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FORTBILDUNG
Frühinterventionen bei adoleszentem Substanzkonsum
Calin Marian
Die Adoleszenz ist mit einer tief greifenden Neuorganisation des Gehirns und vielseitigen Entwicklungsaufgaben verbunden. Adoleszente zeichnen sich unter anderem durch ausgeprägte Neugier und Risikobereitschaft aus. Der Beginn des Konsums psychotroper Substanzen fällt meist in diese Phase, in der Konsumhäufigkeit und -menge oft auch ihren Gipfel erreichen. Der adoleszente Substanzkonsum ist mit vielen Risiken verbunden, und der junge Körper reagiert auf psychotrope Substanzen empfindlicher als der adulte. Bislang fehlen verbindliche Grenzen zur Trennung von altersgerechtem und problematischem Substanzkonsum. Generell gilt, je früher das Einstiegsalter, desto grösser das Risiko, dass der Substanzkonsum problematisch wird. Demnach kommt der Frühintervention bei auffälligem Substanzkonsum in der Adoleszenz eine grosse Bedeutung zu. Allgemein unterscheidet man im Frühinterventionsprozess 2 Phasen: die frühzeitige Identifizierung gefährdeter beziehungsweise bereits erkrankter Personen sowie die Planung und die Durchführung der adäquaten Interventionen. In diesem Beitrag werden die Grenzen zwischen Normalität und Gefährdung ausgelotet sowie Strategien und Hilfsmittel für die Durchführung von Früherkennung und Frühinterventionen in der Praxis vorgestellt.
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Julie Elsner Fiona Gröflin Kenneth M. Dürsteler
von Calin Marian, Julie Elsner, Fiona Gröflin, Kenneth M. Dürsteler
Einleitung Die Adoleszenz beschreibt die Übergangsphase zwischen der späten Kindheit und dem Erwachsenenalter, wobei die zugeordnete Altersspanne zwischen dem 10. und dem 25. Lebensjahr variiert (1). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adoleszenz als Lebensperiode zwischen 10 und 20 Jahren. In Mitteleuropa versteht man unter der Adoleszenz oft den Zeitraum zwischen 11 und 21 Jahren, in den USA wird die Adoleszenz dagegen vom vollendeten 13. bis zum vollendeten 19. Lebensjahr (vgl. Teenager) angesiedelt. Unabhängig von der genauen Altersspanne umfasst die Adoleszenz nicht nur die physische Reifung, sondern auch die geistige und seelische Entwicklung zum selbstständigen, verantwortungsbewussten Erwachsenen. Zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz gehören die Aufnahme und der Aufbau intimer Beziehungen, die Entwicklung von Identität, Zukunftsperspektiven, Selbstständigkeit, Selbstsicherheit, Selbstkontrolle und von sozialen Kompetenzen (2). Die Adoleszenz ist geprägt von Autonomiestreben, Neugier und Experimentierfreudigkeit, vom Sammeln neuer Erfahrungen und Erforschen von sich selbst und der Umwelt. Um die anspruchsvollen Entwicklungsaufgaben dieser Lebensphase bewältigen zu können, gehen Adoleszente vielseitige Risiken für ihre physische, psychische, geistige und soziale Unversehrtheit ein (3). Adoleszente sind denn auch in vielen klassischen Risikoverhaltensweisen (Sport, Strassenverkehr, Mutproben, ungeschützter Sex, Substanzkonsum, Gewalt, Delinquenz usw.) übervertreten. Dies schlägt sich auch auf die Todesfallstatistik nie-
der. So sind in der Schweiz und weltweit tödliche Unfälle und Suizide bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter den führenden Todesursachen zu finden (4). Obschon mit Gefährdung verbunden, hat die adoleszente Risikobereitschaft eine wichtige Funktion, ist sie doch Voraussetzung für bedeutsame Lernprozesse, die für eine erfolgreiche Bewältigung späterer Lebensaufgaben unabdingbar sind (1, 3).
Gehirnentwicklung in der Adoleszenz Während der Adoleszenz macht das Gehirn eine tief greifende Reorganisation durch, eine Veränderung von Gehirnstrukturen, -funktionen und -vernetzungen, die erst in der ersten Hälfte der 3. Lebensdekade abgeschlossen ist (5–7). Im Reorganisationsprozess werden nicht gebrauchte Synapsen (graue Substanz) abgebaut, während die Axone (weisse Substanz) verstärkt myelinisiert werden, das heisst, die Prozesse im Gehirn werden schneller und effizienter. Charakteristisch für die adoleszente Hirnentwicklung ist ferner das Ungleichgewicht zwischen dem früher reifenden limbischen System und dem Belohnungssystem und einem noch nicht voll ausgebildeten präfrontalen Kontrollsystem (8). Diese Dysbalance scheint das neuronale Substrat für den adoleszenztypischen emotionalen Reaktionsstil darzustellen sowie die Experimentierfreudigkeit und die Risikobereitschaft zu begünstigen (9). Da die Areale des präfrontalen Kortex zuletzt reifen, ist bei Adoleszenten die Fähigkeit zu rationaler (Handlungs-)Planung, zu Triebverzicht und -aufschub (Prioritätensetzung), zu Impulssteuerung und -kontrolle sowie zur Einhaltung moralisch-ethischer Prinzipien vermindert (8). Zudem haben die Areale der sensorischen Wahrnehmung und des Belohnungssystems in der Adoleszenz verstärkt Ein-
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Kasten 1:
Diagnostische Kriterien der Substanzkonsumstörung nach DSM-5, American Psychiatric Association
1. Substanz wird häufig in grösseren Mengen oder über einen längeren Zeitraum eingenommen als ursprünglich beabsichtigt.
2. Anhaltender Wunsch, den Konsum zu beenden bzw. zu kontrollieren, und erfolglose Versuche der Konsumreduktion.
3. Grosser Zeitaufwand für Erwerb, Konsum der Substanz oder Erholung von deren Konsum.
4. Es besteht ein Craving (starkes Verlangen) oder ein Druck, die Substanz zu konsumieren.
5. Wiederholter Substanzkonsum führt zum Versagen bei der Erfüllung wichtiger Aufgaben (Rollenverpflichtungen im Beruf, in der Schule oder zu Hause).
6. Anhaltender Substanzkonsum ungeachtet der bestehenden oder wiederholt auftretenden sozialen oder interpersonellen Probleme, die durch die Effekte des Substanzkonsums verursacht oder verstärkt werden.
7. Relevante soziale, berufliche oder freizeitbezogene Aktivitäten werden wegen des Substanzkonsums aufgegeben oder reduziert.
8. Substanz wird wiederholt in Situationen konsumiert, in denen dies körperlich gefährlich ist.
9. Substanzkonsum wird ungeachtet des Wissens um bereits bestehende oder wiederauftretende physische oder psychische Probleme fortgesetzt, die sehr wahrscheinlich durch den Substanzkonsum verursacht oder verstärkt werden.
10. Toleranz, definiert durch eines der folgenden Kriterien: a. Bedarf an deutlich höheren Substanzmengen, um Intoxikationseffekte
oder andere gewünschte Effekte zu erzielen b. deutlich reduzierter Effekt bei kontinuierlichem Konsum der gleichbleiben-
den Substanzmenge. 11. Entzug, der sich in einer der folgenden Weisen manifestiert: a. ein für die Substanz charakteristisches Entzugssyndrom b. die Substanz (oder eine verwandte Substanz) wird eingenommen, um Ent-
zugssymptome abzumildern oder zu vermeiden.
Quelle: American Psychiatric Association. Substance-related and addictive disorders. Diagnostic and statistical manual of mental disorders. 5th ed. Washington, DC American Psychiatric Publisher; 2013. p. 481-589.
fluss auf das präfrontale Kontrollzentrum. Dieser Einfluss ist situationsabhängig und beispielsweise im Beisein von Gleichaltrigen deutlich erhöht (6). Veränderungen im Hippocampus und in der für emotionale Bewertungen zuständigen Amygdala, in der die graue Substanz entgegen des allgemeinen Trends in der Adoleszenz zunimmt, werden ebenfalls für die gesteigerte Risikobereitschaft und die vorübergehende Furchtlosigkeit in der Adoleszenz verantwortlich gemacht (10). Ferner ist der Nucleus accumbens von einer Neustrukturierung betroffen; Adoleszente zeigen für gleiche Effekte eine geringere Antwortstärke als Erwachsene, weswegen stärkere Stimuli durch ein gesteigertes Risikoverhalten nötig sind (11). Die Reorganisation des Gehirns in dieser Phase erlaubt es, dass sich Umwelteinflüsse, seien sie positiv oder negativ, in besonderer Weise auf die Funktionsweise und die Organisation des Gehirns auswirken (12). Das macht das adoleszente Gehirn allerdings besonders vulnerabel gegenüber endogenen und exogenen Faktoren, wie zum Beispiel dem Konsum psychotroper Substanzen (5, 7, 13).
Substanzkonsum in der Adoleszenz Die Adoleszenz ist die Lebensphase, in welcher der Konsum psychotroper Substanzen in der Regel beginnt und
bezüglich Häufigkeit und Menge oft seinen Höchststand erreicht (14, 15). Dabei steigt der Substanzkonsum unabhängig vom Alter mit Beginn der Pubertät sprunghaft an, während ein späterer Eintritt mit anhaltender Abstinenz assoziiert ist. Die höchste Prävalenz erreicht der Konsum meist im Alter von 20 bis 25 Jahren, und gesamthaft betrachtet haben junge Männer einen höheren Konsum als junge Frauen, wobei es je nach Substanz und berücksichtigter Konsumschwelle Ausnahmen gibt (14). Beim Einstieg in den Konsum illegaler Substanzen spielen Erfahrungen mit Alkohol und Tabak eine Rolle, wobei ein früher Beginn und ein früher Hochkonsum für die Entwicklung einer Substanzkonsumstörung (Kasten 1) wichtiger sind als die Reihenfolge der konsumierten Substanzen (5, 16, 17). Gemäss neueren Umfragen gaben 2016 im Suchtmonitoring rund 26% der Befragten im Alter von 15 bis 19 Jahren an, mindestens einmal pro Monat einen risikoreichen Alkoholkonsum zu betreiben, während das bei den 20- bis 24-Jährigen für 38% zutraf (18). Bezüglich der durchschnittlich konsumierten Menge Alkohol in Gramm erreichte die Gruppe der 15- bis 19-Jährigen vor jener der 20- bis 24-Jährigen die höchsten Werte aller Altersgruppen. 2018 rauchten 6,4% der 11- bis 15-jährigen Knaben und 5,3% der gleichaltrigen Mädchen mindestens ab und zu herkömmliche Zigaretten, und rund 1% der Knaben und Mädchen rauchten täglich (19). Von den 15-jährigen täglich Konsumierenden rauchte die Hälfte höchstens 5 Zigaretten pro Tag, rund ein Drittel zwischen 6 und 10 Zigaretten und das verbleibende Viertel mehr als eine halbe Schachtel. Bei den 15- bis 19-Jährigen erreichte die Prävalenz des Tabakkonsums 21,1%, während die 20- bis 24-Jährigen mit 38,2% den höchsten Anteil an Rauchenden stellten. 2017 rauchten rund 30% der 15- bis 25-Jährigen herkömmliche Zigaretten, die meisten täglich. Bei den täglichen Konsumierenden belief sich die Zahl der pro Tag gerauchten herkömmlichen Zigaretten durchschnittlich auf 12,4 bei den jungen Männern und auf 10,1 bei den jungen Frauen (19). Bezüglich Cannabiskonsum gaben gemäss dem nationalen Gesundheitsbericht 2017 12,4% der 16- bis 25-jährigen Männer und 5,7% der gleichaltrigen Frauen an, in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert zu haben (19). Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass sich der Anteil der Cannabiserfahrenen in der Schweiz von 1997 (14,5%) bis 2016 (33,8%) mehr als verdoppelt hat (20) und in Zukunft weiter ansteigen dürfte (21). Gemäss der CoRolAR-Befragung von 2016 handelt es sich beim Grossteil der Cannabiskonsumierenden um einen experimentellen oder einen unproblematischen Konsum (19). Nur 2,5% der 15- bis 19-Jährigen und 1,9% der 20bis 24-Jährigen weisen einen problematischen Konsum auf (22). Ein Grossteil der Adoleszenten scheint sich bezüglich illegaler Substanzen mehrheitlich auf den Konsum von Cannabis zu beschränken. So zeigen die HBSC-Studie 2018, die Schweizerische Gesundheitsbefragung 2017 und die CoRolAR-Befragung 2016, dass andere illegale Substanzen wie Kokain, Heroin, Amphetamine und Ecstasy im Vergleich zu Cannabisprodukten von Adoleszenten deutlich seltener konsumiert werden (19). Wird der Cannabisgebrauch mit dem Konsum von Ecstasy, Amphetaminen, Kokain, GHB, LSD und nicht verschriebenen Medikamenten ergänzt, spricht man
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von multiplem Substanz- oder Mischkonsum, der von rund einem Drittel der älteren Adoleszenten in der urbanen Schweiz zumindest gelegentlich betrieben wird (23). Weiterhin wird in der Adoleszenz mit psychotropen Pflanzen und Pilzen experimentiert. Der Konsum von Opioiden war in den letzten Jahren rückläufig (24).
Mögliche Risiken des adoleszenten Substanzkonsums Der adoleszente Substanzkonsum ist mit einer Vielzahl unmittelbarer, aber auch langfristiger gesundheitlicher und psychosozialer Risiken verbunden (für eine umfassende Übersicht vgl. Hall et al. [25]). Diese variieren nach konsumierter Substanz, wobei Konsummuster und bisherige Erfahrungen mit der konsumierten Substanz relevant sind. Generell geht mit dem Substanzkonsum das Risiko für die Entwicklung einer Substanzkonsumstörung einher. Darüber hinaus nehmen durch den Substanzkonsum das Risikoverhalten (Unfälle, Gewalt, Überdosen) sowie selbstverletzendes und suizidales Verhalten zu. Ferner ist der Substanzkonsum mit einem erhöhten Risiko für affektive Störungen, psychotische Symptome und Erkrankungen, Verschlechterung bereits bestehender psychischer Störungen, Ansteckungen mit übertragbaren Krankheiten (z. B. HIV, Hepatitis B und C, Geschlechtskrankheiten), schlechte schulische Leistung und kognitive Einbussen assoziiert (5, 25–27). Der adoleszente Substanzkonsum kann sich aber auch auf gesellschaftliche Rollenübergänge und das spätere Leben der Betroffenen auswirken. So ist dieser mit vergleichsweise tieferen Anstellungsquoten, schlechterer Bezahlung, geringerer Arbeitszufriedenheit, höherer finanzieller Abhängigkeit (Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe), mehr Beziehungsschwierigkeiten, geringerer Beziehungszufriedenheit, tieferer Heiratsquote, seltenerem Zusammenleben mit einem Partner sowie vielfältigen gesundheitlichen Folgen assoziiert (25).
Ätiologie und Konsummotive Nicht alle Adoleszenten experimentieren mit Substanzen, und viele, die damit experimentieren, entwickeln kein auffälliges Konsummuster. Nur ein geringer Anteil der substanzkonsumerfahrenen Adoleszenten entwickelt längerfristig einen problematischen Konsum im Sinn einer Substanzkonsumstörung (vgl. Kasten 1) (28, 29). Bei ihnen treffen häufig genetische und lebensgeschichtlich früh auftretende psychosoziale Risikofaktoren mit den Folgen des adoleszenten Substanzkonsums zusammen (5, 27, 30, 31). Bei Adoleszenten mit problematischem Konsum stellen komorbide psychische Störungen eher die Regel als die Ausnahme dar, wobei die psychischen Probleme oft dem Substanzkonsum vorausgehen (27, 32, 33). Koexistente psychische Belastungsfaktoren und gleichzeitiger Substanzkonsum können sich gegenseitig negativ beeinflussen und unter Umständen dazu führen, dass die Betroffenen eine Überdosis erleiden oder sich suizidieren (27). Substanzkonsumstörungen sind multifaktoriell bedingt und entwickeln sich vor dem Hintergrund einer komplexen Wechselwirkung von Anlage und Umwelt, wobei der Anteil genetischer Faktoren an der Entstehung auf zirka 50 bis 60% geschätzt wird (34). Inwieweit es zur Entwicklung einer Substanzkonsumstörung kommt, hängt also von einem vielschichtigen Zusammenspiel
Kasten 2:
Gesicherte Risikofaktoren für die Entwicklung eines problematischen Substanzkonsums in der Adoleszenz nach Stone et al. (35)
Kontextuell ● positive Besetzung des Konsums in der Bevölkerung ● Verfügbarkeit
Individuell und interpersonell ● Missbrauch oder Vernachlässigung ● belastende Lebensereignisse ● schlechte familiäre Beziehungen ● internalisierendes Verhalten ● externalisierendes Verhalten ● positive Erwartungen bzgl. Substanzgebrauch ● Gebrauch und Normen der Peergruppe ● frühes Verlassen des Elternhauses ● Arbeit im Jugendalter ● niedriges Bildungsniveau
Strukturell ● niedriger sozioökonomischer Status ● ungünstige soziale Umgebung ● ethnische Minderheit
Familiär ● niedriges elterliches Bildungsniveau ● elterlicher Konflikt/Trennung ● elterliche Psychopathologie ● positive Familienanamnese für Substanzkonsumstörungen ● genetische Faktoren
Individuell ● männliches Geschlecht ● prä- oder postnatale Exposition, ggf. Noxen ● niedriges Einkommen
von Risiko- und Schutzfaktoren ab. In verschiedenen Konstellationen möglicher, teilweise unspezifischer Risiko- und Schutzfaktoren dürften hierbei sowohl additive Effekte als auch Mediator- und Moderatoreffekte eine Rolle spielen (35, 36). Es gibt eine Reihe gut gesicherter Risikofaktoren, die sich auf die Entwicklung eines problematischen Substanzkonsums auswirken können (vgl. Kasten 2). Auch bei einer vaterlosen Sozialisierung neigen Adoleszente eher dazu, einen problematischen Substanzkonsum zu entwickeln, was bei bis zu 40 bis 75% der Betroffenen der Fall zu sein scheint (37). Generell gilt: Je früher das Einstiegsalter, desto grösser das Risiko, dass der Substanzkonsum problematisch wird (5, 16, 31). Der junge Körper reagiert auf psychotrope Substanzen empfindlicher als der adulte. Allerdings fehlen bislang verbindliche Grenzen zur Trennung von altersgerechtem und problematischem Substanzkonsum in der Adoleszenz. Zudem korreliert der individuelle Entwicklungsstand nicht immer mit dem Lebensalter. Allgemein wird aber davon ausgegangen, dass jeglicher Substanzkonsum vor dem 18. Lebensjahr eine Gefährdung der individuellen Unversehrtheit darstellt (38). Zu den zentralen persönlichen Protektivfaktoren zählen unter anderem das Erleben von Selbstwirksamkeit, Optimismus und positive Zukunftserwartungen, soziale Kompetenzen und Problemlöse-
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Tabelle:
Substanzkonsumspektrum und Ziele der Kurzintervention, in Anlehnung an das Committee on Substance Use and Prevention of the American Academy of Pediatrics (38)
Stadium
Beschreibung
Abstinenz
Die Zeit, bevor eine Person jemals eine Droge
oder mehr als ein paar Schlucke Alkohol
konsumiert hat.
Substanzkonsum ohne Störung Probierkonsum sowie begrenzter Konsum,
im Allgemeinen in sozialen Situationen,
ohne damit verbundene Probleme.
Typischerweise erfolgt der Konsum zu vorher-
sehbaren Zeiten, z. B. an Wochenenden.
Milde bis moderate SUD
Konsum in Hochrisikosituationen,
z. B. beim Autofahren oder mit Fremden.
Konsum in Verbindung mit einem Problem,
wie einer Schlägerei, einer Verhaftung oder
einem Schulverweis. Konsum zur Emotions-
regulierung, z. B. zum Abbau von Stress
oder depressiver Stimmung.
Definiert als Erfüllung von 2 bis 5 der
11 Kriterien für eine SUD nach DSM-5.
Schwere SUD
Kontrollverlust oder zwanghafter Substanz-
konsum in Verbindung mit neurobiologischen
Veränderungen im Belohnungssystem.
Definiert als Erfüllung von ≥ 6 der 11 Kriterien
für eine SUD nach DSM-5.
Abkürzung: SUD: Substanzkonsumstörung(en) nach DSM-5
Ziele der Kurzintervention Verhinderung oder Verzögerung des Einstiegs in den Substanzkonsum durch positive Verstärkung und Aufklärung des Patienten. Ratschlag zum Aufhören. Beratung über die medizinischen Schäden des Substanzkonsums anbieten. Würdigung und Förderung der Stärken des Patienten.
Kurze Einschätzung zum Erkunden, wie die vom Patienten wahrgenommenen Probleme im Zusammenhang mit dem Konsum stehen. Erteilen einer klaren, kurzen Empfehlung, mit dem Konsum aufzuhören. Beratung über die medizinischen Schäden des Substanzkonsums anbieten. Aushandeln einer Verhaltensänderung, um mit dem Konsum aufzuhören oder ihn zu reduzieren. Anschliessend enge Nachsorge. Überweisung an eine spezialisierte Behandlung für SUD in Betracht ziehen, vor allem wenn Verhaltensänderung nicht gelingt; Entbindung von der Schweigepflicht mit dem Patienten thematisieren. Wie unter milde bis moderate SUD; wenn immer möglich, Eltern oder Bezugsperson in die Behandlungsplanung und -durchführung einbeziehen. Überweisung an die entsprechende spezialisierte Versorgungsstufe. Nachbetreuung, um die Therapieadhärenz zu erhalten bzw. zu fördern und um weitere Unterstützung anzubieten.
fertigkeiten, hohe kognitive und emotionale Kompetenzen und Lebenszufriedenheit (39, 40). Die bedeutendsten Schutzfaktoren auf der Ebene der sozialen Umwelt sind eine gute soziale Ausgangslage, ein gesellschaftliches Normensystem, gesellschaftliche und ökonomische Partizipationsmöglichkeiten, eine positive Atmosphäre am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, ein starkes soziales und familiäres Netz, tragfähige Bindungen und Beziehungen oder auch soziale, kulturelle und religiöse Aktivitäten (39, 40). Eine Substanzkonsumstörung entwickelt sich demnach bevorzugt bei vorhandener Vulnerabilität und ungünstiger Konstellation von Risiko- und Schutzfaktoren, wobei die Konsequenzen des Konsums zur Verstärkung eines problematischen Konsums beitragen. Bei der Entstehung von Substanzkonsumstörungen spielen auch Konsummotive und subjektive psychologische Effekte eine wichtige Rolle. Adoleszente erwarten vom Substanzkonsum positive Gefühle, den Abbau von Hemmungen oder das Vergessen von Problemen (41). Neugier ist ein starkes Motiv, ebenso der Wunsch nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe (26). Aber auch grenzüberschreitende Erfahrungen, das Austesten von Neuem und Verbotenem sind für Adoleszente ein Anreiz. Entspannung und Spass mit Freunden bei gemeinsamer Einnahme werden ebenfalls als Konsummotive genannt (41). Allgemein lassen sich die Beweggründe
für den Substanzkonsum wie folgt einteilen (42): 1. Verstärkung: Vergnügen, Spass, Unterhaltung; Stei-
gerung von Energie, Stimmung oder Leistungsfähigkeit 2. Soziale Motive: Ausgehen; soziale Affiliation, schöne Zeit mit Freunden verbringen 3. Konformität: Schliessen und Aufrechterhaltung von Freundschaften; Angebote durch andere; Gruppendruck, Angst vor Ablehnung; Beweis der Männlichkeit, Status 4. Coping: Selbstmedikation, medizinisch-therapeutische Motive; Verlangen; Langeweile, Mangel alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten. Aus entwicklungspsychologischer Sicht versucht die Mehrheit der Adoleszenten mit dem Substanzkonsum zur Lösung der für diese Lebensphase typischen Entwicklungsaufgaben beizutragen (1). Der Substanzkonsum demonstriert Autonomie, einen eigenen Lebensstil und scheint damit die Ablösung vom Elternhaus zu unterstützen. Weiterhin dient er der vermeintlichen Lösung zwischenmenschlicher Entwicklungsaufgaben, wie dem Etablieren/Sichern eines hohen Status in der Peergruppe. Mit dem Übergang zum Erwachsenenalter verliert der Substanzkonsum bei der Mehrheit diese Funktionen. Wenn keine psychischen und sozialen Beeinträchtigungen aus der Kindheit diesen Entwicklungsschritt behindern und relevante Schutzfaktoren wirken,
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werden Erwachsenenrollen übernommen, und der Substanzkonsum verliert an Stellenwert. Eine Minderheit setzt den Substanzkonsum fort, und wenige von ihnen entwickeln zunehmend Symptome einer schweren Substanzkonsumstörung (28, 29, 32).
Früherkennung und Frühintervention Adoleszente mit riskantem beziehungsweise problematischem Substanzkonsum werden vom Hilfesystem in der Regel sehr spät erreicht (43). Professionelle Hilfe nehmen sie häufig erst nach Jahren des Substanzkonsums in Anspruch, wenn sich das Konsummuster bereits verfestigt und chronifiziert hat. Laut European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA) (24) vergehen zwischen dem Erstkonsum und der ersten Behandlungsaufnahme je nach Substanz durchschnittlich zwischen 8 (Cannabis, Amphetamin) und 13 Jahre (Heroin). In der Schweiz stellt der Zugang zur medizinischen Versorgung für Jugendliche im Vergleich zu anderen Ländern kein Problem dar. So haben zum Beispiel mehr als 75% der 15- bis 20-jährigen Männer und mehr als 85% der gleichaltrigen Frauen in einer älteren repräsentativen Umfrage im vorangegangenen Jahr einen Arzt besucht, sei es im Bereich der Grundversorgung (Allgemeinmedizin, Pädiatrie, innere Medizin) oder in einer Spezialdisziplin (44). Allerdings gaben in der gleichen Studie nur 6% der Jugendlichen, die illegale Substanzen konsumiert hatten, an, mit einer ärztlichen Person über den Konsum gesprochen zu haben (45).
Rationale für Frühintervention Der Konsum psychotroper Substanzen zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für eine Vielzahl definierter Krankheiten und Verletzungen und trägt erheblich zur globalen Krankheitslast bei (46–48). Dies gilt hauptsächlich für den Konsum von Tabak und Alkohol, die für einen hohen Anteil der durch Tod oder Behinderung verlorenen Lebensjahre verantwortlich sind (46–48), in geringerem Ausmass aber auch für illegale Substanzen (46, 49). Neben dem Leid für die Betroffenen und ihr soziales Umfeld entstehen durch den Substanzkonsum auch enorme direkte und indirekte volkswirtschaftliche Kosten (46, 48). Es ist davon auszugehen, dass eine frühzeitige gezielte Intervention die Wahrscheinlichkeit für eine Veränderung des Konsumverhaltens mit einem verhältnismässig geringen Aufwand bei maximalem Ertrag gegenüber dem Zuwarten deutlich erhöht (49). Der Frühintervention als mögliche Herangehensweise bei Adoleszenten mit Substanzkonsum oder bereits bestehender Substanzkonsumstörung wird deshalb grosse Bedeutung beigemessen (38, 43, 50, 51). Da ein Grossteil dieser Personen mindestens einmal pro Jahr ihren Arzt aufsucht, und zwar meist aus anderen Gründen, ist das Setting der ärztlichen Grundversorgung der ideale Ort für ein systematisches Screening des Substanzkonsums und die Durchführung gezielter Interventionen. Die Wirksamkeit alkoholspezifischer Kurzinterventionen in der primärmedizinischen Versorgung ist für Erwachsene bereits gut belegt (52) und wird von Leitlinien (53, 54) dezidiert empfohlen. Dies gilt im Rahmen der Grundversorgung bedingt auch für substanzspezifische Kurzinterventionen bei Adoleszenten (55–58). Die Datenlage ist hier allerdings noch limitiert.
Obschon Frühinterventionen bei Substanzkonsumstörungen nicht zu den Kernkompetenzen der ärztlichen Grundversorger zählen, lohnt es sich, den Substanzkonsum bei Konsultationen in der pädiatrischen oder hausärztlichen Praxis periodisch anzusprechen. Wenn der Anlass der Konsultation direkt mit dem Substanzkonsum verbunden ist (z. B. Unfall, Intoxikation), drängt es sich auf jeden Fall auf, den Substanzkonsum anzusprechen. Wahrscheinlich sind das Problembewusstsein und die Änderungsbereitschaft von Personen nie grösser als nach einem substanzinduzierten Vorfall (58). Allerdings erfolgt bei einem erheblichen Anteil der Betroffenen keine ärztliche Intervention (59), gleichwohl belegen Studien, dass Kurzinterventionen in diesem Kontext den Alkohol- und Cannabiskonsum sowie damit verbundene Probleme reduzieren (38, 55, 56, 58). Grundsätzlich unterscheidet man im Frühinterventionsprozess 2 Phasen: die frühzeitige Identifizierung gefährdeter beziehungsweise bereits erkrankter Personen sowie die Planung und die Durchführung der adäquaten Interventionen. Dabei hat sich das Vorgehen nach SBIRT (screening, brief intervention, and referral to treatment), das ursprünglich für alkoholspezifische Frühinterventionen entwickelt wurde (60), auch für die Frühintervention bei adoleszentem Substanzkonsum als umsetzbar, wirksam und kosteneffizient erwiesen (38, 43, 56, 61). Dieser evidenzbasierte Ansatz beinhaltet ein allgemeines Screening des aktuellen Stadiums des Substanzkonsums und Empfehlungen für die stadiumsgerechten Kurzinterventionen (Tabelle). Dadurch soll sichergestellt werden, dass gefährdete Personen bereits frühzeitig eine substanzspezifische Intervention erhalten, bevor sie eine aufwendige und umfassende Behandlung benötigen (38).
Früherkennung Dem Aufbau und der Gestaltung der therapeutischen Beziehung kommt beim Frühinterventionsprozess eine zentrale Bedeutung zu (38). Bisweilen ist es schwierig, Adoleszente mit einem problematischen Substanzkonsum für eine Kurzintervention zu motivieren, da sie oft externen Druck verspüren und selbst noch wenig Veränderungsbereitschaft zeigen (31). Voraussetzung für eine Erfolg versprechende therapeutische Herangehensweise ist in jedem Fall eine respektvolle, nicht wertende und partnerschaftliche Haltung, die dem Patienten signalisiert, dass man ihn akzeptiert und versteht, ihm aktiv und empathisch zuhört und ihm echtes Interesse für die Lösung seiner Anliegen und Probleme entgegenbringt. Bezüglich substanzspezifischer Interventionen bei Minderjährigen ist es wichtig, die ärztliche Auskunfts- beziehungsweise Schweigepflicht gegenüber Eltern oder gesetzlichen Vertretungen frühzeitig anzusprechen und mit dem Patienten zu regeln. Zur Erkennung gesundheitsgefährdender oder -schädigender Entwicklungen bezüglich des Substanzkonsums empfiehlt sich zusätzlich zu Anamnese und Erfassung klinischer Merkmale der Einsatz von validierten Fragebögen. Neben Laborparametern können Screeningfragebögen zum Selbstausfüllen die Früherkennungsrate von potenziellen Substanzkonsumstörungen deutlich verbessern, sie haben sich in der Praxis als effektiv und kosteneffizient erwiesen (38). Zu den gängigen Instrumenten zählen unter anderem der AUDIT (alcohol use
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Kasten 3:
Screening bezüglich RAFFT-Drogen
1. Nimmst du manchmal illegale Drogen, weil du dich entspannen oder du dich besser fühlen möchtest?
2. Nimmst du manchmal illegale Drogen, weil du dich dazugehörig fühlen möchtest?
3. Nimmt jemand aus deinem Freundeskreis regelmässig (mindestens 1-mal/ Woche) illegale Drogen?
4. Nimmst du manchmal illegale Drogen, wenn du alleine bist? 5. Hat jemand aus deinem Familienkreis ein Problem mit illegalen Drogen? 6. Hattest du jemals ernsthafte Schwierigkeiten wegen deines Konsums illegaler
Drogen? (z. B. schlechte Noten in der Schule, Ärger mit dem Gesetz oder den Eltern?)
Abkürzung: RAFFT: Relax, Alone, Friends, Family, Trouble
* Bei 2 und mehr Zustimmungen liegen bei 12- bis 18-Jährigen Hinweise auf eine Gefährdung i. S. einer möglichen Entwicklung einer Substanzkonsumstörung vor. Analog zu illegalen Drogen kann Alkohol-/ Tabakkonsum abgefragt werden (13).
disorders identification test), der FTND (Fagerström test for nicotine dependence), der CUDIT (cannabis use disorders identification test) oder der DUDIT-E (drug use disorders identification test – extended). Allerdings gibt es zu den meisten Instrumenten keine altersspezifischen Normen, und für unter 18-Jährige liegt im deutschen Sprachraum bis anhin kein allgemeiner Screeningtests vor. Für die Risikoeinschätzung des adoleszenten Substanzkonsums wird in den USA der für 12- bis 18-Jährige normierte RAAFT (vgl. Kasten 3) empfohlen (38). Dieser kann für jede Substanz angepasst werden. Zudem ist für die Früherkennung von Substanzkonsumstörungen die Verwendung des DSM-5 gegenüber der Diagnostik nach ICD-10 beziehungsweise ICD-11 vorzuziehen, da sich die Schwere der Symptomatik auf ein Kontinuum spezifizieren lässt. Das erlaubt eine frühe Identifizierung einer möglicherweise problematischen Entwicklung, wenn sich die Symptomatik noch nicht verfestigt hat. Bei der Früherkennung sollte ein besonderes Augenmerk auf mögliche komorbide psychische Störungen gelegt werden.
Therapeutische Massnahmen Der zweite Schritt der Frühintervention besteht aus den eigentlichen therapeutischen Massnahmen, die in Form von Kurzinterventionen durchgeführt werden. Diese sollen die Veränderungsbereitschaft und die Behandlungsmotivation in frühen Phasen der Entwicklung einer Substanzkonsumstörung fördern. Sie zielen darauf ab, Personen, die ein riskantes oder bereits auffälliges Substanzkonsumverhalten, aber noch keine schwere Substanzkonsumstörung aufweisen, zu helfen, ihren Substanzkonsum zu verringern, zu kontrollieren oder ganz einzustellen (vgl. Tabelle). Im deutschsprachigen Raum sind die Massnahmen bezüglich Dauer und Frequenz der Kurzintervention nicht einheitlich festgelegt. Allerdings scheinen bei Adoleszenten individuelle Therapieformate mit mehr als einer Sitzung bezüglich der primären Endpunkte den grösseren Erfolg zu versprechen als Gruppenformate oder Einzeltherapien mit nur einer Sitzung (55, 56). In der Regel finden Kurzinterventionen bei Adoleszenten bis zu 4-mal mit einem Zeitumfang von jeweils 5 bis 60 Minuten statt (56).
Die Hauptkomponenten wirksamer Kurzinterventionen orientieren sich an den Grundsätzen und Techniken der motivierenden Gesprächsführung (62) und lassen sich unter dem Akronym FRAMES (63) zusammenfassen: 1. Feedback of personal status relative to norms: Rück-
meldung bezüglich des persönlichen Substanzkonsums und damit verbundener Risiken im Vergleich zur Norm geben. 2. Responsibility for personal change: Eigenverantwortung des Patienten betonen; dem Patienten helfen, Verantwortung für den eigenen Substanzkonsum zu übernehmen. 3. Advice to change: klare Empfehlung zu den Zielen und der Vorgehensweise bezüglich des Substanzkonsumverhaltens geben. 4. Menu of options from which to choose in pursuing change: Therapiemöglichkeiten aufzeigen, zwischen Optionen zur Umsetzung der Veränderung wählen lassen. 5. Empathic counselor style: empathischer Beratungsstil, im Gespräch die Gedanken, Gefühle und Handlungen des Patienten teilen. 6. Support for self-efficacy: Förderung der Selbstwirksamkeit des Patienten, Änderungszuversicht stärken und Erreichtes validieren. Die Wirksamkeit dieses motivationalen Ansatzes wurde nicht nur für Substanzkonsumstörungen, sondern auch bezüglich der Förderung von Änderungen im Gesundheitsverhalten nachgewiesen (64). Es handelt sich um einen direktiven, personenzentrierten Behandlungsstil mit dem Ziel, intrinsische Motivation zur Änderung eines problematischen Verhaltens durch Explorieren und Auflösen von Ambivalenz aufzubauen. Die Motivation wird dabei als wesentlicher Faktor bei der Veränderung von Problemverhalten gesehen (65). Als wichtige Grundregel gilt hierbei, den Widerständen des Patienten mit Offenheit und nicht mit Widerstand zu begegnen. Bereits das Anerkennen konträrer Meinungen, Wahrnehmungen und Gefühle unterstützt den Patienten darin, seine Abwehrhaltung abzubauen und alternative Verhaltensweisen zu erwägen (66). Konfrontatives oder aggressives Vorgehen ist zu vermeiden, da dies lediglich Widerstand erzeugt. Vielmehr gilt es, dem Autonomiebestreben adoleszenter Patienten und dem anfänglich oft geringen Problembewusstsein und der geringen Veränderungsmotivation Rechnung zu tragen und auf der Basis einer vertrauensvollen Therapieatmosphäre vorzugehen. Aufgabe der Behandelnden ist es, zu erkennen, welche Art der Motivationsbildung beim jeweiligen Patienten angebracht ist. Hierzu bieten sich die Techniken der motivierenden Gesprächsführung an (62): 1. Offene Fragen stellen: Sie sollen den Patienten zu einer ausführlichen Darlegung seiner Sichtweise bringen. Dadurch erfährt man Neues und kann so die Welt mit den Augen des Patienten betrachten und seine Möglichkeiten und Ressourcen erkennen. 2. Aktives Zuhören: Dem Patienten das Gehörte in vertiefter Form zurückmelden, wobei die nonverbale Kommunikation eine wesentliche Rolle spielt. Indem das Gesagte in Form einer Aussage statt einer Frage reflektiert wird, soll der gesamte Prozess bewusster gemacht werden. 3. Bestätigen: Motivation kann massgeblich gefördert werden, indem erwünschte Verhaltensweisen posi-
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tiv verstärkt werden. Die Stärken und Anstrengungen des Patienten sollten jederzeit wahrgenommen und anerkannt sowie in angemessener Weise gewürdigt werden. 4. Zusammenfassen: Regelmässige Zusammenfassungen sind sehr hilfreich, um Ambivalenz zu verdeutlichen. Sie verstärken die Aussagen des Patienten und zeigen ihm, dass man aufmerksam zugehört hat, und ermutigen den Patienten, mit dem Gespräch fortzufahren. 5. Change Talk hervorrufen: Selbstmotivierende Aussagen hervorrufen und dem Patienten die Möglichkeit geben, Argumente für eine Veränderung zu äussern. Sie erlaubt dem Patienten, die Nachteile des Status quo und die Vorteile einer Veränderung zu erkennen, unterstützt ihn darin, eine Veränderungsabsicht und Zuversicht bezüglich einer Veränderung zu entwickeln. Trotz der vorhandenen wirksamen Kurzinterventionen erhalten diese nur zirka 10% der Adoleszenten, die dafür qualifizieren würden (61). In einer schweizerischen Umfrage bei medizinischen Fachpersonen wurden als Gründe hierfür unter anderem Wissensmangel bezüglich des Vorgehens, Kostendruck beziehungsweise mangelhafte Vergütungsmöglichkeiten und Zeitmangel angegeben (59). Jedoch interessierten sich die Fachkräfte mehrheitlich für das Thema, hatten dabei keine Scheu, das Thema bei den Jugendlichen anzusprechen, und versprachen sich davon durchaus Erfolg (59). Grundsätzlich ist die spezialisierte Behandlung von Substanzkonsumstörungen bei Jugendlichen hierzulande und vielerorts noch nicht genügend gut in die medizinische Regelversorgung integriert.
Weiterführende, spezialisierte Behandlungsangebote Es gibt zwar eine Reihe von Frühinterventionsprojekten, die sich an Jugendliche oder junge Erwachsene richten, allerdings mangelt es nach wie vor an fachspezifischen medizinischen Angeboten, die sich gezielt um die Behandlung von Adoleszenten mit einer bereits bestehenden Substanzkonsumstörung kümmern. Insbesondere für unter 18-Jährige, die eine moderate bis schwere Substanzkonsumstörung nach DSM-5 und komorbide psychische Störungen aufweisen, bestehen in der Schweiz bis anhin fast keine spezialisierten jugendmedizinischen ambulanten und stationären Hilfsangebote. Erfolg versprechende Therapieangebote sollten auf jeden Fall multimodal ausgerichtet sein, da Adoleszente mit einem problematischen Substanzkonsum typischerweise vielfältige Probleme haben und von verschiedenen Therapieangeboten mehr profitieren als von einem (31, 38, 61, 67). Trotzdem sollte die Substanzkonsumstörung als primäre Krankheit und nicht bloss als Symptom betrachtet werden (38). Die Behandlung sollte auf die Schwere der Substanzkonsumstörung sowie die aktuellen Bedürfnissen und Bedingungen der jeweiligen Person zugeschnitten sein und gleichermassen die Therapie der Begleit- und Folgeerkrankungen umfassen (67). Für die Behandlung von Substanzkonsumstörungen gibt es zahlreiche wirksame pharmako- und psychotherapeutische Ansätze. Zu diesen zählen bewährte Therapieformen, wie der Einsatz spezifischer pharmakologischer Wirkstoffe (z. B. Buprenorphin, Nikotinersatz-
präparate) und verschiedener psychosozialer Thera-
piemethoden (z. B. motivierende Gesprächsführung,
kognitiv-behaviorale Ansätze, supportive psychodyna-
mische Verfahren, familientherapeutische Ansätze) (68,
69). Wirksame Pharmakotherapien sind jedoch nicht für
jede spezifische Substanzstörung vorhanden (z. B. Can-
nabis, Kokain) und stellen nur einen Teil des gesamten
Behandlungsangebots dar. Der Einsatz von Psychophar-
maka im Jugendalter wird zudem kontrovers diskutiert.
Psychotherapeutische Verfahren sind für die Behand-
lung von Substanzkonsumstörungen bei Adoleszenten
die Therapie der Wahl (31, 38). In der Regel umfassen sie
individuell angepasst und phasenabhängig unter-
schiedliche Komponenten wie Motivationsförderung,
Verhaltensanalyse, Unterstützung bei Verhaltensverän-
derungen (z. B. durch Information, Beratung, Üben spe-
zieller Fertigkeiten), Stabilisierung des Erreichten und
Rückfallprävention (38, 61). Als besonders wirksam hat
sich bei unter 18-Jährigen der Einsatz von familien-
therapeutischen Verfahren, insbesondere die multidi-
mensionale Familientherapie und die multisystemische
Therapie, erwiesen (51, 61, 68, 69). Letztere verbinden als
niederschwellige, aufsuchende und hochfrequente An-
gebote Case-Management und lebensweltorientierte
Hilfen mit evidenzbasierten Psychotherapieangeboten.
Multidimensionale Familientherapien und multisystemi-
sche Therapieangebote sind bislang in der Schweiz nur
sehr begrenzt verfügbar. In jedem Fall sind der Einbezug
der Familie in die Behandlung und eine enge Zusam-
menarbeit mit den Zuweisern beziehungsweise Nach-
sorgern anzustreben (68). Eine stationäre Behandlung
kann bei schweren Substanzkonsumstörungen und
komplexer Komorbiditätslage notwendig sein. Hier
empfiehlt es sich, die Therapie dem Entwicklungsniveau
der Person anzupassen und die Austritts- und Nachsor-
geplanung frühzeitig anzugehen.
l
Korrespondenzadresse: Dr. phil. Kenneth M. Dürsteler
Leitender Psychologe Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel
Wilhelm Klein-Strasse 26 4002 Basel
E-Mail: kenneth.duersteler@upk.ch
Merkpunkte:
● Der adoleszente Substanzkonsum ist mit unmittelbaren, aber auch langfristigen gesundheitlichen und psychosozialen Risiken verbunden.
● Das Setting der ärztlichen Grundversorgung ist der ideale Ort für ein systematisches Screening des adoleszenten Substanzkonsums und die Durchführung gezielter Interventionen.
● Trotz vorhandener wirksamer Kurzinterventionen erhalten diese nur ca. 10% der Adoleszenten, die dafür qualifizieren würden.
● Voraussetzung für eine Erfolg versprechende therapeutische Herangehensweise ist eine respektvolle, nicht wertende und partnerschaftliche Haltung, die den Adoleszenten akzeptiert und versteht, ihm aktiv und empathisch zuhört und ihm echtes Interesse für die Lösung seiner Anliegen vermittelt.
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