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FORTBILDUNG
31. EFPT-Forum 2023 in Zürich
«Making YOUR mental health a priority»
Foto: zVg
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Iliya Peyneshki Achudhan Karunaharamoorthy Fabian Kraxner
Das 31. Forum der European Federation of Psychiatric Trainees (EFPT) findet vom 4. bis 8. Juli 2023 am Universitätsspital Zürich statt. Es handelt sich dabei um den weltweit grössten Nachwuchsanlass im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie. Dieser bringt 200 hochmotivierte Assistenzärzte und junge Fachärzte der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie aus 42 nationalen Fachgesellschaften zusammen. Geplant und durchgeführt wird die Veranstaltung vom Local Organizing Committee (LOC), bestehend aus Mitgliedern der Schweizerischen Vereinigung psychiatrischer Assistenzärztinnen und Assistenzärzte (SVPA). Die Schweiz als Gründungsmitglied der EFPT tritt nach 2013 zum 2. Mal in ihrer Geschichte als Gastgeberin dieser jährlichen Veranstaltung zur Förderung des psychiatrischen Nachwuchses in Europa auf.
von Iliya Peyneshki1, Achudhan Karunaharamoorthy2, Fabian Kraxner3
Einleitung und Vorstellung der EFPT Die Multidimensionalität von psychischen Störungen macht die Psychiatrie zu den vielschichtigsten und herausforderndsten medizinischen Disziplinen. Von der Biologie der Nervenzelle über den individuellen Menschen bis hin zur Gesellschaft und Kultur versucht sie die Komplexität von psychischen Leiden natur- und geisteswissenschaftlich sowie philosophisch zu betrachten. Bis heute ist die Fachdisziplin in der Schweizer Berufspolitik und auf europäischer Ebene unterrepräsentiert. Das zeigt sich unter anderem in den heterogenen psychiatrischen Facharztweiterbildungen zwischen den europäischen Ländern und darin, dass es bis dato noch keine gemeinsame europäische Facharztprüfung der Psychiatrie durch die UEMS (Union Européenne des Médecins Spécialistes) gibt – im Gegensatz zu 22 anderen Fachrichtungen. Vernetzung sowie aktive Mitwirkung auf nationaler und internationaler Stufe stärkt unsere Standespolitik.
Ziele der EFPT Die EFPT ist eine unabhängige, gemeinnützige Dachorganisation der europäischen nationalen psychiatrischen Assistenzarztverbände. Derzeit vertritt sie 37 Mitgliedstaaten, weitere 5 haben einen Beobachterstatus. Ihr Hauptziel ist die Verbesserung und Harmonisierung der psychiatrischen Weiterbildungsstandards in ganz Europa. Hierfür arbeitet sie mit den entsprechenden nationalen und europäischen Gremien zusammen. Als ständiges Mitglied des Board of Psychiatry and Board of Child and Adolescent Psychiatry in der UEMS beteiligt sie sich aktiv an der Entwicklung von Weiterbildungsrichtlinien und Evaluierung von psychiatrischen Weiterbildungsstätten in Europa.
1 Universitäre Psychiatrische Dienste Bern 2 Kinderpraxis ifa Baden 3 Spital Affoltern AG, Zentrum für Psychiatrie und
Psychotherapie
Ein weiteres Ziel der EFPT ist die Gründung und Förderung von nationalen psychiatrischen Assistenzarztverbänden in den einzelnen europäischen Ländern. Der Höhepunkt dieser Zusammenarbeit ist das mehrtägige EFPT-Forum rund um die jährliche Generalversammlung. Dieses bietet europäischen Assistenzärztinnen und -ärzten die Möglichkeit, sich zu treffen, sich zur gegenwärtigen Lage und den Herausforderungen der psychiatrischen Weiterbildung in Europa auszutauschen und gemeinsame Zielvorstellungen zu entwickeln. Angestossen durch Impulsvorträge, Diskussionen und Workshops mit namhaften Persönlichkeiten aus der psychiatrischen Klinik, Lehre und Forschung können die Teilnehmenden die Themen weiter vertieft behandeln.
Meilensteine in der EFPT-Geschichte Der Grundstein der EFPT wurde im Juni 1992 von 16 psychiatrischen Assistenzärzten aus 9 europäischen Ländern in London gelegt. Sie kamen dort zusammen, um sich über ihre Erfahrungen in der psychiatrischen Facharztweiterbildung in ihren Ländern austauschen. Bei diesem ersten Treffen beschlossen sie die Durchführung eines jährlichen Treffens der psychiatrischen Assistenzärzte in Europa, was später in der Gründung des European Forum for all Psychiatric Trainees im März 1993 in Utrecht resultierte – mit dabei die Schweiz unter den Gründungsmitgliedern. Schon beim 2. EFPT-Forum (1994 in Cork) wurde satzungsgemäss als Ziel festgehalten, langfristig die Teilnahme von Mitgliedern aus allen europäischen Ländern anzustreben, um somit eine grösstmögliche Repräsentation und Reichweite zu erreichen. Zum Zeitpunkt des 3. EFPT-Forum (1995 in Kopenhagen) nahmen ihre Repräsentanten bereits regelmässig an Sitzungen vom Vorstand für Erwachsenenpsychiatrie und für Kinderund Jugendpsychiatrie der UEMS teil. Zu ihren bedeutendsten Tätigkeiten zählt die Mitarbeit an der «Charter on training of medical specialists in the EU, requirements for the specialty of psychiatry». In den nachfolgenden Jahren weitete sich das EFPT-Forum auf Länder in Südeuropa (1996 in Lissabon), sowie auf Mittel- und Osteuropa aus (1997 in Athen).
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Merkpunkte:
● Vom 4. bis 8. Juli 2023 findet das 31. EFPT-Forum 2023, die weltweit grösste Veranstaltung für den ärztlichen Nachwuchs in der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie, in Zürich statt.
● Organisiert und durchgeführt wird das Forum vom lokalen Organisationskomitee unter der Leitung des EFPT-Präsidenten Michael Wallies.
● Eingeladen sind gut 200 junge ärztliche Delegierte aus 42 europäischen Ländern, die zur Wissensvermittlung, Vernetzung und zur gegenseitigen Anregung und Unterstützung zu Themen rund um die psychiatrische Weiterbildung zusammenkommen.
● Mit «Making YOUR mental health a priority» appelliert das EFPT-Forum 2023 an den psychiatrischen Nachwuchs und an ihre nationalen Gesellschaften, dem Schutz sowie der Wahrung und Förderung der seelischen Gesundheit von Ärzten einen hohen Stellenwert beizumessen und diese fest in ihrer Arbeits- und Weiterbildungskultur zu verankern.
QR-Link: Geschichte der EFPT https://www.rosenfluh.ch/qr/efpt
Binnen weniger Jahre wuchs die Teilnehmerzahl rasant an, sodass beim 6. EFPT-Forum (1998 in Gent, Belgien) die anwesenden 22 Mitgliedsstaaten beschlossen, die Struktur des European Forum for all Psychiatric Trainees in einen Dachverband umzuwandeln: die EFPT. Ihr mittlerweile grosser Aufgabenumfang, die Organisation und Verwaltung der Aktivitäten sollten von nun an durch einen gewählten Vorstand geleitet und umgesetzt werden. Zu den Kernaufgaben der EFPT-Präsidentschaft zählt die Planung und Durchführung des EFPT-Forums, das traditionell im Heimatland des Präsidenten stattfindet. Im Jahr 2010 wurde die EFPT in Brüssel als Nichtregierungsorganisation (NGO) eingetragen, wo sie bis heute ihren Hauptsitz hat. Unter der Präsidentschaft von Dr. Florian Riese fand das EFPT-Forum 2013 unter dem Motto «Zusammenarbeit in der Psychiatrie» erstmalig in ihrer Geschichte in der Schweiz statt – Delegierte aus 33 Ländern fanden den Weg nach Zürich. Mit der Aufnahme von Moldawien und Malta im Jahr 2018 wuchs die Mitgliederzahl weiter. Derzeit verzeichnet die EFPT 37 Mitgliedsstaaten und fünf Länder mit Beobachterstatus (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Island, Kosovo und Zypern). Die ausführliche Version der Geschichte ist auf unserer Homepage (siehe QR-Link) zu finden.
Tätigkeiten der EFPT In den 30 Jahren baute die EFPT seine Tätigkeiten und seine Vernetzungsarbeit für den psychiatrischen Nachwuchs europa- und weltweit stetig aus. Es resultierte ein europäisches Hospitationsprogramm für Ärztinnen und Ärzte (EFPT Exchange), der Aufbau und die Förderung von nationalen Assistenzarztverbänden in der Psychiatrie (Maintaining and Establishing a National Trainee Association Working Group, MENTA) und die Unterstützung von Forschungsprojekten (Research Working Group). In weiteren Arbeitsgruppen tauschen sich die Mitglieder über spezifische Herausforderungen in der psychiatrischen Facharztweiterbildung aus, wie beispielsweise Menschenrechte, Zwangsmassnahmen, Abhängigkeitserkrankungen und die Versorgung von Geflüchteten und Migranten.
EFPT-Forum 2023 in Zürich
Mit der Wahl von Michael Wallies (Praxis Therapie auf
Augenhöhe, Bülach) zum EFPT-Präsidenten findet das
nächste EFPT-Forum 2023 zum zweiten Mal in der
Schweiz statt, wo es gleichzeitig sein 30-jähriges Jubi-
läum feiert. Der Leitungsausschuss des Local Organizing
Committee (LOC) besteht aus Michael Wallies, Fabian
Kraxner, Filippo Toni und Selim Kotti. Er verantwortet die
Planung und Durchführung der Veranstaltung. Das gut
20-köpfige Team startete seine Planungsarbeit mit der
Stabübergabe durch das maltesische LOC nach Ab-
schluss des letzten EFPT-Forum 2022 in Malta.
Die Vorplanung des Forums beinhaltet die Erstellung
des wissenschaftlichen und sozialen Programms, der
Einladung von Referierenden und Ehrengästen, Sponso-
rensuche und Finanzplanung, Einladung und Betreuung
der Teilnehmenden (Unterkunft, Transport, Verpflegung,
Support) und Öffentlichkeitsarbeit (Webseite, Logo, Pro-
movideo, Social Media). Das geschieht unter Berück-
sichtigung und Einhaltung der EFPT-Statuten: Die Auf-
gabenliste der ehrenamtlichen Organisatoren ist um-
fassend und bedarf einer sorgfältigen Koordination und
Kommunikation im Team.
Partnerschaftsanfragen bei Schweizer Fachgesellschaf-
ten, Kliniken und Stiftungen stiessen auf hohe Reso-
nanz. Diese boten an, das Forum finanziell und materiell
zu unterstützen. Nur dank der grosszügigen Unterstüt-
zung dieser Sponsoren kann das Forum stattfinden. Da-
rüber hinaus werden allen Forum-Teilnehmenden ein
kostenfreies Standardpaket vor Ort angeboten (Unter-
kunft, Hauptverpflegung, ÖV-Ticket). Diese Unterstüt-
zung war dem LOC ein grosses Anliegen, um allen
Mitgliedsstaaten die Teilnahme – unabhängig von ihren
finanziellen Mitteln – uneingeschränkt zu ermöglichen.
Das Motto des 31. EFPT-Forum 2023 lautet: «Making YOUR
mental health a priority». Die Organisatoren wählten be-
wusst dieses wichtige Thema. Gerade in der heutigen Zeit
der knappen Personalressourcen kommt der psychischen
Gesundheit der Behandelnden selbst eine gewichtige
Rolle zu. Übermüdung und Erschöpfungszustände korre-
lieren nicht nur unmittelbar negativ mit der Behandlungs-
qualität und Patientenzufriedenheit, sondern erhöhen das
Risiko für psychische Störungen, Medikamenten- und
Substanzmissbrauch unter Ärzten (3). Psychiater haben
unter allen Medizinfachbereichen eine der höchsten Sui-
zidraten über alle Altersgruppen hinweg (4).
Während einerseits Veränderungen auf übergeordneter
Ebene wie attraktive Arbeitsbedingungen sowie eine
unterstützende Führungskultur wichtige Säulen in der
Prävention von psychischen Gesundheitsrisiken am Ar-
beitsplatz darstellen, gehören auf individueller Ebene
unter anderem die Entstigmatisierung von psychiatri-
schen Störungen unter Ärzten untereinander, die Ermu-
tigung zur Inanspruchnahme von psychiatrischen
Behandlungen und die persönliche Priorisierung einer
gesunden Work-Life-Balance gegenüber einer karriere-
orientierten Lebensführung (5).
l
Korrespondenzadresse: Iliya Peyneshki, Praktischer Arzt Universitäre Psychiatrische Dienste Bern
Murtenstrasse 21, 3008 Bern E-Mail: iliya.peyneshki@upd.ch
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Referenzen: 1. History. European Federation of Psychiatric Trainees. Published July
18, 2014. http://efpt.eu/4584-2/about/history/. Letzter Abruf: 6.3.23. 2. World Health Organization. Regional Office for Europe. The World
Health Organization in the European Region. apps.who.int. Published 2016. Accessed March 6, 2023. https://apps.who.int/iris/ handle/10665/350404. Letzter Abruf: 6.3.23. 3. Hostettler S et al.: Ärztliches Wohlbefinden beeinflusst die Behandlungsqualität. Schweizerische Ärztezeitung. 2012;93(18):655659. doi:10.4414/saez.2012.00481. 4. Banerjee D et al.: «Guarding the Gatekeepers»: Suicides among mental health professionals and scope of prevention: a review. Psychiatry Research. 2020;294:113501. doi:10.1016/j.psychres.2020.113501. 5. Rieser R et al.: Gesunde Ärztinnen und Ärzte für gesunde Patientinnen und Patienten. Schweizerische Ärztezeitung. 2022;103(20):663-668. doi:10.4414/saez.2022.20742.
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