Transkript
SCHWERPUNKT
Mammografiescreening in der Schweiz
Wo stehen wir heute? Was bringt die Zukunft?
Im Vergleich zu anderen Ländern liegt die Brustkrebsinzidenz in der Schweiz im oberen Bereich. Dank der guten medizinischen Versorgung ist die Sterberate bei uns zwar relativ niedrig, bleibt aber insgesamt hoch. Früherkennung mit Verbesserung der Heilungschancen wie auch potenziell weniger belastende Therapien sind wichtige medizinische Aspekte. Zugang zu und Teilnahme an MammografiescreeningProgrammen sind von grosser Bedeutung. Wie ist die Lage in der Schweiz?
GUNILLA MÜLLER1, CORNELIA LEO2
Gunilla Müller Cornelia Leo
Seit den 1950er-Jahren nimmt die Prävalenz von Brustkrebs in der westlichen Welt um 0,5% bis 1% jährlich zu (1). Es ist die global häufigste Krebserkrankung (2). Als Ursache für die steigende Inzidenz wird die moderne Lebensweise der Frau vermutet, die zu verschiedenen Risikofaktoren führen kann: frühere Menarche, späte Menopause, spätere Geburten, weniger Stillen, weniger Kinder, Hormonersatztherapien und orale Kontrazeptiva, aber auch Nikotinabusus, Alkoholkonsum und Übergewicht.
Brustkrebs in der Schweiz im Vergleich
Brustkrebs hat eine sehr hohe Inzidenz in der westlichen Welt; vor allem Europa und die USA liegen an der Spitze . Im weltweiten Vergleich liegt die Schweiz auf Platz 13 (Abbildung 1, Tabelle). Aufgrund verbesserter Bildgebung, gestiegener Brustkrebs-Awareness und effektiverer Therapieoptionen hat die Brustkrebsmortalität seit Anfang des 21. Jahrhunderts in den gleichen Ländern abgenommen. In der Schweiz erkranken jährlich zirka 6500 Frauen an Brustkrebs;
1 Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, Stadtspital Triemli, Zürich 2 Interdisziplinäres Brustzentrum Baden
Merkpunkte
n Die Schweiz hat eine hohe Brustkrebsinzidenz und sie befindet sich auf Platz 13 weltweit.
n Bei Frauen, die an einem Screeningprogramm teilnehmen, wird der Brustkrebs in einem früheren Stadium gefunden.
n Die Überlebensrate der Frauen, welche an Brustkrebs erkranken, ist in einem Screeningprogramm bis zu 30% höher.
n Der potenzielle Nutzen des Screenings überwiegt den potenziellen Schaden. Darüber sollten die Frauen im Screeningalter aufgeklärt werden, um damit gesamthaft die Screeningakzeptanz und die Teilnahme am Screening zu erhöhen.
jede achte Frau erhält im Leben diese Diagnose, mehr als 1300 Frauen sterben jedes Jahr daran (14).
Die Einführung des organisierten Screenings
In den letzten 20 Jahren ist die Brustkrebsmortalität gesunken. Dies ist zurückzuführen auf die besser greifende Früherkennung sowie verbesserte Therapiemöglichkeiten. Die WHO empfiehlt seit Mitte der 1990er-Jahre das organisierte Screening. In einigen Ländern wie Schweden, Grossbritannien und den Niederlanden war dies bereits erfolgt und die Statistiken zeigten einen Erfolg. Deshalb wurde auf Bundesebene Ende der Neunzigerjahre entschieden, in einem Projekt eine Vorarbeit für ein solches Screening zu erarbeiten: In der Westschweiz (Kantone Waadt, Genf und Wallis) wurde ein solches Screening eingeführt (3). Nachdem eine im Lancet in Jahr 2000 publizierte Arbeit den Wert des Screenings aber in Frage stellte (4), verzichtete der Bund auf eine verbindliche Empfehlung des Screenings schweizweit (3). Diese Publikation erwies sich später als statistisch fragwürdig (5, 6). St. Gallen führte 2010 und Bern 2013 das Screening ein. Aktuell verfügen die meisten Kantone über ein Mammografiescreening-Programm (Abbildung 2) und laden Frauen zwischen 50 und 69 Jahren (in manchen Kantonen auch bis 74 Jahre) alle 2 Jahre dazu ein. In den letzten 20 Jahren häufen sich die Publikationen, welche zeigen, dass das systematische Screening nicht nur zur Diagnose von kleineren Tumoren führt, sondern auch zur Senkung der Brustkrebsmortalität (7, 8). So werteten die Autoren um Katalinic (8) Daten aus dem deutschen Mammografiescreening-Programm aus: Sie untersuchten die Inzidenz höherer Tumorstadien sowie die Brustkrebsmortalität vor und nach der Einführung des Screenings. Für
6 GYNÄKOLOGIE 4/2023
SCHWERPUNKT
Brustkrebs in den Stadien III und IV war die Inzidenz in den Jahren 2013 und 2014 um 24,2% und 23,0% (Altersgruppe 50–59 Jahre) und 28,3% bzw. 24,2% (Altersgruppe 60–69 Jahre) niedriger als im Zeitraum vor Einführung des Screenings. Ausserdem sank die Brustkrebsmortalität von 2003/2004 bis 2015/2016 um 25,8 bzw. 21,2%. In den Altersgruppen, die nicht am Mammografiescreening teilnehmen, war dieser Trend nicht sichtbar. Daher kann festgestellt werden, dass der Rückgang von Brustkrebsinzidenz im Spätstadium sowie der Brustkrebsmortalität mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Einführung des nationalen Mammografiescreening-Programms in Deutschland zurückzuführen ist. Die Autoren weisen auch darauf hin, dass diese positiven Effekte einhergehen mit einem moderaten Auftreten von Überdiagnosen und insbesondere auch mit einem Anstieg von In-situKarzinomen. Trotz der positiven Daten, die in verschiedenen Publikationen eine Verbesserung der Mortalität um bis zu 30% zeigen (8-10), haben sich einige Kantone in der Schweiz noch nicht für ein Screeningprogramm entschieden. Dies ist eigentlich ein Dilemma, denn in der Bundesverfassung ist verankert, dass die gesamte Bevölkerung der Schweiz das Recht auf die gleiche medizinische und gesundheitliche Versorgung hat.
Was ist ein systematisches Mammografiescreening?
Es handelt sich hier um ein Früherkennungsprogramm für Brustkrebs. Die Frauen einer bestimmten Alterskategorie, in welchem das Brustkrebsrisiko erhöht und der Nutzen einer Früherkennung vorhanden ist, werden in einem regelmässigen Intervall zur Mammografie eingeladen. Diese Alterskategorie und das Intervall variieren in verschiedenen Screeningsettings. In den Schweizer Programmen werden Frauen zwischen 50 und 69 Jahren (in einigen Kantonen bis 74 Jahre) alle zwei Jahre zum Screening aufgeboten. Das Screening findet in einem Programm statt, welches für die Qualität verantwortlich ist. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt: Die Qualität der Mammografieaufnahmen, der Befundung sowie die Handhabung des Recalls (weitere Abklärung), die Recallrate, die Rate der richtig- und falsch-positiven Befunde, die Rate der richtig- und falsch-negativen Befunde und die Registrierung der Intervallkarzinome muss kontrolliert werden und gewissen Anforderungen entsprechen. Die Röntgenfachpersonen und Radiologen müssen speziell ausgebildet sein und über eine grosse Erfahrung verfügen oder unter Aufsicht arbeiten, bis diese erlangt ist. Es gibt in Europa spezielle Zertifikate für die Radiologen, auch muss eine Mindestzahl der Befundungen pro Jahr vorgewiesen werden. Jede Mammografie wird einer Doppelbe-
Abbildung 1: Inzidenz und Mortalität von Brustkrebs auf 100 000 Personen in den 40 Ländern mit der höchsten Inzidenz (adaptiert nach Cancer Today WHO; 2020)
JU
NE
FR VD
BS BL
SO
BE
SH
AG ZH
LU
ZG SZ
NW OW
UR
TG
AR AI SG
GL
GR
TI GE VS
Kantone mit Programmen Einführung geplant Früherkennung ausserhalb von Programmen
Abbildung 2: Schweizer Früherkennungsprogramme für Brustkrebs 2023 (nach Swiss cancer screening, BFS ThemaKart, 2023)
fundung unterzogen, das heisst, sie wird von zwei Radiologen unabhängig befundet. Bei Diskrepanz werden die Bilder in einem regelmässigen Board besprochen und es gibt einen Konsensus.
Vorteile des Screenings
Bei Frauen, die an einem Screeningprogramm teilnehmen, wird Brustkrebs in früheren Tumorstadien gefunden (7, 8). Damit werden die Heilungschancen erhöht und häufig können auch weniger belastende Therapien zum Einsatz kommen. Das geht einher mit einer besseren Lebensqualität nach Therapieabschluss und gesamthaft mit einer Verringerung der Mortalität um bis zu 30%. Durch die regelmässige automatische Einladung zum Screening muss die Frau sich nicht sorgen, den Zeitpunkt zu verpassen. Ein weiterer wichtiger Vorteil des organisierten Mam-
GYNÄKOLOGIE 4/2023
7
SCHWERPUNKT
Tabelle:
Inzidenz und Mortalität von Brustkrebs auf 100 000 Personen, in den 40 Ländern mit der höchsten Inzidenz
(adaptiert nach Cancer Today WHO; 2020)
Staat Belgien Niederlande Luxemburg Frankreich Neukaledonien (F) Dänemark Australien Neuseeland Finnland USA Irland Malta Schweiz Grossbritannien Italien Serbien Martinique (F) Schweden Norwegen Deutschland Kanada Barbados Zypern Samoa Island Israel Singapur Spanien Ungarn Japan Argentinien Montenegro Tschechien Griechenland Portugal Österreich Kroatien Slowenien Polen Puerto Rico
Inzidenz Mortalität 113,2 15,1 100,9 15,3 99,8 13,6 99,1 15,6 99 17,5 98,4 14,9 96 11,7 93 14,1 92,4 12,1 90,3 12,4 89,9 15,3 89,5 11,5 88,9 13,4 87,7 14 87 13,4 86,8 23,9 85 17,6 83,9 12 83,1 10,7 82,2 16 82,1 13,3 82,1 42,2 82 17,8 81,4 25,6 80,9 13,6 78,3 16,7 77,9 17,8 77,5 10,6 77,3 17,3 76,2 9,9 73,1 18,9 72,3 23,9 72,2 11,8 71,9 14,5 70,8 12,7 69,5 13,8 69,3 14,6 69,2 13,4 68,7 17,9 68,2 13,9
mografiescreenings ist die Qualitätskontrolle. Die Anforderungen an die durchführenden Radiologen und das Radiologiefachpersonal sind hoch und die Geräte unterliegen strengen und regelmässigen Qualitätskontrollen. Weitere Aspekte: Neben dem unbestrittenen Nutzen des Mammografiescreenings zur Senkung der Sterblichkeit kommt, dass die Screeningprogramme zur Chancengleichheit beitragen. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) finanziert (gemäss Artikel 12e lit. c KLV) alle zwei Jahre die technische Leistung sowie die medizinische Beurteilung für die
einzelne Mammografie bei Frauen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr. Die Leistung ist von der Franchise befreit; den Selbstbehalt von 10% (ca. 20 Franken) tragen die Teilnehmerinnen. Zudem kann man davon ausgehen, dass ein effizientes Mammografiescreening-Programm zur Senkung der Gesundheitskosten beiträgt, da die Kosten für die Behandlung bei Diagnose im Stadium I deutlich geringer ausfallen als bei einer Diagnose im Stadium IV (Quelle BAG). Auch verschiedene Kosten-Effizienz-Modelle unterstützen diese Annahme (13).
Nachteile des Screenings
Zur differenzierten Betrachtung des Mammografiescreenings gehört es auch, potenzielle Nachteile zu diskutieren. Ein Argument ist die Angst vor schädlicher Röntgenstrahlung. Das Risiko einer strahleninduzierten Krebserkrankung ist minimal. Modellrechnungen zeigen, dass die Zahl der Todesfälle durch strahleninduzierten Krebs bei 2 pro 100 000 liegt bei Frauen im Alter von 50 bis 59 Jahren, die alle zwei Jahre ein Screening erhalten (15). Des weiteren wird das Vorkommen falsch-positiver Befunde im Rahmen des Screenings diskutiert, welches zu unnötigen Abklärungen führt und die betroffenen Frauen beunruhigen und psychisch belasten kann. Falsch-positive Befunde finden sich vor allem in der ersten Screeningmammografie, da man die Brust nicht kennt und potenziell maligne Veränderungen bzw. unklare Befunde abgeklärt werden müssen. Auch bei jüngeren Frauen und Frauen mit dichter Brust beobachtet man eine höhere falsch-positive Recall-Rate. Durch zügige und minimal-invasive Abklärungsmöglichkeiten ist diese psychische Belastung in der Regel vorübergehend. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Überdiagnose und die daraus resultierende Übertherapie. Überdiagnose bezieht sich auf im Screening entdeckte Tumoren, die im Laufe des Lebens der Patientin nicht klinisch relevant geworden wären und die ohne das Screening weder diagnostiziert worden wären noch der Person Schaden zugefügt hätten. Das Ausmass der dem Mammografiescreening zugeschriebenen Brustkrebs-Überdiagnose ist ungewiss und schwer zu quantifizieren. Es wird in verschiedenen randomisierten Studien mit 10 bis 22% angegeben. Die Arbeitsgruppe der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) verwies auf die Schätzung der Euroscreen-Gruppe, die eine Überdiagnose von 6,5% (Spanne von 1–10%) annimmt (15). Gesamthaft muss diese Thematik ernst genommen werden. In der Abwägung überwiegt der Nutzen (= Verhinderung von Todesfällen) jedoch den potenziellen Schaden. Als weiterer Nachteil des Mammografiescreenings werden die Intervallkarzinome genannt. Hierbei handelt es sich um Tumoren, die zwischen zwei Scree-
8 GYNÄKOLOGIE 4/2023
SCHWERPUNKT
ningrunden klinisch symptomatisch werden. Retrospektiv handelt es sich meist um falsch-negative Screenings. Wahrscheinlich wäre es korrekter, diese falsch-negativen Screens als eine Einschränkung zu betrachten, die jeder Art von Test innewohnt, und nicht als einen Schaden, der nur beim bevölkerungsbezogenen Mammografiescreening auftritt (15). Im Rahmen der Aufklärung über das Mammografiescreening sollten Frauen gut informiert werden, um fundierte Entscheidungen treffen zu können, und damit die Akzeptanz gegenüber dem Screening zu erhöhen.
Was hat das Mammografiescreening gebracht?
Es hat sich gezeigt, dass die Implementierung von Screeningprogrammen zu einer Verbesserung der Überlebensrate um bis zu 30% führt (7, 8, 10). Das Früherkennungsprogramm ermöglicht es, den Brustkrebs in einem früheren Stadium zu detektieren (Abbildung 3), was die Heilungschancen erhöht und weniger belastende Therapien zulässt. Aktuelle Daten aus der Schweiz zeigen, dass es zu einer deutlichen Abnahme der Stadien II und III bei gleichzeitiger Zunahme kleinerer Tumorstadien nach Einführung des Screenings kam. Die Rate an DCIS blieb unverändert (Abbildung 3, Reutter und Morant). Wie an der Jahrestagung 2023 der Schweizerischen Gesellschaft für Senologie (SGS) dargestellt wurde, zeigen vorläufige Ergebnisse der Krebsliga Ostschweiz und der Universität St. Gallen, dass die Mortalitätsrate von Brustkrebs, der innerhalb des Brustkrebs-Mammografie-Programms «donna» in den letzten 10 Jahren in den Kantonen SG und GR diagnostiziert wurde, signifikant geringer ist als bei Frauen, deren Brustkrebs ausserhalb des Programms entdeckt wurde. Interessant ist, dass Unterschiede auch stadienbereinigt nachgewiesen werden konnten. Auch die Behandlungen waren deutlich weniger invasiv. Die Ergebnisse sind als vorläufig zu betrachten. Weitere detaillierte Auswertungen der Daten sind zurzeit in Vorbereitung zur Publikation in einem peer reviewed Journal. Das Dilemma: In der Schweiz liegt die Teilnahme am Screening aktuell nur bei etwa 50%. Österreich konnte die Teilnahme durch öffentliche Information auf 70% anheben. In Schweden haben sich die Frauen nach dem 40. Lebenjahr an die Vorsorge gewöhnt und die Teilnahme liegt zwischen 80% und 90%.
Neue Wege für das Mammografiescreening
Nicht nur die Brustkrebstherapien haben in den letzten 20 Jahren signifikante Fortschritte gemacht, sondern auch die diagnostischen Techniken. Bei 30% der Frauen ist das Drüsengewebe dicht oder sehr dicht und die Beurteilbarkeit der Mammografie einge-
vor Einführung des Screenings
nach Einführung des Screenings
Abbildung 3: Stadium und Art der Malignität vor und nach Einführung des Mammografiescreenings (in St. Gallen und Graubünden) (Abb. zur Verfügung gestellt von G. Reutter und R. Morant; «donna»)
schränkt. Durch die Anwendung der Tomosynthese wird dies teilweise wettgemacht. Mit dieser Methode werden bei nur leicht höherer Strahlendosis die Aufnahmen schichtweise durchgeführt. So kann man zwischen dem dichten Drüsengewebe hindurchsehen und die Detektionsrate verbessern (12). Auch die künstliche Intelligenz (KI) wird für die Mammografie und das Screening von Bedeutung sein. Die Algorithmen der KI für die Tumordetektion sind jedoch sehr komplex und es braucht noch weitere Entwicklungszeit, bis der Einsatz der KI reif ist. Vielversprechend ist auch das individuell angepasste Screening; hier wird aktuell sehr viel geforscht. Da das Brustkrebsrisiko neben den individuellen Risikofaktoren auch abhängig ist von Genetik, familiärer Häufung und Brustdichte, ist es sinnvoll, ein risikoadaptiertes Screening anzustreben. Dazu müssen aber noch die Resultate von aktuell gross angelegten Studien abgewartet werden. Frauen mit einem hohen Brustkrebsrisiko, zum Beispiel auf dem Boden einer BRCA-Mutation, werden bereits heutzutage einem intensivierten Screening zugeführt, da das reguläre Mammografiescreening in dieser Situation nicht als ausreichend erachtet wird.
Wo stehen wir heute? Was bringt die Zukunft?
Nachdem die WHO in den Neunzigerjahren empfohlen hatte, das Screening für Brustkrebs einzuführen, ist es heute von einer Vielzahl von Ländern umgesetzt worden. Dabei hat sich bestätigt, dass das Mammografiescreening für die teilnehmenden Frauen, welche an Brustkrebs erkranken, von Vorteil ist. Da jede achte Frau in der Schweiz an Brustkrebs erkrankt, ist dies keine geringe Anzahl an Frauen, die von einem Screeningprogramm profitieren können. Heute ist in der Schweiz das Screening noch nicht in allen Kantonen eingeführt, wodurch es zu einer Un-
SCHWERPUNKT
gleichbehandlung der Frauen im Screeningalter
kommt. Zur Prognoseverbesserung und zur Quali-
tätssicherung wäre es wünschenswert, ein schweiz-
weites Angebot einzuführen.
n
Dr. med. Gunilla Müller Institut für Radiologie und Nuklearmedizin Stadtspital Triemli 8063 Zürich E-Mail: gunilla.mueller@stadtspital.ch
Prof. Dr. med. Cornelia Leo Interdisziplinäres Brustzentrum Baden Kantonsspital Baden 5404 Baden E-Mail: cornelia.leo@ksb.ch
Quellen: 1. Bray F et al.: The changing global patterns of female breast cancer incidence and mortality. Breast Cancer Res 2004; 6: 229-239. doi: 10.1186/bcr932). 2. Sung H et al.: Global Cancer Statistics 2020: GLOBOCAN Estimates of Incidence and Mortality Worldwide for 36 Cancers in 185 Countries. CA: A Cancer Journal for Clinicians 2021; 71: 191-280. 3. Faisst K, Ricka-Heidelberger R: Mammografiescreening in der Schweiz. Eine retrospektive Analyse zur Umsetzung. Département universitaire de médecine et de santé communautaires. Lausanne und Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich, Hospices cantonaux – 2001; DUMSC ISSN 1420-2921. 4. Götzsche PC et al.: Is screening for breast cancer with mammography justifiable? The Lancet 2000; 355; 9198: 129-134. 5. Knox S: The European advocacy perspective on mammography screening. The Breast 2011; 20: 93-95. 6. Bouchardy C: Stellungnahme zur Wirksamkeit des Mammografiescreenings in der Schweiz. Schweizerische Ärztezeitung / Bulletin des médecins suisses / Bollettino dei medici svizzeri 2001; 13: 655-661. 7. Duffy StW et al.: Mammography screening reduces rates of advanced and fatal breast cancers: results in 549,091 women. Cancer 2020; July: 2971-2979. 8. Katalinic A et al.: Breast cancer incidence and mortality before and after implementation of the German mammography screening program. Int. J. Cancer 2019; 147: 709-718. 9. Henderson JT et al.: Screening for breast cancer: a comparative effectiveness review for the U.S. Preventive Services Task Force. AHRQ Publication 2023; Evidence Synthesis: No 231. 10. Tabar L et al.: All-cause mortality among breast cancer patients in a screening trial: support for breast cancer mortality as an end point. J Med Screen 2002; 9:159– 162. 11. WHO - International Agency for Research on Cancer. 12. Skaane P et al.: Digital mammography versus digital mammography plus tomosynthesis in breast cancer screening: the Oslo Tomosynthesis Screening Trial 2019. Radiology 2019; 291: 23–30. 13. Schiller-Fruehwirth I et al.: Cost-effectiveness models in breast cancer screening in the general population: a systematic review. Appl Health Econ Policy 2017; 15: 333-351. 14. Krebsliga Faktenblatt Mammographie-Screening. 15. Houssami N: Overdiagnosis of breast cancer in population screening: does it make breast screening worthless? Cancer Biol Med 2017; 14 (1): 1-8. doi: 10.20892/j.issn.2095-3941.2016.0050
10 GYNÄKOLOGIE 4/2023