Transkript
ERNÄHRUNG UND KREBS
Parenterale Ernährung zu Hause
Nutzen und Komplikationen
Die parenterale Ernährung ist eine effiziente Behandlungsmethode, die bei bestimmten Patienten über längere Zeit durchgeführt werden kann, auch zu Hause. Das erhöht die Lebensqualität der Betroffenen beträchtlich. Allerdings beinhaltet diese Therapie viele Einschränkungen und die Möglichkeit von potenziell letalen Komplikationen. Eine prospektive Schweizer Beobachtungsstudie hat nun die Daten zur Prävalenz von katheterbedingten Komplikationen zusammengestellt.
Die parenterale Ernährung zu Hause (home parenteral nutrition, HPN) ist gemäss den EPSEN-Guidelines indiziert für Patienten, die ihren Bedarf über den oralen Weg oder via Sonde nicht decken können. Die HPN ist primär für Patienten als lebensrettende Massnahme bei einem vorübergehenden intestinalen Versagen oder einem chronischen intestinalen Versagen bei einer nicht malignen oder malignen Krankheit geeignet.
Verkürzte Hosptialisation und verbesserte Lebensqualität
Die HPN verkürzt die Hospitalisationsdauer und ermöglicht den Patienten eine bessere Lebensqualität zu Hause. Die Therapie ist aber relativ aufwendig und mit möglichen Komplikationen belastet (s. Tabelle). Eine prospektive Schweizer Beobachtungsstudie hat während 24 Monaten in den Jahren 2017 bis 2019
Daten zur HPN gesammelt. Dazu wurden den Patienten und den behandelnden Ärzten Fragebogen verteilt. Eingeschlossen waren erwachsene Patienten mit HPN während mehr als 3 Wochen. Ausgeschlossen waren Patienten in einer terminalen Krankheitsphase oder mit schweren psychologischen Problemen. Eingeschlossen wurden 70 Patienten mit 39 514 Kathetertagen. 75 Prozent litten an einer benignen, 25 Prozent an einer malignen Krankheit. Die häufigsten Grundkrankheiten waren Krebs (23%), bariatrische Operation (11%) und Morbus Crohn (10%). Die Häufigkeit einer Komplikation bei HPN betrug 0,98/1000 Kathetertagen. Die häufigsten Ursachen waren Infektion (28%), mechanische Komplikationen wie Obstruktion, Leck oder Dislokation (11%), sowie zentrale Venenthrombose (7%). Während der Studiendauer betrug die Mortalität 7 Prozent, sie war in allen Fällen durch die Grundkrankheit und nicht durch Komplikationen bei der HPN bedingt.
Tabelle:
Beispiele für verschiedene Schwierigkeiten und Komplikationen bei der HPN
Medizinisch, metabolisch
Über- und Unterernährung, Hyperglykämie, Hypertriglyzeridämie, Leberversagen und Nierenkomplikationen usw.
Hygienisch
Aufwendige Katheterpflege, Infektion, Sepsis
Technisch, mechanisch
Komplexe Handhabung, Zubereitung der Infusionen, Verschluss der intravenösen Leitung, zentrale Venenthrombose usw.
Psychologisch
Angst vor Komplikationen, Depression
Somatisch
Fatigue, Diarrhö, Polyurie, Schmerzen
Häufigste Komplikation – Infektion
Die durch einen Katheter bedingte Infektion ist die gefährlichste Komplikation. Es fand sich eine Infektionsrate von 6/1000 Kathetertagen. Die Infektion wurde meist von Hautkeimen verursacht (50%), was die Bedeutung einer Schulung in der hygienischen und aseptischen Handhabung aufzeigt. Patienten, die von einer Pflegefachperson betreut wurden, zeigten weniger Infektionen, als wenn die Behandlung selbstständig ohne fachliche Unterstützung erfolgte. Eine HPN erforderte ein multiprofessionelles Team und sollte an Zentren mit der entsprechenden Erfahrung initiiert werden, betonen die Autoren. Patienten, die von einem ein solchen Zentrum betreut werden, zeigen ein besseres Outcome. B. E.
Quelle: Reber E et al.: Management of Home Parenteral Nutrition: Complications and Survival. Ann Nutr Metab 2021;77:46-55.
20 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 1|2022