Transkript
SCHWERPUNKT
Diabetes und Menopause
Zusammenhänge und Management
In der Lebensmitte beginnen sich vermehrt Risikofaktoren anzusammeln, welche oftmals zu chronischen Krankheiten mit schweren Langzeitfolgen, Einschränkung der Lebensqualität und verfrühten Todesfällen führen: Diabetes mellitus Typ 2 zum Beispiel. Der Eintritt der Menopause führt bei einer Mehrzahl der Frauen zu zusätzlichen Beschwerden und metabolischen Umwälzungen. Eine Hormontherapie kann wirksam viele klimakterische Symptome lindern. Kann diese auch vor Diabetes schützen und sich bei bestehendem Diabetes günstig auf den Glukosestoffwechsel auswirken?
URSULA GOBRECHT-KELLER
Ursula Gobrecht-Keller
Diabetes mellitus (im Folgenden Diabetes genannt) hat eine Prävalenz von 10% in der westlichen Erwachsenenbevölkerung (davon 10% Typ-1-Diabetes mellitus = T1DM und 90% Typ-2-Diabetes = T2DM), und eine weitere Zunahme ist aufgrund der Alterung der Bevölkerung und der grassierenden Zunahme der Adipositas zu erwarten. Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen auf, dass Diabetes eine der Hauptursachen für Erblinden, Nierenversagen, Herzinfarkte, Schlaganfälle sowie Amputationen der unteren Gliedmassen ist. Im Jahr 2019 wurden weltweit schätzungsweise 2 Millionen Todesfälle direkt durch Diabetes und diabetesbedingte Nierenerkrankungen verursacht. Diese Zahlen sind deshalb bedrückend, weil T2DM ein vermeidbares Leiden ist. Zu den Faktoren, die zur Entstehung von T2DM beitragen, gehören Übergewicht und mangelnde Bewegung, welche bei genetischer Veranlagung für den Einzelnen ausgeprägtere Folgen haben. Um Frauen (und auch Männern!) eine gute Lebensqualität bis ins hohe Alter zu erhalten und chronische Krankheit zu vermeiden, sollte also ein Diabetes idealerweise vermieden oder zumindest verzögert werden. Kommt es dennoch zur Diabeteserkrankung, sind zunächst die frühzeitige Diagnose und dann die optimale Betreuung der Patienten wichtig,
Merkpunkte
n Die Einnahme von menopausaler Hormontherapie ist mit einem verringerten Risiko für T2DM im späteren Leben verbunden.
n Eine Hormontherapie wirkt sich günstig auf den Glukosestoffwechsel aus, sowohl bei Frauen mit als auch bei Frauen ohne T2DM.
n Nach sorgfältiger Abschätzung der kardiovaskulären Risiken darf die Diabetikerin eine Hormontherapie einnehmen.
n Bei Betreuung der postmenopausalen Diabetikerin gilt es, besonders gut auf eine optimale Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf- und Knochengesundheit zu achten.
um Langzeitschäden und Todesfälle durch Diabetes zu vermeiden.
Kritische Korrelation ab Menopause
Die Menopause hingegen ist ein natürlicher Prozess, welchen jede Frau früher oder später durchläuft (mittleres Durchschnittsalter in der Schweiz: 51,4 Jahre). Aufgrund der nach wie vor ansteigenden Lebenserwartung (2021 Frau in der Schweiz: Lebenserwartung bei Geburt 85,7 Jahre) steigt auch die Anzahl der Jahre, welche eine Frau in der Postmenopause verbringt. Bei steigender Diabetesinzidenz erhöht sich so die Anzahl der postmenopausalen Diabetikerinnen stetig. Postmenopausale Diabetikerinnen haben ein höheres Risiko für diabetesassoziierte kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) als altersgleiche Männer mit Diabetes. Postmenopausale Frauen mit T1DM oder T2DM haben eine 2- bis 3-mal höhere Gesamtmortalität und CVD-spezifische Mortalität als postmenopausale Frauen ohne Diabetes, unabhängig von der ethnischen Herkunft (1). Postmenopausale Frauen mit Diabetes haben zudem ein höheres Frakturrisiko als Frauen ohne Diabetes gleichen Alters, und zwar unabhängig von der Knochendichte. Chronische Inflammation, Sarkopenie, Glukosetoxizität auf die Knochenmatrix und mikrovaskuläre Komplikationen (erhöhte Sturzneigung) sind mögliche Vermittler des erhöhten Frakturrisikos bei Diabetes mellitus (2). Die folgenden Fragen stellen sich: Gibt es einen Einfluss von Diabetes auf den Zeitpunkt der Menopause? Beeinflusst andererseits der Zeitpunkt der Menopause das Auftreten eines Diabetes? Was für Effekte hat eine menopausale Hormontherapie? Kann sie gar vor Diabetes schützen? Schadet oder nutzt sie der Diabetikerin? Was gilt es alles zu beachten beim Management der diabetischen Menopause-Patientin?
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SCHWERPUNKT
Auf diese Fragen soll in dieser Übersicht eingegangen werden.
Führt Diabetes zu früherem Eintritt der Menopause?
Beim T1DM weisen einige Daten darauf hin. Folgende pathophysiologische Mechanismen werden diskutiert, welche eine vorzeitige Alterung des Ovars auslösen: Frauen mit T1DM haben ein erhöhtes Risiko für autoimmune Zerstörung von Ovargewebe. Möglicherweise führt zudem eine suboptimale Blutzuckereinstellung bei Frauen mit T1DM oder T2DM zu mikrovaskulären Schäden in den Ovarien. Schliesslich wurde eine schlechte Blutzuckerkontrolle auch mit einem frühen Abbau von Follikeln bei Frauen mit T1DM in Verbindung gebracht, was die Alterung der Eierstöcke weiter beschleunigt (3). Andere Studien bestätigen den verfrühten Eintritt der Menopause bei T1DM allerdings nicht. Insgesamt scheint ein früherer Eintritt in die Menopause eher dann stattzufinden, wenn frühzeitig mikrovaskuläre Schäden vorhanden sind bei T1DM (Retinopathie und Nephropathie) (4). Die mögliche Vermeidung einer frühen Menopause ist ein weiterer guter Grund für T1-Diabetikerinnen, eine optimale Blutzuckereinstellung zu erreichen! Der Effekt eines T2DM auf den Eintrittszeitpunkt der Menopause konnte bislang nicht geklärt werden. Die Daten sind widersprüchlich, zudem möglicherweise verfälscht durch die bei T2DM oftmals ebenfalls bestehende Adipositas, welche assoziiert ist mit späterem Eintritt in die Menopause.
Steigt in der Postmenopause das Risiko für Typ-2-Diabetes?
In früheren Studien wurde postuliert, dass das Auftreten von T2DM in der Postmenopause lediglich mit dem chronologischen Alter in Zusammenhang steht. Mittlerweile gibt es aber klare Hinweise, dass die Hormonveränderungen, welche mit der Alterung der Eierstöcke und der Menopause einhergehen, zusätzlich die Inzidenz der glykämischen Dysregulation erhöhen (5). Östrogen spielt bei der Regulierung der Glukosehomöostase und des Energiestoffwechsels eine wichtige Rolle. Überzeugende Evidenz gibt es bei Frauen mit vorzeitiger Menopause (< 40 Jahre) und früher Menopause (< 45 Jahre), welche beide klar mit einem erhöhten Risiko für T2DM im späteren Leben verbunden sind. Es lohnt sich hier ein Blick auf die metabolischen Veränderungen in der Menopausentransition:
Körperzusammensetzung und Energiehaushalt Metabolische Veränderungen in der Menopause wie Verringerung der Fettoxidation und Rückgang des Energieverbrauchs begünstigen die Zunahme des Gesamtkörperfetts und insbesondere des viszeralen
Fetts bei gleichzeitiger Abnahme der fettfreien Masse (Muskel). Daten aus der SWAN-Studie zeigten eine Zunahme der viszeralen Fettmasse von 8,2% gegenüber dem prämenopausalen Zustand (6). Eine Metaanalyse von 2017 zeigte eine Zunahme des Taillenumfangs (+4,12 cm) und des BMI (+0,94 kg/m2) während des Übergangs zur Menopause (7). Die Prävalenz des metabolischen Syndroms steigt nach der Menopause stark an und liegt zwischen 30 und 70% verglichen mit 14 bis 45% bei Frauen im gebärfähigen Alter (8).
Veränderung der Insulinwirkung Überschüssiges Fettgewebe produziert Zytokine und andere Faktoren, welche die periphere Insulinresistenz erhöhen und zu einer geringgradigen systemischen Entzündung führen. Die Muskelmasse ist ebenso ein wichtiger Regulator der Insulinsekretion und ihre Abnahme wirkt sich ungünstig aus. Die Postmenopause geht mit einer Zunahme der Bioverfügbarkeit von Androgenen als Folge der Abnahme der Produktion von Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG) in der Leber einher; diese tragen zur Insulinresistenz bei. Im Tierversuch kommt es bei Nagetieren nach beidseitiger Ovarektomie zu Fettleibigkeit, Glukoseintoleranz und Insulinresistenz durch gestörte β-Zell-Funktion im Pankreas, welche durch exogene Östrogengabe reversibel ist (9). Insgesamt kommt es in der Menopause vermehrt zur Insulinresistenz, zu verminderter Insulinsekretion und verstärktem hepatischem Insulinabbau. Ist die Bauchspeicheldrüse mit der Zeit nicht mehr in der Lage, den erhöhten Bedarf an Insulin zu decken, kommt es zu T2DM.
Kann eine menopausale Hormontherapie (MRT) präventiv wirken?
Die höchste Inzidenz von Diabetes tritt bei Frauen nach der Menopause auf, welche bekannterweise mit einem massiven Östrogenabfall einhergeht. Östrogen spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Glukosehomöostase und des Energiestoffwechsels. Kann also eine Östrogengabe eine Diabeteserkrankung verzögern oder verhindern? Die Menopausale Hormon-Therapie (MHT) mit Östrogenen ist Mittel der Wahl für die Behandlung von störenden Wechseljahresbeschwerden, urogenitaler Atrophie und für die Vorbeugung der postmenopausalen Osteoporose bei Frauen. MHT ist ganz besonders indiziert bei allen Frauen mit vorzeitiger Ovarialinsuffizienz (vor dem 40. Lebensjahr). MHT wirkt sich günstig auf kardiovaskuläre Risikofaktoren aus, da sie bei der Mehrzahl der behandelten Frauen das Lipidprofil und die Körperzusammensetzung verbessert und in der Folge die Entwicklung der subklinischen Atherosklerose vermindert (10). Die MHT zeigt zudem einen protektiven Effekt auf Herzinfarkte und
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SCHWERPUNKT
Studie (Jahr)
Studien- Anzahl Patienten Behandlung Dauer
Fragestellung
design (Alter)
Andersson 1997 RCT
27 (40–65 Jahre) 17β-Östradiol 3 Monate Veränderung
2 mg täglich +
– Nüchtern-BZ
NETA je 10
– HbA1c
Tage/Monat
– Insulin
Brussaard 1997 RCT
40 (61 ± 5 Jahre) Oral Östradiol 6 Wochen HbA1c
2 mg täglich
Friday 2001
RCT
25 (50–77 Jahre) CEE 0,625 mg 8 Wochen Veränderung
täglich
– Nüchtern-BZ
– Postprandiale
Glucose
– HbA1c
HERS 2003
RCT
2,763
CEE 0,625 mg 4,1 Jahre Nüchtern-BZ
+ MPA 2,5 mg
Neue Fälle
täglich
T2DM
Salpeter 2006 Meta-
33,315
CEE oder
≥ 8 Wochen Nüchtern-BZ
analyse
(60,3 ± 5) Jahre, transdermales (Spanne
107 follow-up:
Östradiol und 0,15–5 Jahre) HOMA-Index
RCTs 49,973 Gestagen
Patientenjahre
Kim 2019
Cross-
3,359
Variabel
NA
Nüchtern-BZ
sectional Diabetike-
rinnen
(40–69 Jahre)
Resultat
MHT assoziiert mit verbessertem Nüchtern-BZ und glykämischer Kontrolle im Vergleich zu Plazebo 17β-Östradiol verbesserte glykämische Kontrolle im Vergleich zu Plazebo MHT: niedrigere HbA1c- Konzentration und reduzierte Insulinresistenz im Vergleich zu Plazebo Niedrigere Nüchtern-BZ bei MHT-Benutzer verglichen mit Plazebo. Etwas niedrigere Diabetes MellitusInzidenz bei MHTBenutzern im Vergleich zu Plazebo MHT war verknüpft mit verbessertem Nüchtern-BZ und reduzierter Insulinresistenz im Vergleich zu Plazebo MHT-Anwendung war verbunden mit niedrigerem Nüchtern-BZ als nie MHT
Tabelle 1: Datenlage zum Einfluss der MHT auf die Glukosehomöostase bei Diabetes mellitus
Tod durch Herzkreislauferkrankung, solange sie im «window of opportunity» (< 10 Jahre nach letzter Menstruationsblutung) gestartet wird.
Effekt MHT auf die Inzidenz des T2DM Und wie wirkt sich eine MHT auf das Neuauftreten eines Diabetes aus? Östrogene bewirken eine Abnahme der Fettablagerung im Bauchraum, eine Steigerung der Lipidoxidation und eine Verbesserung des Energieverbrauchs. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Östrogene die Insulinempfindlichkeit durch eine direkte Wirkung auf die Östrogenrezeptoren in Leber, Muskeln und Fettgewebe verbessern. Studien an Nagetieren haben gezeigt, dass Östrogene die Insulinsekretion in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse verstärken können (9). In einer Metaanalyse (107 randomisierte kontrollierte Studien) reduzierte MHT die Inzidenz von T2DM um 30% und verringerte die Insulinresistenz um 13% (11). In den meisten grossen Studien wurden Frauen untersucht, die mit konjugierten equinen Östrogenen (CEE) in Kombination mit Medroxyprogesteronacetat (MPA) behandelt wurden. Es liegen nur begrenzte Daten zu anderen Zusammensetzungen von MHT vor.
Aufgrund des First-Pass-Metabolismus in der Leber haben oral verabreichte Östrogene stärkere positive Auswirkungen auf die Insulinresistenz, die Unterdrückung der Glukoseproduktion in der Leber und die Cholesterinkonzentrationen als transdermales Östrogen. Die orale Gabe steigert allerdings auch die Synthese von Gerinnungsfaktoren und kann in der Folge das Thromboserisiko erhöhen, was durch ein transdermales Präparat weitgehend vermieden werden kann (12). Bei vorhandenem Uterus muss zur Endometriumsprotektion ein Gestagen dazu gegeben werden. Gestagene werden mit der Entwicklung einer Insulinresistenz in Verbindung gebracht: In den meisten Studien wurde die positive Wirkung von Östrogenen durch die Zugabe eines Gestagens dosisabhängig verringert. Medroxyprogesteron verfügt über eine glukokortikoide Wirkung, während Levonorgestrel ein von Testosteron abgeleitetes Produkt ist und über eine androgene Partialwirkung verfügt. Im Gegensatz dazu scheinen Norethisteron und Dydrogesteron eher neutral für den Glukosestoffwechsel sein (13, 14). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass MHT mit Östrogenen das Risiko für T2DM bei postmenopausalen Frauen wirksam senken kann.
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SCHWERPUNKT
Wie wirkt MHT auf einen bestehenden Diabetes?
Die Datenlage ist klar: MHT mit Östrogenen kann die Glukohomöostase (Nüchternglukosewerte, HbA1cKonzentration und Insulinresistenz) bei Frauen ohne sowie auch mit bereits bestehendem Diabetes verbessern (Tabelle 1)(3). Dazu kommt der beschriebene positive Effekt auf die Körperzusammensetzung. Die Leitlinien sind sich einig: Es konnte in sämtlichen Studien kein negativer Effekt einer MHT auf einen bestehenden Diabetes beobachtet werden. Eine MHT wirkt sich günstig auf den Glukosestoffwechsel aus und sollte bei symptomatischen Frauen mit T2DM entsprechend ihrem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) verabreicht werden. Trotzdem wird eine MHT nach wie vor bei Diabetikerinnen nur zurückhaltend verschrieben. Aufgrund der positiven Effekte einer MHT auf die Glukosehomöostase sollten wir aber den symptomatischen peri- und postmenopausalen Frauen mit Diabetes eine MHT keinesfalls vorenthalten, sondern sie nach sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile behandeln!
Management der Diabetikerin in der Peri- und Postmenopause
Hinsichtlich der Kontrolle des Körpergewichts, gesunder Ernährung und regelmässiger körperlicher Betätigung gelten für Diabetikerinnen in der Menopause die gleichen Richtlinien wie für alle Patienten mit Diabetes. Das Ziel ist die Minimierung kardiovaskulärer Risiken. Zur Gewichtsreduktion sind Diätpläne mit 1200 bis 1500 kcal pro Tag oder ein Energiedefizit von 500 bis 750 kcal pro Tag ideal (15). Eine mediterrane Ernährung wird empfohlen. Angemessene Zufuhr von Kalzium und Vitamin D, eine begrenzte Aufnahme von Alkohol und Natrium sowie Raucherentwöhnung sind weitere wichtige Massnahmen. Körperliche Aktivität, bestehend aus mindestens 150 Minuten pro Woche mässiger oder 75 Minuten pro Woche intensivem Ausdauertraining, sollen ebenfalls in die Lifestyle-Interventionen einbezogen werden. Körperliche Aktivität wirkt präventiv gegen Gewichtszunahme und Muskelatrophie und verbessert die Knochenqualität sowie die glykämische Kontrolle. Die meisten Frauen mit T2DM benötigen eine pharmakologische Behandlung zur optimalen Blutzuckereinstellung. Das Arsenal umfasst orale Medikamente (Metformin, Sulfonylharnstoffe, Thiazolidindione, Dipeptidylpeptidase-4-Hemmer, Natrium-abhängige Glukose-Transporter 2 (SGLT2)-Hemmer) und injizierbare Wirkstoffe (Glucagon-like-Peptide-1 (GLP1)-Rezeptor-Agonisten, Insulin) (16). Achtung: Die Medikamente Thiazolidindione und Canagliflozin können die Knochendichte verringern sowie die Knochenresorption und das Frakturrisiko erhöhen und sollten vermieden werden.
Personalisierte Risikostratifizierung der kardiovaskulären Risiken (CVD) nach Alter, Bluthochdruck, Adipositas, Rauchen, Dyslipidämie, vorherrschender kardiovaskulärer Erkrankung, Zielorganschädigung, Dauer des Diabetes mellitus
L••••••iKggMg1fe5oeggäs0snffst..utsyMKRrnilogaaedinullu-zleeIucninuhEtgdtemreeenndrrs-äeevBuhKnseenrötAnwuwdrtlnpkeöiVogeoghinrthun(gameonumenlgnewk:idognpicin-rthDosetu-rWsGrmaoansbceheDei(äint)tensives Gehen und Krafttraining)
Peri- oder postmenopausale Beschwerden?
Diabetes < 10 Jahre Dauer und Keine CVD-Risiken Diabetes > 10 Jahre Dauer < 3 CVD-Risiken
Orale Gabe Östrogen (bessere Wirkung auf Glukosestoffwechsel durch First-Pass-Effekt Leber Transdermale Gabe Östrogen (geringeres thromboembolisches Risiko)
Mikronisiertes Progesteron ODER Dydrogesteron ODER niedrig dosiert NETA ODER transdermal NETA (bei erhaltenem Uterus)
KEINE MHT falls bestehende kardiovaskuläre Erkrankung (CVD) ODER Zielorganschaden (Niere!) ODER ≥ 3 kardiovaskuläre Risiken ODER bestehender T1DM > 20 Jahre
Individuelles Ziel: Kontrolle von Wechseljahresbeschwerden, Blutzuckerkontrolle, Reduzierung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Prävention von Niereninsuffizienz, Kontrolle des Körpergewichts, Knochengesundheit, psychische Gesundheit
Tabelle 2: Empfehlung zum Management bei der postmenopausalen Diabetikerin
Ist bei der Diabetikerin eine MHT aufgrund von störenden Wechseljahresbeschwerden oder auch aufgrund einer vorzeitigen Ovarialinsuffizienz indiziert, muss eine sorgfältige Nutzen-/Risikoabschätzung erfolgen. Hierzu wurde von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der European Association for the Study of Diabetes (EASD) ein System erarbeitet, das die Dauer der Erkrankung und das Vorhandensein zusätzlicher kardiovaskulärer Risikofaktoren (Adipositas, Bluthochdruck, Dyslipidämie und Rauchen) mit einbezieht (17). Das empfohlene Vorgehen ist in Tabelle 2 ersichtlich.
Diskussion
Die Ko-Existenz von Menopause und Diabetes steigt kontinuierlich. Peri- und postmenopausal kommt es zu metabolischen Veränderungen, welche das Auftreten von T2DM begünstigen, was insbesondere für Frauen mit vorzeitiger und frühzeitiger Menopause belegt ist. Menopausale Hormontherapie mit Östrogenen kann das Risiko für T2DM wirksam senken und die Glukohomöostase bei Frauen ohne sowie auch mit bereits bestehendem Diabetes verbessern. Aufgrund des komplexen Gleichgewichts zwischen Risiken und Nutzen der MHT und weil die Wirkung der MHT auf die Diabetesprävention/Glukosekontrolle in randomisierten klinischen Studien nicht als primäres
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SCHWERPUNKT
Ergebnis untersucht wurde, soll die MHT jedoch nicht für die alleinige Prävention von T2DM oder zur Glukosekontrolle bei T2DM eingesetzt werden. n
Dr. med. Ursula Gobrecht-Keller Kaderärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Frauenklinik Universitätsspital Basel 4031 Basel E-Mail: ursula.gobrecht@usb.ch
Interessenkonflikte: keine
Quellen: 1. Ma Y, Hebert JR, Balasubramanian R, Wedick NM, Howard BV et al.: All-Cause, Cardiovascular, and Cancer Mortality Rates in Postmenopausal White, Black, Hispanic, and Asian Women With and Without Diabetes in the United States: The Women’s Health Initiative, 1993-2009. American Journal of Epidemiology 2013; 178(10), 1533–1541. https://doi.org/10.1093/aje/kwt177 2. Shanbhogue VV, Mitchell DM, Rosen CJ, Bouxsein, ML: Type 2 diabetes and the skeleton: new insights into sweet bones. The Lancet Diabetes & Endocrinology 2016; 4(2): 159–173. https://doi.org/10.1016/S2213-8587(15)00283-1 3. Lambrinoudaki I, Paschou SA, Armeni E, Goulis GD: The interplay between diabetes mellitus and menopause: clinical implications. Nature Reviews Endocrinology 2022; 18(10): 608–622. https://doi.org/10.1038/s41574-022-00708-0 4. Sjöberg L, Pitkäniemi J, Harjutsalo V, Haapala L et al.: Menopause in women with type 1 diabetes. Menopause 2011; 18(2): 158–163. https://doi.org/10.1097/ gme.0b013e3181ef3af0 5. Creţu D, Cernea S, Onea CR, Pop RM: Reproductive health in women with type 2 diabetes mellitus. Hormones 2020; 19(3): 291–300. https://doi.org/10.1007/s42000-020-00225-7 6. Samargandy S, Matthews KA, BrooksMM, Barinas-Mitchell E et al.: Abdominal visceral adipose tissue over the menopause transition and carotid atherosclerosis: the SWAN heart study. Menopause 2021, 28(6): 626–633. https://doi.org/10.1097/GME.0000000000001755
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