Transkript
FORTBILDUNG/PRISMA
«Bestätigen Sie die jungen Frauen! Sie sind ok!»
Vermeintlich unattraktives Körperbild: Sicht der gynäkologischen Psychosomatik
Immer wieder werde deutlich, dass sich gerade junge Frauen mit viel Unsicherheit bis Selbstabwertung betrachten, so Beobachtungen in psychologischen und frauenärztlichen Praxen. Gestylte Körper auf Social-Media-Kanälen werden als Norm verstanden und daraus Wünsche nach «korrigierenden» Operationen an Genitalien und Brust abgeleitet. Zudem: Essstörungen und Depressionen betreffen noch immer zu zwei Dritteln die Frauen – und dies trotz ihrem höheren Selbstbestimmungsrecht gegenüber früheren Generationen.
Diese Tendenzen seien heute sogar mehr als früher ausgeprägt und weithin problematisch, betonte Univ.-Prof. Beate WimmerPuchinger aus Wien auf einem Pressetag von GE HealthCare. Die in der Frauenheilkunde engagierte Psychologin und Gründungsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe erläuterte dazu Erfahrungen und Studien als «Brennpunkte» im Bereich Women’s Health.
Gestylte Körper als Norm?
Beispielhaft resümierte sie eine Befragung von 466 adoleszenten Mädchen und 368 Jungen an 27 Wiener Schulen zur Zufriedenheit mit dem eigenen Körper. Als langjährige Kommissarin für das Women’s Health Program der Stadt Wien hatte sie diese Studie durchgeführt: 31% der Mädchen hatten darin Angst vor Gewichtszunahme (versus 15% der Jungen), 40% der Mädchen fürchteten durch Gewichtzunahme und verändertes Körperbild um ihren Selbstwert (vs. 28% der Jungen), 14% (vs. 8%) nahmen Appetitzügler und 14% (vs. 10%) fasteten immer
wieder über 24 Stunden. Die Tendenzen seien für junge Menschen in westlichen Gesellschaften charakteristisch, so Wimmer-Puchinger; sie deckten sich quasi mit einer Erhebung aus den USA, nach der fast 87% der jungen Frauen ihren Körper mit präsentierten «Bodies» in SocialMedia-Kanälen vergleichen und etwa die Hälfte sich selbst unvorteilhaft findet. Der Einfluss entsprechender Medien sei frappant, da darin Normen für die weibliche Schönheit gesetzt würden, welche junge Mädchen bzw. Frauen veranlasse zu glauben, diesen entsprechen zu müssen. Beispielsweise würde heute propagiert, Schamhaare stets ganz abzurasieren und ein bestimmtes Aussehen der Genitalien zu gewinnen (auch als «Must» für die Liebe des «Boyfriends»). Die Folgen vermeintlicher Unattraktivität seien Unsicherheit, häufig Stress, Selbstabwertung, Ängste bis hin zu Depression, so die Erfahrungen der Psychologin. In diesem Zusammenhang ist laut Wimmer-Puchinger auf die hohe Zahl der jungen Frauen mit Essstörungen, häufig ein Ausdruck des Selbstzweifels in jungem
Das «Voluson Valley» für Ultraschall und GE HealthCare
Das 600-Seelen-Dorf Zipf, in einer Talsohle rund 50 Kilometer östlich von Salzburg gelegen, romantisch mit Zwiebelturm am grünem Waldesrand, hat sich technologisch hoch entwickelt. Der Ingenieur Paul Kretz, aus der örtlichen Brauereifamilie stammend, tüftelte nach dem 2. Weltkrieg an einer Sonartechnologie und entdeckte schnell: Wenn Hochfrequenz-Schallwellen sich durch einen Hohlraum bewegen und auf ein Objekt treffen, senden sie ein Echo zurück. So begann in den Sechzigerjahren, zunächst zusammen mit dem Wiener Frauenarzt Alfred Kratochwil, die Entwicklung moderner Ultraschallgeräte, welche in den Folgejahren die Perinatalmedizin revolutionierte. Jahrzehnte später wurde hier ein innovatives Ultraschallgerät namens Voluson entwickelt, welches einen Durchbruch in der Ultraschalldiagnostik brachte – und der Name «Voluson Valley» für die Region war geboren. Heute gehört das hochmoderne Werk in Zipf zur GE Healthcare Women’s Health Ultrasound Division (Bereich Ultraschall für die Frauenheilkunde), welche multinational an diversen Standorten die hochpräzise Weiterentwicklung der Medizintechnik vorantreibt. Die Voluson-Geräte gehören inzwischen zu den am weitesten verbreiteten Systeme in Pränatalmedizin und Gynäkologie.
Alter, hinzuweisen: Wie vor Jahrzehnten sind fast immer junge Mädchen und Frauen betroffen – eine immer noch zu lösende Aufgabe gerade in der gynäkologischen Psychosomatik.
«Depression ist weiblich»
Deutlich zeigen sich Diskrepanzen zwi-
schen jungen Frauen und Männern in der
Prävalenz der Depressionen. Die Psycho-
login wies darauf hin, dass weltweit
Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren am
häufigsten erkranken. Insgesamt leiden
doppelt so viele Frauen wie Männer an
Depression. Markant ist, dass zwei Drittel
der verordneten Psychopharmaka von
Frauen eingenommen werden.
Als positive Entwicklung ist zu sehen,
dass geschlechtsspezifische Unterschiede
zur mentalen Gesundheit von nationalen
und internationalen Organisationen, na-
mentlich der WHO und EU, inzwischen
registriert und untersucht werden. Im
Gender-Equality-Index-2021-Report der
EU wurde nachgewiesen, dass Frauen in
Europa ein schlechteres psychisches Be-
finden als Männer haben. Nach dieser Er-
hebung haben Frauen ein um den Faktor
2,7 erhöhtes Risiko für Angststörungen. Zu
den negativen Emotionen zählen bei
Frauen vor allem Sorgen (43% vs. 39% bei
Männern), Stress (41% vs. 39%), Traurigkeit
(32% vs. 26%) und Ärger (26% vs. 21%).
«Depression ist weiblich», sagte Wim-
mer-Puchinger, und es sei ein dringendes
Ziel der Women’s Health-Bestrebungen,
eine effektive Prävention in diesem Be-
reich zu entwickeln. Auf die Frage, was
sie aktuell in der Arzt/Ärztin-Patientin-
Sprechstunde bezüglich Anliegen zum
allgemeinen Befinden als besonders
wichtig erachte, meinte sie: «Die Ärzte
sollen die Frauen bestätigen! Den jungen
Mädchen und Frauen sollten Unsicherhei-
ten und Ängste zum eigenen Körperbild
genommen werden. Sie sind in der Regel
ok so, wie sie sind! Sie sollen sich nicht zu
viele Gedanken machen!»
n
Bärbel Hirrle
Quelle: GE Health Press Tour, Zipf/Austria, 14.04.2023 Vortrag von Ao. Univ.-Prof. Beate Wimmer-Puchinger: «Investing in Women‘s Health! Why does it matter?»
GYNÄKOLOGIE 3/2023
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