Transkript
EDITORIAL
U rogynäkologische Probleme sind weitverbreitet, doch noch immer wird ziemlich wenig darüber gesprochen. Ab dem Alter von 40 Jahren hat jede zweite Frau eine Beschwerde im Beckenbodenbereich, ein sogenanntes «lower urinary tract symptom». Die häufigsten Symptome sind Drangbeschwerden, Nykturie und Inkontinenz, danach folgen Senkungsbeschwerden. Um die Ursache dieser Beschwerden besser zu verstehen, ist die korrekt ausgeführte und interpretierte urodynamische Messung von zentraler Bedeutung. Frau Dr. Gloria Ryu gibt einen Überblick zu den Grundvoraussetzungen dieser für Patientinnen so-
Impacts in und aus der Urogynäkologie
wie Ärztinnen und Ärzte anspruchsvollen Untersuchung: Wann ist eine urodynamische Messung indiziert, was kann man daraus herleiten? Der Trend zur Subspezialisierung in Geburtshilfe und Gynäkologie bringt Vorteile und Herausforderungen: Vielfach wurde nachgewiesen, dass Chirurginnen und Chirurgen, die Eingriffe mit hoher technischer Komplexität sehr häufig ausführen, bessere Ergebnisse liefern, so auch in der Urogynäkologie. Dabei sind Ausbildung und richtige Indikation nicht minder wichtig. Besonders bei Lebensqualitätsoperationen, wie es die meisten urogynäkologischen Operationen sind, ist die Indikationsqualität sehr bedeutsam. Als Reaktion auf die jüngste behördliche Prüfung von Vaginalnetzeingriffen wurden in Australien Zulassungsrichtlinien herausgegeben, die von Chirurginnen und Chirurgen verlangen, dass sie vor Eingriffen mit spannungsfreiem Vaginalband (TVT) bei Inkontinenz eine Mindestzahl von Fällen nachweisen. Ob dieser Analogschluss ohne zusätzliche Qualitätssicherung sinnvoll ist, bleibt offen. Fakt ist, dass die Belastungsinkontinenz die Inkontinenzform ist, welche sehr effektiv und nachhaltig mit den Inkontinenzbändern angegangen werden kann.
PD Dr. David Scheiner erläutert die Vor- und Nachteile der verschiedenen Zugangswege und den Stellenwert der neuesten Minischlingen, welche als «noch minimalinvasivere» Verfahren in gewissen Ländern en vogue sind. Ist weniger immer mehr? Der Urogynäkologie am Universitätsspital Zürich ist es ein Anliegen, die minimalinvasiven vaginalen und laparoskopischen Deszensusoperationen in einem weiteren Beitrag vorzustellen. Der Einbezug der Patientinnen in die Entscheidungsfindung ist zentral. Nur so kann nach der sorgfältigen Untersuchung und Beachtung der individuellen Vorstellungen die am besten geeignete Operationsmethode gefunden werden. Auch hier gilt: Indikationsqualität und eine gute Aus- und Weiterbildung der Behandelnden sind oberste Maxime. Last but not least werden Sie im Artikel von Dr. Nicole Keller auf eine Reise seltener urogynäkologischer Fälle mitgenommen. Diese Fälle illustrieren die Vielseitigkeit und die diagnostische Herausforderung unseres Fachgebietes, welches zunehmend in den Praxisalltag fliesst, zumal ältere Menschen zahlenmässig immer mehr werden.
Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine interessante Lektüre!
PD Dr. med. Cornelia Betschart Stv. Direktorin Klinik für Gynäkologie Ko-Leiterin Kontinenz- und Beckenbodenzentrum Universitätsspital Zürich
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Ab 2022 richten wir jede Ausgabe der «Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE» nach den Weiter- und Fortbildungsschwerpunkten des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) der FMH aus. Zu Ihrer raschen Orientierung erscheint der Schwerpunktbereich jeweils markiert auf dem Titelblatt und auf Seite 1 jeder Ausgabe.
Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE 4.2022:
Gynäkologische Onkologie/gynäkologische Senologie Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Operative Gynäkologie und Geburtshilfe Fetomaternale Medizin Urogynäkologie
GYNÄKOLOGIE 4/2022
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