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ESC-Kongressnews
Kardiovaskuläres Screening für Männer < 70 Die grosse dänische DANCAVAS-Studie untersuchte, ob die Mortalität sinkt, wenn alle 65- bis 74-jährigen Männer kardiovaskulär gescreent würden. Das beinhaltet eine Computertomografie zur Detektion von Koronarkalk, eine Blutdruckmesssung an beiden Armen und Knöcheln zur Aufdeckung einer allfälligen peripheren arteriellen Erkrankung und Bluttests für Cholesterin und Blutzucker und bei positivem Befund eine Behandlung. Dazu wurden über 45 000 dänische Männer im Alter zwischen 65 und 74 Jahren randomisiert in 2 Gruppen eingeteilt: 1. Screening mit Intervention, 2. kein Screening beziehungsweise das übliche Vorgehen. Als primärer Endpunkt war die Gesamtmortalität definiert, diese unterschied sich nach 5,6 Jahren Follow-up jedoch nicht signifikant zwischen den Gruppen. Bei genauerer Betrachtung profitierten nur die über 70-Jährigen nicht von diesen Massnahmen, in der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen zeigte sich eine signifikante Mortalitätsreduktion von 11 Prozent. Ein systematisches Screening bei Männern unter 70 Jahren biete sich daher an, so die Schlussfolgerung von Studienleiter Prof. Axel Diederichsen, Odense University Hospital (DK). vh Quelle: «Hotline 2». Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 26. bis 29. August 2022 in Barcelona. sss COVID-mRNA-Impfstoffe sicher für Herzinsuffiziente Herzinsuffizienzpatienten sollten bei den COVID-19-Imp- fungen mit mRNA-Impfstoffen priorisiert werden. Denn sie sind assoziiert mit einer Reduktion des Mortalitätsrisikos und stehen in keinem Zusammenhang mit einer Verschlech- terung der Herzinsuffizienz, venösen Thromboembolien oder Myokarditis. Das zeigte eine dänische Studie, die 50 893 nicht geimpfte Herzinsuffizienzpatienten aus dem Jahr 2019 mit 50 893 mit mRNA-Impfstoffen geimpften Herzinsuffizi- enzpatienten aus dem Jahr 2021 verglich. Die Patienten waren median 74 Jahre alt, die Krankheitsdauer betrug me- dian 4 Jahre, der Frauenanteil lag bei 35 Prozent. Ab dem Zeitpunkt der 2. Impfung wurden die Patienten während 90 Tagen nachverfolgt. Dabei zeigte sich eine signifikante Re- duktion der 90-Tage-Gesamtmortalität bei den geimpften versus den noch nicht geimpften Patienten (2,2 vs. 2,6%), in den anderen Endpunkten zeigte sich kein Unterschied. Ge- mäss Studienleiterin Dr. Caroline Sindet-Petersen bestehe also kein Grund zur Sorge hinsichtlich einer COVID-19-Imp- fung mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe bei Patienten mit Herzinsuffizienz, im Gegenteil. vh Quelle: «Risk of worsening heart failure and all-cause mortality following mRNA COVID-19 vaccination in patients with heart failure: a Danish nationwide realworld safety study». Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 26. bis 29. August 2022 in Barcelona. sss SECURE: Starkes Plädoyer für die Polypill In der Sekundärprävention nach Herzinfarkt ist eine Therapie zur Senkung des Thromboserisikos, des Blutdrucks und der Lipide angezeigt. Allerdings nehmen weniger als 50 Pro- zent der Postinfarktpatienten ihre Medikamente regelmässig. Nun untersuchte die spanische SECURE-Studie, ob eine Fix- kombination (Polypill), bestehend aus Acetylsalicylsäure (ASS) (100 mg), Ramipril (2,5, 5 oder 10 mg) und Atorva- statin (20 oder 40 mg), hinsichtlich der Reinfarktrate einen Unterschied zur Einnahme der gleichen, aber separat verab- reichten Substanzen macht. Dazu wurden 2499 durchschnittlich 76-jährige Patienten spätestens 6 Monate nach Myokardinfarkt rekrutiert. 80 Prozent von ihnen waren hyperton, 60 Prozent litten an Typ-2-Diabetes, und 50 Prozent waren Raucher. Der primäre Endpunkt war als Kombination von kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Herzinfarkt, Hirnschlag oder notfallmässi- ger Revaskularisierung definiert. Nach 3 Jahren zeigte sich eine Reduktion des primären Endpunkts in der Poly- pill-Gruppe um 24 Prozent (9,5 vs. 12,7%), wobei die Re- duktion der kardiovaskulären Mortalität am stärksten dazu beitrug. Die Autoren um Prof. Valentin Fuster, Madrid, füh- ren die geringere Reinfarktrate in der Polypillgruppe auf die stärkere Adhärenz zurück. Je einfacher die Therapie, desto grösser ihr Effekt, so ihr Fazit. vh Quelle: «Hotline 1». Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 26. bis 29. August 2022 in Barcelona. Referenz: Castellano JM et al.: Polypill strategy in secondary cardiovascular prevention. N Engl J Med. 2022;10.1056/NEJMoa2208275. sss TIME: Blutdruckmedikation morgens wie abends möglich Soll die 1-mal tägliche Blutdruckmedikation besser am Morgen oder am Abend eingenommen werden? Das spielt keine Rolle, wie eine am ESC-Kongress präsentierte Studie nun gezeigt hat. Weil der nächtliche Blutdruck als besserer Prädiktor für das kardiovaskuläre Outcome galt als jener am Tag, lag die Über- legung nahe, die Blutdruckmedikation am Abend zu verab- reichen, um den nächtlichen Blutdruck stärker zu senken. An der pragmatischen, prospektiven, median 5,2 Jahre dau- ernden Studie waren 21 104 Patienten über 65 Jahre mit Hypertonie beteiligt, die ihre Antihypertonika randomi- siert entweder am Morgen (n = 10 601) oder am Abend (n = 10 503) einnahmen. Als primärer Endpunkt war die Kombination von Hospitalisierung infolge von nicht tödli- chem Myokardinfarkt oder nicht tödlichem Hirnschlag oder kardiovaskulärem Tod definiert. Nach einer Studienlaufzeit von mindestens 5 Jahren traten in beiden Gruppen ähnlich viele Ereignisse des primären End- punkts auf (3,7 vs. 3,4%), der Unterschied war nicht signifi- kant. Auch in den Subgruppen der nächtlichen Dipper und Non-Nipper zeigte sich kein Unterschied. Die Ergebnisse bedeuteten, dass die Patienten nun selbst bestimmen könn- ten, ob sie ihre Medikation regelmässig am Morgen oder re- gelmässig am Abend einnehmen möchten, so das Fazit von Studienleiter Prof. Thomas MacDonald, Dundee (UK). Kein Einnahmezeitpunkt sei dem anderen überlegen oder schäd- licher. vh Quelle: «Hotline 1». Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 26. bis 29. August 2022 in Barcelona. 10 CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2022