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FORTBILDUNG
Polyneuropathie und Sonografie – was ist sinnvoll?
Polyneuropathien zählen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen des peripheren Nervensystems in westlichen Industrienationen. Neben der Anamnese sowie der klinischen und elektrophysiologischen Untersuchung hat sich die Nervensonografie zunehmend als ein wichtiges diagnostisches Mittel etabliert. Im Beitrag sollen exemplarisch typische Ultraschallbefunde bei einigen Polyneuropathieformen näher erläutert werden.
Natalie Winter Alexander Grimm
von Natalie Winter 1,2, Maike F. Dohrn 3, Josua Kegele 1,2, Jan-Hendrik Stahl 1,2, Lorenzo Roncoroni 1,2, Alexander Grimm 1,2
Einleitung
P olyneuropathien zählen mit einer geschätzten jährlichen Inzidenz von 118/100 000 (1) zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen des peripheren Nervensystems in westlichen Industrienationen. Die häufigsten Ursachen sind Diabetes mellitus, nutritiv-toxische, chemotherapieinduzierte sowie immunvermittelte Prozesse. Bei zirka 30 Prozent der Patienten bleibt die Genese unklar. Eine rasche Erkennung der Ursache für die Polyneuropathie ist entscheidend, um eine spezifische Therapie initiieren zu können (2). Neben der Anamnese sowie der klinischen und elektrophysiologischen Untersuchung hat sich die Nervensonografie zunehmend als ein wichtiges diagnostisches Mittel etabliert. Durch die stetige Weiterentwicklung der Ultraschalltechnik ist mittlerweile die Darstellung kleiner Hautnerven mit einer axialen Auflösung von bis zu 30 µm möglich geworden (3, 4), was eine sehr gute Aussage zur Morphologie der meisten peripheren Nerven erlaubt. Vorteile der Nervensonografie sind zudem der nicht invasive, schmerzlose, zeitsparende und schnell verfügbare Einsatz, insbesondere bei Patienten, bei denen
1 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland 2 Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Eberhardt-KarlsUniversität Tübingen, Tübingen, Deutschland 3 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
elektrophysiologische Untersuchungen nicht durchführbar sind. Ein Nachteil liegt in der begrenzten Eindringtiefe des Ultraschalls zugunsten der höheren Auflösung, so dass tiefer liegende Nerven wie zum Beispiel der Nervus ischiadicus nicht ausreichend beurteilt werden können. In der Ultraschallroutineuntersuchung werden verschiedene Messparameter untersucht: Die Messung der Nervenquerschnittsfläche (Cross-Sectional Area, CSA) des gesamten Nervs hat sich hier als sensitivster Parameter bewährt. Ihre Bestimmung erfolgt innerhalb des echoreichen Epineuriums und kann sowohl mit der Ellipsenfunktion des Ultraschallgerätes als auch vollständig manuell erfolgen. In einer multizentrischen, prospektiven Studie konnte zudem eine hohe Übereinstimmung der CSA-Messungen zwischen den einzelnen Untersuchern gezeigt werden (5). Für die CSA des gesamten Nervs und einzelner Faszikel sind bereits Normwerte von verschiedenen Arbeitsgruppen erhoben worden (6–11; Kasten). Diese korrelieren gut mit MRT(Magnet-resonanztomografie-)Vergleichsstudien (13). Bei der Untersuchung von Polyneuropathien wird zunächst nach Veränderungen der CSA gesucht. Prinzipiell gehen demyelinisierende Neuropathien mit Nervenverdickungen einher, für axonale Neuropathien – abgesehen von wenigen Ausnahmen – trifft das nicht zu (14, 15). Diese Nervenverdickungen können fokal oder generalisiert auftreten, einzelne oder alle Faszikel betreffen. Die Echogenität des Nervens ist meist vermindert, kann aber auch deutlich erhöht sein, z. B. bei entzündlichen Neuropathien (11, 14, 16, 17). Die Vaskularisation kann vermehrt sein. Ebenso wird sonografisch bei einigen Neuropathien (z. B. Lepra) über ein primär verdicktes Epineurium berichtet (18, 19). Im Folgenden sollen exemplarisch typische Ultraschallbefunde bei einigen Polyneuropathieformen näher erläutert werden.
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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE
FORTBILDUNG
Kasten:
Ultraschallnormwerte
Autoren et al. n = 100 Gerät Korrelation Alter Grösse Gewicht Geschlecht MN prox MN middle MN dist MN wrist UN prox UN elbow UN dist RN PIN RN sup TN prox TN dist PN prox PN sup SN VN C53 C63
Grimm et al. n = 56 14 MHz (+) (TN) (+) (TN, MN)
– (+) (TN, MN) 9,1 ± 1,5 9,2 ± 1,7 7,2 ± 1,3 10,6 ± 2,9 7,0 ± 1,2 8,7 ± 2,0 5,9 ± 1,4 1,9 ± 0,6 1,8 ± 0,5 23,2 ± 4,9 10,2 ± 2,0 8,4 ± 1,6 2,0 ± 0,6 2,2 ± 0,6 2,3 ± 0,7 2,4 ± 0,3 3,4 ± 0,4
Boehm et al. n = 60 12/15nMHz – – – +
8,9 ± 1,8
Cartwright et al. n = 100 18 MHz + (Zunahme)
+ – 8,9 ± 2,1
5,7 ± 1,3 8,5 ± 1,8 6,3 ± 1,7 7,6 ± 2,1 5,2 ± 1,3
7,5 ± 1,6 9,8 ± 2,4
2,3 ± 0,7
9,6 ± 2,2 8,9 ± 2,0
28,8 ± 8,0 13,7 ± 4,32 11,2 ± 3,32
1,8 ± 0,6
5,3 ± 1,82
Zaidman et al. n = 60 12/15nMHz – (+) – (+)
Pelz et al. n = 120 15nMHz NA NA NA NA
Sugimoto et al. n = 94 14 MHz – (+) (MN) (+) (UN) (+) (UN)
8,9 ± 2,0
7,9 ± 2,4 9,7 ± 1,9 6,2 ± 1,4 7,3 ± 1,7 5,5 ± 1,4
5,6 ± 1,0 9,1 ± 2,2 6,0 ± 1,3 8,5 ± 1,7 4,6 ± 0,8 6,7 ± 1,9 4,8 ± 1,0
9,6 ± 4 13,2 ± 1,42
3,6 ± 1,12
2,7 ± 0,61
2,2 ± 0,3 3,0 ± 0,5
Seok et al. n = 75 14 MHz – + + –
Kerasnoudis et al. (MRI) n = 60 12/18 MHz (+) (Abnahme) – – (+) (FN, SN) 8,4 ± 2,8
Kronlage
– + + – 8,0 ± 2,0
6,6 ± 1,6 8,4 ± 2,0 6,5 ± 1,8
6,0 ± 1,5
5,5 ± 1,3
24,4 ± 4,4 10,4 ± 2,72
6,3 ± 1,5 7,1 ± 2,3
2,6 ± 0,6 1,8 ± 0,6
20,8 ± 5,5 8,1 ± 2,0 9,8 ± 3,02
Abkürzungen: C5/6 = Nervenwurzel C5 und C6, MN = Nervus medianus, Uln = Nervus ulnaris, PN = Nervus peronaeus, RN = Nervus radialis, TN = Nervus tibialis, SN = Nervus suralis, 1 = rechte Seite, 2 = ???, 3 = Durchmesser in mm. Alle anderen Messung in mm2. – = keine Korrelation, (+) = Korrelation in einigen Bereichen, + = Korrelation in (nahezu) allen Bereichen. (Modifiziert nach [6]) Diese Ultraschallwerte sind ein Nachdruck aus Grimm A et al.: Nerve ultrasound normal values – Readjustment of the ultrasound pattern sum score UPSS. Clin Neurophysiol 2018; 129(7): 1403–1409. Mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Verlags Elsevier.
Immunvermittelte Neuropathien Die Häufigkeit von immunvermittelten Neuropathien beträgt zirka 6 bis 8 pro 100 000 Menschen, wobei die chronisch inflammatorische, demyelinisierende Polyradikulopathie (CIDP) und ihre Varianten die häufigsten Formen darstellen (15, 20, 21). Immunvermittelte Neuropathien sind zudem eine wichtige Differenzialdiagnose, da sie eine unmittelbare Therapiekonsequenz nach sich ziehen.
Chronisch inflammatorische, demyelinisierende Polyradikulopathie (CIDP): Die CIDP verläuft typischerweise chronisch progredient oder schubförmig (≥ 2) über mindestens zwei Monate mit einem Erkrankungsgipfel im 5. bis 6. Lebensjahrzehnt. Die Verteilung der Sensibilitätsstörungen ist distal symmetrisch, die Paresen können beinbetont proximal und/oder distal mit abgeschwächten oder fehlenden Muskeleigenreflexen auftreten (20). Neben der «klassischen» klinischen Präsentation existieren in der Hälfte der Fälle weitere Varianten der CIDP – je nach führender klinischer Präsentation: G Sensible CIDP (Distal Acquired Demyelinating Sym-
metric Neuropathy, DADS, Symptomatik [22]) G Lewis-Sumner-Syndrom (Multifocal Acquired
Demyelinating Sensory and Motor Neuropathy,
MADSAM). Hier liegt ein vorwiegend asymmetrischer Verteilungstyp vor. G Die CIDP mit MGUS (monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz): Zirka 10 bis 20 Prozent der Patienten mit typischer CIDP haben eine monoklonale IgG-, IgM- oder IgA-Gammopathie unbestimmter Signifikanz. Die klinische Manifestation und die Therapiereaktionen sind ähnlich wie bei CIDP-Patienten ohne Paraproteinämie (23). Eine Sonderform ist die Anti-MAG-Neuropathie bei IgMGammopathie, die sich besonders mit einer distalen und sensiblen Verteilung manifestiert und therapeutisch eher von einer B-Zell-Depletion zu profitieren scheint als von anderen Immunmodulatoren. G Nodopathien/Paranodopathien: Bei zirka 10 Prozent der CIDP-Patienten werden Antikörper gegen nodale und paranodale Strukturen gefunden. Diese Patienten sprechen deutlich schlechter auf eine Immunglobulintherapie an (24, 25). Sonografisch lassen sich bei bis zu 90 Prozent aller Patienten mit CIDP multilokuläre oder generalisierte Nervenverdickungen nachweisen (26, 27; Abbildung 1), welche vorwiegend proximal betont sind, d. h. an den zervikalen Wurzeln, am Plexus brachialis sowie an den proximalen Abschnitten der Armnerven (28). Unter adäquater Therapie nimmt die Nervenquerschnittsfläche
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FORTBILDUNG
Bilder: Natalie Winter
Abbildung 1: Darstellung der Nervenverdickungen bei einem Patienten mit CIDP im Vergleich zu CMT1A.
Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Das Guillain-Barré-Syndrom oder auch akute inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (AIDP) ist typischerweise charakterisiert durch aufsteigende Sensibilitätsstörungen und zunehmende Paresen bei abgeschwächten oder erloschenen Muskeleigenreflexen. Das Erkrankungsmaximum wird i. d. R. in den ersten vier Wochen erwartet und erfordert eine rasche Therapie und eine intensive Überwachung. Sonografisch sind proximal betonte Nervenverdickungen unter Einbezug der Nervenwurzeln und des N. vagus charakteristische Befunde, welche sich bereits in den ersten Erkrankungstagen nachweisen lassen und vor Auffälligkeiten in der Elektrophyisologie auftreten können (16, 30–32). Die Nervenvergrösserungen konnten jedoch auch an den peripheren Extremitätennerven gefunden werden, wobei die rein sensiblen Nerven, wie z. B. der N. suralis, signifikant weniger betroffen waren (14–16, 33, 34). Eine Korrelation zwischen der Schwere der Klinik fand sich weder für die sonografischen noch für die elektrophysiologischen Veränderungen. Unter erfolgreicher Therapie und damit einhergehender klinischer Besserung zeigt sich auch hier sonografisch ein Rückgang der Nervenschwellungen (16, 34).
Copyright: Natalie Winter
Abbildung 2: Ultrasound Pattern Sum Score. Darstellung der einzelnen Messpunkte und Punkteberechnung.
ab, was sehr gut mit dem klinischen Befund korreliert, sodass hier eine weitere Möglichkeit des Therapiemonitorings besteht (29). Ein weiterer Parameter ist die Echogenität des Nervs. Sie kann erhöht oder reduziert sein. Wahrscheinlich reagieren Patienten mit hypoechogenen Nerven (als Zeichen einer akuten Inflammation) nach unserer Erfahrung besser auf eine Therapie (29). Echoreiche Veränderungen scheinen Zeichen der Chronifizierung im Sinne von perifaszikulärer Fibrose zu sein und reagieren deutlich schlechter auf die Therapie, doch weitere Erfahrungen und Studien sind hier notwendig. Die Verteilung der Auffälligkeiten ist zumeist symmetrisch mit Ausnahme der MADSAM und der multifokalen motorischen Neuropathie (MMN), bei denen Nervenschwellungen häufig asymmetrisch vorkommen (15).
Vaskulitische Neuropathien: Bei vaskulitischen Polyneuropathien handelt es sich um immunvermittelte Erkrankungen des peripheren Nervensystems, bei denen die Schädigung der Nerven durch eine Entzündung der Blutgefässe bedingt ist (35). Hierbei unterscheidet man eine isolierte Vaskulitis des peripheren Nervensystems (Nonsystemic Vasculitic Neuropathy, NSVN) von einer Polyneuropathie im Rahmen einer systemischen Erkrankung, wie z. B. im Rahmen eines Lupus erythematodes oder des Churg-Strauss-Syndroms. Der Verlauf kann schubweise sein, aber auch in bis zu 30 Prozent der Fälle einen chronischen Prozess aufweisen (36, 37). Die typische Klinik einer Mononeuritis multiplex, in der einzelne Nervenausfälle über die Zeit auftreten, ist aber nur in der Minderheit der Fälle zu finden (38). Elektrophysiologisch zeigt sich eine axonale Neuropathie, was die Unterscheidung von anderen axonalen häufigen Neuropathien erschwert. Hier können durch den Nervenultraschall hilfreiche Zusatzinformationen gewonnen werden. Der Durchmesser der peripheren Nerven ist im Vergleich zu Gesunden bei der vaskulitischen Polyneuropathie moderat erhöht (39), aber deutlich geringer verändert als bei den chronisch demyelinisierenden Polyneuropathien. Die Echogenität und die Vaskularität können erhöht sein (39).
Hereditäre Neuropathien In der Gruppe der hereditären Neuropathien ist die Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung (CMT) auch hereditäre motorische und sensible Neuropathie (HMSN) genannt, am besten untersucht (13, 14, 28). Bereits 1999 wurden erste Arbeiten von Heinemeyer und Reimers (40), 2002 von Martinoli (41) veröffentlicht, die gezeigt haben, dass die häufigste Form, die CMT1A sowie die selteneren CMT1B und C, mit deutlichen Nervenverdickungen einhergehen. Diese betreffen alle Nervensegmente und -faszikel (42–45; Abbildung 1). Axonale hereditäre Polyneuropathien, wie z. B. die CMT2, zeigen wie axonale Neuropathien anderer Ätiologie keine signifikanten Ver-
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grösserungen der Nervenquerschnittsfläche, wobei einzelne Faszikel durchaus prominent sein können (44). Eine weitere häufige hereditäre PNP, die HNPP (erbliche Neuropathie mit Neigung zu Druckparesen) zeigt Verdickungen in den Engpassregionen (Karpal-, Kubitalund Tarsaltunnel [46, 47]) mit ansonsten regelrechter Nervenmorphologie. An Bedeutung in der Diagnostik haben die Transthyretin-assoziierten familiären Amyloidos-Neuropathien (TTR-FAP) gewonnen, da seit kurzem Therapiemöglichkeiten zugelassen wurden. Hier sind bisher vor allem proximale Nervenverdickung des N. medianus beschrieben worden. Eine Abgrenzung demyelinisierender CMT-Formen, wie der CMT1A, zu autoimmun bedingten Neuropathieformen, wie der CIDP, ist für die Prognose und die Behandlung essenziell, fällt aber nicht immer leicht. Es wurden deshalb von verschiedenen Arbeitsgruppen Ultraschalluntersuchungsabläufe und -scores entwickelt, um eine bessere Unterscheidung und Diagnostik zu ermöglichen.
Ultraschallscores – der Ultraschall Pattern Sum Score In den letzten Jahren haben sich hauptsächlich drei Ultraschallscores mit jeweils unterschiedlichen Nervenmesspunkten und -parametern durchgesetzt: der Bochumer Ultraschallscore (48, 49), das Zaidman-Pattern (11, 14, 50) und der Ultraschall Pattern Sum Score (6, 51). Wir nutzen den Ultrasound Pattern Sum Score (UPSS), der in drei Abschnitte unterteilt ist: Sensomotorische Nerven (N. medianus, N. ulnaris, N. tibialis und
Merkpunkte:
● Der Nervenultraschall ist in der Untersuchung von Polyneuropathien geeignet, um wertvolle Informationen ergänzend zur Elektrophysiologie zu gewinnen.
● Der Nervenultraschall ist schnell verfügbar, nicht invasiv und kosteneffizient.
● Der UPSS ist eine Möglichkeit, Polyneuropathien standardisiert zu untersuchen.
N. peroneus) werden an insgesamt acht Punkten
gemessen (UPS Teil A). Jede Vergrösserung der CSA
> 100 Prozent wird mit einem Punkt, jede Vergrösse-
rung > 150 Prozent mit zwei Punkten gewertet; zusätz-
lich werden die Wurzeln C5 und C6 mit dem N. vagus
(UPS Teil B) gemessen und rein sensible Nerven (N. su-
ralis, N. peroneus superficialis und N. radialis superficia-
lis) an insgesamt drei Landmarken (UPS Teil C). Jede
Vergrösserung per se wird mit maximal einem Punkt
gewertet. In der Summe erreicht dieser Score somit
maximal 22 Punkte (Abbildung 2). Des Weiteren wird die
Homogenität der Nn. medianus, ulnaris und tibialis be-
wertet mit der Frage, ob Nervenschwellungen homo-
gen, inhomogen, regional begrenzt sind oder fehlen
(38, 51).
In einer ersten Analyse von mehreren Hundert Patien-
ten mit verschiedenen Neuropathien konnte dieser
Score bereits Anwendung finden (51). Hereditäre de-
myelinisierende Neuropathien, wie die CMT1A und B,
erzielten hohe Punktzahlen mit homogenen Nerven-
verdickungen, wohingegen sich bei immunvermittelten
Neuropathien (CIDP, MMN und MADSAM) hohe Punkt-
zahlen mit inhomogenen oder regionalen Nervenver-
dickungen finden. Reine Vergrösserungen der Wurzeln
und des N. vagus (UPS Teil B) finden wir gehäuft bei aku-
ten Radikulitiden, z. B. dem GBS. Axonale Neuropathien
haben in der Regel sehr niedrige Punktzahlen:
< 3 Punkte im UPSS. Ausnahmen sind entzündliche axonale Neuropathien (z. B. Vaskulitiden) und die Amy- loidose, die durchaus höhere Punktzahlen erreichen können. Dieser Score ist ein Anfang einer möglichen Kartografierung und befindet sich in der Entwicklungs- phase. Die bisherige Anwendung zeigt jedoch bereits gute Ergebnisse, auch in der objektiven Verlaufsbeob- achtung von Neuropathien (38). G Korrespondenzadresse: Dr. med. Natalie Winter Abt. Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung UniversitätsklinikumTübingen Hoppe-Seyler-Strasse 3 D-72076 Tübingen E-Mail: Natalie.Winter@med.uni-tuebingen.de 5/2019 PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE 23 FORTBILDUNG Literatur: 1. Löscher W, Iglseder B: Polyneuropathie im Alter. Z Gerontol Geriat 2017; 50: 347–336. 2. Sommer C, Geber C, Young P, Forst R, Birklein F, Schoser B: Polyneuropathien: Ursachen, Diagnostik und Therapieoptionen. Dtsch Arztebl Int 2018; 115(6): 83–90. 3. 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