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MEDIZIN IM ALTER
Antikoagulation bei Vorhofflimmern
Bei hohem Frakturrisiko DOAK bevorzugen
Ältere Patienten mit Vorhofflimmern unter Langzeittherapie mit oralen Antikoagulanzien (OAK) sind gegenüber einer nicht antikoagulierten Vergleichspopulation einem höheren Risiko für osteoporotische Frakturen ausgesetzt. Die Resultate einer aktuellen Kohortenstudie bestätigen nun die bereits länger bestehenden Vermutungen, dass die Wahl des OAK einen Einfluss auf das Frakturrisiko hat.
Journal of the American College of Cardiology
Nachdem zur Thromboseprävention bei nicht valvulärem Vorhofflimmern (VHF) jahrzehntelang ausschliesslich Vitamin-K-Antagonisten (VKA) zur Verfügung standen, sind in der jüngsten Zeit mit den direkten OAK (DOAK; Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban) wirksame alternative Medikamente hinzugekommen, die sich im Vergleich mit VKA als nicht unterlegen und in mancherlei Hinsicht sogar als überlegen erwiesen haben.
Weniger Frakturen unter DOAK
Auch in Anbetracht der in den letzten Jahren zunehmenden Inzidenz von VHF war es das Ziel einer aktuellen landesweiten Kohortenstudie aus Dänemark, das Risiko osteoporotischer Frakturen von VHF-Patienten unter Antikoagulation mit VKA und DOAK näher zu untersuchen. In die Analyse gingen die Daten von insgesamt 37 350 VHF-Patienten (VKA: 32,6%; DOAK: 67,4%) im Alter von 30 bis 100 Jahren aus dem Danish National Patient Register ein, welche vor Studieneinschluss für mindestens 180 Tage mit OAK behandelt worden waren und keinerlei Osteoporosemedikamente eingenommen hatten. Als einzelne Endpunkte der Untersuchung wurden jeweils das Auftreten von Frakturen jedweder Natur, von grossen osteoporotischen Frakturen (Hüft-, Unterarm-, Wirbel- oder Oberarmkopffraktur mit nachfolgender Spitaleinweisung), von Hüftfrakturen sowie der Beginn einer medikamentösen Osteoporosebehandlung definiert. Letztere bildete in Verbindung mit dem Auftreten jeglicher Frakturereignisse zudem einen kompositorischen Endpunkt. Wie die Auswertung der Daten ergab, war sowohl bei VKA- (3,8%; 95%-Kon-
fidenzintervall [KI]: 3,4–4,2) als auch bei DOAK-behandelten VHF-Patienten (3,1%; 95%-KI: 2,9–3,3) das standardisierte absolute 2-Jahres-Risiko, einen Knochenbruch jedweder Natur zu erleiden, gering. Eine Antikoagulation mit DOAK war jedoch im Vergleich zu einer VKA-Behandlung mit einem signifikant niedrigeren relativen Risiko für jegliche Frakturen (Hazard Ratio [HR]: 0,85; 95%-KI: 0,74–0,97), für grosse osteoporotische Frakturen (HR: 0,85; 95%-KI: 0,72–0,99) sowie für eine erforderliche Einnahme von Osteoporosemedikamenten (HR: 0,82; 95%-KI: 0,71–0,95) verbunden. Auch bei der Analyse des zusammengesetzten Endpunkts zeigten sich Vorteile für diejenigen Patienten, die DOAK eingenommen hatten (HR: 0,84; 95%-KI: 0,76–0,93). Die einzelnen HR waren dabei adjustiert für diverse Faktoren beziehungsweise Komorbiditäten, welche bekannterweise einen Einfluss auf das Auftreten von Knochenbrüchen und Osteoporose haben (z. B. chronisch-obstruktive Lungenerkrankung [COPD], Synkopen, Hormonersatztherapie, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, Einnahme diverser Medikamente, Alkoholmissbrauch). Umgerechnet bedeuten diese Zahlen, dass auf je 1000 während zweier Jahre antikoagulierte Personen statistisch 6,8 osteoporotische Frakturen und 7,1 Osteoporosebehandlungen weniger entfallen, wenn sie statt VKA DOAK einnehmen.
VKA schwächen Knochen
Die Ergebnisse der hier vorgestellten dänischen Kohortenstudie befinden sich im Einklang mit diversen früheren Untersuchungen, in welchen einzelne DOAK im Vergleich mit VKA hinsicht-
lich des osteoporosebedingten Frakturrisikos bereits ähnlich positiv abgeschnitten hatten beziehungsweise bei denen es ebenfalls Hinweise auf eine ungünstige Beeinflussung von Knochenstoffwechselprozessen durch VKA gegeben hatte. Bedingt durch ihren Wirkmechanismus inhibieren VKA auch die Vitamin-K-abhängige γ-Karboxylierung von Osteocalcin, was mit einer geringeren Knochenmineraldichte (bone mineral density, BMD) assoziiert ist. Ausserdem können sich auch die unter VKA-Therapie geltenden Ernährungsrestriktionen, die sich auf verschiedene Gemüsesorten erstrecken, negativ auf den Knochenstoffwechsel und mithin auf die BMD auswirken. Darüber hinaus sehen die Autoren der referierten Studie deren Bedeutung vor allem darin, dass sich in ihr eine Risikoreduktion gegenüber VKA erstmals zum einen mit sämtlichen statt nur einzelnen DOAK und zum anderen für eine landesweite westliche Bevölkerung nachweisen liess. Ihrer Ansicht nach könnten die für DOAK nachgewiesenen Vorteile für das Knochenskelett ausreichend Anlass geben, die neuen Antikoagulanzien bei Patienten mit hohem Risiko für osteoporotische Frakturen gegenüber VKA zu bevorzugen. RABE ▲
Quelle: Binding C et al.: Osteoporotic fractures in patients with atrial fibrillation treated with conventional versus direct anticoagulants. J Am Coll Cardiol 2019; 74(17): 2150–2158.
Interessenlage: Ein Teil der Autoren der referierten Studie gibt an, Forschungsunterstützung und/oder Vortrags- beziehungsweise Beraterhonorare von diversen Pharmafirmen erhalten zu haben.
ARS MEDICI DOSSIER V | 2020
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