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SCHWERPUNKT
Ovarialkarzinom und Genetik
Wissen für den klinischen Alltag zum Management bei familiärer Veranlagung
Bei bis zu 24% der Patientinnen mit Ovarialkarzinom können Keimbahnmutationen nachgewiesen werden. Der BRCA-/MMR-Status spielt eine wichtige Rolle für die Prognose, die Therapieentscheidungen und im Weiteren für die Beratung gesunder Familienmitglieder. Neue Therapien wie die PARP-Inhibitoren haben zu einer deutlichen Verlängerung des progressionsfreien Überlebens geführt.
LAURA KNABBEN1, MANUELA RABAGLIO2
Laura Knabben
Inzidenz und Risiken
In der Schweiz erkranken pro Jahr zirka 630 Frauen an einem Ovarialkarzinom. Obwohl die Schweiz zusammen mit Belgien im internationalen Vergleich die niedrigste Neuerkrankungs- und Sterberate aufweist, verstarben zwischen 2014 und 2018 pro Jahr 416 Frauen aufgrund dieser Erkrankung (gemäss Bundesamt für Statistik 2022). Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 68 Jahren. Als Risikofaktoren gelten Kinderlosigkeit, eine frühe Menarche und späte Menopause, Endometriose und eine Hormonersatztherapie während der Menopause. Die Einnahme einer kombinierten oralen Kontrazeption wirkt protektiv.
Die genetische Komponente Während die Bedeutung einer genetischen Komponente beim Mammakarzinom schon lang im Fokus steht, erhält dieser Aspekt beim Ovarialkarzinom erst seit den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit. Einige Studien weisen darauf hin, dass der Anteil genetisch bedingter Ovarialkarzinome um einiges höher liegt
Gynäkologisches Tumorzentrum, Universitätsspital Bern: 1 Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Inselspital, 2 Universitätsklinik für Medizinische Onkologie, Inselspital
Merkpunkte
n Der Anteil genetisch bedingter Ovarialkarzinome liegt bei 15 bis 24%. n Bei der Beratung von gesunden BRCA-Mutationsträgerinnen sollten unter anderem
folgende Themen besprochen werden: Zeitpunkt und Art der risikoreduzierenden Operationen, eine Hormonersatztherapie nach risikoreduzierender Adnexektomie und die Familienplanung. n Erkrankten Mutationsträgerinnen eröffnen sich mit PARP-Inhibitoren und Antikörpertherapie neue Therapiemöglichkeiten. n BRCA-Mutationsträgerinnen, die an einem Ovarialkarzinom erkranken, weisen eine bessere Prognose auf.
als beim Mammakarzinom. Auch beim Ovarialkarzinom machen Mutationen in den Genen BRCA1 und 2 (HBOC = hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinomsyndrom) den grössten Anteil der familiären Erkrankungen aus. Ein weiteres wichtiges hereditäres Karzinomsyndrom, das eine Assoziation mit dem Ovarialkarzinom aufweist, ist das familiäre, nicht polypöse Kolonkarzinomsyndrom (HNPCC, LynchSyndrom). In einer 2019 von Kurian und Kollegen publizierten Studie wurden die Daten von 6001 Patientinnen mit Ovarialkarzinom analysiert. Bei 30,9% der Patientinnen war eine genetische Testung durchgeführt worden. 14,5% aller Patientinnen wiesen eine pathogene Mutation auf. Die häufigsten pathogenen Genmutationen fanden sich in den Genen BRCA1: 8,7%, BRCA2: 5,8%, CHEK2: 1,4%, BRIP1: 0,9%, MSH2: 0,8% und ATM: 0,6% (1). In einer weiteren Studie von Walsh wurde eine unselektierte Kohorte von 360 Patientinnen mit Ovarialkarzinom auf Keimbahnmutationen in 21 Genen untersucht. Bei 24% fanden sich pathogene Sequenzvarianten: 18% in den BRCA-Genen, 6% in anderen Genen (BARD1, BRIP1, CHEK2, MRE11A, MSH6, NBN, PALB2, RAD51C, RAD50, TP53). Über 30% der positiv getesteten Frauen hatten eine negative Familienanamnese und > 35% waren älter als 60 Jahre bei der Diagnosestellung (2). Während das Lebenszeitrisiko für ein Ovarialkarzinom in der Allgemeinbevölkerung bei 1,2% liegt, steigt es bei Vorliegen einer BRCA-Mutation auf 17 bis 44% (3). Beim Lynch-Syndrom liegt das Lebenszeitrisiko für ein Ovarialkarzinom bei zirka 10% mit starken Unterschieden, je nachdem in welchem Gen eine Mutation vorliegt. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die wichtigsten mit dem familiären Ovarialkarzinom assoziierten Gene und Lebenszeitrisiken.
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SCHWERPUNKT
Genetische Beratung und Testung
Technische Fortschritte beispielsweise beim «next generation sequencing» machen es möglich, eine grosse Anzahl an Genen zu geringeren Kosten zu testen. Eine grosse Herausforderung stellen jedoch die Interpretation der Resultate und die Empfehlungen zum Management dar. Deshalb gilt in der Schweiz, dass genetische Testungen nur von Genetikern bzw. Fachärzten mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden sollten. Auf der SAKK-Homepage findet sich eine Liste der Schweizer Beratungsstellen. Die genaue Erhebung der Familienanamnese über 3 Generationen im Rahmen der hausärztlichen oder gynäkologischen Sprechstunde ist zwar zeitaufwendig, stellt aber weiterhin ein wichtiges Screeninginstrument dar. Hinweise auf ein familiäres Krebssyndrom können ein gehäuftes Vorkommen von Karzinomerkrankungen in der mütterlichen oder väterlichen Linie, das Auftreten von synchronen/metachronen Karzinomen oder ein junges Erkrankungsalter sein. Im Jahr 2017 wurden erstmals Schweizer Leitlinien für die genetische Beratung und Testung publiziert. 2021 folgte eine aktualisierte Version (5). Die Indikationen wurden zum Teil erweitert: Galt zum Beispiel bis jetzt, dass bei negativer Familienanamnese nur Frauen, die jünger als 40 Jahre an einem Mammakarzinom erkrankten, für eine genetische Testung qualifizierten, kann nun eine Testung bis zu einem Erkrankungsalter < 45 Jahre erwogen werden. Ausserdem werden jetzt Patientinnen mit Carcinoma-in-situ der Brust einbezogen. Seit Neuestem werden auch Pankreas- und Prostatakarzinome in der Familie berücksichtigt. Aufgrund der oben erwähnten hohen Inzidenz von Keimbahnmutationen, unabhängig von Familienanamnese und Alter, gilt weiterhin, dass allen Frauen mit nicht muzinösem Ovarialkarzinom eine genetische Beratung und Testung angeboten werden sollte. Borderline-Tumoren werden nicht zum Spektrum der hereditären Neoplasien gezählt. Wegen der Implikationen für die Therapie sollte die genetische Testung zeitnah nach der Diagnosestellung erfolgen. Bei negativer Keimbahntestung wird eine Tumortestung empfohlen.
Noch wird zu wenig getestet Leider ist die Akzeptanz gegenüber der genetischen Testung bei Frauen mit Ovarialkarzinom und Familienangehörigen relativ gering. In einer interessanten amerikanischen Studie zeigte sich, dass nur bei einem Drittel der Patientinnen mit Ovarialkarzinom, bei denen eine genetische Abklärung empfohlen wurde, letztlich eine Gentestung durchgeführt wurde. Im zeitlichen Verlauf von 2013 bis 2017 war ein jährlicher Anstieg der Testungen um lediglich 2% zu se-
Tabelle 1:
Die wichtigsten mit dem familiären Ovarialkarzinom assoziierten Gene, Lebenszeitrisiken und Empfehlungen zum Management
Mutationen in den Genen
Lebenszeitrisiken
HBOC
BRCA1
44%
BRCA2
17%
Lynch-Syndrom (*)
MLH1 (27%)
4–20%
MSH2 (35%)/EPCAM (3%)
8–38%
MSH6 (23%)
1–13%
PMS2 (12%)
1–3%
BRIP1
5–15%
RAD51C
10–15%
RAD51D
10–20%
PALB2
3–5%
ATM 2–3%
CHEK2
Keine Evidenz für
erhöhtes Risiko
Management**
RRSO*** 35-40 Jahre RRSO 40-45 Jahre
Individueller Entscheid
RRSO 45–50 Jahre RRSO 45–50 Jahre RRSO 45–50 Jahre RRSO > 45 Jahre zu diskutieren Unzureichende Evidenz für RRSO, Management auf Basis der Familienanamnese RRSO nicht empfohlen
* Anteil der Genveränderungen nach Yurgelun, Gastroenterology 2015 (4) ** adaptiert nach NCCN-Leitlinien *** RRSO = Risikoreduzierende Salpingo-Ovarektomie
hen, dahingegen stieg die Anzahl der getesteten Gene stark an, und zwar von durchschnittlich 10 auf 35 Gene. 2013 wurde nur bei 40% der Frauen eine Multigentestung durchgeführt, 2017 bereits bei > 90%. Die Autoren betonen, dass es wahrscheinlich sinnvoller wäre, auf eine Erhöhung der Testrate zu fokussieren anstatt auf die Anzahl getesteter Gene (6). Natürlich lassen sich diese Daten nicht 1:1 auf die Schweiz übertragen, da in den USA häufig andere finanzielle und ethnische Disparitäten zum Tragen kommen. Aber unsere Erfahrungen aus dem klinischen Alltag zeigen leider, dass eine genetische Testung häufig nicht erfolgt. Das lässt sich sicher teilweise durch die hohe Morbidität und Mortalität, aber auch durch eine geringere öffentliche Aufmerksamkeit für diese Erkrankung erklären.
Management – Präventionsmöglichkeiten
Für gesunde Mutationsträgerinnen eröffnet die frühzeitige Diagnose einer Trägerschaft die Möglichkeit, präventive Massnahmen zu ergreifen, für bereits Erkrankte besteht die Möglichkeit für ein risikoadaptiertes Screenings für Zweitkarzinome wie zum Beispiel Brust, Kolon, Melanom. Leider gibt es für das Ovarialkarzinom weiterhin keine Früherkennungsuntersuchung mit nachgewiesener Mortalitätsreduktion. Ein systematischer Review von 2018 analysierte die Daten von 4 Studien mit insgesamt 293 587 Teilnehmerinnen. Ein Screening für Ovarialkarzinome mit transvaginalem Ultra-
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SCHWERPUNKT
Tabelle 2:
PARP-Hemmer-Therapie beim Ovarialkarzinom: Zulassungen gemäss nationaler Ärzneimittelbehörde
Olaparib Niraparib Rucaparib
FDA BRCAmut mit Bev: High Risk, «all comers» Eingereicht für alle
BRCAmut oder
Indikationen
HRDpos
(«all comers»)
EMA BRCAmut mit Bev: High Risk, «all comers» Eingereicht für alle
BRCAmut oder
Indikationen
HRDpos
(«all comers»)
Swissmedic BRCAmut mit Bev: High Risk, BRCAmut –
BRCAmut oder
oder HRDpos
HRDpos
BRCAmut = mutierte BRCA-Gene Bev = Bevacizumab HRDpos = positive Testung auf HRD (= homologe Rekombinationsdefizienz)
schall und/oder Bestimmung des CA-125 ergab keinen Überlebensvorteil, sondern führte sogar zu Komplikationen. In der grössten inkludierten Studie (UKCTOCS; n= 202 546) lag die Falsch-positiv-Rate bei 0,91%, und bei 3,07% der Frauen, bei denen eine Operation indiziert war und kein Karzinom nachgewiesen werden konnte, kam es zu schwerwiegenden Komplikationen wie Darm-/Blasenverletzungen oder Hämorrhagien (7). Deshalb sprechen sich die meisten internationalen Leitlinien gegen ein Ovarialkarzinomscreening bei BRCA-Mutationsträgerinnen aus (Royal College of Obstetricians and Gynecologists, RCOG; The Society of Obstetricians and Gynecologists of Canada, SOGC). Oder aber sie erwähnen die Möglichkeit für ein überbrückendes Screenings mit transvaginalem Ultraschall und CA-125 Bestimmung alle 6 Monate ab dem 30. Lebensjahr (National Comprehensive Cancer Network, NCCN; American College of Obstetricians and Gynecologists, ACOG; European Society for Medical Oncology, ESMO) (8). Sicherlich sollte das kritisch mit der Patientin besprochen werden. Bei BRCA-Mutationsträgerinnen wird eine risikoreduzierende Adnexektomie beidseits ab dem 35. Lebensjahr und nach abgeschlossener Familienplanung empfohlen. In Tabelle 1 sind die entsprechenden Empfehlungen bei Vorliegen von Mutationen in anderen Genen zusammengefasst. Für das Vorgehen bei Frauen mit Lynch-Syndrom liegen keine international etablierten Leitlinien vor. In einem 2018 publizierten internationalen Konsensus empfehlen die Experten die risikoreduzierende Adnexektomie ab dem 35. bis 40. Lebensjahr bei Frauen mit Mutationen in den Genen MLH1, MSH2 und MSH6. Die NCCN-Leitlinien empfehlen ein individualisiertes Vorgehen (9). Die risikoreduzierende Adnexektomie sollte laparoskopisch erfolgen und die Entnahme einer Spülzytologie, die Inspektion des Peritoneums und die Ent-
fernung der Adnexe im Bergesack beinhalten. Ein Schnellschnitt ist nicht indiziert, allerdings ist eine komplette histologische Aufarbeitung des Materials mit Fokus auf allfällige Vorstufen wie ein STIC (serös tubares intraepitheliales Karzinom) wichtig (8). Der Nutzen einer bilateralen Salpingektomie mit zeitversetzter Ovarektomie wird derzeit noch in Studien untersucht (TUBA-Trial) und kann deswegen nicht in der klinischen Routine empfohlen werden. Das könnte allerdings eine interessante Option für jüngere Mutationsträgerinnen sein, die eine sichere Antikonzeption wünschen. Eine zusätzliche Hysterektomie muss individuell mit der Patientin besprochen werden. Neuere Studien legen ein erhöhtes Risiko für seröse Endometriumkarzinome bei BRCA1-Mutationsträgerinnen nahe (10). Eine spezielle Nachsorge nach risikoreduzierender Adnexektomie ist nicht indiziert. Allerdings wird trotz spärlicher Datenlage hinsichtlich der Knochengesundheit und des kardiovaskulären Risikos bei gesunden Mutationsträgerinnen eine Hormonersatztherapie bis zum 51. Lebensjahr empfohlen (ACOG, RCOG). Die langjährige Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva führt zwar zu einer Risikoreduktion für ein Ovarialkarzinom, allerdings kann eine Anwendung im Sinne einer Chemoprävention mangels Studiendaten derzeit nicht empfohlen werden. Ratsuchende sollten weiterhin zur Familienplanung beraten werden. Sicherlich ergibt sich aufgrund der oben genannten Empfehlungen zu risikoreduzierenden Operationen und zu möglichen Karzinomerkrankungen in jungem Alter ein verkürztes «fertiles Zeitfenster». Zudem werden in der Literatur Hinweise auf eine mögliche reduzierte Ovarialreserve kontrovers diskutiert. Im Übrigen wird in den kommenden Jahren sicher die Nachfrage nach Präimplantationsdiagnostik steigen. Dieses Thema würde jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Bedeutung der Genetik für die systemische Therapie
Neben Keimbahnvarianten lassen sich bei 6 bis 7% der Patientinnen mit Ovarialkarzinom somatische, also auf den Tumor begrenzte Varianten in den Genen BRCA1 oder BRCA2 nachweisen. Alle Patientinnen mit einer somatischen Variante oder Keimbahnvariante im BRCA1- oder BRCA2-Gen haben per Definition einen Tumor mit einer Defizienz der homologen DNA-Reparatur (HRD). Weitere Gene, die in die Reparatur der homologen Rekombination (HRR) involviert sind und ebenfalls bei Mutation zu einer HRD führen können, sind: ATM, BRIP1, NBN, PALB2, RAD51B, RAD51C, RAD51D. Eine HRD wird zudem über das Vorliegen einer genomischen Instabilität
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SCHWERPUNKT
gBRCA1/2mt & sBRCA1/2mt
Olaparib (2 Jahre) – SOLO 1
BRCA1/2mt
DBS Carbo/Taxol
Carbo/Taxol
IDS Carbo/Taxol
Olaparib (2 Jahre) + Bevacizumab (15 mt) PAOLA
Rucaparib (2 Jahre) – ARIEL4 Niraparib (3 Jahre) – PRIMA
Bevacizumab 18* (ICON7)*
* nur Stadium IV oder III R+
BRCA1/2wt – HRD pos.
BRCA1/2wt – HRD
DBS Carbo/Taxol
Carbo/Taxol
IDS Carbo/Taxol
Rucaparib (2 Jahre) – ARIEL4
Niraparib (3 Jahre) – PRIMA Olaparib (2 Jahre) + Bevacizumab
(15 mt) PAOLA
Bevacizumab 18* (ICON7)*
* nur Stadium IV oder III R+
BRCA1/2wt – HRD neg. BRCA1/2wt – ohne HRD
DBS Carbo/Taxol
Bevacizumab 18* (ICON7)*
* nur Stadium IV oder III R+
Carbo/Taxol
IDS Carbo/Taxol
Abbildung: Systemtherapieoptionen inklusive möglicher Erhaltungstherapien (gemäss aufgeführter klinischer Studien; 11–15)
definiert, die über den Verlust der Heterozygotie
(LOH) gemessen werden kann.
Patientinnen mit fortgeschrittenem epithelialem
Ovarialkarzinom (Stadium IIB bis IV) bekommen vor
oder nach der chirurgischen Tumorresektion eine
platinhaltige Chemotherapie in Kombination mit
einem Taxan und gegebenenfalls Bevacizumab (Anti-
angiogenese-Behandlung). Derzeit sind zudem ver-
schiedene Poly-(ADP-Ribose-)Polymerase-(PARP-)In-
hibitoren (PARPi) für eine (Erhaltungs-)Therapie unter
bestimmten Voraussetzungen zugelassen (Tabelle 2).
Bei 10% der Patientinnen mit fortgeschrittenem epi-
thelialem Ovarialkarzinom, Tuben- oder primärem
Peritonealkarzinom lässt sich eine Defizienz der
DNA-Fehlpaarungsreparatur (dMMR) nachweisen.
Tumoren mit einer dMMR können Varianten in zellu-
lären Schlüsselsignalwegen akkumulieren und somit
zu einer Tumorgenese führen. Ein sensitiver Marker
für dMMR ist die Messung der Mikrosatelliteninstabi-
lität (MSI). Zusätzlich zeigen dMMR-Tumoren eine er-
höhte Tumormutationslast (TMB). Pembrolizumab
wurde von der FDA für die Behandlung von nicht re-
sezierbaren oder metastasierten soliden Tumoren
mit dMMR respektive mit einer hohen MSI (MSI-H)
zugelassen. Eine dMMR kann unter anderem zurück-
geführt werden auf Keimbahnvarianten in den
Lynch-Syndrom-assoziierten Genen MLH1, MSH2,
MSH6 und PMS2, eine Deletion von EPCAM oder
eine MLH1-Promotormethylierung im Tumor.
Die aktuellen Optionen der Systemtherapie sind in
der Abbildung aufgeführt.
n
Dr. med. Laura Knabben (Erstautorin, Korrespondenzadresse) Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: laura.knabben@insel.ch
Interessenkonflikte: keine.
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