Transkript
SCHWERPUNKT
Wichtige Aspekte beim NIPT für den Praxisalltag
Indikationen, Verfahren und Interpretation, Kommunikation
Mit Zunahme des mütterlichen Alters steigt auch die Prävalenz verschiedener chromosomaler Anomalien wie die Trisomie 21. Mit Hilfe der nicht invasiven Pränataltests (NIPT) lassen sich mit nur einer mütterlichen Blutprobe zumindest die Trisomien 21, 18 und 13 mit hoher Zuverlässigkeit ausschliessen. Welchen Einfluss auf Testergebnis und Einbettung dieser Massnahme in die Gesamtsituation der Patientin hat dabei das mütterliche Alter?
SELINA LARA FRICKE, OLAV LAPAIRE
Selina Lara Fricke Olav Lapaire
Angeborene fetale Fehlbildungen stellen nach wie vor die Hauptursache perinataler Mortalität und Morbidität dar. Häufig liegt fetalen Anomalien eine chromosomale Ursache zugrunde, welche mittels invasiver Testverfahren wie der Chorionzottenbiopsie und Amniozentese diagnostiziert werden können. Obwohl Kontrolle und Sicherheit über die Schwangerschaft im Vordergrund stehen, muss bei Durchführung einer invasiven Diagnostik mit einem Abortrisiko von rund 0,5 bis 1% gerechnet werden (1–3). So ist es nachvollziehbar, dass 2011 die Einführung nicht invasiver und somit für den Feten risikofreie Pränataltests weltweit auf grosses Interesse stiess. Der Test kann bereits im ersten Trimenon durchgeführt werden, benötigt lediglich eine mütterliche Blutprobe und wird mittlerweile in über 60 Ländern auf der ganzen Welt angeboten. Waren es zu Beginn die häufigsten Trisomien, die es auszuschliessen galt, besteht dank neuer Testverfahren mittlerweile die Möglichkeit, das gesamte Genom zu untersuchen. Trotz seit Testeinführung bestehender grosser Kontroversen sowie Unsicherheiten bezüglich Zuverlässigkeit der Testergebnisse, werden die NIPT grosszügig an-
Merkpunkte
n Ein negatives Testergebnis bedeutet, dass das Vorliegen einer Trisomie 21, 18 oder 13 mit hoher Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden kann.
n Ein positives Testergebnis bedeutet, dass ein hohes Risiko für die entsprechende Chromosomenanomalie vorliegt.
n Der NIPT ist ein Screeningverfahren, stellt somit keinen diagnostischen Test dar und benötigt weitere invasive Abklärung bei positiven Testergebnissen!
n Mit Zunahme des maternalen Alters steigt die Prävalenz einer Trisomie 21 und somit auch der positive prädiktive Vorhersagewert.
geboten und gehören vielerorts zur Routine im Praxisalltag (4).
Rasche und breite Akzeptanz des NIPT
Schon nach kurzer Zeit breitete sich die neue Methode, welche initial noch als Privatleistung angeboten wurde, in den USA, Europa und China aus. Marketingkampagnen der aus dem Boden spriessenden NIPT-Unternehmen, welche mit dem Versprechen einer sorgenfreien Schwangerschaft sogar die Zielpersonen persönlich anwarben, erzielten zunehmend hohe Verkaufszahlen. Im Jahr 2021 allein wurden über 788 Mio. US-Dollar erwirtschaftet und Marktforschungsberichten zufolge soll es zwischen 2022 und 2030 zu einem weiteren Anstieg von 13,9% kommen (5). Derzeit findet die Testanwendung in Europa zu etwa 15% in Italien, zu ca. 10 bis 35% in der Schweiz, zu ca. 20% in Norwegen, zu 30% in Deutschland sowie zu 51% in den Niederlanden (6) und sogar zu 75% in Belgien (7) statt.
Screeningverfahren mit dem Ziel der Reduktion invasiver diagnostischer Eingriffe
2015 führte die Schweiz als erstes Land die Kostenübernahme von NIPT durch die obligatorische Krankenkasse bei Vorliegen eines Ersttrimester-Screenings ein. Ziel war vor allem, die Anzahl invasiver Eingriffe zu reduzieren (5). In einer retrospektiven Studie, welche 2014 eine Gruppe von Schwangeren vor Einführung der NIPT mit einer Gruppe nach Testumsetzung verglich, liess sich tatsächlich eine Reduktion der invasiven Eingriffe von 67,4% nachweisen (8). Betrachtet man nun jedoch die Test-Performance dieses bisher hoch angepriesenen Testverfahrens ge-
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nauer, sehen wir in Abhängigkeit von maternalem Alter und zu untersuchender Trisomie grosse Variabilität in Sensitivität und Spezifität sowie Validität der Testergebnisse. Grundsätzlich gilt zu beachten, dass die Ergebnisse vor allem für die Trisomie 21 einen guten negativen prädiktiven Vorhersagewert aufweisen, jedoch bei positivem Testergebnis und mässig hohem positivem prädiktivem Wert ein invasives Testverfahren zur Bestätigung einer Chromosomenanomalie (und Bestätigung des Tests) nach sich ziehen. Somit handelt es sich beim nicht invasivem Pränataltest um ein Screeningverfahren und nicht um einen diagnostischen Test (5, 9). Zu den Indikationen für den NIPT gehören: n Schwangere aus der Risikogruppe mit positiver
Familienanamnese einer Aneuploidie oder mit vorheriger Schwangerschaft mit einer fetalen Trisomie n Schwangere mit auffälligem Ersttrimestertest (nach den Vorgaben der Schweizerischen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) mit einem Risikowert für Trisomie 21, 18 oder 13 von ≥ 1:1000 und unauffälligem Ultraschallbefund (9) n auf Wunsch der Patientin. Die Kosten des NIPT werden durch die obligatorische Krankenversicherung bei Einlingsschwangerschaften mit einem errechneten Risiko für Trisomie 21, 18 und 13 von ≥ 1:1000 übernommen. Das Prozedere zu Information und Beratung der Mutter respektive des Paares bis zur eventuellen invasiven Abklärung und Expertenmeinung ist in Abbildung 1 aufgeführt. (z. B. 1: 520)
Durchführung des NIPT
Die Durchführung sollte idealerweise nach dem Ersttrimestertest zwischen 11+0 bis 13+6 SSW erfolgen. Grundsätzlich werden hierfür aus dem mütterlichem Blut DNA-Fragmente von Mutter und Trophoblastzellen vervielfältigt und den jeweiligen Chromosomen zugeordnet. Die Untersuchung wird somit an der zellfreien DNA im mütterlichen Blut durchgeführt (9). Bei DNA-Fragmenten der Plazenta handelt es sich um Bestandteile abgestorbener Trophoblastzellen, welche allgemein als freie fetale DNA bezeichnet werden. Diese lässt sich frühestens ab der 5. Schwangerschaftswoche im maternalen Blut nachweisen und steigt im Verlauf der Schwangerschaft an (9). Unter fetaler Fraktion (FF) versteht man das Verhältnis zwischen freier fetaler DNA (ffDNA) zu totaler DNA im maternalen Blut; auch hier zeigt sich ein Anstieg mit zunehmender Schwangerschaftswoche. Zur Durchführung und Auswertung des nicht invasiven pränatalen Tests ist vor allem dieser Wert entscheidend; er bestimmt über die Aussagekraft und Zuverlässigkeit der Testergebnisse (11). Um die fetale Fraktion zu ermitteln, liegen verschiedene Messmethoden vor:
Information und Beratung zu Optionen der pränatalen Diagnostik bei Einlingsschwangerschaft (US/NT/ETT/NIPT/CVS/AC)
Ersttrimester-US (11+0–13+6 SSW bzw. SSL 45–84 mm)
US unau ällig (NT < 95. Perzentile und keine Fehlbildungen) Risikokalkulation mittels ETT
US mit NT ≥ 95. Perzentile Fehlbildungen V.a. Chromosomenanomalie Keine klare Darstellung der klassischen Strukturen des Ersttrimester-US (s. Checkliste SGUM-GG)
Risiko für Trisomie 21, 18,13: < 1:1000
Risiko für Trisomie 21, 18,13: ≥ 1:1000
Risiko für Trisomie 21, 18,13: ≥1:380
Risiko für Trisomie 21, 18,13: ≥ 1:10
Expert opinion (zum Ausschluss von Fehlbildungen vor dem NIPT)
NIPT
Falls keine invasive Abklärung erwünscht
Niedriges Risiko
Kein oder unklares Ergebnis (nach einmaliger Wiederholung)
Niedriges Risiko
Invasive Abklärung (CVS/AC) Bei Fehlbildungen und/oder NT ≥ 95. Perzentile mit Microarray
Normale Schwangerschaftskontrolle
Expert opinion
Abbildung 1: Schema zur pränatalen Abklärung bei spontan eingetretenen Einlingsschwangerschaft, wenn diese zu Lasten der Grundversicherung geschehen soll. ETT: Kombinierte Risikokalkulation mittels Ultraschall- und Serummarker (9)
n Differenzverfahren: Singe nucleotid polymorphism (SNP) Methode (z. B. Panorama-Test)
Hier ist die Unterscheidung zwischen maternaler und fetaler DNA möglich; ebenso können Triploidien und Mikrodeletionen erkannt werden. Diese Methode ist bei Schwangerschaften nach Eizellspende jedoch nicht anwendbar.
n Zählverfahren (alle verfügbaren Tests ausser Panorama-Test):
Diese Methode ist bei Gemini-Schwangerschaften und nach Eizellspende möglich. Einige Testanbieter erlauben zudem die Abklärung aller Chromosomen sowie den Nachweis grober struktureller Defekte. Allerdings wird nicht zwischen fetaler und maternaler DNA unterschieden, womit der Anteil der fetalen Fraktion deutlich wichtiger zu sein scheint.
Interpretation der Testergebnisse Um eine optimale Betreuung der Patientinnen gewährleisten zu können, wird die korrekte Interpretation der Testergebnisse in Abhängigkeit von biologischen Einflussgrössen, wozu auch das maternale Alter zählt, vorausgesetzt. Biologische Einflussgrössen, welche in maternale und fetale Einflussfaktoren untergliedert werden, können entweder zur Erhöhung des maternalen Anteils und/oder zur Reduktion der fetalen Anteile an zellfreier DNA (cfDNA) im mütterlichen Blut führen (12). Unter den maternalen Komponenten führen vor allem das Gewicht, aber auch zunehmendes mütterliches Alter zu einer Reduktion der fetalen Fraktion (FF). Die fetoplazentare Komponente zeigt einen variablen Einfluss je nach Trisomie; somit führt das Vor-
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SCHWERPUNKT
Tabelle:
Biologische Einflussgrössen auf die fetale Fraktion (FF) (adaptiert nach 12)
Fetoplazentale Faktoren
Gestationsalter (GA) Scheitelrumpflänge (CRL) Mosaik Fetale Aneuploidie Triploidie Mehrlingsschwangerschaft
Mütterliche Faktoren Mütterliches Gewicht Autoimmunerkrankung Niedermolekulares Heparin Serum-PaPP-A Serum-freies Beta-HCG Ethnie Konzeption mit ART Parität Mütterliches Alter
Effekt auf fetale Fraktion (FF)
steigt mit GA steigt mit CRL sinkt variabel sinkt Gesamt-FF steigt, aber FF sinkt pro Fetus
sinkt mit steigendem mütterlichen Gewicht sinkt bei aktiver Krankheit sinkt möglicherweise steigt steigt variabel sinkt sinkt sinkt
Positiv prädiktiver Vorhersagewert (PPV) in Abhängigkeit von Prävalenz und Alter
PPV in Prozent
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
Prävalenz für Trisomie 21 Trisomie 18 Trisomie 13
Trisomie 21: Sensitivität: 0,992; Spezifität: 0,9991 Trisomie 18: Sensitivität: 0,963; Spezifität: 0,9987 Trisomie 13: Sensitivität: 0,910; Spezifität: 0,9987
61 48 49 53
14
14 6
16 7
21 10
75
34 18
88
57 37
96 79 64
18 22 26 30 34 38 42 Alter
8 von 10 000 2 von 10 000
–*
8 von 10 000 2 von 10 000 1 von 10 000
10 von 10 000 2 von 10 000 1 von 10 000
14 von 10 000 3 von 10 000 2 von 10 000
27 von 10 000 7 von 10 000 3 von 10 000
68 von 10 000 200 von 10 000 18 von 10 000 51 von 10 000 8 von 10 000 25 von 10 000
Der positiv prädiktive Vorhersagewert (PPV) gibt beim NIPT die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine schwangere Frau bei positivem Testergebnis tatsächlich ein Kind mit Trisomie 21 (rot), 18 (grau) oder 13 (blau) zur Welt bringt. Im Gegensatz zur Sensitivität und Spezifität hängt der PPV von der Prävalenz ab. Der negative prädiktive Wert (NPV) gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine schwangere Frau bei negativem Testergebnis tatsächlich ein Kind ohne Trisomie zur Welt bringt. Der NPV liegt in allen Altersklassen immer bei mehr als 99 Prozent. * Für die Altersgruppe der 18-Jährigen liegen nicht genügend Daten vor.
Abbildung 2: PPV in Abhängigkeit von Prävalenz und Alter (13)
liegen einer Trisomie 21 zur Erhöhung, Trisomie 13 und 18 zur Reduktion der FF (Tabelle) (12). Nun bestimmt die Menge an FF zum einen die Validität des Testergebnisses an sich, zum anderen gibt sie Auskunft über eine mögliche genetische Anomalie. Eine niedrige FF kann entweder auf einen Fehler im Testverfahren hinweisen; dann ist eine Testwiederholung empfohlen oder aber könnte dies auf eine mögliche Aneuploidie hinweisen. Vor dem Hintergrund der vielen Einflussgrössen, welche das Testresultat verfälschen können, zeigt sich die Komplexität dieses Testverfahrens und somit auch die Wichtigkeit einer anschliessenden invasiven Diagnostik zur Bestätigung positiver Testresultate.
Die Detektionsrate für Trisomie 21 liegt bei > 99% bei einer Falsch-Positiv-Rate von < 0,09%. Studien zeigten aber auch, dass der positive prädiktive Wert (PPV) vom Gesamtrisiko der Schwangeren abhängig ist. Demnach steigt der PPV mit Zunahme des maternalen Alters und somit auch die Prävalenz einer Trisomie 21. Die Testperformance für Trisomie 13 und 18 fällt niedriger aus (Abbildung 2). Wie in der Einleitung erwähnt, zeichnet sich der NIPT durch seinen hohen negativen prädiktiven Wert aus, welcher für Trisomie 21 unabhängig der Altersklassen bei 99% liegt. Zusammenfassend lässt sich zur Anwendung der NIPT bei älteren Schwangeren sagen, dass der PPV mit zunehmendem Alter ansteigt und eine Durchführung nach Vorliegen eines Ersttrimester-Screenings ohne Hinweis auf fetale Auffälligkeiten sinnvoll erscheint.
Vor- und Nachteile des NIPT Zu den Vorteilen gehören: n Der Test ist nicht invasiv. n Der Test selbst ist risikolos bezüglich Abortrate. n Der Test zeigt eine höhere Sensitivität und Spezi-
fität als das Ersttrimester-Screening für Trisomie 21. n Der Test hat einen hohen negativen prädiktiven Wert unabhängig von Alter der Schwangeren.
Zu den Nachteilen gehören: n Es gibt multiple Einflussfaktoren, die das Ergebnis
verfälschen können. n Es besteht ein mässig hoher positiv prädiktiver
Wert, welcher von der Risikosituation abhängig ist. n Nicht alle durchgeführten NIPT liefern ein Ergebnis (in ca. 5% kein Ergebnis). n Der NIPT ist kein diagnostischer Test und benötigt weitere invasive Abklärung bei positiven Testergebnissen.
Wichtige Aspekte für die Kommunikation
Vor allem in den USA wurde durch die Herstellerfirmen der NIPT propagiert, dass die Testdurchführung eine sorgenfreie Schwangerschaft gewährleisten kann. Dass es unter anderem zu falsch-positiven Ergebnissen kommen kann, wurde oftmals nicht erwähnt, um das Vertrauen in die Testverfahren zu bewahren. So zeigten spätere Untersuchungen, dass Abtreibungen bei positiven Testergebnissen durchgeführt wurden und das ungeborene Kind gesund gewesen wäre. Dass nur ein geringer Anteil von 3% der Behinderungen auf eine genetische Ursache zurückzuführen ist und der Grossteil durch Erkrankungen im Laufe des Lebens entstehen, wird den Schwangeren nicht ausreichend bewusst gemacht (4, 15).
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SCHWERPUNKT
Waren es früher Wünsche und Ängste, die in der Schwangerschaftskontrolle besprochen wurden, zeigen sich heute vermehrt Situationen, in denen werdende Eltern durch Wissen und Möglichkeiten der sich immer weiter entwickelnden Pränataldiagnostik verunsichert sind. Seelische Belastungen, verbunden mit Angstzuständen und Depressionen, werden vor allem bei Frauen in einer späten Schwangerschaft zunehmend beobachtet (4, 16). Um diesen Geschehnissen entgegenzuwirken, ist eine gute Aufklärung über Vor- und Nachteile der NIPT sowie über das tatsächliche Risiko und die Aussagekraft statistischer Risikowerte essenziell. Vor allem ältere Schwangere müssen in Bezug auf Einflussfaktoren sowie die weitere Vorgehensweise bei positivem Testergebnis genauestens informiert werden (13). Wichtig ist, dabei auf das jederzeit bestehende Selbstbestimmungsrecht der Patientin hinzuweisen (4). Zur Veranschaulichung und Besprechung bestehender Möglichkeiten in der Praxis dient Abbildung 3 (14).
Ausblick
Gehen wir davon aus, dass sich der NIPT mit derzei-
tiger Geschwindigkeit weiterentwickelt, wird es in Zu-
kunft eine zunehmende Bandbreite an pränatalen
Informationen geben. Einerseits führt dies zu erhöh-
ter Autonomie und Beruhigung der werdenden El-
tern. Andererseits könnten zunehmende Informatio-
nen psychische Belastungssituationen erhöhen. Von
weitergehendem Interesse ist ausserdem der ethi-
sche und soziale Aspekt dazu, inwieweit sich in die-
sem Zusammenhang selektive Abtreibungen auf un-
sere Gesellschaft auswirken werden und welchen
Raum wir Menschen mit Behinderungen geben
möchten. Gerade weil nicht invasive Pränataltests als
so einfach, sicher und ungefährlich dargestellt wer-
den, muss ein klar definiertes Bewusstsein für deren
Einsatz geschaffen werden (4, 16).
n
Dr. med. Selina Fricke E-Mail: selina.fricke@usb.ch
Prof. Dr. med. Olav Lapaire E-Mail: olav.lapaire@usb.ch Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin Universitätsspital Basel 4031 Basel
Interessenkonflikte: keine.
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Würde ich eine Schwangerschaft mit einem Kind mit geistiger Behinderung abbrechen?
Nein Vielleicht Möglichkeit 2
Möglichkeit 1
Test (NIPT) auf fetale DNA im Mutterblut
Chorionbiopsie oder Fruchtwasserpunktion
Vorteil ● Trisomie 21 > 99% erfassbar ● Trisomie 13 & 18 > 99% erfassbar ● Kein Fehlgeburtsrisiko Nachteil ● Abnorme Resultate
müssen bestätigt werden ● Seltene genetische
Störungen nicht erkannt ● Bei kleinem Risiko
nicht kassenpflichtig
Vorteil ● Viele genetische
Störungen erfassbar ● Zuverlässigkeit 100% Nachteil ● Fehlgeburtsrisiko
durch Punktion ● Bei kleinem Risiko
nicht kassenpflichtig
Ersttrimestertest zur Klärung der Kassenpflicht
Keine genetische Diagnostik
Risiko über 1:1000 NIPT kassenpflichtig
Vorteil ● Freude an der Schwangerschaft bleibt erhalten Konsequenz ● Möglicherweise Geburt eines behinderten Kindes
Risiko über 1:380 Punktion kassenpflichtig
Abbildung 3: NIPT anwenden oder nicht? Entscheidungshilfe für die Praxis (adaptiert nach 14)
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