Transkript
STUDIE REFERIERT
Hormonersatztherapie: Lieber transdermal als oral
Dänische Kohortenstudie untersucht Schlaganfallrisiko hormonbehandelter Frauen
Metaanalysen von randomisierten, kontrollierten Studien belegen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko unter oralen, postmenopausalen Hormonersatztherapien (HET). In der Vergangenheit mussten Studien zum Effekt von oralen postmenopausalen HET hauptsächlich aus diesem Grund sogar abgebrochen werden. Eine aktuelle dänische epidemiologische Kohortenstudie hatte zum Ziel, die Risiken für sämtliche Schlaganfallereignisse unter HET im Hinblick auf verschiedene Therapieregime und Verabreichungsformen zu analysieren.
Stroke
Für die HET steht eine Reihe von Formulierungen mit diversen Östrogenen und Progestinen sowie verschiedenen Dosierungen und Applikationsformen zur Verfügung. Die meisten randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) haben das Schlaganfallrisiko unter oralen HET mit unopponiertem Östrogen sowie mit Kombinationen von Östrogen und Progestin untersucht; entsprechende Metaanalysen ermittelten ein erhöhtes relatives Risiko (RR) von 1,34 (95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,07–1,68). Zur transdermalen HET liegen nur begrenzte Daten aus wenigen kleineren Studien vor. Hinsichtlich des Risikos für Schlaganfall und venöse Thrombembolien scheint indes die transdermale im Vergleich zur oralen HET gemäss den Ergebnissen einer kürzlich veröffentlichten Beobachtungsstudie vorteilhaf-
MERKSÄTZE
O In einer nationalen dänischen Beobachtungsstudie zeigte sich unter oraler Hormonersatztherapie (HET) ein erhöhtes Schlaganfallrisiko, vergleichbar mit Daten aus vorangegangenen randomisierten, kontrollierten Studien.
O Dieses Risiko basiert auf einem erhöhten Risiko für ischämische Schlaganfälle.
O Demgegenüber war bei transdermaler Applikation kein erhöhtes Schlaganfallrisiko im Zusammenhang mit HET zu beobachten; vaginales Östrogen war sogar mit einer Risikoreduktion assoziiert.
ter zu sein, möglicherweise aufgrund einer bei oraler HET stärkeren Aktivierung des koagulationsfördernden Systems. Eine an einer grossen Kohorte von Frauen im Alter zwischen 51 und 70 Jahren in Dänemark durchgeführte Beobachtungsstudie sollte nun den Zusammenhang zwischen postmenopausaler HET und dem Risiko für Schlaganfälle näher analysieren. Dabei wurden die Schlaganfallereignisse hinsichtlich ihrer Ursache (ischämisch, hämorrhagisch, Subarachnoidalblutung) klassifiziert, und es wurde untersucht, inwieweit unterschiedliche HET-Formulierungen hinsichtlich des verwendeten Regimes, der Art der verabreichten Hormone, der Dosierung oder des Verabreichungswegs einen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko haben. Ausserdem wurde auch eine etwaige Assoziation mit bestehenden Risikofaktoren unter die Lupe genommen.
Systemische HET erhöhen
das Schlaganfallrisiko, vor allem
bei menopausalen Frauen
Von den insgesamt knapp eine Million (n = 980 003) in die Analyse eingeschlossenen Frauen aus fünf nationalen dänischen Registern hatten 20 199 (78% ischämisch, 12% hämorrhagisch, 10% Subarachnoidalblutung) einen Schlaganfall erlitten; insgesamt hatten 36 Prozent der Frauen im Untersuchungszeitraum (1995–2010) eine HET (28,4% systemisch, 13,1% vaginal) erhalten. Das Schlaganfallrisiko nahm innerhalb der Kohorte mit höherem Alter, geringerem Bildungsstand und dem Gebrauch von Begleitmedikation zu. Verglichen mit Frauen, welche keinerlei HET erhalten hatten, war bei Frauen unter
systemischer HET insgesamt ein auf 1,17 (95%-KI: 1,12–1,22) erhöhtes RR für Schlaganfälle zu verzeichnen, welches auf einem jeweils höheren RR für ischämische (1,23; 95%-KI: 1,18–1,29) und durch Subarachnoidalblutung verursachte Schlaganfälle (1,16; 95%-KI: 1,02–1,32) basierte. Dieser Zusammenhang bestand für sämtliche oralen HET-Formulierungen (kontinuierlich oder zyklisch kombiniert Östrogen/Progestin bzw. nur Östrogen). Dabei stieg das RR jeweils mit zunehmender Dauer der systemischen HET sowie mit der in den diversen Formulierungen jeweils eingesetzten Östrogen- beziehungsweise Progestindosis an. Das RR für hämorrhagische Schlaganfälle war demgegenüber unter HET niedriger als ohne HET (0,80; 95%KI: 0,70–0,91). Im Vergleich zu Frauen ohne jegliche HET war auch eine irgendwann zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte systemische HET mit einem höheren RR für ischämische (1,05; 95%-KI: 1,00–1,10) und einem niedrigeren RR für hämorrhagische Schlaganfälle (0,88; 95%-KI: 0,78–0,99) assoziiert.
Vaginales Östrogen
mit protektivem Effekt
Auch die jeweilige Verabreichungsform der HET stand in Beziehung zum Schlaganfallrisiko: Während sich gegenüber keinerlei HET mit der kontinuierlichen kombinierten oder der zyklischen kombinierten transdermalen HET kein erhöhtes Schlaganfallrisiko zeigte, ergab sich für die transdermale Applikation von unopponiertem Östrogen ein protektiver Effekt (RR: 0,82; 95%-KI: 0,69–0,98). Eine aktuelle vaginal applizierte HET war sogar mit einem signifikant reduzierten RR (0,65; 95%-KI: 0,59–0,70) für jegliche Schlaganfallereignisse assoziiert. Im Allgemeinen war das Schlaganfallrisiko im Zusammenhang mit HET für jüngere Frauen (51–55 Jahre) am höchsten und sank mit zunehmendem Alter. Ein modifizierender Effekt durch begleitende Medikamente (Antidiabetika, Antihypertensiva, Diuretika, Antiarrhythmika, Antikoagulanzien) konnte nicht beobachtet werden. O
Ralf Behrens
Quelle: Løkkegaard E et al.: Risk of stroke with various types of menopausal hormone therapies: a national cohort study. Stroke 2017; 48(8): 2266–2269.
Interessenlage: Keine Angaben zu Interessenkonflikten in der referierten Studie.
ARS MEDICI 20 I 2017
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