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FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Menopause (SGEM)
Brain Fog in den Wechseljahren
Hintergrund: Kognitive Beschwerden sind in den Wechseljahren häufig und mit einer reduzierten Lebensqualität verbunden (1). Spätestens seit der Pandemie durch SARS-CoV-2 Infektionen ist den meisten der Begriff Brain Fog geläufig, der nun auch zunehmend im Kontext der Wechseljahre gebraucht wird. Wie aber sollten Frauen mit Brain Fog in den Wechseljahren beraten werden?
Zusammenfassung der Studie
Unter Brain Fog in den Wechseljahren versteht man verschiedene kognitive Symptome, die sich häufig als Schwierigkeiten im Gedächtnis und in der Aufmerksamkeit manifestieren. Diese kognitiven Veränderungen in den Wechseljahren sollten nicht mit einer Demenz verwechselt werden. Eine Demenz im Alter vor 64 Jahren ist selten. Zu den häufigsten kognitiven Beschwerden bei Brain Fog in den Wechseljahren zählen Schwierigkeiten beim Lernen und im verbalen Gedächtnis. Die Symptome beginnen meist während der menopausalen Transition. Die Beschwerden können störend und subjektiv besorgniserregend sein, der normale kognitive Funktionsumfang wird jedoch in der Regel beibehalten; nur etwa 11 bis 13% der Frauen weisen eine klinisch signifikante Beeinträchtigung auf. Die kognitiven Symptome sind mit Veränderungen der Östrogenserumkonzentration, vasomotorischen Beschwerden, Schlaf und Stimmung assoziiert. Die Behandlung dieser Symptome kann sich positiv auf die Kognition auswirken.
Rolle der Hormonsubstitution (HRT) und Risikofaktoren Es stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Rolle der HRT im Hinblick auf Kognition und Demenz. Eine HRT wird derzeit international weder zur Behandlung kognitiver Beschwerden in den Wechseljahren noch zur Prävention eines kognitiven Abbaus bzw. einer Demenzentwicklung empfohlen. Fragen zum Einfluss einer HRT auf die kognitiven Fähigkeiten bei Frauen mit störenden Hitzewallungen oder bei Frauen in der Perimenopause können mangels
entsprechender Studien noch nicht beantwortet werden. Bei Frauen mit früher Menopause (< 45 Jahre) unterstützen Östrogene den Erhalt der kognitiven Funktion und reduzieren das Demenzrisiko. Wenn eine HRT in der frühen Postmenopause begonnen wird, ist kein negativer Einfluss auf die Kognition zu erwarten. Gleiches gilt für den Einsatz von reinen Östrogenen in der späten Postmenopause. Bisher konnte nur für die kombinierte HRT mit konjugierten equinen Östrogenen (CEE) und Medroxyprogesteronacetat (MPA) ein negativer Einfluss auf die kognitive Funktion beobachtet werden, wenn diese nach 65 Jahren gestartet (!) wird. Die Kombination von oralem Estradiol und vaginalem Progesteron scheint dagegen auch bei Start in der späten Postmenopause sicher zu sein. Verschiedene modifizierbare Risikofaktoren sind mit der kognitiven Gesundheit assoziiert. Hierzu zählen Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes, mangelnde körperliche Aktivität, Rauchen, mangelnde kognitive Aktivität, wenig soziale Interaktion, Schwerhörigkeit und Depression. Diese Risikofaktoren sollten möglichst gut gemanagt/reduziert werden. Bisher liegen keine ausreichenden Daten vor, um zwischen kognitiven Beschwerden aufgrund der Wechseljahre und aufgrund von Long-COVID unterscheiden zu können. Allerdings scheinen exekutive Funktionseinbussen bei SARS-CoV-2 ein herausragendes Merkmal zu sein, welche in der Regel in den Wechseljahren nicht beobachtet werden. Kommentar Der Review bietet praktische Empfehlungen zum Management von Frauen Prof. Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert im Turnus mit Kolleg*innen der SGEM kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und teilweise kontrovers diskutierten Themen. Kommentierte Studie: Maki PM, Jaff NG.: Brain fog in menopause: a health-care professional’s guide for decision-making and counseling on cognition. Climacteric. 2022 Sep 30:1-9. doi: 10.1080/13697137.2022.2122792. Epub ahead of print. PMID: 36178170. mit kognitiven Beschwerden in den Wechseljahren. Am wichtigsten ist, dass diese kognitiven Beschwerden keine Vorboten der Demenz darstellen, wie häufig befürchtet wird. Das Demenzrisiko unter einer HRT wird ebenfalls aufgegriffen, und es wird ver- deutlicht, dass ein erhöhtes Risiko bisher nur für asymptomatische > 65-jährige
Frauen beobachtet wurde, die erst zu
diesem späten Zeitpunkt mit einer ora-
len kombinierten HRT, bestehend aus
CEE und MPA, beginnen (2).
n
Prof. Dr. med. Petra Stute Universitätsfrauenklinik, Inselspital Bern E-Mail: petra-stute@insel.ch Internet: www.meno-pause.de Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Greendale GA, Karlamangla AS, Maki PM.: The Menopause Transition and Cognition. JAMA. 2020 Apr 21;323(15):1495-1496. doi: 10.1001/jama.2020.1757. PMID: 32163094. 2. Stute P, Wienges J, Koller AS, Giese C, Wesemüller W, Janka H, Baumgartner S.: Cognitive health after menopause: Does menopausal hormone therapy affect it? Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2021 Dec;35(6):101565. doi: 10.1016/j.beem.2021.101565. Epub 2021 Aug 17. PMID: 34538724.
48 GYNÄKOLOGIE 1/2023