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NEWS
Tausende Chemikalien in Lebensmittelverpackungen nachgewiesen
Chemikalien aus Lebensmittelverpackungen (Food contact chemicals FCCs) können über die Nahrungsmittel in den menschlichen Körper gelangen. Für viele dieser FCC wurden schädliche Wirkungen bewiesen, sie können krebserregend, erbgutverändernd oder hormonell aktiv sein. Für einige bekannte schädigende Stoffe wie Bisphenol A und verschiedene Phthalate versucht man die Verwendung bei Lebensmittelverpackungen einzuschränken. Doch es gibt viel mehr FCCs. Um eine Über sicht zu gewinnen, hat eine Studie anhand von Datenbanken und Primärliteratur die be kannten FCCs zusammengestellt. Über 14 000 FCC sind bekannt. Für diese wurde untersucht, ob sie in Biomonitoring-Programmen (1), Metabolom-/Exposom-Datenbanken (2) oder in wissenschaftlichen Publikationen er-
fasst sind. Die verfügbaren Daten wurden systematisch aufgelistet. Für 25% der bekannten FCCs (3601) fanden sich Hinweise auf ein Vorkommen beim Menschen. Dazu gehören 194 FCCs, die in Human-Biomonitoring-Programmen überwacht werden, und ein Grossteil dieser Stoffe hat toxikologische Gefahrendaten, welche einen schädlichen Einfluss im Menschen nahelegen. 175 dieser 194 FCCs wurden auch in Verpackungen nachgewiesen. Insgesamt 3528 FCCs sind in Metabolom- und Exposom-Datenbanken enthalten. Für weitere 63 FCCs gibt es ebenfalls Hinweise, dass sie in Verpackungen und im Menschen vorkommen – jedoch ist wenig über ihre möglichen Gefahren bekannt. Die Ergebnisse der Studie stehen nun als interaktives Dashboard (3) zur Verfügung. Per-
sonen aus Forschung, Politik und Lebensmit-
telindustrie wird so die Möglichkeit gegeben,
Voraussetzungen zu schaffen, um die Exposi-
tion der Menschen gegenüber FCCs zu redu
zieren.
BE
Referenzen: 1. Koordinierte Programme zur Überwachung von Schadstoffen
im menschlichen Körper (Urin, Blut, Speichel, Muttermilch, etc) durch eine chemische Analyse 2. Metabolom: Stoffwechsel-Eigenschaften einer Zelle / Exposom: Gesamtheit aller nicht-genetischen, endogenen wie exogenen Umwelteinflüsse Human Metabolome Database; Blood Exposome 3. https://foodpackagingforum.org/resources/databases/fcchumon
Quelle: Geueke et al.: Evidence for widespread human exposure to food contact chemicals. J Expo Sci Environ Epidemiol (2024). https://doi.org/10.1038/s41370-024-00718-2.
Mikro- und Nanoplastikpartikel: Auswirkungen im menschlichen Organismus
Die Mikro- und Nanoplastikpartikeln (MNP) in Gebrauchsgegenständen, Kosmetikprodukten, Duschgel, im Trinkwasser und in der Luft vorhanden und gelangen in unseren Körper: • Mikroplastik 1 µm–5 µm • Nanoplastik < 1 µm. Nanoplastik sind diese klein genug, dass sie durch den Darm und die Lunge direkt in den Blutkreislauf übergehen und von dort aus in Organe gelangen können. Mikroplastik ist in praktisch jedem Organismus vorhanden. Noch sind die gesundheitlichen Folgen nicht restlos geklärt. Möglicherweise kommt es weniger zu einer akuten „Vergiftung“, sondern zu einer Anreicherung über die Jahre. Je kleiner die Plastikteilchen sind, desto tiefer dringen sie in den Organismus ein. Eine aktuelle Studie hat Nanopartikel auch in arteriosklerotischen Plaques nachgewiesen und sie mit einem erhöhten Risiko für HerzKreislauf-Komplikationen assoziiert. Es Hinweise, dass Mikroplastik, das in freier Natur gealtert und daher mit organischen Molekülen beschichtet ist, die Darmwand leichter passiert und effektiver in Zellen ein- Foto: pixabay – Pasja1000 dringen kann. Besonders Makrophagen, die «Fresszellen» des Immunsystems, nehmen Mikroplastik gut auf, Zellkulturexperimente lassen jedoch vermuten, dass dadurch Makrophagen unter dem mehr entzündungsfördernde Immunbotenstoffe produzieren. Weitere Untersuchungen zeigen, dass sowohl bei chronisch-entzündlichen Darmerkran kungen als auch bei einer Leberfibrose mehr Plastik im geschädigten Organ vorhanden sein könnte als im gesunden Gewebe. Allerdings ist hier der Kausalzusammenhang nicht geklärt. Es ist noch unklar, ob geschädigtes Gewebe mehr Mikroplastik aufnimmt oder die Schädi- gung das Ergebnis einer bereits vorhandenen Mikroplastik-Belastung ist. Trotz der dünnen Studienlage gibt es zunehmend Hinweise, dass Mikroplastik sich im Körper keineswegs pas- siv verhält und einen relevanten Gesundheits- faktor darstellt. «Zum Schutz des Menschen und der Umwelt ist es daher notwendig, einer- seits die Belastung durch Mikroplastik zu ver- ringern und andererseits die Forschung in dem Bereich auszuweiten», sagt Prof. Dr. med. Birgit Terjung, Ärztliche Direktorin der GFO Kliniken Bonn und Mediensprecherin der DGVS. BE Quellen: • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V., Pressemeldung vom 25.07.2024. • Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Mikro- und Nanoplastik: Kleine Teilchen – grosse Auswirkungen? URL: www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/newsarchiv/meldungen-2024/juli/mikro-und-nanoplastik/ (last accessed on 5 August 2024. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 5|2024 19 Foto: pixabay – Hans NEWS Alte Apfelsorten für Apfelallergiker? Das Erlebnis eines Apfelallergikers nach jahrelangem Verzicht, gewisse alte Apfelsorten ohne Symptome essen zu können, war der Ausgangspunkt von intensiven Recherchen, da es damals kaum Informationen gab. Die klassischen Supermarktsorten (wie z. B. Breaburn, Elstar, Gala, Golden Delicious, Granny Smith, Jonagold oder Pink Lady) sind für Allergiker fast ausnahmslos nicht verträglich. Der Bund Lemgo hat nun eine Apfelliste zusammengestellt, die besser verträglich sein soll, darunter schneiden vor allem alte Apfelsorten gut ab (1). Möglicherweise spielt auch der Phenolgehalt der Äpfel eine Rolle (2). Die Apfelallergie ist häufig mit einer Birkenpollenallergie assoziiert. Eine erste dreijährige wissenschaftliche Studie aus ÖsterreichItalien hat gezeigt, dass eine Birkenpollen allergie erfolgreich mit einer Apfeltherapie geheilt bzw. deren Auswirkungen erheblich gemindert werden können (3, 4), dies als Alternative der herkömmlichen Desensibil- isierung. Die Forschung an den verschiedenen Zentren geht weiter. BE Referenzen: 1. https://www.bund-lemgo.de/download/00_Apfelallergie_ Info_09_2024.pdf 2. Unterhauser J et al.: Covalent Polyphenol Modification of a Reactive Cysteine in the Major Apple Allergen Mal d 1. Food Chemistry: 2022: 410(2):135374 doi: 10.1016/j.foodchem.2022.135374 3. Nothegger B et al. Allergen-specific immunotherapy with apples: selected cultivars could be a promising tool for birch pollen allergy. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2020;34(6):1286-1292. doi:10.1111/jdv.16201 4. Nothegger B et al. Oral birch pollen immunotherapy with apples: Results of a phase II clinical pilot study. Immun Inflamm Dis. 2021;9(2):503-511. doi:10.1002/iid3.410 Weitere Informationen unter: • Medizinische Universität Innsbruck: Birkenpollenallergie: Verzehr von Äpfeln als wirksame Therapie – myPoint • Versuchszentrum Laimburg: AppleCare – Therapie der Birkenpollenallergie durch Apfelkonsum, Laimburg • Bund Lemgo https://www.bund-lemgo.de/download/00_ Apfelallergie_Info_09_2024.pdf Boskopp – eine alte Apfelsorte 20 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 5|2024