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KONGRESSBERICHT
Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO virtual), Mai/Juni 2021
Früher Brustkrebs bei BRCA1/2-Mutation
PARP-Hemmer in der Adjuvanz verlängert signifikant das krankheitsfreie Überleben
Frauen mit frühem Brustkrebs mit BRCA1- oder BRCA2-Mutation profitieren massgeblich von der adjuvanten Behandlung mit dem PARP-Hemmer Olaparib nach Abschluss der standardisierten neoadjuvanten oder adjuvanten Chemotherapie. Das ergab die erste Interimsanalyse der randomisierten, doppelblinden OlympiA-Studie, die kürzlich auf der virtuellen ASCO-Jahrestagung als Highlight präsentiert und zeitgleich im «New England Journal of Medicine» publiziert wurde.
Zirka 5% der nicht selektierten Brustkrebspatientinnen haben diese Keimbahnmutationen, die sich pathogen oder später wahrscheinlich pathogen entwickeln. Betroffene erkrankte Frauen haben meist eine starke Familienanamnese für Brustkrebs, sind gehäuft prämenopausal und entwickeln kontralaterale Brust- und Ovarialkarzinome. Bei bekannter oder vermuteter Familienanamnese wird die Gentestung auf BRCA1/ 2-Mutationen empfohlen. Der PARP-Inhibitor Olaparib ist zur Therapie von Patienten mit metastasiertem, HER2-negativem Brustkrebs mit einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation in der Keimbahn seit einigen Jahren zugelassen. Jetzt haben die ersten Ergebnisse der OlympiA-Studie gezeigt, dass der Einsatz auch im Frühstadium vor allem bei Patientinnen mit hohem Risiko für ein Rezidiv sehr sinnvoll ist (1, 2).
bei ER+ Brustkrebs: ≥ 4 positive Lymphknoten vor adjuvanter oder eine nonpCR nach neoadjuvanter Therapie). Randomisiert wurde im Verhältnis 1:1 für eine 1-jährige Behandlung mit dem oralen PARP-Hemmer Olaparib (2 × täglich 300 mg) oder Plazebo. Eine endokrine Therapie und Bisphosphonate waren erlaubt. Primärer Endpunkt war das invasive krankheitsfreie Überleben (IDFS) in der Intention-To-Treat-(ITT-)Population. Zu den sekundären Endpunkten gehörten das fernmetastasenfreie und das Gesamtüberleben sowie die Sicherheit, wobei der nach bestimmten Krankheitsbildern wie neue Neoplasien und Pneumonitis speziell untersucht wurde. Die geplante Zwischenanalyse nach Entblindung durch ein unabhängiges Komitee wurde bei Erreichen von 165 IDFSEreignissen bei den ersten 900 Patientinnen festgesetzt.
Phase-III-Studie OlympiA mit mehr als 1800 Patientinnen mit BRCA1/2-Mutation
Die randomisierte, multinationale und prospektive Doppelblindstudie schloss Patientinnen mit HER2-negativem frühem Brustkrebs ein, bei denen eine BRCA1- respektive BRCA2-Keimbahnmutation nachgewiesen wurde. Die Frauen hatten einen tripelnegativen (TNBC) oder hormonrezeptorpositiven (ER+) Brustkrebs mit einem hohen Risiko für ein Rezidiv aufgrund klinisch pathologischer Faktoren nach primärer lokaler Therapie und neoadjuvanter oder adjuvanter Chemotherapie (bei TNBC: ≥ pT2 oder ≥ pN1 vor adjuvanter oder eine non-pCR nach neoadjuvanter Therapie;
Rund 88% versus 80% leben nach 3 Jahren ohne Fernmetastasen Gesamthaft wurden 1836 Patientinnen randomisiert. Bei der geplanten Zwischenanalyse mit einem medianen Follow-up von 2,5 Jahren betrug das 3-Jahres-IDFS 85,9% in der Olaparib-, aber nur 77,1% in der Plazebogruppe (Hazard Ratio [HR] für invasive Erkrankung oder Tod: 0,58; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,41–0,82; p = <0,001). Das fernmetastasenfreie Überleben über 3 Jahre betrug 87,5% unter Olaparib versus 80,4% unter Plazebo (HR für Fernmetastasen oder Tod: 0,57; 99,5%-KI: 0,39–0,83). In der PARP-Hemmer-Gruppe starben deutlich weniger Frauen (n = 59 vs. 86; HR: 0,68), wobei der Unterschied in der Zwischen- analyse nicht die Signifikanzschwelle erreichte. Die Sicherheitsdaten waren konsistent mit früheren Studien, ohne dass schwerste Nebenwirkungen exzessiv zunahmen. Zu den Grad-3-Nebenwirkungen gehörten vor allem Anämie (7,8%), Neutropenie (4,8%) und Leukopenie (3,0%). Neue Option in der Adjuvanz – Testung auf Keimbahnmutation ist essenziell Die Studienleiter folgern aus der Zwi- schenanalyse für Hochrisikopatientinnen mit frühem BRCA1/2-mutiertem Brust- krebs einen signifikanten Überlebensge- winn durch die adjuvante Gabe von Ola- parib nach Abschluss der chirurgischen und/oder der Strahlenbehandlung sowie der neoadjuvanten oder adjuvanten Chemotherapie. Die ASCO wies ausdrücklich auf die be- sondere Bedeutung der frühen Testung auf BRCA-Mutationen bei diagnostizier- tem Brustkrebs hin. Die Ergebnisse der OlymipiA-Studie mit dem PARP-Hem- mer in der Adjuvanz werden in die Thera- pieentscheidungen bei frühem Brust- krebs einfliessen. n Bärbel Hirrle Quellen: 1. Tutt ANJ et al.: OlympiA: A phase 3, multicenter, randomized, placebo-controlled trial of adjuvant olaparib after (neo) adjuvant chemotherapy in patients with germline BRCA1 and BRCA2 mutations and high risk HER2-negative primary breast cancer. ASCO 2021 virtual; Abstract # LBA1. 2. Tutt ANJ et al.: Adjuvant olaparib for patients with BRCA1or BRCA2-mutated breast cancer. N Engl J Med. 2021; 384: 23942405. GYNÄKOLOGIE 4/2021 37