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STUDIE REFERIERT
Langzeiteffekt von TNF-α-Blockern auch bei Psoriasisarthritis eingeschränkt
Methotrexat kann Immunogenität entgegenwirken
Mit der Verfügbarkeit von Tumor-Nekrose-Faktor-α-Blockern hat die Behandlung der Psoriasisarthritis einen entscheidenden Aufschwung erfahren. Der Langzeitgebrauch dieser Medikamente kann allerdings durch die Bildung neutralisierender Antikörper limitiert sein. Die Ergebnisse einer neuen Studie sprechen für eine Korrelation zwischen dem Auftreten solcher Antikörper, reduzierten Wirkstoffkonzentrationen und einem verminderten therapeutischen Ansprechen.
Journal of Rheumatology
Obwohl Tumor-Nekrose-Faktor-(TNF-)␣Blocker wie Infliximab (IFX), Adalimumab (ADA), Etanercept (ETN) und andere in der Lage sind, etwa bei rheumatoider Arthritis (RA), ankylosierender Spondylitis (AS) und entzündlichen Darmerkrankungen (IBS) die Krankheitsaktivität zu senken, ist ihr Langzeiteffekt bei manchen Patienten eingeschränkt. Eine solche begrenzte Medikamentenwirksamkeit ist zum Teil auf die Entwicklung von Immunogenität zurückgeführt worden. Ein solches Phänomen wurde für monoklonale Antikörper von TNF-␣ (IFX und ADA) und seltener für dessen löslichen Re-
MERKSÄTZE
O Wie für die rheumatoide Arthritis gezeigt, ist das Phänomen der Immunogenität von TNF-α-Blockern auch bei der Psoriasisarthritis mit einer Prävalenz von bis zu 50 Prozent präsent.
O Die Immunogenität beeinträchtigt den therapeutischen Effekt der monoklonalen Antikörper Infliximab und Adalimumab und scheint bei gleichzeitiger Methotrexatgabe vermindert zu sein.
O Weitere, gross angelegte Untersuchungen sind notwendig, um die in dieser Querschnittsstudie beobachteten Zusammenhänge zu bestätigen.
zeptor (ETN) beschrieben. Die Prävalenz von gegen Medikamente gerichteten Antikörpern (antidrug antibodies, ADab) bei RA beträgt zwischen 20 und 40 Prozent. Auch bei IBS und AS wurden ähnliche oder noch höhere (≤ 64%) entsprechende Prävalenzraten ermittelt. Etwa ein Drittel der Patienten mit Psoriasis, die mit IFX als Monotherapie behandelt wurden, entwickelten humane antichimäre Antikörper, die mit einer verminderten therapeutischen Antwort assoziiert waren. Durch feste Zeitintervalle zwischen den einzelnen IFX-Injektionen könnte sich die Immunogenität eventuell reduzieren lassen. Ausserdem kann Studien zufolge die gleichzeitige Gabe von Methotrexat (MTX) die Antikörperprävalenz und folglich die Immunogenität signifikant vermindern und das klinische Ansprechen verbessern.
Immunogenität bei Psoriasis-
arthritis bis anhin kaum untersucht
Nachdem der Immunogenität von TNF-␣-Blockern in der Vergangenheit in Bezug auf die Behandlung der Psoriasisarthritis (PsA) kaum Beachtung geschenkt worden war, hat sich nun eine israelische Forschergruppe dieser Fragestellung gewidmet. Zu diesem Zweck wurde im Zeitraum zwischen März 2011 und April 2013 eine Querschnittsstudie mit 93 erwachsenen PsA-Patienten durchgeführt, die für mehr als drei Monate ausschliesslich
mit IFX (i.v. 5 mg/kg), ADA (s.c. 40 mg alle 2 Wochen) oder ETN (s.c. 50 mg/ Woche) behandelt wurden. Primärer Endpunkt war die Prävalenz von ADab gegen TNF-␣-Blocker, sekundäre Endpunkte umfassten die Korrelation von Immunogenität mit den Wirkstoffspiegeln, demografische und klinische Merkmale einschliesslich der Krankheitsaktivität sowie den Effekt eines gleichzeitigen MTX-Einsatzes. Klinische Daten beinhalteten das Muster der PsA-Arthropathie, Komorbiditäten sowie Art und Dosierung eingenommener Medikamente (inkl. MTX). Die Bestimmung der Krankheitsaktivität erfolgte mit dem 28-Gelenke-Disease-ActivityScore (DAS28), durch Schmerzevaluierung mit visueller Analogskala (VAS) sowie mit dem Psoriasis Area and Severity Index (PASI) und dem Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI). Erythrozytensedimentationsraten, Anti-TNF-␣-WirkstoffKonzentrationen und ADab wurden anhand von Blutproben bestimmt.
Vorliegen von gegen TNF-α-Blocker gerichteten Antikörpern korreliert
mit nicht therapeutischen Wirk-
stoffspiegeln
Der durchschnittliche DAS28-Wert der Studienteilnehmer betrug 3,4 (moderate Krankheitsaktivität), der VAS-Wert lag im Schnitt bei 27, der BASDAI bei 3,95 (moderat bis schwer) und der PASI bei 3,5 (leicht). Die Prävalenz der Immunogenität in der gesamten Gruppe betrug 33,3 Prozent; ein Fünftel der Patienten wies hohe Antikörperkonzentrationen auf. In der mit ETN behandelten Gruppe waren keine ADab nachweisbar. In der mit ADA behandelten Gruppe entwickelten 54 Prozent ADab, aber nur 29 Prozent wiesen hohe ADab-Konzentrationen auf, wohingegen in der mit IFX behandelten Gruppe 20,8 Prozent ADab entwickelten, und zwar sämtlich in hoher Konzentration. Alle mit ETN behandelten Patienten wiesen therapeutische Wirkstoffkonzentrationen auf, während das nur bei 79,2 Prozent unter ADA und bei 54,2 Prozent unter IFX der Fall war. Das Auftreten von ADab sowie von hohen ADab-Konzentrationen korrelierte signifikant mit nicht therapeutischen Wirkstoffspiegeln: Diese lagen bei 45 Prozent der ADab-positiven
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STUDIE REFERIERT
Patienten und bei 63 Prozent der Patienten mit hohen ADab-Werten, aber nur bei 11 Prozent der Patienten ohne ADab vor. Patienten mit ADab (hohe wie niedrige Titer) wiesen signifikant höhere DAS28- (3,9 bzw. 4,1 gegenüber 3,2 bei Patienten ohne ADab) sowie höhere VAS-Werte (36/42 vs. 23) auf. Die DAS28-, VAS- und PASIScores waren bei Patienten mit therapeutischen Wirkstoffkonzentrationen niedriger als bei solchen mit nicht therapeutischen Wirkstoffspiegeln (3,3 vs. 3,8; 25 vs. 35; 2,7 vs. 6), wobei diese Unterschiede statistisch nicht signifikant waren.
Effekt von MTX
Ein Viertel der Studienteilnehmer erhielt begleitend MTX (durchschnittlich 13,3 mg/Woche). Diese Patienten, die im Vergleich mit den übrigen Probanden signifikant älter (59 vs. 51,5 Jahre, p = 0,024) waren, wiesen signifikant weniger ADab (16,7 vs. 39,1%; p = 0,049)
auf. Darüber hinaus erreichte von den mit MTX behandelten Probanden eine geringere Anzahl hohe ADab-Konzentrationen (16,7 vs. 21,7% der NichtMTX-Behandelten). Zudem ergab sich in der MTX-Gruppe ein allerdings nicht signifikanter Trend hin zu einem grösseren Anteil von Patienten mit therapeutischen Medikamentenspiegeln (92 vs. 72,5% der Nicht-MTX-Behandelten). Interessanterweise wiesen die mit MTX behandelten Patienten höhere DAS28-Werte auf als die NichtMTX-Behandelten (4 vs. 3,2; p = 0,02).
Grössere Studien notwendig
Die Resultate dieser Studie hinsichtlich der Immunogenitätsprävalenz von TNF-␣-Blockern bei PsA decken sich mit denjenigen von Untersuchungen an RA-Patienten. Unter IFX- und ADABehandlung ergab sich ähnlich wie bei Letzteren auch bei PsA-Patienten eine Korrelation zwischen ADab sowie niedrigen Wirkstoffkonzentrationen und
vermindertem therapeutischem An-
sprechen. Ebenfalls, wie schon für RA-
Patienten gezeigt, konnte auch bei PsA
eine deutlich reduzierte Immunogenität
bei Probanden nachgewiesen werden,
die gleichzeitig MTX erhalten hatten.
Während eine die Therapie mit mono-
klonalen Antikörpern begleitende Gabe
von MTX bei RA indiziert ist, existiert
für die PsA noch keine solche Empfeh-
lung. Die Ergebnisse der vorliegenden
Studie, die allerdings durch weitere,
gross angelegte Untersuchungen bestä-
tigt werden müssen, legen nahe, dass
auch PsA-Patienten entsprechend zu-
sätzlich MTX erhalten sollten.
O
Ralf Behrens
Zisapel M et al.: Prevalence of TNF-α blocker immunogenicity in psoriatic arthritis. J Rheumatology 2014; pii: jrheum.140685.
Interessenkonflikt: nicht deklariert.
ECHO
Wanzen im Parlament
Lesermeinung zu «Politforum» in ARS MEDICI 24/2014, Seite 1218
Als treuer Leser der Rubrik XUNDHEIT IN BÄRN wundere ich mich oft über Postulate und Interpellationen einzelner Nationalräte. Dann tut mir der Bundesrat leid, der eigenartige bis ganz ausgefallene Fragen beantworten muss. Handelt es sich um Medizinisches oder Gesundheitspolitisches, so dauert mich sogar Alain Berset. Wie eben erst beim Postulat von Nationalrat Guillaume Barazzone, welcher im Interesse der bedrohten Volksgesundheit dringende Massnahmen gegen die Verbreitung der Bettwanzen fordert. Denn diese würden besonders in urbanen Regionen versteckt in den Nähten von Matratzen lauern, seien ein grosses Problem für die Volksgesundheit und machten nicht einmal an den Kantonsgrenzen halt. Ich weiss nicht, weshalb er eine derartige Aversion gegen Wanzen hat; ob ihm für sein Postulat einfach kein anderes Thema eingefallen ist oder ob er schlechte
Erfahrungen mit fremden Matratzen gemacht hat. Item, der Bundesrat sah keinen Handlungsbedarf für den eidgenössischen Kampf gegen Wanzen, obschon das BAG vermutlich eh eine Kampagne für Safer Beds in petto gehabt hätte. Ob Herr Barazzone jetzt als Einzelkämpfer und Terminator Cimicum weiter gegen die Wanzen vorgehen wird, ist noch unbekannt. Im Gegensatz zu den Wanzen, deren Existenz bei uns vorläufig nicht gefährdet ist, wissen wir nicht, ob die Filzläuse überleben können. Ihr Daseinszweck ist zwar nicht bekannt, doch sind auch sie ein Werk der Schöpfung und verdienen Zuwendung. Nicht zu vergessen ihre vorbeugende Wirkung gegen Blasenentzündung und als bekannter Indikator gegen eheliche Untreue. Leider werden sie durch die zunehmende Schamhaarlosigkeit (Brasilian Cut, Sugaring, Waxing und Laser) ihres natürlichen Biotops mehr
und mehr beraubt. Diese Methoden zur Elimination der Axillar- und der Schambehaarung haben dermassen zugenommen, dass unsere anhänglichen Konkubi wegen der modischen Pubic Baldness jetzt ihren Lebensraum verlieren. Nur oberflächliche Menschen werden sagen: Gut so, endlich hört das Jucken nach dem Beischlaf auf. Naturverbundene hingegen bedauern das Verschwinden der Filzlaus, und weitsichtige Präventivmediziner warnen vor gesundheitlichen Folgen. Nicht nur vor dem Crab-Louse-Deficiency-Syndrom, sondern auch vor der unkontrollierten Mutation heimatloser Pediculi und ihrer möglichen Invasion in die Genitalien. Lasst uns hoffen, dass eine mutige Nationalrätin oder ein eloquenter Ratskollege dannzumal den Bundesrat zum Kampf gegen die Eradikation der Schamhaare animieren kann! O
Max Konzelmann, Glarus
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