023 Vortrag Philip Tarr: «Ängste und Vorurteile beim Thema Impfungen: Wie ansprechen, wie beraten?
Dr. Francesca Navratil im Portrait
Dr. med. Francesca Navratil, Kinder- und Jugendärztin aus Zürich, wurde am diesjährigen GYNEA-Symposium geehrt.
Sie ist die Grande Dame der Schweizer Kinder- und Jugendgynäkologie, welche seit mehr als vier Jahrzehnten und seit über 20 Jahren unter dem Na-
men GYNEA* aktiv ist. Francesca Navratil war lange Zeit Präsidentin dieser Gruppe: Schon als junge Ärztin engagierte sich die Kinder- und Jugendmedizinerin für das interdisziplinäre Fachgebiet, das lange Zeit fast völlig übersehen wurde. Sie machte ihre Kolleginnen und Kollegen auf typische Beschwerdebilder, unklare oder falsche Diagnosen und spezielle Abklärungsmethoden im Bereich der Genitalorgane der kleinen und jugendlichen Mädchen aufmerksam und lancierte Fortbildungen für Pädiater, Gynäkologen und Hausärzte. Ganz besonders lag – und liegt (!) – ihr der Kinderschutz
am Herzen, denn immer wieder untersuchte sie Kinder und Jugendliche, die sexuell missbraucht wurden. Die gebürtige Tessinerin baute schnell mit Kolleginnen und Kollegen ein internationales Netzwerk auf. Auf internationalen und nationalen Symposien zur Kinder- und Jugendgynäkologie war sie eine sehr bekannte Referentin, Ratgeberin und Teilnehmerin. Anlässlich ihres runden, «goldenen» Geburtstags wurde Francesca Navratil am diesjährigen GYNEA-Symposium in Bern geehrt und gefeiert.
* Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgynäkologie wurde 1972 durch Irmy Rey-Stocker gegründet und setzt sich aus GynäkologInnen und PädiaterInnen zusammen. Die Arbeitsgemeinschaft arbeitet seit 2002 unter dem Namen GYNEA. Seit diesem Zeitpunkt ist die Gruppe in den Fachjournalen Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE und Schweizer Zeitschrift für PÄDIATRIE (Rosenfluh Publikationen) mit Beiträgen offiziell präsent. Weitere Infos über Vorstand, Mitgliedschaft, Fortbildungen und Publikationen: www.gynea.ch
32 GYNÄKOLOGIE 5/2023