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JOURNAL CLUB
Metastasierter tripelnegativer Brustkrebs (mTNBC)
Immuntherapie zeigt signifikant verbessertes Überleben bei hoher PD-L1-Expression
Patientinnen mit fortgeschrittenem TNBC profitieren in der Erstlinienbehandlung von der Immuntherapie mit Pembrolizumab oder auch Atezolizumab. Die finale Auswertung der Phase-III-Studie KEYNOTE 355 zeigte eine signifikant verlängerte Dauer des progressionsfreien (PFS) und des Gesamtüberlebens (OS) unter Pembrolizumab plus Chemotherapie versus Chemotherapie allein. Die letzte Analyse dieser Studie, die beim ASCO-Kongress 2022 präsentiert wurde, betraf die Daten zum verlängerten OS, die jetzt auswertbar waren (1).
Tripelnegativer Brustkrebs (TNBC), bei dem wegen fehlender entsprechender Rezeptoren endokrine und HER2-zielgerichtete Medikamente keine Antitumorwirkung entfalten, gilt als aggressiver Tumor, der lange Zeit nur chemotherapeutisch behandelt werden konnte und dabei mit schlechten Ansprechraten und kurzen Überlebenszeiten einherging. Eine neue Option war vor wenigen Jahren erstmals die Immuntherapie mit einem Hemmer des «programmed death-ligand 1» (PD-L1); dabei zeigte sich eine Antitumorwirkung bereits mit der Monotherapie (Pembrolizumab), insbesondere bei Tumoren mit hoher PD-L1-Expression respektive einem diesbezüglich hohen «combined positive score» (CPS) .
Kontrollierte Phase-III-Studie mit knapp 850 Patientinnen
Die Folgestudie KEYNOTE-355 prüfte nun, inwieweit die Zugabe von Pembrolizumab die Wirkung der Chemotherapie
(Standardbehandlung bei fortgeschrittenem TNBC) verstärkt. Dabei sollte vor allem die Wirksamkeit bei hoher PD-L1-Expression mit einem CPS-Score ≥ 10 untersucht werden. Die sehr internationale Studie (1) rekrutierte Patientinnen aus 29 Ländern (209 Zentren), die Patientinnen- und Tumorcharakteristika waren sehr ausbalanciert. 847 nicht vorbehandelte Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem TNBC wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert für eine Behandlung mit n Pembrolizumab (200 mg) alle 3 Wo-
chen plus Chemotherapie nach Wahl des behandelnden Arztes (nabPaclitaxel, Paclitaxel oder Gemcitabin-Carboplatin) (n = 566) oder n Plazebo plus Chemotherapie (n = 281). Primäre Endpunkte waren das PFS und das OS bei Patientinnen mit einem CPS ≥ 10 (CPS-10-Subgruppe), ferner mit einem CPS ≥ 1 (CPS-1-Subgruppe) versus eine Intention-to-Treat-Population (ITT-
Gruppe). Dabei wurde die Therapiesicherheit kontrolliert.
Gesamtüberleben um median 7 Monate verlängert Bei einem mittleren Follow-up von 44,1 Monaten betrug das mediane OS n in der CPS-10-Subgruppe: 23,0 versus
16,1 Monate (Hazard Ratio [HR] für Tod: 0,73; 95%-KI: 0,55–0,95) n in der CPS-1-Subgruppe: 17,6 versus 16,0 Monate (HR: 0,86; 95%-KI: 0,72– 1,04) n in der ITT-Subgruppe: 17,2 versus 15,5 Monate (HR: 0,89; 95%-KI: 0,76–1,05). Knapp die Hälfte (48,4%) überlebte 18 Monate unter der Studienmedikation (vs. 41,4% unter Plazebo plus Chemotherapie). Das aktualisierte mediane PFS betrug in der CPS-10-Subgruppe 9,7 versus 5,6 Monate (HR: 0,66; 95%-KI: 0,50–0,88). In der CPS-1-Subgruppe lag es bei 7,6 versus 5,6 Monate (HR: 0,75; 95%-KI: 0,62– 0,91) und in der ITT-Subgruppe bei 7,5 versus 5,6 Monate (HR: 0,82; 95%-KI: 0,70–0,91). Die Daten sind konsistent mit der früheren Analyse. Die bestätigte objektive Ansprechrate (ORR) betraf 52,7% (n = 116 von 220) in der CPS-10-Subgruppe unter Pembrolizumab plus Chemotherapie versus 40,8% unter Plazebo plus Chemotherapie. Auch die Ansprechdauer war länger in der CPS-10-Subgruppe mit 12,8 versus 7,3 Monate.
38 GYNÄKOLOGIE 4/2022
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Bezüglich Nebenwirkungen von Grad 3 bis 5 entsprachen die Resultate den vorherigen Analysen mit 68,1% (bzw. 66,9%). Das betraf vor allem Anämie (49,1% vs. 45,9%), Neutropenie (41,1% vs. 38,1%) und Nausea (39,3% vs. 41,3%). Von den immunbezogenen Begleitwirkungen (26,5% vs. 6,4%) war Hypothyroidismus am häufigsten (15,8% vs. 3,2%).
Diskussion
Die Verlängerungen bei OS und PFS bei den Patientinnen mit einem CPS ≥ 10 waren signifikant unter Pembrolizumab plus Chemotherapie gegenüber der Gruppe unter alleiniger Chemotherapie. Deshalb wird die Kombination bei Patientinnen mit dieser hohen PD-L1-Expression von den Studienleitern empfohlen. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Ergebnisse der KEYNOTE-355-Studie mit jenen früherer Studien mit Pembroli-
zumab und anderen ImmuncheckpointInhibitoren übereinstimmen, die mit Patientinnen mit metastasiertem TNBC und hoher PD-L1-Expression durchgeführt wurden. In der IMpassion-130-Studie wurde die Gabe von Atezolizumab plus nab-Paclitaxel ebenfalls in der Erstlinientherapie gegenüber alleiniger Chemotherapie untersucht, und es kam auch dort zu einem signifikant verbesserten PFS und einem deutlich verlängerten OS (2). Allerdings zeigte die Folgestudie (IMpassion 131), diesmal mit Paclitaxel als Chemotherapie, kein signifikant verbessertes PFS und OS. Bei frühem TNBC scheint – anders als bei fortgeschrittenem TNBC – die Höhe der PD-L1-Expression weniger bedeutend für die Wirkung einer adjuvanten Immuntherapie mit Pembrolizumab oder Atezolizumabzu sein (3, 4). Die (neo-)adjuvante Gabe von Pembrolizumab plus Chemo-
therapie bewirkte in der Gesamtgruppe (ohne Messung/Berücksichtigung des CPS) ein signifikant längeres eventfreies Überleben als unter alleiniger Chemotherapie (3). Die neoadjuvante Gabe von Atezolizumab mit nab-Paclitaxel und Anthracyclin-basierter Chemotherapie verbesserte signifikant die pathologische komplette Ansprechrate (4). n
Bärbel Hirrle
Quellen: 1. Cortes J et al.: Pembrolizumab plus chemotherapy in advanced triple-negative breast cancer. N Engl J Med. 2022;387: 217-226. 2. Emens LA et al.: First-line atezolizumab plus nab-paclitaxel for unresectable, locally advanced, or metastatic triple-negative breast cancer: IMpassion130 final overall survival analysis. Ann Oncol. 2021;32:983-993. 3. Schmid P et al.: Event-free survival with pembrolizumab in early triple-negative breast cancer. N Engl J Med. 2022;386:556567. 4. Mittendorf EA et al.: Neoadjuvant atezolizumab in combination with sequential nab-paclitaxel and anthracycline-based chemotherapy versus placebo and chemotherapy in patients with early-stage triple-negative breast cancer (IMpassion031): a randomised, double-blind, phase 3 trial. Lancet 2020; 396:1090100.