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EDITORIAL
D ie neue Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Embryologie (ESHRE; 2022) fasst viele Empfehlungen zur Versorgung der Frauen mit Endometriose zusammen, darunter solche zur Diagnostik und Behandlung bei Schmerzen und Infertilität. Die wichtigste Änderung ist sicher die zurückhaltende Empfehlung der Laparoskopie in der Diagnostik. Bildgebende Verfahren wie transvaginaler Ultraschall und Magnetresonanztomografie bieten kombiniert mit der klinischen Diagnostik eine vergleichbare Sensitivität und Spezifität für die Diagnose von Endo-
Neues zur Endometriose
metriomen oder einer tief infiltrierenden Endometriose. Als Reproduktionsmedizinerin liegt mir besonders die Behandlung bei Kinderwunsch am Herzen. Dazu empfiehlt die Leitlinie grosszügig eine reproduktionsmedizinische Abklärung und Behandlung. Der ehemals postulierte Benefit eines ultralangen Protokolls mit 3-monatiger Downregulation mit einem GnRH-Analogon vor Beginn einer IVF wurde als ungewiss eingestuft. Die Lebendgeburtenrate scheint unabhängig von der Wahl des Stimulationsprotokolls zu sein. Die operative Therapie bei Kinderwunsch muss gut abgewogen werden, und der negative Einfluss auf die ovarielle Reserve erfordert eventuell die vorgängige Anlage einer Fertilitätsreserve. Auch sehr junge Patientinnen mit höhergradiger Endometriose, insbesondere bei ovariellem Befall, sollten auf die Möglichkeit der Asservierung von Eizellen hingewiesen werden. Neu informiert die Leitlinie ausführlich zur Endometriose bei Jugendlichen. Bei jungen Frauen, die (zyklisch) von der Schule fernbleiben, orale Kontra-
zeptiva zur Behandlung von Dysmenorrhö einnehmen, obstruktive Genitalfehlbildungen, eine frühe Menarche oder kurze Menstruationszyklen haben, lässt sich eine Endometriose vermuten. Adoleszentinnen berichten oft über andere Schmerzen als Erwachsene, chronische oder azyklische Beckenschmerzen, häufig mit Übelkeit; Dysmenorrhö, Dyschezie und Dysurie sind nicht selten. Bei Jugendlichen mit schwerer Dysmenorrhö und/oder Endometriose-assoziierten Schmerzen sollten hormonelle Kontrazeptiva oder Gestagene (systemisch oder über die Hormonspirale) als Hormontherapie der ersten Wahl verschrieben werden. Spannende Beiträge zur aktuellen Therapie der Endometriose runden dieses Heft ab. Insbesondere der Beitrag zu Mikronährstoffen und Phytotherapie beleuchtet einen ergänzenden Ansatz, der sicher noch nicht allen bekannt ist. Ich wünsche Ihnen allen eine anregende Lektüre und dass Sie etwas Neues erfahren!
Herzlich, Alexandra Kohl Schwartz Mitherausgeberin
Co-Chefärztin Frauenklinik Leitung Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Luzerner Kantonsspital
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Seit 2022 richten wir jede Ausgabe der «Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE» nach den Weiter- und Fortbildungsschwerpunkten des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) der FMH aus. Zu Ihrer raschen Orientierung erscheint der Schwerpunktbereich jeweils markiert auf dem Titelblatt und auf Seite 1 jeder Ausgabe.
Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE 1.2023:
Gynäkologische Onkologie/gynäkologische Senologie Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Operative Gynäkologie und Geburtshilfe Fetomaternale Medizin Urogynäkologie
GYNÄKOLOGIE 1/2023
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