Transkript
Editorial
Haben Sie sich schon einmal überlegt, dass es fast doppelt so viele Füsse wie Menschen gibt? Wenn auch nur ein kleiner Teil davon ein Problem hat, haben wir in der Praxis mehr als genug zu tun … Zum einen kommen Eltern wegen einer Abklärung der Füsse ihrer Kinder in die ärztliche Praxis, obwohl die Kinder gar keine Probleme äussern. Diese Eltern wollen auf keinen Fall etwas verpassen. Und das ist auch gut so. Schliesslich müssen die Füsse ein Leben lang das Gewicht des gesamten Körpers tragen und Abertausende von Kilometern zurücklegen. Zum anderen kommen die Familien in die Praxis, weil augenscheinlich ein Problem vorliegt, zum Beispiel wenn der Fuss schmerzt, auffällig aussieht oder das Kind merkwürdig läuft.
erschwert das Finden klarer Antworten. Ich garantiere Ihnen, dass Sie online zu jeder Frage diametral unterschiedliche Antworten finden: Kinder brauchen frühzeitig Schuhe – nein, am besten keine Schuhe! Schuhe müssen möglichst weich sein – im Gegenteil, sie müssen möglichst hart sein! Einlagen schwächen den Fuss vs. Einlagen sollten frühzeitig verwendet werden, um die Entwicklung der Füsse zu fördern – um nur einige Beispiele für Resultate von Internetrecherchen zu nennen. Ich denke, dass all diese Fragen sehr berechtigt sind. Aber sie stellen die Herausforderung an uns, dass wir uns stets mit jedem Patienten aufs Neue objektiv beschäftigen, um die Fragen möglichst gut beantworten zu können. Selbst die wissenschaftliche Evidenz zu auf den ersten Blick trivial wirken-
Dr. med. Bernhard Speth Universitätskinderspital beider Basel (UKBB) und Kantonsspital Aarau bernhard.speth@ksa.ch bernhard.speth@ukbb.ch
Gut zu Fuss?
Viele Fragen beschäftigen dann die Eltern: Wann sind krumme Zehen oder Füsse wirklich behandlungsbedürftig? Ab wann braucht mein Kind Schuhe, oder ist Barfusslaufen gesünder? Was macht einen guten Schuh aus? Warum läuft mein Kind auf den Zehenballen? Benötigt mein Kind Einlagen? Was kann ich tun, damit mein Kind später einmal nicht so «schreckliche» Füsse bekommt wie ich? Machen Einlagen den Fuss schwach? Sollte man den Fuss nicht besser gleich einmal röntgen oder mit Hightechgeräten genau vermessen? Es ist vollkommen normal, dass man sich diese Fragen stellt, und es ist auch vollkommen normal, dass man sich im Internet und auf den sozialen Medien über solche Fragen informiert. Ob man dort gut informiert wird, sei dahingestellt. Die Fülle an teilweise widersprüchlicher Information im Internet
den Themen ist zum Teil widersprüchlich. Das sollte die behandelnden Ärzte und Therapeuten aber nicht zu einem therapeutischen Nihilismus im Sinne von «das wächst sich schon aus» anstiften. In dieser Ausgabe vermitteln Ihnen die Artikel ausgewählter Experten und Expertinnen aktuelle, möglichst praxisnahe Einblicke in relevante Themen zu Problemen am kindlichen Fuss. Sie sollen Ihnen dabei helfen, herauszufinden, ob bei Ihren Patienten ein behandlungsbedürftiges Problem vorliegt oder nicht, um die Kinder besser behandeln und die Fragen der Eltern gut beantworten zu können. Ich hoffe, dass Ihnen unsere Themenauswahl bei Ihrer täglichen Arbeit nützlich ist, und wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Bernhard Speth
3/22 Pädiatrie
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