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Diagnostik der neurogenen Harnblasenfunktionsstörung
FORTBILDUNG
Menschen mit neurologischen Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Spina Bifida) oder nach neurologischen Traumata (z. B. nach Operationen im Beckenbereich, Rückenmarkverletzung) sind häufig von Funktionsstörungen des unteren Harntrakts betroffen. Eine frühzeitige und genaue neuro-urologische Abklärung und Diagnostik ist wichtig, um das individuelle Risikoprofil bestimmen und eine zielgerichtete Therapiestrategie festlegen zu können. Nur so können langfristig gesundheitliche Folgekomplikationen vermieden und die Lebensqualität erhalten oder sogar verbessert werden.
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Ulrich Mehnert
von Ulrich Mehnert
E ine Harnblasenfunktionsstörung wird als neurogen bezeichnet, wenn sie nachweislich oder sehr wahrscheinlich durch eine Schädigung oder Erkrankung der für die Harnblasensteuerung zuständigen Nerven und neuronalen Strukturen bedingt ist. Die Diagnostik und Beurteilung einer neurogenen Harnblasenfunktionsstörung beschränkt sich dabei jedoch nicht allein auf die Harnblase, da diese zusammen mit der Harnröhre, dem inneren Schliessmuskel (Blasenhals) sowie dem äusseren Harnröhrenschliessmuskel, und bei Männern zusätzlich der Prostata, eine funktionelle Einheit bildet, die als unterer Harntrakt zusammengefasst wird. In der vorwiegend englischsprachigen Fachliteratur wird daher auch vorwiegend von einer neurogenen Funktionsstörung des unteren Harntrakts (neurogenic lower urinary tract dysfunction) gesprochen und im folgenden dieser Begriff verwendet. Da diese neurogenen Funktionsstörungen des unteren Harntrakts vorwiegend an spezialisierten neuro-urologischen Abteilungen abgeklärt und behandelt werden, kann überbegrifflich auch von neuro-urologischer Diagnostik gesprochen werden. Das Ziel der neuro-urologischen Diagnostik besteht darin, 1) die Symptome und Beschwerden des unteren Harntrakts (typischerweise: überfallsartiger Harndrang, Harninkontinenz, Schmerzen, Harnverhaltung/erschwertes Urinieren, rezidivierende Harnwegsinfekte) sowie deren Einfluss auf den Alltag und die Lebensqualität genau zu verstehen und 2) den Charakter und die Ausprägung der zugrunde liegenden Funktionsstörung objektiv und zuverlässig zu erfassen. Das ist wichtig, um den Patienten einerseits eine passende Therapie zu empfehlen, die ihre Lebensqualität verbessert oder zu-
mindest erhält, und andererseits das medizinisch Notwendige abzudecken, um die Funktionsstörung zu verbessern oder zumindest eine Verschlechterung und Folgekomplikationen abzuwenden. Dazu werden in der neuro-urologischen Diagnostik grundsätzlich zwei Arten von Verfahren angewendet: nicht apparative und apparative Untersuchungen. Dabei ist zu beachten, dass ein einzelnes diagnostisches Verfahren in der Neuro-Urologie allein meist noch wenig aussagekräftig ist und eher als Puzzlestück betrachtet werden sollte, das erst im Zusammenspiel mit weiteren diagnostischen Puzzlestücken ein sinnvolles Gesamtbild ergibt. Bei der nicht apparativen Diagnostik kommen Anamnese, Tagebücher, Fragebögen und körperliche Untersuchung zum Einsatz. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse erlauben eine erste Einschätzung des Gesamtkontext und helfen, wenn nötig, die weiteren diagnostischen und therapeutischen Schritte zu planen. Die apparative Diagnostik dient der objektiven sowie genaueren qualitativen und quantitativen Charakterisierung einer Störung der unteren Harntraktfunktion und lässt sich im Wesentlichen in 3 Bereiche unterteilen: anatomisch-morphologische (z. B. Urethro-Zystoskopie), funktionelle (z. B. Zystomanometrie) und labordiagnostische (z. B. Urinkultur, Kreatininwert) Untersuchungen. Erst in der Zusammenschau dieser Untersuchungen lässt sich der genaue Charakter der Funktionsstörung beschreiben. Daraus resultierend, können dann die möglichen weiteren Therapieoptionen und, je nach Risikoprofil, auch die Dringlichkeit einer Therapie mit den Patienten besprochen werden. Im Folgenden wird genauer auf einzelne diagnostische Verfahren eingegangen. Diese werden sowohl in der
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Erstevaluation als auch zur Verlaufsevaluation insbesondere nach oder unter laufenden Therapien angewendet.
Nicht apparative Diagnostik Anamnese Neben der Anamnese zu den aktuellen Symptomen bzw. Beschwerden (inkl. wann und wie diese entstanden sind, in welchem Kontext sie auftreten, was diese Symptome verbessert/verschlechtert und welche Therapien bisher geholfen/versagt haben) und der alltäglichen Situation hinsichtlich Harntraktfunktion (z. B. Modus und Häufigkeit der Harnblasenentleerung) ist auch die urologische und bei Frauen zusätzlich die gynäkologische Vorgeschichte relevant. Sämtliche operativen Interventionen am Abdomen und Becken sollten bekannt sein bzw. in Erfahrung gebracht werden, ebenso wie alle neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen und Traumata (inkl. Operationen) (1–3). Hinzu kommt die Erfassung der aktuellen Medikamente, von denen insbesondere Opiate und einige Psychopharmaka (z. B. trizyklische Antidepressiva) bekannte Nebenwirkungen auf die Funktion des unteren Harntrakts haben. Auch die Anamnese hinsichtlich Darmund Sexualfunktion sollte erfragt werden, da diese Funktionen aufgrund der ähnlichen neuronalen Innervation bei einer neurogenen Funktionsstörung des unteren Harntrakts häufig mitbetroffen sind (1–3). In Bezug auf die Anwendung von in der Neuro-Urologie häufig eingesetzten Medikamenten (z. B. Antimuskarinika) sollten potenzielle Kontraindikationen (z. B. unbehandeltes Engwinkelglaukom, Myasthenia gravis, Colitis ulcerosa) ebenfalls bekannt sein bzw. erfragt werden. Mobilität und Handfunktion der Patienten sollte erfasst und bei bereits mobilitätseingeschränkten Personen sollten die Lebens- und Versorgungsumstände ebenfalls erfragt werden, um Therapievorschläge im weiteren Verlauf der diagnostischen Abklärung adäquat darauf abstimmen zu können (1–3).
Harnblasentagebuch Um neben der Anamnese strukturiertere und quantifizierbare Informationen über den Harnblasenalltag der Patienten zu erhalten, und damit auch im Verlauf vergleichbare Daten unter oder nach einer Therapie, die unabhängig vom Untersucher sind, eignet sich das Harnblasentagebuch. Das Harnblasentagebuch ist ein etabliertes Instrument in der neuro-urologischen Diagnostik, das in den meisten Fällen über 3 Tage (72 h) geführt wird. Es enthält meist Angaben über Häufigkeit der Harnblasenentleerung, Urinmengen (in ml oder dl) pro Blasenentleerung, Trinkmengen (in ml oder dl), Anzahl und Intensität von Drang- und Inkontinenzepisoden sowie die Anzahl von gegebenenfalls verwendeten Inkontinenzprodukten (z. B. Binden, Windeln) (1, 2, 4, 5). Zusätzlich sollten noch die Art der Harnblasenentleerung und zeitliche Angaben zur Nachtruhe erfasst werden, um klar zwischen Diurie und Nykturie differenzieren zu können. Das Harnblasentagebuch erlaubt somit im Gegensatz zu Anamnese und Fragebogen eine Echtzeiterfassung der aktuellen Alltagssituation der unteren Harntraktfunktion, ohne Erinnerungsverzerrung (recall bias) (4). Im Gegensatz zu den meisten Fragebögen besteht je-
doch kein einheitlicher oder validierter Standard für ein Harnblasentagebuch. Das ermöglicht je nach Fragestellung, Patient, Komplexität des Falls und Anwendungsbereich (Studie vs. klinische Praxis), das Tagebuch bedarfsweise anzupassen. Das kann durchaus Vorteile haben, denn letztlich ist entscheidend, wie vollständig das Tagebuch ausgefüllt wird, was wiederum von der Motivation des Patienten und damit vom Aufwand sowie vom Verständnis für das Tagebuch abhängt. Insbesondere Letzteres bedingt, dass das Blasentagebuch nicht einfach ausgehändigt wird, sondern zuvor Zweck und Anwendung erläutert werden müssen, und dass es in einer für die Patienten gut verständlichen Sprachversion vorliegt (5).
Körperliche Untersuchung Neben der allgemeinen körperlichen Untersuchung ist im Rahmen einer neuro-urologischen Abklärung die Untersuchung der urogenitalen Sensomotorik (Berührungssensibilität und Spitz-Stumpf-Diskriminierung in den lumbosakralen Dermatomen L1-S5, Tonus und Willkürkontraktilität des analen Schliessmuskels) und sakralen Reflexe (Bulbokavernosusreflex und Analreflex) wichtig, um einen ersten Eindruck von der neuronalen Steuerung zu erhalten bzw. davon, wie stark diese möglicherweise bereits eingeschränkt ist (1, 3). Das ist relevant, um weitere Untersuchungsresultate im Kontext der neurologischen Schädigung einordnen und gegebenenfalls eine erste Selektion bei den Therapieoptionen (z. B. Beckenbodenphysiotherapie nicht umsetzbar bei schlaffem, akontraktilem Analsphinkter) vornehmen zu können.
Fragebögen Im Verhältnis zum Blasentagebuch und in Hinblick auf Studien werden validierte Fragebögen in der neurourologischen Praxis noch weniger häufig routinemässig eingesetzt. Dennoch können sie wertvolle quantifizierbare Informationen über die Entwicklung der Lebensqualität insbesondere im Hinblick auf Therapien liefern und sie gewinnen als sogenannte Patient Reported Outcome Measures (PROM) zunehmend an Bedeutung im Gesundheitswesen (6). Exemplarisch sind hier einige Fragebögen aufgezählt, die die Symptome des unteren Harntrakts und deren Einfluss auf die Lebensqualität spezifisch bei Patienten mit neurogener Störung der unteren Harntraktfunktion evaluieren: l Qualiveen (30 Fragen): Der erste Fragebogen, der die
Lebensqualität in Bezug auf eine neurogene Funktionsstörung des unteren Harntrakts nach Rückenmarkverletzung evaluiert und sowohl in einer Kurzform (13 Fragen), die auch für Patienten mit multipler Sklerose validiert ist, als auch in mehreren Sprachen vorliegt (7, 8). l Incontinence Quality of Life Questionnaire (IQOL, 22 Fragen): Dieser Fragebogen wurde zunächst für Patienten mit Belastungsinkontinenz und überaktiver Harnblase entwickelt, später auch für Patienten mit Rückenmarkverletzung und Inkontinenz (9). l Neurogenic Bladder Symptom Score (NBSS, 24 Fragen): spezifisch für Patienten mit Rückenmarkverletzung, multipler Sklerose und Spina bifida entwickelt (10).
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l Actionable Bladder Symptom Screening Tool (ABSST, 8 Fragen): Ein Kurzfragebogen spezifisch für Patienten mit multipler Sklerose, um jene Patienten zu erkennen, die von einer neuro-urologischen Abklärung profitieren könnten (11).
Es gibt zahlreiche weitere Fragebögen, unter anderem solche, die Funktion und Lebensqualität in Bezug auf bestimmte neurologische Erkrankungen erfassen und auch einzelne Fragen hinsichtlich Harntraktfunktion enthalten (z. B. Multiple Sclerosis Quality of Life Inventory), als auch solche, die die Lebensqualität und Symptome in Bezug auf die untere Harntraktfunktion erfassen, jedoch nicht spezifisch für bestimmte neurologische Erkrankungen validiert sind (z. B. Kings Health Questionnaire Lower Urinary Tract) (12).
Apparative Diagnostik Anatomische Evaluation Anatomie beeinflusst die Funktion: z. B. Harnverhaltung oder inkomplette Harnblasenentleerung sowie irritative Symptome bei Harnröhrenstrikturen oder Obstruktion durch die Prostata. Umgekehrt haben Funktionsstörungen Einfluss auf die Anatomie: z. B. Ausbildung einer Harnblasenwandtrabekularisierung und Reduktion der Compliance bei Detrusorüberaktivität. Daher ist es das Ziel der anatomischen Untersuchungen, Veränderungen von Form und Struktur des unteren Harntrakts zu erfassen oder auszuschliessen. Zur anatomischen Evaluation dienen vorwiegend endoskopische und bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Urethrozystoskopie, konventionelles Röntgen/Durchleuchtung, Computertomografie und Magnetresonanztomografie.
Ultraschall Ultraschall ist ein seit Langem etabliertes diagnostisches Verfahren, um schnell und nicht invasiv die Harnwege zu beurteilen. Am häufigsten wird es in der NeuroUrologie zur Beurteilung der Konfiguration von Harnblase (idealerweise im gefüllten Zustand von mindestens 200 ml) und Nieren sowie zur Messung des Restharns nach Miktion eingesetzt. An den Nieren können ab einer bestimmten Grösse/Ausprägung strukturelle Veränderungen wie Ektasie, Steine, Zysten und Tumoren festgestellt werden. In der Harnblase können mit Ultraschall ebenfalls ab einer bestimmten Grösse (je nach Form und Lage meist mehrere mm) Steine, Tumoren und Divertikel entdeckt werden, sowie die Lage von Kathetern beurteilt werden. Mittels speziellen Schallköpfen können das äussere Genitale (Penis, Hoden, Schamlippen) sowie die Prostata von transrektal genauer untersucht werden. Mit Dopplersonografie lassen sich zusätzlich die Durchblutungszustände im Gewebe beurteilen. Eine Aussage über die Funktion der Gewebe (z. B. der Nieren oder der Harnblase) kann mit dem Ultraschall jedoch nicht gemacht werden. So kann ein erhöhter Restharn durch einen hypokontraktilen Detrusor oder eine subvesikale Obstruktion oder einer Kombination von beiden hervorgerufen werden. Das ist nur mittels urodynamischer Untersuchungen genauer evaluierbar.
Urethrozystokopie Bei dieser Untersuchung wird mit einer endoskopischen Kamera inklusive Lichtquelle entweder mit einem flexibel steuerbaren (Durchmesser meist 16 Charr.) oder starrem Gerät (Durchmesser meist 14–22 Charr.) durch die Harnröhre in die Harnblase geschaut. Für Männer verwendet man aufgrund der längeren und geschwungenen Harnröhre bevorzugt das flexible Zystoskop, da dieses flexibel um die natürlichen Kurven gesteuert werden kann und dadurch die Untersuchung angenehmer macht (13, 14). Harnröhre und endoskopisches Gerät werden vorgängig mit einem Lidocain-haltigen Gel benetzt, sodass die relativ kurze Untersuchung (wenige Minuten) auch bei intakter Sensibilität in den meisten Fällen im ambulanten Setting ohne Narkose gut toleriert wird (15–17). Über das Zystoskop kann der Untersucher jederzeit Spülflüssigkeit (physiologische Kochsalzlösung) neben der Kamera einfliessen lassen, um so beispielsweise die Hohlstrukturen wie Harnröhre und Harnblase zu füllen, um sie gut sichtbar zu machen und vollständig beurteilen zu können. Mit dieser Untersuchung kann die Struktur der gesamten Harnröhre (Sklerosen, Strikturen, Harnröhrenklappen, Verletzungen/Via falsa, enge prostatische Harnröhre) und Harnblase direkt visuell evaluiert werden. Zudem kann auch der externe Harnröhrenschliessmuskel hinsichtlich willkürlicher Kontraktion und Entspannung beurteilt werden. In der Harnblase können auch besser als mit dem Ultraschall kleine Tumoren, Steine oder flache Schleimhautveränderungen entdeckt werden (18, 19); zudem lassen sich morphologische Veränderungen der Harnblasenwand wie Trabekularisierung und Divertikelbildung bereits in einem frühen Stadium eindeutiger als mit Ultraschall erkennen. Ergänzend kann zur Zystoskopie auch eine spülzytologische Analyse durchgeführt werden. Dazu wird über das Zystoskop mehrmals die Blasenspülflüssigkeit hin und her gespült, um so ausreichend Zellmaterial zu gewinnen und anschliessend zur histopathologischen Untersuchung versendet. So können auch potenzielle Metaplasien und Dysplasien auf zellulärer Ebene erfasst bzw. ausgeschlossen werden.
Konventionelles Röntgen Konventionelles Röntgen oder Durchleuchtung wird als alleinige Untersuchung in der Neuro-Urologie selten eingesetzt. Allerdings werden sie im Rahmen der VideoUrodynamik und Miktionszystourethrografie regelmässig verwendet und bei diesen Untersuchungen genauer beschrieben.
Computertomografie und Magnetresonanztomografie Computertomografie und Magnetresonanztomografie sind weiterführende bildgebende Verfahren, die nicht von Neuro-Urologen selbst durchgeführt werden, sondern einer speziellen Infrastruktur sowie radiologischen Facharztkompetenzen bedürfen. Diese Untersuchungen gehören nicht zur diagnostischen Routine von neurogenen Funktionsstörungen des unteren Harntrakts, können aber zur Klärung bestimmter Fragestellungen im Zusammenhang mit der neuro-urologischen Evaluation (z. B. Abklärung von intraabdominellen Raumforderungen, Ausschluss/Darstellung von Raum-
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forderungen/Konkrementen des oberen Harntrakts, seitengetrennte Abflussverhältnisse vom oberen Harntrakt) wichtig sein.
Funktionelle Evaluation Die funktionelle Evaluation hat das Ziel, die beiden Funktionszustände der Harnblase, Speicherung und Entleerung von Urin, dynamisch abzubilden, damit diese objektiv qualitativ und quantitativ analysiert werden können. Zur funktionellen Evaluation dienen Uroflowmetrie (Harnstrahlmessung), Zystomanometrie (Blasendruckmessung), Druck-Fluss-Studie (synchrone Messung von Harnstrahl und Blasendruck), Miktionszystourethrografie (Entleerung unter Durchleuchtung der mit Kontrastmittel gefüllten Harnblase über die Harnröhre), Video-Urodynamik (Kombination aus Zystomanometrie, Druck-Fluss-Studie und Miktionszystourethrografie), Langzeit-Urodynamik und Nierenfunktionsszintigrafie.
Uroflowmetrie Die Uroflowmetrie ist ein einfaches, nicht invasives Verfahren, um bei Personen, die mindestens noch teilweise die Harnblase durch willkürliche Spontanmiktion entleeren können, einen ersten Eindruck der Entleerungsfunktion zu erhalten. Die Untersuchung erfolgt sitzend oder stehend auf einem speziellen Uroflowmetrie-WC, das die pro Zeiteinheit (sek) aufgefangene Urinmenge (in ml) misst (20). Wenn die vom Analysegerät angezeigte Flusskurve (Funktion von Urinmenge pro Zeit), die normalerweise an einem Stück und mit glockenförmigem Verlauf abgebildet sein sollte, deutliche Veränderungen aufzeigt (abgeflacht, unterbrochen, mit zahlreichen Zacken durchsetzt) oder der Restharn im Verhältnis zur entleerten Menge zu hoch ist, kann das ein Hinweis für eine relevante Entleerungsstörung sein und sollte weitergehend untersucht werden, weil die Uroflowmetrie selbst keinen weiteren Schluss über die zugrunde liegende Form der Entleerungsstörung zulässt (3, 20). Da das Untersuchungsresultat durch den Füllungszustand der Harnblase, die Intensität des Dranggefühls und die situative Komponente zum Zeitpunkt der Untersuchung, beeinflusst werden kann, ist eine einzelne Untersuchung nicht immer aussagekräftig, und es sollten insbesondere bei zur restlichen Diagnostik divergenten Untersuchungsbefunden mehrere Messungen berücksichtigt werden, um besser abzugrenzen, ob es sich um einen persistierenden Befund oder um eine Ausnahme handelt (1, 2, 20, 21).
Zystomanometrie Bei der Zystomanometrie, auch als Blasendruckmessung bezeichnet, wird eine dünne Messsonde (6–9 Charr.) entweder von transurethral oder, falls bereits ein suprapubischer Zugang besteht, auch von suprapubisch in die zuvor entleerte Harnblase eingeführt (21). Diese Messsonde verfügt über zwei Lumen. An das eine Lumen wird eine Pumpe angeschlossen, mit der die Harnblase kontinuierlich (meist 20–30 ml/min), mit körperwarmer physiologischer Kochsalzlösung gefüllt werden kann, an das andere Lumen wird ein Drucksensor angeschlossen, der über die Wassersäule im Lumen den intravesikalen Druck (in cm H2O) misst (21). Da der
intravesikale Druck stark vom intraabdominellen Druck beeinflusst wird (Bewegung, Husten, Sprechen), muss, um den effektiven Detrusordruck zu erhalten, auch der intraabdominelle Druck synchron aufgezeichnet werden. Das erfolgt mit einem kleinen Ballonkatheter, der im Rektum platziert wird und ebenfalls mittels Wassersäule im Katheterlumen den rektalen bzw. intrabdominellen Druck an einen Druckaufnehmer weiterleitet. Wird nun der abdominelle Druck vom intravesikalen Druck subtrahiert, erhält man den Detrusordruck. Alle Drücke werden im Rahmen der Harnblasenfüllung kontinuierlich aufgezeichnet und auf einem Bildschirm digital abgebildet, wobei zusätzlich Informationen über die Wahrnehmung der Harnblasenfüllung und des Dranggefühls in die Kurve eingetragen werden. Des Weiteren wird mittels Klebeelektroden am Perineum ein Beckenboden-Elektromyogramm (EMG) zur Evaluation der Beckenboden- und Schliessmuskelaktivität durchgeführt. Zur Überwachung der Herz-/Kreislaufsituation wird zusätzlich oft ein Herzfrequenz- und Blutdruckmonitoring durchgeführt, entweder kontinuierlich oder zumindest in regelmässigen kurzen (2 Minuten) Abständen. Das ist insbesondere bei Patienten mit Rückenmarkverletzung oberhalb von Niveau Th6 von Bedeutung, da hier das Risiko zur Ausbildung einer autonomen Dysreflexie besonders hoch ist (22). Unter autonomer Dysreflexie versteht man eine überschiessende sympathische Reaktion auf die Dehnung der Harnblasenwand mit raschem und starkem Anstieg des Blutdrucks. Dies kann im weiteren Verlauf mit einem relevanten Absinken der Pulsrate und Symptomen wie Schwindel, Kopfschmerzen, Schwitzen und Hautrötung oberhalb der Läsionshöhe verbunden sein (22). Die autonome Dysreflexie lässt sich rasch und einfach beheben, indem die Messung beendet und die Harnblase entleert wird. Um den Beginn der autonomen Dysreflexie zu erkennen, auch wenn (noch) keine Symptome vorliegen, ist es wichtig, ein Blutdruck- und Pulsmonitoring während der Zystometrie durchzuführen (23, 24). Die Zystomanometrie bildet die Speicherphase des unteren Harntrakts ab und wird meist beendet, wenn es zum Urinverlust kommt, wenn starker Harndrang besteht, eine autonome Dysreflexie auftritt oder Schmerzen entstehen. Falls keine ausreichende Blasensensibilität mehr besteht, kann man sich auch an der im Harnblasentagebuch dokumentierten maximalen Kapazität orientieren. Mögliche pathologische Befunde, die mit dieser Untersuchung dargestellt werden können, sind Detrusorüberaktivität, Harninkontinenz, verminderte oder gesteigerte Harnblasenwahrnehmung, verringerte Harnblasenkapazität und verringerte Harnblasencompliance (1). Die Detrusorüberaktivität und die damit einhergehende Detrusordruckamplitude während der Speicherphase sind in den meisten Fällen die kritischsten Parameter, denn sie sind oft die Ursache für Drangsymptome und Inkontinenz sowie im langfristigen Verlauf für rezidivierende Harnwegsinfekte, Deformierung der Harnblase (Trabekularisierung) und Schädigung des oberen Harntrakts (25–35). Der in diesem Kontext mehrfach beschriebene Grenzwert von 40 cm H2O-Speicherdruckamplitude wird immer wieder kritisch diskutiert, da die Evidenz dafür letztlich gering ist und der Wert vorwiegend auf Daten von pädiatrischen Patienten mit Meningomyelozele basiert und daher
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nicht für Erwachsene mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen verallgemeinert werden kann. Dennoch bleibt er im klinischen Alltag aktuell der weiterhin einzige verfügbare Anhaltspunkt/Schwellenwert und wird daher auch in Studien als solcher verwendet (26, 77). Insgesamt ist es dabei unumstritten, dass hohe Speicherdruckamplituden langfristig zu weiteren Problemen führen. Nur die Frage, für wen welcher Wert zu hoch ist und ob die Druckamplitude der einzige Parameter ist, der dabei relevant ist, oder inwieweit beispielsweise die Dauer einer Detrusorüberaktivität ebenfalls eine Rolle spielt (36), bleibt zu klären.
Druck-Fluss-Studie Die Druck-Fluss-Studie erfolgt in aller Regel im direkten Anschluss an die Zystomanometrie, da der Untersuchungsaufbau derselbe ist und in Ergänzung zur Evaluation der Speicherphase nun auch die Entleerungsphase untersucht werden kann. Wie der Name bereits vorgibt, wird nun neben dem Druck auch der Fluss, das heisst der Harnstrahl, gemessen und beides zueinander ins Verhältnis gesetzt (21). Nur mittels dieser Untersuchung kann eine valide Aussage hinsichtlich subvesikaler Obstruktion getroffen werden. Neben der Beurteilung der Detrusorkontraktilität ermöglicht diese Untersuchung in Kombination mit Beckenboden-EMG und Durchleuchtung auch eine Differenzierung hinsichtlich Art der Obstruktion, beispielsweise prostatisch oder durch Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie bedingt.
Miktionszystourethrografie Bei der Miktionszystourethrographie wird Kontrastmittel über einen transurethralen Katheter (oder falls vorhanden auch über einen suprapubischen Katheter) in die Harnblase eingebracht und bis zum Harndrang gefüllt. Anschliessend wird der transurethrale Katheter entfernt und unter Durchleuchtung oder Serien von Röntgenbildern die Miktion aufgezeichnet (37). So können Störungen der Harnblasenentleerung wie DetrusorSphinkter-Dyssynergie, Harnröhrenstrikturen, Harnröhrenklappen oder ein im Rahmen der Miktion ausgelöster vesiko-ureteraler Reflux dargestellt werden. Diese Untersuchung findet als alleinstehende Untersuchung aufgrund der eher kurzen Untersuchungszeit und zum Ausschluss von angeborenen Fehlbildungen wie Harnröhrenklappen vor allem in der Kinderurologie Anwendung (38). In der neuro-urologischen Diagnostik bei Erwachsenen ist diese Untersuchung weitgehend in die video-urodynamische Untersuchung integriert, da ohnehin bereits ein transurethraler Katheter und Kontrastmittel zum Einsatz kommen, bei der Miktionszystourethrografie jedoch wichtige Informationen zur Speicherphase und zu den intravesikalen Druckverhältnissen während der Speicher- und Entleerungsphase fehlen.
Videourodynamik Die Videourodynamik ist der Goldstandard der neurourologischen Funktionsdiagnostik, da es auf effiziente Weise die umfänglichste Beurteilung der unteren Harntraktfunktion ermöglicht (1–3, 39, 40). Die Videourodnamik vereint im Prinzip die 3 vorgenannten Untersuchungen (Zystomanometrie, Druck-Fluss-Studie und Miktionszystourethrografie), wobei mit regelmässigen kurzen Durchleuchtungssequenzen (Video) bereits
während der Speicherphase Befunde wie ein vesiko-ureteraler-Reflux dargestellt werden können. Diese Untersuchung erfolgt wie alle Untersuchungen, die eine Evaluation der Entleerungsphase beinhalten, standardmässig im Sitzen. Je nach der körperlichen Konstitution und Rumpfstabilität kann die Position jedoch individuell angepasst werden (21). Aufgrund der eher begrenzten Aussagen der vorgenannten Einzeluntersuchungen im Verhältnis zu Aufwand und Kosten werden diese in der neuro-urologischen Abklärung beim Erwachsenen kaum noch separat durchgeführt, sondern es wird meist direkt eine vollständige Videourodynamik durchgeführt, um das funktionelle Gesamtbild zu erhalten (1, 2). Um den oft sehr komplexen Funktionsstörungen des unteren Harntrakts bei neurologischen Erkrankungen oder Schäden gerecht zu werden, wird empfohlen, eine sogenannte Wiederholungsmessung in der gleichen Sitzung durchzuführen (1, 41). Dadurch können natürliche Variationen bei einzelnen urodynamischen Parametern besser gegeneinander abgeglichen und beurteilt werden, wodurch für den Patienten eine optimierte und zielführende Behandlungsstrategie festgelegt werden kann. Ergänzend kann, bei bestimmten Fragestellungen oder unklaren Befunden trotz Wiederholungsmessung, in der gleichen Sitzung noch ein Provokationstest mittels kalter (4–6°C) anstatt körperwarmer Kochsalzlösung durchgeführt werden (Eiswasserzystometrie) (42–46). Dadurch lassen sich bestimmte Detrusorreaktionen provozieren oder ausschliessen.
Langzeit-Urodynamik Trotz der ausgeklügelten Untersuchungstechniken, die im Rahmen der Video-Urodynamik angewendet werden, kann es sein, dass in bestimmten Situationen, kein oder kein ausreichendes objektives Korrelat zu den Symptomen aufgezeigt werden kann. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, eine ergänzende Langzeit-Urodynamik durchzuführen (47–50). Hierbei werden wie bei der Zystometrie und Video-Urodynamik entweder transurethral oder, falls gegeben über einen suprapubischen Zugang, eine Messsonde in die Harnblase gelegt, um den intravesikalen Druck zu bestimmen, sowie rektal eine Sonde/Ballon platziert, um den Abdominaldruck zu messen. Beckenboden-EMG-Elektroden werden ebenfalls angebracht. Die Druckabnehmer und Elektrodenanschlüsse, an die die Messsonden und EMG-Elektroden angeschlossen werden, haben einen lokalen Speicher und befinden sich im Gegensatz zur Standard-Urodynamik mobil am Patienten; sie können unter der Kleidung getragen werden, was den Patienten eine Bewegungsfreiheit ermöglicht (z. B. auch Spazierengehen). Die Füllung der Harnblase erfolgt dabei durch die natürliche Urinproduktion über die Nieren, weshalb diese Art der Urodynamik etwas weniger standardisiert erfolgen kann und deshalb über einen längeren Zeitraum (4–6 Stunden) erfolgen muss, um aussagekräftige Messdaten zu erhalten. Die Patienten erhalten zusätzlich eine kleine Fernbedienung, mit der sie während der Aufzeichnung bestimmte Ereignisse dokumentieren sollen (z. B. Miktion, Husten, Urinverlust). Damit können im Rahmen der späteren Auswertung den Veränderungen der Druckkurven die entsprechenden Ereignisse korrekt zugeord-
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net werden. Eine radiologische Dokumentation von Ereignissen kann während der Langzeit-Urodynamik in der Regel nicht erfolgen, sodass diese Informationen bei dieser Art der Untersuchung meist nicht zur Verfügung stehen. Dafür bietet diese Untersuchung die Möglichkeit, Patienten zu untersuchen, während sie sich natürlich bewegen, was insbesondere dann wertvolle zusätzliche Informationen liefert, wenn die zu evaluierenden Symptome des unteren Harntrakts in Verbindung mit bestimmten Bewegungen oder Verhaltensweisen im Alltag auftreten.
Nierenszintigrafie Zur genaueren Evaluation der Nierenfunktion oder Abflussverhältnisse aus dem oberen Harntrakt und um frühzeitige Einschränkungen oder Seitendifferenzen im Kontext der Funktionsstörung des unteren Harntrakts (z. B. bei unilateralem vesiko-uretero-renalem Reflux) zu erkennen und im Verlauf zu überwachen, kann die Nierenfunktionsszintigrafie eingesetzt werden (51, 52). Es gibt dabei statische (Tracer: 99mTc-DMSA, Darstellung funktionsfähiges Nierengewebe) und dynamische Untersuchungsverfahren (Tracer: 99mTc-DTPA/99mTcMAG3, Darstellung seitengetrennter glomerulärer/ tubulärer Filtration) die je nach Fragestellung verwendet werden. Wie die Computertomografie und Magnetresonanztomografie gehört die Nierenszintigrafie nicht zur routinemässigen neuro-urologischen Primärdiagnostik, sondern ist speziellen Fragestellungen vorbehalten und wird nur in nuklearmedizinischen Abteilungen angeboten.
Labordiagnostische Evaluation Zur labordiagnostischen Evaluation zählen Analysen von Blut- und Urinproben. Im Blut können im Rahmen der neuro-urologischen Diagnostik insbesondere Entzündungsparameter, Nierenretentionsparameter, der PSA-Wert und Sexualhormone von Bedeutung sein. Die Urinproben dienen vorwiegend der mikrobiologischen Analyse zur Evaluation der Keimlast und der antibiotischen Resistenzlage. Wichtig: Ein Harnwegsinfekt lässt sich mit der Urinanalyse allein nicht diagnostizieren, da dazu entsprechend auch neu einsetzende oder akut verschlechterte Symptome vorliegen müssen (z. B. neu oder verstärkte Inkontinenz, Fieber). Ohne Symptome wird eine positive Urinkultur als asymptomatische Bakteriurie bezeichnet, die keiner antibiotischen Behandlung bedarf (53).
Risiko und Nutzen der neuro-urologischen Diagnostik Die nicht apparativen (Anamnese, Blasentagebuch) und nicht invasiven apparativen Verfahren (Ultraschall, Uroflowmetrie) im Rahmen der neuro-urologischen Diagnostik sind weder schmerzhaft noch riskant und bilden die unumstrittene Basis der neuro-urologischen Diagnostik. Die apparativen diagnostischen Verfahren, die minimal invasive Techniken (Urethro-Zystoskopie, Video-Urodynamik) einsetzen, können dagegen auch bei sorgfältiger Durchführung punktuell als unangenehm empfunden werden und nach der Untersuchung noch zu leichten, temporären und selbstlimitierenden Beschwerden führen, meist in Form einer Dysurie für 1 bis 2 Tage (19–
35%) (54, 55). Harnwegsinfekte können in etwa 3 bis 10% der Fälle auftreten (54–59). Allerdings sind diese in den meisten Fällen sehr gut behandelbar. Mit Ausnahme einzelner Risikofälle (z. B. Patienten mit häufigen Harnwegsinfekten, komplizierte/prolongierte diagnostische Intervention) scheint es damit in Anbetracht der zunehmenden antibiotischen Resistenzentwicklung nicht gerechtfertigt, allen Patienten und somit auch den 90 bis 96%, die keinen Harnwegsinfekt bekommen würden, prophylaktisch ein Antibiotikum zu verabreichen (56, 60–62). Selten (ca. 3%) kann es untersuchungsbedingt zu einer temporären, selbstlimitierenden Makrohämaturie kommen, meist im Kontext einer laufenden antikoagulativen Therapie und bedingt durch kleine oberflächliche Schleimhautläsionen, die folgenlos abheilen (59). Relevante Verletzungen der Harnröhre, z. B. Via falsa, sind im Kontext der neuro-urologischen Diagnostik extrem selten, können aber auftreten, wenn die Harnröhre bereits Vernarbungen oder Gewebeveränderungen durch Vorbehandlungen (z. B. Bestrahlung) aufweist. Aber auch solche Verletzungen heilen in den meisten Fällen folgenlos ab; gegebenenfalls muss für einige Tage ein transurethraler Katheter eingelegt werden. Insgesamt bestätigen bislang mehrere Studien eine geringe Komplikationsrate und gute Tolerabilität, sowohl für die Urethro-Zystoskopie (13, 16, 17, 54, 63, 64) als auch für die urodynamische Diagnostik (54, 55, 61, 6470). Allerdings sind diese Daten und Studien nicht immer spezifisch für Patienten mit neurogener Funktionsstörung des unteren Harntrakts. Bei diesen Patienten können durch eine reduzierte oder eingeschränkte Sensorik Beschwerden während der Untersuchung zwar geringer sein oder wegfallen, dafür aufgrund der meist schwereren und komplexeren Funktionsstörung, insbesondere wenn noch keine Therapie oder adäquate Einstellung erfolgt ist, die postinterventionelle Komplikationsrate etwas höher liegen. Stellt man die eher moderaten, meist ohnehin temporären und selbstlimitierenden Nebenwirkungen dem diagnostischen Nutzen der Untersuchungen gegenüber, so überwiegt klar der Nutzen, da nur mittels der beschriebenen Diagnostik eine genaue Evaluation und Charakterisierung der vorliegenden Funktionsstörung des unteren Harntrakts möglich ist, was letztlich eine effiziente und zielgerichtete Therapie ermöglicht (1–3, 39, 40, 71). Das ist insbesondere bei Patienten mit neurogener Funktionsstörung des unteren Harntrakts von grosser Bedeutung, da die Funktionsstörungen oft von relevanter Ausprägung sind. Unerkannt bzw. unbehandelt können diese oft schwerwiegende und irreversible gesundheitliche Folgekomplikationen oder -schäden verursachen, wie rezidivierende, auch aufsteigende Harnwegsinfektionen bis zur Urosepsis, Hautprobleme bzw. Wunden bei ständiger Urininkontinenz, rezidivierende Harnsteinbildung, Beeinträchtigung der Nierenfunktion, Verlust der Harnblasencompliance (72–75).
Wann und wie oft sollte die neurourologische Diagnostik eingesetzt werden? Grundsätzlich sollte bereits bei Verdacht auf eine neurogene Funktionsstörung des unteren Harntrakts eine umfassende Erstevaluation (nicht apparative Diagnostik + Ultraschall + Urethro-Zystoskopie + Video-Urodynamik)
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Merkpunkte:
● Neurogene Funktionsstörungen des unteren Harntrakts können neben einer erheblichen Reduktion der Lebensqualität auch eine langfristige und ggf. irreversible gesundheitliche Beeinträchtigung und Folgekomplikationen nach sich ziehen.
● Auch schwerwiegende neurogene Funktionsstörungen des unteren Harntrakts können zunächst schleichend und mit geringer Symptomatik verlaufen.
● Eine frühzeitige neuro-urologische Erstdiagnostik und regelmässige Verlaufskontrollen ermöglichen eine auf die individuelle Situation adaptierbare Therapiestrategie wodurch langfristig die Lebensqualität und die Gesundheit erhalten bzw. verbessert werden können.
● Anamnese, Blasentagebuch, Ultraschall, Urethro-Zystoskopie und Video-Urodynamik sind dabei die wichtigsten Werkzeuge der neuro-urologischen Diagnostik.
möglichst früh erfolgen, um auch möglichst frühzeitig eine Risikoabschätzung durchführen und eine passende Therapie einleiten zu können. Spätestens bei Vorliegen von Symptomen (z. B. erhöhte Diurie/Nykturie, Harnwegsinfekte, Inkontinenz) sollte eine neuro-urologische Abklärung erfolgen. Bei Rückenmarkverletzung (inkl. Meningomyelozele) ist die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer relevanten Funktionsstörung des unteren Harntrakts so hoch, dass auch ohne unmittelbare Symptome die frühe Abklärung empfohlen wird. Speziell vor invasiven therapeutischen Interventionen am unteren Harntrakt, insbesondere wenn diese nicht oder nur teilweise reversibel sind, sollte unbedingt eine aktuelle (d.h. nicht älter als 6 Monate bei stabilem Verlauf ) neuro-urologische Standortbestimmung (nicht apparative Diagnostik + Ultraschall + Urethro-Zystoskopie + Video-Urodynamik) erfolgen, um die Indikation für das therapeutische Vorgehen zu verifizieren. Da die einer neurogenen Funktionsstörung des unteren Harntrakts oft zugrunde liegenden neurologischen Erkrankungen bzw. Schädigungen (Rückenmarkverletzung, Meningomyelozele, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson) nicht geheilt werden können, bleibt die Funktionsstörung des unteren Harntrakts Bestandteil der neurologischen Erkrankungen bzw. Schädigung und bedarf einer lebenslangen, regelmässigen neurourologischen Nachsorge (mind. nicht apparative Diagnostik + Ultraschall), meist 1-mal/Jahr (1, 2). Die genaue Definition dieser Regelmässigkeit und des Umfangs hängt jedoch stark vom individuellen Risikoprofil ab. Je ausgeprägter die Funktionsstörung (z. B. hohe Detrusorspeicherdruckamplituden), je höher die Komplikationsrate (z. B. Harnwegsinfekte, Steinbildung) und je schwieriger die therapeutische Einstellung (z. B. therapierefraktär auf orale Antimuskarinika), desto häufiger bedarf es einer neuro-urologischen Verlaufsevaluation (bis zu mehrmals im Jahr, inkl. Video-Urodynamik) (1, 2). Gerade in der Anfangsphase, wenn das Therapieregime noch im Aufbau ist oder wenn Anpassungen aufgrund von Veränderungen der neurologischen Situation notwendig sind, bedarf es häufigerer und genauerer Evaluationen. Bei Patienten mit neurogener Funktionsstörung des unteren Harntrakts infolge Rückenmarkver-
letzung konnte gezeigt werden, dass die videourodynamische Erstevaluation innerhalb der ersten 3 Monate nach Rückenmarkverletzung erfolgen sollte, da sich in dieser Zeit bereits relevante Veränderungen und auch Folgekomplikationen manifestieren können (76, 77). Zudem sollten insbesondere innerhalb des ersten Jahres nach der Rückenmarkverletzung engmaschigere video-urodynamische Verlaufsevaluationen nach festem Schema erfolgen (z. B. nach 1, 3, 6 und 12 Monaten), da es in dieser Zeit analog zur neurologischen Situation (78) zu relevanten Veränderungen kommen kann, die Einfluss auf die Funktionsstörung des unteren Harntrakts und deren Therapie haben, jedoch nicht immer symptomatisch und daher unbemerkt verlaufen können (79, 80). Auch bei neurogenen Funktionsstörungen des unteren Harntrakts aufgrund anderer neurologischer Erkrankungen bzw. Schädigung als Rückenmarkverletzung ist zu berücksichtigen, dass der Schweregrad der Funktionsstörung und der daraus resultierenden Folgekomplikationen nicht oder nur schlecht mit den spürbaren Symptomen korreliert. Das kann zum einen mit einer Reduktion der Sensorik im Rahmen der zugrunde liegenden neurologischen Erkrankung oder Schädigung zusammenhängen, ist aber auch bei erhaltener Sensorik dem Umstand geschuldet, dass sich Funktionsstörungen des unteren Harntrakts oft schleichend entwickeln können und der untere Harntrakt zum Grossteil vom autonomen Nervensystem innerviert ist, wodurch zwar gewisse, meist jedoch nur vage Rückmeldungen möglich sind, aber keine Aussagen über den genauen Funktionszustand gemacht werden können (81, 82). Das ist nur mit der Video-Urodynamik möglich.
Schlussfolgerung
Die neuro-urologischen Diagnostik erlaubt mittels nicht
apparativer und apparativer Verfahren die genaue und
objektive Evaluation einer Funktionsstörung des unte-
ren Harntrakts. Diese objektive Evaluation ist notwendig,
um die Ausprägung und das individuelle Risikoprofil der
Funktionsstörung zu bestimmen und eine zielführende
sowie für den Patienten passende Therapieoption zu
selektionieren. Dabei sind Anamnese, Blasentagebuch,
Ultraschall, Urethro-Zystoskopie und Video-Urodynamik
die wichtigsten Werkzeuge der neuro-urologischen Dia-
gnostik, sowohl in der Erstevaluation als auch in der Ver-
laufskontrolle. Durch eine frühzeitige Erstevaluation und
regelmässige Verlaufskontrollen sowie der darauf basie-
renden Therapiestrategie können nicht nur schwer-
wiegende Folgekomplikationen einer neurogenen
Funktionsstörung des unteren Harntrakts verhindert
werden, sondern auch die Lebensqualität der Patienten
erhalten oder verbessert werden.
l
Korrespondenzadresse: PD Dr. Dr. med. Ulrich Mehnert Leitender Arzt Neuro-Urologie
Unversitätsklinik Balgrist Forchstrasse 340 8008 Zürich
E- Mail: ulrich.mehnert@balgrist.ch
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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE
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