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Wachstumsbedingte Probleme am Kinderfuss
Der sich entwickelnde Bewegungsapparat durchläuft verschiedene Phasen des Wachstums und der Reifung. In dieser Zeit besteht eine höhere Anfälligkeit für Probleme durch die Belastung der Wachstumszonen, der Apophysen und des wachsenden Knorpels. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die wichtigsten praxisrelevanten Aspekte wachstumsbedingter Probleme am Kinderfuss und deren Therapie.
Von Kata Papp und Bernhard Speth
Das schnellste Fusswachstum erfolgt während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr (1). Durch das schnelle Wachstum wird die Hälfte der Erwachsenengrösse des Fusses bereits zwischen dem 12. und dem 18. Lebensmonat erreicht (2). Die meisten wachstumsbedingten Probleme treten jedoch während des Wachstumsschubs in der Pubertät auf.
Überlastungsprobleme
Wachstum und Reifung verändern auch die biomechanischen Eigenschaften von Muskeln, Sehnen und Knochen. Das hat einen potenziellen Einfluss auf das dynamische Zusammenspiel zwischen Muskeln und Knochen. Ist diese muskuloskelettale Balance gestört, kann das zu Verletzungen und Überlastungen führen. Es gibt verschiedene «Schwachstellen», die für Überlastungsprobleme anfällig sind: Bei Kindern unter 10 Jahren ist das Knochengewebe, bei Adoleszenten ist der Wachstumsknorpel und bei jungen Erwachsenen sind die Ligamente die jeweiligen betroffenen kritischen Strukturen (1). Das Wachstum ist knochengeführt und erfolgt entlang der Wachstumsfugen. Das bedeutet, dass die Weichteile (Muskeln, Sehnen, Ligamente) dem Knochenwachstum folgen und mitwachsen. Während dieser Entwicklung können dadurch Dysbalancen entstehen, die sich entweder wieder spontan ausgleichen oder Beschwerden verursachen können. Muskeln, welche mit dem Wachstum nicht regelrecht mithalten, können sich an entsprechenden Stellen verkürzen, sie können zu Verspannungen und Überlastungen führen und dadurch Schmerzen verursachen. Im kinderärztlichen Praxisalltag sind diese Überlastungsprobleme (overuse injuries) am häufigsten bei Jugendlichen zu beobachten. Vorwiegend sind sportlich aktive Jugendliche durch belastungsabhängige Schmerzen mit Einschränkung in der sportlichen Belastbarkeit betroffen. Die Beschwerden treten bei Überbeanspruchung der grossen Bänder an typischen Stellen auf (z. B. Tuberositas tibiae, unterer Patellapol oder Ferse). Nach Abschluss des Wachstums verschwinden die meis-
Abbildung 1: Die Entstehung der Apophysitis calcanei ist multifaktoriell bedingt.
ten dieser Schmerzen und limitieren sich dadurch selbst. Für eine bessere Unterscheidung können diese wachstumsbedingten Fussprobleme einem bestimmten anatomischen Ort im Sprunggelenk, Rückfuss, Mittel- oder Vorfuss zugeordnet werden. Apophysitis calcanei: Bei der Apophysitis calcanei entstehen die Schmerzen am Achillessehnenansatz im Bereich der Wachstumszone am Fersenbein. Betroffen sind meistens Jungen zwischen 8 und 12 Jahren (3). Diese wachstumsbedingte Problematik zeigt in 60 Prozent der Fälle eine bilaterale Beteiligung. Obwohl der Begriff Apophysitis auf einen entzündlichen Prozess hindeutet, wurden in Magnetresonanztomografie-(MRT)-Untersuchungen Knochenödeme und strukturelle Veränderungen im trabekulären Knochen der metaphysären Region nahe der Fersenbeinapophyse festgestellt. Dies deutet darauf hin, dass es sich bei der Apophysitis eher um eine metaphysäre, trabekuläre Stressfraktur des sich entwickelnden Knochens als um einen entzündlichen Prozess handeln könnte (4). Es wird angenommen, dass repetitive Traumen an der vulnerablen Fersenapophyse/-metaphyse beziehungsweise erhöhte Scherkräfte in diesem Bereich mögliche Auslösefaktoren für die Beschwerden sind (Abbildung 1). Die Diagnosestellung erfolgt klinisch anhand der Ana-
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mnese, der Schmerzlokalisation und der klinischen Untersuchung. Der positive medial-laterale Kompressionstest mit Klammergriff um die Ferse ist für die Diagnose wegweisend. Während der klinischen Untersuchung imponiert oft eine Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk in Richtung Dorsalextension. Diese ist in vielen Fällen durch eine Verkürzung der Wadenmuskulatur bedingt. Mit dem Silfverskjöld-Test untersucht man die Dorsalextension bei gestrecktem und bei gebeugtem Kniegelenk. Dies hilft zu unterscheiden, ob nur die Gastrocnemius-Muskulatur oder auch der M. soleus verkürzt ist. Ist die Dorsalextension bei gestrecktem Kniegelenk
Abbildung 2: In Zusammenhang mit Fersenschmerzen werden gehäuft verkürzte Muskeln (z. B. Wadenmuskulatur) beobachtet. Regelmässige Dehnübungen sind essenzieller Bestandteil der Therapie bei hartnäckigen Fersenbeschwerden.
deutlich weniger möglich als bei gebeugtem Knie, spricht dies zum Beispiel vor allem für einen verkürzten M. gastrocnemius. Die Bildgebung ist für die Diagnosestellung in der Regel nicht notwendig – sie dient bei Zweifeln oder bei therapieresistenten Beschwerden zum Ausschluss anderer Pathologien. Das konventionelle Röntgenbild kann zum Beispiel eine Fragmentierung der Apophyse zeigen, welche jedoch weder diagnostische noch therapeutische Relevanz hat. Die Behandlung der Apophysitis calcanei ist immer konservativ. Die wichtigsten Massnahmen sind eine vorübergehende Reduktion der sportlichen Tätigkeit und Belastung und die Durchführung von Physiotherapie zur Dehnung und Detonisierung der Wadenmuskulatur. Tägliche Eigenübungen zusätzlich zur Physiotherapie erachten wir für den Therapieerfolg als essenziell. Zusätzlich kann die symptomatische Therapie mit NSAR, Kühlen und Massagen erfolgreich sein (5). (Abbildung 2). Ein dämpfender Fersenkeil in den Schuhen kann schmerzlindernd wirken. In sehr seltenen, besonders hartnäckigen und therapieresistenten Fällen kann eine Ruhigstellung im Unterschenkelgips notwendig sein. Langfristig ist die Prognose für diese wachstumsbedingten Fersenschmerzen gut, da sie in der Regel nach Abschluss des Wachstums wieder verschwinden. Selbst bei hartnäckigen Verläufen sind die Symptome auf die Zeit
des Wachstums beschränkt. Sobald das Wachstum abgeschlossen ist, sind keine Beschwerden mehr zu erwarten. Iselin-Erkrankung: Eine spezielle, etwas seltenere Form der Überlastung am Fuss ist die Iselin-Erkrankung, welche durch die Überbeanspruchung der Peroneus-brevis-Sehne an der Basis des 5. Metatarsus entsteht. Typischerweise äussern die vorwiegend betroffenen Jungen zwischen 8 und 13 Jahren Schmerzen am lateralen Fussrand. Besonders anfällig für diese Erkrankung sind Fussballspieler, Basketballspieler, Kunstturner und Tänzer. Auch in diesen Fällen scheint repetitiver Stress bei der Entstehung eine wichtige Rolle zu spielen. (6). Die Diagnose wird klinisch anhand der typischen Schmerzlokalisation an der Basis des 5. Os metatarsale gestellt. Röntgen ist zur Diagnosestellung nicht zwingend nötig. Es zeigt sich konventionell radiologisch oft eine verbreiterte Apophyse mit zusätzlicher Ossifikation. Die Behandlung ist stets konservativ. Die Therapie umfasst die Modifikation des Schuhwerks zur lokalen Druckentlastung, Kühlung, Dehnung, Sportkarenz und gegebenenfalls eine vorübergehende NSAR-Einnahme. Generelle Anmerkungen: Bei diesen Formen der Überlastung ist die frühe Erkennung von grosser Wichtigkeit, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Die Prävention spielt eine wesentliche Rolle. Somit empfiehlt es sich, im Alltag regelmässig die beanspruchten Muskelgruppen zu dehnen und monotone, repetitive Übungen zu meiden. Im Wachstumsalter empfehlen wir Sportarten, welche verschiedene Muskelgruppen beanspruchen, oder mehrere verschiedene Sportarten abwechselnd durchzuführen (7). Während des Wachstums sollte die Trainingsintensität so dosiert sein, dass genügend Zeit für die körperliche Regeneration vorhanden ist. Oft sehen sich Kinder, Jugendliche und Eltern einem hohen sportlichen Leistungsdruck ausgesetzt. Bei Auftreten der typischen, meist überlastungsbedingten Beschwerden ist vor allem im Wachstumsalter eine entsprechende vorübergehende Sportkarenz/-reduktion sinnvoll. Der Wiedereinstieg in die sportlichen Aktivitäten richtet sich nach den Beschwerden und dem erforderlichen Belastungsniveau (7).
Akzessorische Knochenkerne
Die akzessorischen Knochenkerne des Fusses sind normale Varianten der Knochenentwicklung, die in der Regel symptomlos bleiben. Die klinische Bedeutung dieser Knochen sollte Pädiatern bekannt sein, um unnötige orthopädische Konsultationen und Fehldiagnosen zu vermeiden. Diese Knochenkerne können entweder an den normalen Knochen angrenzen, damit verwachsen oder komplett separiert sein. Sie kommen bei zirka 21 Prozent der Bevölkerung vor (8). Am häufigsten findet man ein Os tibiale externum (akzessorisches Os naviculare) mit 11,7 Prozent, gefolgt von Os peroneum (4,7%), Os trigonum (2,3%) und Os supranaviculare (1,6%). Klinische Bedeutung haben vor allem das Os tibiale externum und das Os subfibulare. In der Mehrheit der Fälle werden diese Normvarianten als Zufallsbefund im konventionellen Röntgen gesehen. Klinisch relevant werden diese Befunde, wenn an den entsprechenden Stellen Schmerzen auftreten. Ein Os tibiale externum kann zum Beispiel zusammen mit flexiblen Knick-Senk-Füssen vor allem in engem oder hartem Schuhwerk (z. B. Skischuhe,
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Schlittschuhe, Fussball- und Leichtathletikschuhe) symptomatisch werden. Radiologisch besteht oft kein zusätzlicher Knochenkern, sondern ein hornförmiger Vorsprung des Os naviculare, welcher eine Prominenz medial verursacht. Das bezeichnet man als Os naviculare cornutum. Die Klinik unterscheidet sich in beiden Fällen nicht. Die Art der Belastung spielt ebenso eine grosse Rolle, ob diese Zusatzknochen Beschwerden verursachen. Ein Os trigonum ist gelegentlich als zusätzlicher Knochenkern dorsal des oberen Sprunggelenks zu finden. In den meisten Fällen verursacht diese Normvariante keine Beschwerden. Dieser Knochenkern kann bei Tänzerinnen und Tänzern im Zehenspitzenstand und bei hoher Plantarflexion unter Druck geraten und dann Schmerzen hinter dem Sprunggelenk und an den Knöcheln bewirken. Die Verbindung mit den Fusswurzelknochen kann knorpelig und fibrös sein, und bei einem Trauma wird diese Verbindung unter Zug gesetzt. Häufig treten die Symptome somit erst nach einer Traumatisierung der entsprechenden Strukturen auf (1). Die Bildgebung ist dann indiziert, wenn die Knochenvorsprünge Probleme verursachen. Die primäre Abklärung sollte mittels Röntgen in 2 Ebenen erfolgen. Bei therapieresistenten Schmerzen können sich im MRI Hinweise auf ein mögliches Knochenmarködem zeigen, welches oft als bildgebendes Korrelat für eine Reizung und Überlastung der Strukturen gewertet werden kann. In erster Linie sollte die konservative Therapie stets ausgeschöpft werden. Diese umfasst die Anpassung des Schuhwerks, entlastende Einlagen, gegebenenfalls eine Infiltration sowie eine vorübergehende Belastungsreduktion bis zur vorübergehenden Immobilisation im Gips. Sollten die Beschwerden trotz konservativer Therapie fortbestehen und im MRI ein klarer Nachweis für ein Knochenmarködem als Zeichen für eine lokale Reizung bestehen, kann die operative Versorgung in Form einer Exzision diskutiert werden.
Tarsale Coalitio
Eine Coalitio ist eine fibröse oder knöcherne Verbindung zwischen zwei Fusswurzelknochen (Abbildungen 3 und 4). In den meisten Fällen ist sie eine angeborene Anomalie. Die Gesamtinzidenz liegt bei etwa 1 Prozent. Die calca-
Abbildung 4: Diese 3-D-Rekonstruktion von CT-Daten zeigt, dass das Os naviculare und das Fersenbein knöchern durch eine Coalitio calcaneonaviculare verbunden sind. Die beiden beteiligten Knochen sind blau gefärbt.
neonavikuläre (53%) (Abbildung 4) und die talocalcaneare Coalitio (37%) sind am häufigsten, danach folgen talonavikuläre, calcaneocuboidale und naviculocuneiforme Formen (9). Neben diesen isolierten Arten gibt es auch Coalitio-Formen, die mit komplexen Syndromen wie zum Beispiel dem Apert-Syndrom oder der fibulären Hemimelie vergesellschaftet sein können. Nicht alle Personen mit einer Coalitio sind symptomatisch. Bei Jugendlichen wird sie jedoch häufig durch zunehmende Verknöcherung oder zum Beispiel als Folge eines Traumas symptomatisch. Die Art der Symptome hängt von der Lokalisation der Coalitio ab. Bei der talonavikulären Coalitio besteht meist eine Prominenz an der medialen Seite des Fusses, dabei ist insbesondere das Fusslängsgewölbe erhalten. Bei der calcaneonavikulären und der talocalcanearen Coalitio ist die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenks beeinträchtigt, und es kommt zu einer rigiden Valgusfehlstellung und wahrscheinlich zu reaktiven Spasmen der Peronealmuskulatur (1). Wiederkehrende Distorsionen des Sprunggelenks, die nicht auf die konventionelle Therapie ansprechen, sollten Anlass geben, nach einer tarsalen Coalitio zu suchen. Hierbei ist die konventionelle Bilddiagnostik die erste Wahl. Hilfreich sind Röntgenbilder vom Fuss in 3 Ebenen (dp, seitlich und schräg). Zur Bestätigung einer Coalitio und für die definitive Beurteilung der Anatomie empfiehlt es sich, zusätzlich eine Computertomografie-(CT-) oder MRT-Untersuchung durchzuführen. Ein konservativer Versuch mit Reduktion der Belastung, Einlagenversorgung oder vorübergehender Immobilisation kann in manchen Fällen zur Beschwerdelinderung oder Beschwerdefreiheit führen. Stört die Coalitio trotz Therapie noch regelmässig, entscheidet vor allem der Leidensdruck des Patienten, ob die Indikation zur operativen Resektion der störenden Knochenverbindung gegeben ist (1).
Osteochondrosis dissecans des Talus
Bei der Osteochondrosis dissecans handelt es sich um einen von Sklerose umgebenen nekrotischen Herd im Knochen, der auch den darüberliegenden Knorpel befallen kann. Die am häufigsten betroffenen Gelenke sind das Knie, das Sprunggelenk und der Ellbogen. Mädchen sind etwas häufiger betroffen als Jungen (10). Im ersten Stadium zeigt sich eine schalenförmige umschriebene subchondrale Nekrosezone. Fortschreitend sieht man im zweiten Stadium eine Verdichtung des Knochens am Rande (Randsklerose) im Röntgenbild. Im dritten Stadium zeigt sich ein Dissekat in situ, eine Demarkierung gegenüber der gesunden Nachbarschaft und eine zunehmende fibröse Nekrosezone. Im Endstadium löst sich dieses Dissekat aus dem Knochenbett und wird dann als freier Gelenkkörper oder umgangssprachlich als «Gelenkmaus» bezeichnet (11). Sport ist ein Risikofaktor: «Sitzt die Maus noch fest in ihrem Haus, treibt der Sport sie bald daraus hinaus», heisst es in einem Standardwerk zur Kinderorthopädie in der Praxis (1). Die Ursache der Osteochondrosis dissecans ist wahrscheinlich multifaktorieller Natur. Genetische Prädisposition, repetitive Mikrotraumata oder ein isoliertes grösseres Trauma, anatomische und biomechanische Faktoren spielen bei der Entstehung eine Rolle (12). Es wurde sogar eine Assoziation mit ADHS in 23 Prozent der Fälle in einer 2020 durchgeführten Studie gefunden (13).
Abbildung 3: Im CT findet sich eine Coalitio zwischen Fersen- und Sprungbein, die zu Schmerzproblemen und Bewegungseinschränkung führen kann.
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Abbildung 5: Osteochondrosis dissecans des Talus bei einer 14-jährigen Patientin
Meistens sind Mädchen unter 13 Jahren und Jungen unter 14 Jahren betroffen. Die betroffenen Kinder beklagen belastungsabhängige Schmerzen, Pseudoblockaden, und sie haben eventuell einen Gelenkerguss. Zur Diagnostik ist das konventionelle Röntgenbild essenziell. In zweiter Linie ist zusätzlich ein MRT sinnvoll, um das Ausmass und die Stabilität des Dissekats beurteilen zu können. Das MRT eignet sich auch zur Verlaufskontrolle und zur Beurteilung des Verlaufs in 6-monatigen Abständen. Die Indikation zur Operation darf nicht nur anhand des isolierten MRT-Befunds gestellt werden. Sie ist zusätzlich von den Beschwerden und vom sportlichen Anspruch des Patienten abhängig (14). Die Prognose ist besser, wenn die Symptome vor dem Fugenverschluss auftreten. Sportlich aktive Patienten oder eine Dissektion des Herds deuten auf eine schlechtere Prognose mit späterer Arthrose hin (1). Bei der Evaluation einer Osteochondrosis dissecans sollte die Stabilität des oberen Sprunggelenks stets mitbeurteilt werden. Eine Mikro- oder Makroinstabilität kann die Abheilung des Herds verhindern und sollte deshalb bei der Therapie unbedingt einbezogen sein. Die konservative Therapie eignet sich bei Stadium I bis II, wenn der Herd stabil in der Bildgebung erscheint. Dabei ist die Sportkarenz oder in stark symptomatischen Fällen sogar eine Entlastung wichtig. Zusätzlich muss bei einer möglichen Bandinstabilität des oberen Sprunggelenks bei der Physiotherapie ein Augenmerk auf die aktive Stabilisation und Kräftigung der entsprechenden Muskeln gelegt werden. Die operative Therapie kommt infrage, wenn nach mehreren Monaten keine Besserung des Befunds im MRT sichtbar ist und entsprechend Symptome trotz Anpassung der Belastung bestehen. Bei instabilen Läsionen (Grad III–IV) empfehlt sich ebenso eine Arthroskopie oder eine offene Operation. Dabei sind mehrere Techniken mit Anbohrung der sklerotischen Zone, Refixation des Dissekats oder Knorpelersatz möglich. Eine Bandstabilisation sollte bei Vorhandensein einer Gelenkinstabilität in der gleichen operativen Sitzung erfolgen.
Tipps für den Praxisalltag
● Eine gründliche klinische Untersuchung und Erkennung der anatomischen Schmerzlokalisation sind der Schlüssel zur Diagnosestellung.
● Sollten die Schmerzen über Sehnenansätzen bestehen
oder entlang von bestimmten Muskelgruppen ziehen,
besteht oft eine muskuläre Überlastung oder ein
wachstumsbedingter Schmerz. Eine Physiotherapie mit
Dehnung und Lockerung der Muskulatur kann begon-
nen werden. Zusätzlich ist es dann sinnvoll, eine vor-
übergehende Sportpause zu empfehlen.
● Bei der Bildgebung sollte zuerst ein konventionelles
Röntgenbild (wenn möglich stehend) angefertigt wer-
den. Es ist bei einer klaren Fragestellung indiziert:
Suche ich eine Knorpel-Knochen-Läsion? Oder eine
aseptische Knochennekrose? Oder einen akzesso-
rischen Knochen? Mit einer klaren Fragestellung und
gezielten Aufnahmen können diese Veränderungen
bereits im Röntgen diagnostiziert werden. Bei Ver-
dacht auf muskuläre Überlastung kann auf ein Rönt-
gen vorerst verzichtet werden.
● Sind Warnsymptome, sogenannte «red flags» in der
Anamnese vorhanden, sollten diese ernst genommen
werden und eine zeitnahe kinderärztliche Abklärung er-
folgen. Zu den Warnsymptomen gehören: Nachtschmer-
zen und starke Schmerzen in Ruhe (wichtig zu unter-
scheiden von harmlosen abendlichen Schmerzen nach
langer Belastung), Fieber, Schüttelfrost, Gehverweige-
rung, starke Rötungen mit Überwärmung der Füsse.
Korrespondenzadresse:
Dr. med. univ. Kata Papp
Oberärztin i.V. , Klinik für Orthopädie und Traumatologie
Kantonsspital Aarau AG, 5001 Aarau
E-Mail: kata.papp@ksa.ch
Interessenlage: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag bestehen.
Die Abbildungen wurden von den Autoren zur Verfügung gestellt. Bildquellen: Abb. 1 und 2: B. Speth; Abb. 3 und 4: Universitätskinderspital beider Basel (UKBB); Abb. 5: Kantonsspital Aarau.
Literatur: 1. Hefti F et al.: Kinderorthopädie in der Praxis. 3. Aufl., Springer Verlag, 2015. 2. Sarwark JF, LaBella CR: Pediatric Orthopaedics and Sports Injuries – A Quick Reference Guide. American Academy of Pediatrics, 2014. 3. Kennedy JG et al.: Foot and ankle injuries in the adolescent runner. Curr Opin Pediatr. 2005;17(1):34-42. 4. J Ogden JA et al.: Sever‘s injury: a stress fracture of the immature calcaneal metaphysis. J Pediatr Orthop. 2004;24(5):488-492. 5. Papp K, Camathias C: Traction apophysitis. SEMS-Journal. 2021;69(3):20-23. 6. Edgington K, Skaggs DL: Iselin’s Disease. https://www.orthobullets.com/ pediatrics/4073/iselins-disease; retrieved Apr 6, 2021. 7. Arnold A et al.: Overuse physical injuries in 196 youth athletes: risk factors, prevention, and treatment strategie. Sports Health. 2017;9(2):139-147. 8. Coskun N, Yuksel M, Cevener M et al.: Incidence of accessory ossicles and sesamoid bones in the feet: a radiographic study of the Turkish subjects. Surg Radiol Anat. 2009;31(1):19-24. 9. Vaughan WH, Segal G: Tarsal coalition, with special reference to roentgenographic interpretation. Radiology. 1953;60(6):855-863. 10. Hefti F et al.: Osteochondritis dissecans: a multicenter study of the European Pediatric Orthopedic Society. J Pediatr Orthop B. 1999;8(4):231-245. 11. Berndt AL, Harty M: Transchondral fractures (osteochondritis dissecans) of the talus. J Bone Joint Surg Am. 1959;41-A:988-1020. 12. Masquijo J, Kothari A: Juvenile osteochondritis dissecans (JOCD) of the knee: current concepts review. EFORT Open Rev. 2019;4(5):201-212. 13. Dale KM et al.: Is There a Connection Between Attention Deficit Hyperactivity Disorder and Osteochondritis Dissecans? Iowa Orthop J. 2020;40(1):105-109. 14. Roßbach BP et al.: Discrepancy between morphological findings in juvenile osteochondritis dissecans (OCD): a comparison of magnetic resonance imaging (MRI) and arthroscopy. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2016;24(4):1259-1264.
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