Transkript
PORTRAIT
Wir stellen vor:
PD Dr. med. Athina Papadopoulou
Oberärztin, Klinik für Neurologie, Forschungsgruppenleiterin, Departement Klinische Forschung, Universitätsspital Basel
PD Dr. med. Athina Papadopoulou sucht mit grosser Leidenschaft neue Marker und Therapiemöglichkeiten für Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) und Migräne. Die gebürtige Griechin kam nach dem Medizinstudium durch einen grossen Zufall nach Basel und blieb.
Neben der klinischen Tätigkeit sind Sie Forschungsgruppenleiterin im Departement Klinische Forschung im Universitätsspital Basel. Welche Projekte verfolgen Sie zurzeit? Bei einem Projekt forsche ich mit meinem Team im Bereich der retinalen Bildgebung, wo wir den Stellenwert der optischen Kohärenztomografie (OCT) als Marker für den neuroaxonalen Verlust im zentralen Nervensystem und als Prädiktor für den klinischen Verlauf der MS untersuchen. Ein zweites Projekt ist eine Studie, die eine Schnittstelle zwischen MS, Schmerzen und alternativen Therapien, wie beispielsweise Musiktherapie, bildet. Mit meinem Team gehe ich der Frage nach, ob eine rezeptive Musiktherapie mit einem speziellen Instrument, dem Monochord, zu einer Verbesserung von Angst und depressiven Symptomen sowie zu einer Verringerung von Stress und Schmerzen bei MS führt. Zwei weitere Projekte befassen sich mit Schmerzerkrankungen: Einerseits haben wir Patienten mit thalamischen Schmerzen nach einem Schlaganfall untersucht, um die Pathophysiologie dieses zumeist therapierefraktären Syndroms besser zu verstehen. Andererseits suchen wir nach Prädiktoren für das Ansprechen auf CGRP-Antikörper zur Migräneprophylaxe, das mit verschiedenen Blutbiomarkern (z. B. Serum Neurofilamente).
Sie sind in Griechenland aufgewachsen und haben dort studiert. Was brachte Sie in die Schweiz? Das war reiner Zufall! Ich hatte tatsächlich vorher noch nie von Basel gehört, obwohl Basel so eine tolle Stadt ist. Eine Bekannte von mir, die
Beruflicher Werdegang kurz und knapp
PD Dr. med. Athina Papadopoulou studierte Medizin in Ioannina, Griechenland, hat am Universitätsspital Basel doktoriert und 2017 den Facharzt für Neurologie FMH erhalten. 2020 erhielt sie die Venia docendi der Universität Basel. Sie hat einige Forschungsprojekte im Bereich MS und Migräne durchgeführt und wurde in ihrer Laufbahn mit Travel-Grants, Fellowships und Preisen, zuletzt 2019 mit dem 1. Preis des Young Clinical Neuroscientists Award anlässlich des SFCNS-Kongresses in Lausanne, ausgezeichnet. Seit 2019 ist sie Oberärztin in der Klinik für Neurologie und seit 2021 Forschungsgruppenleiterin im Departement für Klinische Forschung am Universitätsspital Basel.
an MS erkrankt war, hatte zu dieser Zeit den früheren Chefarzt der neurologischen Klinik in Basel, Prof. Kappos, zur Einholung einer Zweitmeinung aufgesucht. Damals hatte ich gerade mein Medizinstudium in Griechenland beendet und suchte eine Assistenzarztstelle in der Neurologie. Diese Bekannte erzählte mir von dem für MS berühmten Professor in Basel, worauf ich ihm kurzerhand eine E-Mail schrieb. Er lud mich zum Interview nach Basel ein, und zwei Monate später konnte ich bei ihm anfangen. Schliesslich bin ich in Basel, meiner Wahlheimat, geblieben, abgesehen von einem kurzen Forschungsaufenthalt in Berlin.
Warum entschieden Sie sich gerade für die Neurologie? Das Fach Neurologie faszinierte mich schon im Studium. Ich wollte unbedingt die komplexen Funktionen unseres Gehirns besser verstehen. Ich habe es bis heute nicht für einen Moment bereut, in der Neurologie wird es mir nie langweilig.
Sie haben Familie und zugleich einen herausfordernden Job. Wie bringen Sie das unter einen Hut? Teamwork und gute Organisation mit meinem Mann und den Kindern sind hier die Schlüsselwörter. Zugute kommt mir aber auch die Fähigkeit, mich jeweils komplett auf das zu fokussieren, was ich gerade mache. Mit grosser Leidenschaft und grosser Motivation bei der Arbeit zu sein und mit derselben Leidenschaft zu Hause bei der Familie hundertprozentig dabei zu sein. Damit schaffe ich es, dass das Gleichgewicht für mich stimmt.
Womit können Sie am besten entspannen? Ich liebe es zu lesen, ganz besonders Krimis. Hier in Basel bin ich in einem griechischen Buchclub, um die griechische Sprache zu pflegen. Zurzeit lese ich eine Sammlung von Kurzgeschichten auf Englisch von Agatha Christie, die ich noch nicht kannte. Zu meinen Leidenschaften zählt aber ganz besonders die Musik, wie bei vielen Neurologen. Seit früher Kindheit spiele ich Klavier. Mit der Gründung des Vereins Building Bridges versuchen meine Mitstreiter und ich, zwischen der schaffenden Kunst, der Musik und den Neurowissenschaften eine Brücke zu bauen. Natürlich ist der Rhein in Basel ebenfalls eine Leidenschaft, ihn nutze ich im Sommer regelmässig mit meiner Familie und zum Schwimmen.
Was waren Ihre grössten persönlichen und beruflichen Highlights?
Die grössten persönlichen Highlights waren die Geburten meiner Kin-
der. Das hat mein ganzes Leben positiv verändert. Als Highlight und
Meilenstein in meiner beruflichen Laufbahn kann ich das Stipendium
vom Schweizerischen Nationalfonds bezeichnen, das mir einen For-
schungsaufenthalt in Berlin ermöglichte. Ein weiteres Highlight war für
mich die Übertragung der Leitung der Kopfschmerzsprechstunde in
der Neurologischen Klinik Basel und damit verbunden die offizielle An-
erkennung meiner langjährigen Tätigkeit.
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Das Interview führte Valérie Herzog.
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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE
4/2022