Transkript
Schwerpunkt
Kardiale Bildgebung
Neue Optionen bei der Diagnose angeborener Herzfehler
Die vier Säulen der kardialen Bildgebung sind die Sonografie, die Magnetresonanztomografie (MRT), die Computertomografie (CT) und die Herzkatheteruntersuchung (HKU). Alle vier Modalitäten können heute volumetrische Datensätze akquirieren und erlauben so eine dreidimensionale Betrachtungsweise und Auswertung der Anatomie. Somit entstehen neue, zum Teil sehr realistische Darstellungen und die Möglichkeit einer computerunterstützten Nachbearbeitung zur Simulation und Berechnung bestimmter Parameter.
Von Martin Glöckler, Alexander Kadner, Dina-Maria Jakob, Mladen Pavlovic’ und Kerstin Wustmann
I n der Kinderkardiologie sind die Behandler mit zum Teil morphologisch erheblich veränderten kardiovaskulären Strukturen im Thoraxbereich konfrontiert. Auch benachbarte Organe können betroffen sein,
und zudem liegt häufig eine alterierte Hämodynamik
vor. Oft müssen schon früh invasive Behandlungsschritte
unternommen werden, da 15 Prozent der angeborenen
Herzfehler (CHD) sogenannte kritische Herzfehler sind
und ohne operative oder interventionelle (herzkatheter-
basierte) Therapie das erste Lebensjahr nicht überlebt
wird (1). Zur optimalen Planung korrigierender oder
palliierender Behandlungsschritte muss das Herzvitium
umfassend diagnostiziert und dargestellt werden, hier-
bei kommen unterschiedliche Bildgebungsverfahren
zum Einsatz. Da die invasiven Therapien auch heute
Die transthorakale Echokardiografie ist Standard zur Abklärung angeborener Herzfehler.
noch mit einer beachtlichen Morbidität und Mortalität vergesellschaftet sind, ist der Stellenwert der bildbasierten Eingriffsplanung hoch, um das Risiko zu minimieren (2). Auch in der meist lebenslangen Patientenbetreuung werden zur
Optimierung der konservativen Therapie
und der erneuten Eingriffsplanung repetitiv Bildge-
bungsverfahren eingesetzt.
Die modernen Bildgebungsverfahren erlauben nicht nur
eine äusserst detaillierte Darstellung der Anatomie, son-
dern auch die Simulation und die Berechnung bestimm-
ter Parameter, zum Beispiel der Hämodynamik nach
einem geplanten Eingriff. Alle vier Bildgebungsmodalitä-
ten profitieren von einer stetigen Evolution, und Neue-
rungen können effektiv in den Behandlungspfad der Pa-
tienten eingebettet werden.
Sonografie
Die Echokardiografie ist die wichtigste und am meisten angewandte Bildgebung in der Kinderkardiologie (3). Seit den 1980er-Jahren ist es möglich, zweidimensionale Bilder von kardiovaskulären Strukturen zu erfassen und somit das Herz in Bewegung abzubilden. Dadurch kann
die Echokardiografie nicht nur die Anatomie, sondern auch die kardiale Funktion beurteilen. Sie ist nicht invasiv, arbeitet ohne Röntgenstrahlung, ist gut verfügbar, und die Diagnose wird bereits während der Untersuchung gestellt. Die transthorakale Echokardiografie ist Standard zur Abklärung angeborener Herzfehler. Je nach Fragestellung und Alter des Kindes kommen verschiedene Ultraschallsonden zum Einsatz. Intraoperativ oder bei gewissen Fragestellungen wird eine transösophageale Echokardiografie durchgeführt, spezialisierte Ultraschallköpfe lassen auch eine intrakardiale und intravasale Bildgebung zu. Um bei einer Erstuntersuchung die kardiale Anatomie genau zu analysieren, wird nach Leitlinien und standardisierten Abläufen vorgegangen (4, 5). Dabei werden unterschiedliche Darstellungsweisen und Messungen eingesetzt, wie B-Modus, M-Modus und Farbdoppler. Die technischen Fortschritte in den letzten 10 bis 15 Jahren haben es ermöglicht, mittels 3-D-Schallköpfen in Echtzeit kardiale Strukturen darstellen zu können. Dies erlaubt zum Beispiel eine genauere Darstellung der Herzklappen oder intrakardialer Defekte und deren Lage zu Umgebungsstrukturen. Dies ist in der zweidimensionalen Echokardiografie schwierig oder nur ungenau darzustellen. 3-D-Darstellungen können in Echtzeit erfolgen, grössere Volumina werden meist mit EKG-getriggerten Akquisitionen über mehrere Schläge realisiert. Bei gutem Schallfenster kann das gesamte Volumen des Herzens aufgenommen und angezeigt werden, und es ist möglich, die kardiale Funktion genauer zu bestimmen als in der herkömmlichen 2-D-Untersuchung (6). Die Nachteile der Echokardiografie sind, dass die Interpretation der Bilder Erfahrung und Expertise voraussetzt und die räumliche Zuordnung einzelner Strukturen durch unterschiedliche Positionierungen der Schallsonde oft schwerfällt. Ein schlechtes akustisches Fenster kann eine Untersuchung mit dieser Technik stark beinträchtigen, und die Evaluation extrakardialer Strukturen im Thorax ist häufig limitiert.
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Abbildung 1: Pathologischer Befund beim «speckle trakking» der Längsachse (longitudinal strain); Verkürzung vor allem septal und apikal eingeschränkt; korrelierend dazu vor allem grüne und violette (apikale) Bereiche; Kurve mit wenig negativer bis knapp positiver Auslenkung, entsprechend einer fehlenden Verkürzung; beste Kontraktion basal, korrelierend dazu auch die negative Auslenkung der roten Kurve.
Die Entwicklung neuer Technologien hat dazu geführt, dass die myokardiale systolische Funktion mit der Kontraktilität der Myokardfasern verschiedener Segmente erfasst werden kann (Abbildung 1). Dies kann einerseits mittels Gewebedoppler (tissue doppler imaging, TDI) gemessen werden oder mittels «speckle tracking», des Verfolgens bestimmter Bildmuster (7). Letzteres beruht auf dem Prinzip, dass die Bewegung kleiner akustischer Signale einzelner Myokardsegmente mit Ultraschall in beliebige Richtungen verfolgt werden kann. Somit sind die Messungen unabhängig von Volumenstatus und Ventrikelgeometrie. Sie misst die Deformation (strain) des Myokards einzelner Segmente sowie die Änderung der Deformation über die Zeit (strain rate). Die Messungen erfolgen meistens in der Längsachse (longitudinal strain), was einer Myokardverkürzung entspricht. In der Querachse kann man zusätzlich eine Information über die Rotation (circumferential strain) und die Verdickung (radial strain) erhalten. «Speckle tracking» ist vor allem beim Erkennen subtiler, regionaler Funktionseinschränkungen hilfreich, welche im M-Modus nicht oder erst viel später erfasst werden können. Dies ist vor allem bei potenziell reversiblen myokardialen Pathologien oder im Langzeitverlauf relevant. Neue technische Entwicklungen in der Ultraschalltechnik, wie höhere Frequenz und Bildraten, versprechen eine noch exaktere Evaluation kardialer Fehlbildungen in naher Zukunft.
Computertomografie (CT)
Die Technik der CT hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Die erste diagnostisch sinnvolle Herzbildgebung gelang um den Jahrtausendwechsel, hier lag aber die Strahlenbelastung noch in einem Bereich um 6 mSv, und die Scangeschwindigkeit war zu langsam, um diese Technik in der Routine in der Kinderkardiologie einsetzen zu können. Ein Meilenstein war die Entwicklung der Dual-Source-CT 2005. Hierbei werden jeweils zwei moderne Röntgenröhren und zwei Detektoren in einem Gerät verbaut. Die Röhren sind um 90 Grad zueinander versetzt und ermöglichen so einen extrem schnellen Tischvorschub. Diese Technik wurde laufend weiter optimiert, so dass heute die dritte Generation dieser Geräte
im Einsatz ist. Mit der Dual-Source-CT ist eine sehr hohe Scangeschwindigkeit und Auflösung möglich. Ein Thorax-Scan bei einem Neugeborenen gelingt selbst bei tachykarder Herzfrequenz im Bruchteil eines Herzschlags, sodass keine Bewegungsartefakte mehr auftreten und sich Arrhythmien oder schnelle Herzfrequenz nicht beeinträchtigend auf die CT-Qualität auswirken. Durch mögliche Reduktion der Röhrenspannung bis 70 kV und Einsatz diverser Dosisreduktionsprogramme, kombiniert mit der neuen Röhren- und Detektortechnik, liegt die Dosis bei einer Thorax-CT in der Kinderkardiologie heute stabil unter 0,5 mSv und meist recht konstant bei 0,2 mSv bei Neugeborenen (8–10). Dies ist etwa die zehnfache Dosis eines konventionellen Thorax-Röntgenbildes. Die für eine angiografische CT nötige Kontrastmittelmenge liegt je nach Konzentration bei 1 bis 2 ml/kg Körpergewicht. Neben der schnellen Akquise, die eine Untersuchung auch beim sich bewegenden Kind noch möglich macht und allenfalls einer milden Sedierung bedarf, liegt der Vorteil der CT in der exzellenten Auflösung im Submillimeterbereich. Durch die kleine Voxelgrösse lassen sich diagnostisch sehr gut verwertbare Rekonstruktionen aus dem volumetrischen Datensatz erzeugen, und die 3-D-Rekonstruktionen sind sehr wirklichkeitsgetreu (Abbildung 2). Die Datensätze eignen sich am besten als Ausgangsdatensatz für computerassistierte Verfahren wie Fluid-dynamics-Berechnungen oder segmentierte Darstellungen (Abbildung 3) sowie auch für den 3-D-Druck (11). Die schnelle Aufnahmetechnik und heute deutlich reduzierte Strahlendosis sowie die hervorragende Bildqualität machen diese Bildgebungstechnik vor allem für die Diagnostik und die Operationsplanung bei Säuglingen mit komplexen angeborenen Herzfehlern interessant.
Magnetresonanztomografie (MRT)
Die kardiale MRT ist heute in der Kinderkardiologie ein sehr gut eingeführtes, sicheres und strahlungsfreies Bildgebungsverfahren. Die entscheidenden Vorteile dieser Untersuchungstechnik liegen zum einem im Fehlen ionisierender Strahlung und zum anderen in der grossen Anzahl unterschiedlicher Aufnahmesequenzen zur Analyse von Morphologie und Funktion sowie zur Gewebe-
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Abbildung 2: Neugeborenes mit unterbrochenem Aortenbogen Typ B. Der Aortenbogen ist zwischen der A. carotis communis links und der A. subclavia links unterbrochen, über den Ductus arteriosus ist die Perfusion der unteren Körperhälfte sichergestellt. Dual-Source-CT der 3. Generation. 3-D-Darstellung mittels «cinematic rendering», einer speziellen Visualisierungstechnik von Siemens. Links im Bild die komplette Thorax-Ansicht von links anterior, rechts im Bild ist das Herz von den Umgebungsstrukturen freigestellt, Ansicht von dorsal: Rot eingefärbt ist die Aorta, violett der Ductus arteriosus, blau die A. pulmonalis.
Abbildung 3: Neugeborenes mit totaler Fehlmündung der Lungenvenen vom gemischten Typ. Basisdatensatz ist ein Dual-Source-CT (2. Generation). Segmentierte Darstellung im stereolithografischen Format (Materialise, Mimics), wie es auch für den 3-D-Druck gebraucht wird; Ansicht von dorsal. Die rechtsseitigen und eine basale linksseitige Lungenvene (violett) münden in die Pfortader (braun), die linksseitigen Lungenvenen (grün) münden in die V. anonyma (hellblau). Übrige Strukturen: Aorta rot, linker Vorhof gelb, linker Ventrikel orange, rechter Ventrikel dunkelblau, Pulmonalarterie hellviolett, Trachea silber.
charakterisierung. Mittels MRT können grossräumige Bilddatenvolumina aufgenommen werden. Durch das Aneinanderreihen von Schnitten über die Zeit kann die Herzfunktion in zweidimensionalen Cine-Darstellungen visualisiert und in einer nachfolgenden Analyse können Grösse und Funktion des rechten und linken Ventrikels berechnet werden; hierfür stellt die MRT den heutigen Goldstandard dar. Die MRT eignet sich daher gut für Follow-up-Untersuchungen, zum Beispiel bei der Palliation univentrikulärer Herzen, der Fallot-Tetralogie oder der Ebstein-Anomalie. Mittels Phasenkontrastmessungen können Flussgeschwindigkeiten durch Klappen oder verengte Gefässe, zum Beispiel bei Pulmonalarterienstenosen oder Koarktation der Aorta, gemessen werden. Mit dieser Sequenz lassen sich auch sehr gut die Blutflussvolumina pro Zeit beziehungsweise Herzzyklus durch bestimmte Gefässe erfassen. Auf diese Weise können die Blutflussvolumina in der Aorta ascendens und im Truncus pulmonalis bestimmt und so nicht invasiv und sehr gut reproduzierbar das aortale und pulmonale Herzminutenvolumen (cardiac output) berechnet werden. Dies ermöglicht Shunt-
Kalkulationen (Qp/Qs) bei atrialen oder ventrikulären Septumdefekten, bei Pulmonalvenenfehlmündungen oder bei persistierendem Ductus arteriosus. 3-D-Angiografien mit und ohne Kontrastmittel eignen sich zur direkten Darstellung der Aorta, von Pulmonalarterien, Pulmonalvenen oder Shunts. Heutzutage kann das MRT gut die Lokalisation der Koronararterienabgänge darstellen und bei der Diagnose von fehlabgehenden oder proximal fehllaufenden Koronararterien helfen. Leider kann auf die Gabe von gadoliniumhaltigem Kontrastmittel bei 3-D-Angiografien nicht immer verzichtet werden, und so entscheiden die Fragestellung und die Bildqualität, ob Gadolinium eingesetzt werden muss oder nicht. Neuerdings sind auch 4-D-Angiografien und 4-D-Flussbestimmungen möglich. Eine hohe Wertigkeit besitzt das MRT bei der Gewebecharakterisierung, zum Beispiel bei einer Myokarditis, bei hypertropher Kardiomyopathie oder bei kardialen Tumoren (12). Das MRT ist die einzige Methode zur Darstellung myokardialer Narben, wobei hierfür Gadolinium verwendet werden muss, welches die Narben mittels Late-enhancement-Aufnahmen visualisieren kann. Mittels T2*-Sequenzen kann eine Eisenüberladung des Herzens und/oder der Leber nachgewiesen werden, dies ist hilfreich für die Therapiesteuerung bei Patienten mit Hämochromatose. Im MRT kann auch eine kardiale Beteiligung eines M. Fabry ohne Kontrastmittel diagnostiziert werden. MRT-Lymphangiografien versprechen neue Therapieplanungen bei Patienten mit plastischer Bronchitis oder Eiweissverlustenteropathie, da hier die Leckage gefunden werden kann. Für eine Herz-MRT-Untersuchung ist bis zum Schulalter meist eine Vollnarkose oder Sedation notwendig, da die Untersuchung je nach Fragestellung 20 bis 45 Minuten dauert. Ältere Kinder können die Untersuchung meist mit guter Vorbereitung im unterstützenden Beisein der Eltern und mit Musikhören gut meistern. Kontraindikationen für MRT sind und bleiben eisenhaltige Implantate, wie zum Beispiel Cochlea-Implantate sowie ältere endovaskuläre Herzschrittmacher- oder ICD-Modelle. Andere Metallimplantate, wie zum Beispiel zur Wirbelsäulenaufrichtung, vaskuläre Clips und Stents, Pectus-Bar, Metallklappenprothesen, Zahnspangen und zerebrale Shunts sind MRT-tauglich, können aber manchmal die Bildquali-
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tät reduzieren. Aufgrund der Vielfältigkeit möglicher MRT-Sequenzen muss jede Untersuchung der spezifischen Fragestellung angepasst werden. Die Zahl der durchgeführten MRT-Untersuchungen bei Kindern mit angeborenem Herzfehler steigt stetig.
Herzkatheter (HKU)
HKU werden heute meistens mit dem Ziel einer Behandlung durchgeführt und erfolgen nur noch selten rein diagnostisch (13). Sie werden entweder als eigenständiger Therapieschritt oder aber in Vorbereitung, Optimierung oder Nachbearbeitung eines chirurgischen Eingriffs durchgeführt und sind zunehmend komplexer. Die verwendeten Angiografieanlagen sind in der Kinderkardiologie biplan, also mit zwei C-Armen. So können Einzelbilder, Durchleuchtungen und Angiografien in zwei im Winkel modifizierbaren Ebenen aufgenommen werden. Parallel mit der Einführung der digitalen Bildakquise und Verarbeitung kommen neue, deutlich strahlungsärmere Röntgenröhren und empfindlichere Detektoren zum Einsatz. Die Strahlung konnte damit zwar deutlich reduziert werden, dennoch bleibt diese Technik die strahlenintensivste in der Kinderkardiologie (14). Um das Problem der limitierten Ansicht von 2-D-Projektionsbildern zu lösen, bieten die führenden Anbieter solcher Anlagen heute die Möglichkeit einer Rotationsangiografie (3DRA) an (Abbildung 4). Durch das Drehen eines oder beider C-Arme in einem Halbkreis um den Patienten wird ein volumetrischer Datensatz aufgenommen. Hieraus lassen sich rasch 3-D-Modelle errechnen, die schon während des Kathetereingriffs zur Diagnostik zur Verfügung stehen und deren diagnostische Aussagekraft oft weit über der herkömmlichen Angiografie liegt (15). Solche Modelle lassen sich mit den Fluoroskopiebildern fusionieren und stehen live zur Navigation zu Verfügung (16). Der Zeitaufwand für eine Rotationsangiografie mit folgender Bildbearbeitung und Fusion liegt bei etwa 5 Minuten und kann entweder vom Untersucher am Kathetertisch oder ausserhalb des Labors an einer eigenen Workstation durchgeführt werden. Somit stehen dem Untersuchenden anatomische kardiovaskuläre Informationen zur Verfügung, die er sonst mit repetitiven
Kontrastmittelgaben erreichen würde. Die Kontrastmittelmenge und die eingesetzte Strahlung können dadurch auch reduziert werden. MRI- und CT-Datensätze, welche zur diagnostischen Abklärung in den Monaten vor der HKU durchgeführt wurden, lassen sich in die aktuelle Untersuchung mittels Bildfusion integrieren. Auch diese Daten stehen dann mit den gleichen Möglichkeiten wie bei der Rotationsangiografie zur 3-D-Navigation zur Verfügung, jedoch mit dem grossen Vorteil, dass die Aufarbeitung der Daten, wie 3-DVisualisierung und Segmentation, vor der Untersuchung stattfinden kann und diese den Untersuchungsablauf somit nicht verzögert (16–18) (Abbildung 5).
Multimodalität
Die einzelnen Bildgebungsmodalitäten werden in der Kinderkardiologie komplementär eingesetzt. Vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler ändern sich die Anforderungen und die Fragestellungen an die Bildgebung. Zum Beispiel wird ein hämodynamisch labiles Neugeborenes mit einem komplexen Herzfehler einer invasiven chirurgischen Massnahme bedürfen: Nach primärer Dia-
Abbildung 4: Rotationsangiografie bei einem 6-jährigen Patienten nach arterieller Switchoperation bei Transposition der grossen Arterien und jetzt peripheren Pulmonalstenosen, gleichzeitige Kontrastmittelinjektion in die Aorta (rot) und in die Pulmonalarterie (blau); Ansicht von links anterior.
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Abbildung 5: Ballondilatation der Abgangsstenose der linken Pulmonalarterie. 3-D-Navigation im Herzkatheterlabor nach biplaner Fusion der Bilddaten einer MRT-Angiografie, welche segmentiert wurden (Materialise, Mimics). Violett: rechter Ventrikel; hellblau: Truncus pulmonalis und rechte linke Pulmonalarterie; grün: linke Pulmonalarterie; rot: Aorta.
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gnostik per Echokardiografie kann eine Dual-Source-CT eingesetzt werden, um eine exakte Evaluation der intrathorakalen Anatomie durchzuführen. Aus diesem Datensatz kann zur weiteren Vorbereitung des Eingriffs ein 3-D-Modell gedruckt werden, mit dem verschiedene chirurgische Vorgehensweise simuliert werden können. Muss für den Eingriff eine additive HKU durchgeführt werden, lässt sich dieser 3-D-Datensatz mit dem Fluoroskopiebild der Katheteranlage fusionieren, um den Eingriff schneller und sicherer zu machen und Strahlung und Kontrastmittel zu sparen. Bei der Operation wird eine transösophageale Echokardiografie durchgeführt, um die kardiale Funktion und das Operationsergebnis nach dem Entfernen der HerzLungen-Maschine zu verfolgen. Im weiteren Verlauf wird die Herzfunktion des wachsenden Patienten echokardiografisch überwacht und die Entwicklung von Pathologien (Klappeninsuffizienzen, Volumenbelastungen, Druckbelastungen, myokardiale Dysfunktionen u.a.) registriert. Eine MRT-Untersuchung wird dann zur exakten Bestimmung von Anatomie, Funktion und gegebenenfalls Darstellung von narbigen Veränderungen durchgeführt. Mit diesen Daten werden wiederum weitere chirurgische Eingriffe geplant oder ein Herzkatheter navigiert. Empfehlungen zum multimodalen Ansatz, zum Beispiel bei Patienten mit Fallot-Tetralogie oder nach Transposition der grossen Gefässe, sind publiziert (19, 20).
Zusammenfassung
Die Echokardiografie ist mit ihren Neuerungen unangefochten die Bildgebung der ersten Wahl bei der Diagnose und der Verlaufskontrolle von Patienten mit angeborenen Herzfehlern jeden Alters. Die hochauflösende CT und die MRT-Untersuchungen werden komplementär eingesetzt, und beide liefern bei Bedarf wertvolle Zusatzinformationen; sie werden je nach Fragestellung verwendet. In der HKU werden Bildinformationen aller drei anderen Modalitäten eingesetzt, um die Untersuchung schneller und sicherer zu machen und die Strahlendosis zu reduzieren. Alle vier Bildgebungsmodalitäten entwikkeln sich rasch und eröffnen weitere diagnostische Möglichkeiten.
Korrespondenzadresse: PD Dr.med. Martin Glöckler Leiter Kinderkardiologie Zentrum für angeborene Herzfehler Universitätsklinik für Kardiologie Inselspital, 3010 Bern E-Mail: martin.gloeckler@insel.ch
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Interessenlage: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel bestehen.
Alle Abbildungen wurden von PD Dr. med. Martin Glöckler zur Verfügung gestellt.
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