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KONGRESSBERICHT
European Society for Medical Oncology (ESMO) Congress, 13. bis 17. September 2024, Barcelona & virtuell
ZNS-Tumoren
Innovative Therapien geben Hoffnung für Gliompatienten
Das Glioblastom ist eine nicht heilbare Erkrankung mit einer ungünstigen Prognose und wenigen medikamentösen Optionen. Beim ESMO-Jahreskongress konnte Erkrankten in diesem Jahr mit innovativen immunologischen Therapien, wie Krebsvakzinen, CAR-T-Zell-Therapien und intrakraniell applizierten myeloischen dentrischen Zellen Hoffnung gemacht werden.
mRNA-Krebsvakzine induziert Antigenansprechen
Patienten mit einem MGMT-unmethylierten Glioblastom haben eine sehr schlechte Prognose mit einem medianen Überleben von etwa einem Jahr nach Resektion und Temozolomid-haltiger Chemoradiotherapie. Erste Ergebnisse der ersten Studie mit einer mRNA-basierten Krebsvakzine bei neu diagnostiziertem und reseziertem MGMT-unmethylierten Glioblastom wurden beim ESMO-Jahreskongress vorgestellt (1). Der Vakzinenkandidat CVGBM wurde in vier Dosierungen bei insgesamt 16 Patienten appliziert. Innerhalb von zehn Wochen wurden sieben Impfungen intramuskulär verabreicht, denen optional eine Erhaltungsimpfung folgen konnte. Kein Patient zeigte dosislimitierende Nebenwirkungen. 7 der 16 Patienten (43,8%) berichteten über therapieassoziierte Nebenwirkungen Grad 3, Nebenwirkungen Grad 4–5 wurden nicht beobachtet. Ein «tumor associated antigen»(TAA)Ansprechen zeigten 77% der Patienten.
Auf einen Blick
n Die mRNA-Krebsvakzine CVGBM induzierte bei MGMT-unmethyliertem Glioblastom ein Antigenansprechen bei 77% der Patienten.
n Myeloische dendritische Zellen in Kombination mit Checkpointinhibitoren sind mit einem akzeptablen Sicherheitsprofil assoziiert und zeigen einen potenziellen Effekt auf das Überleben von Patienten mit rezidiviertem High-Grade-Gliom.
n Die B7H3-gerichtete, lokal injizierte CAR-TZell-Therapie wurde gut vertragen. In einer Phase-I-Studie wurde eine vielversprechende Wirksamkeit bei Patienten mit B7H3-positivem, rezidiviertem High-Grade-Gliom beobachtet.
Als empfohlene Dosis wurde die höchste Dosierung mit 100 µg gewählt, die in der angelaufenen Expansionsphase klinisch weiterentwickelt wird.
Myeloische dendritische Zellen in Kombination mit Checkpointinhibitoren
Eine andere Phase-I-Studie ging der Frage nach, ob bei Patienten mit rezidiviertem High-Grade-Gliom von einer Kombinationstherapie mit Nivolumab (Opdivo®; 10 mg) und Ipilimumab (Yervoy®; 5 mg) profitieren können (2). Bei zwei der neun geplanten Kohorten wurden autologe myeloische dendritische Zellen (myDC) prä- und postoperativ intrakranial appliziert. Die Therapie erwies sich als machbar. Es wurden keine letalen und keine unerwarteten Nebenwirkungen beobachtet. Keiner der 21 Patienten benötigte Kortikosteroide oder andere Immunsuppressiva zur Kontrolle von immunvermittelten Nebenwirkungen. 28% der Patienten waren sowohl nach einem als auch zwei Jahren ohne Progress. Bei früher symptomatischer Progression erwies sich niedrig dosiertes Bevacizumab als nützlich. Der Anteil an Patienten mit progressionsfreiem Überleben unter Bevacizumab (PFS2) betrug 47% nach einem Jahr und 28% nach zwei Jahren. Die Gesamtüberlebensrate (OS) lag bei 60% nach einem und 30% nach zwei Jahren.
Lokale Injektion von CAR-TZellen beim rezidivierten Gliom
Auch eine chinesische Phase-I-Studie beschäftigte sich mit der lokalen Injektion einer Immuntherapie bei Patienten mit rezidiviertem High-Grade-Gliom (3). In dieser Studie wurde QH104, eine allogene B7H3-gerichtete CAR-T-Zell-Therapie, eingesetzt. B7H3 wird bei etwa 60% aller Tumoren und bei 75% der ZNS-
Tumoren exprimiert. Die Studie rekru-
tierte 9 intensiv vorbehandelte Patienten
in einem Alter zwischen 31 und 64 Jah-
ren. Eingeschlossen wurden Patienten
mit B7H3-positivem High-Grade-Gliom
und einem Karnofsky-Performance-Score
≥ 60. Es wurden zwei Dosierungen ge-
prüft, die beide gut toleriert wurden. Es
traten keine Nebenwirkungen Grad ≥ 3
und keine dosislimitierenden Toxizitäten
auf. Auch die Wirksamkeit war vielver-
sprechend. Entsprechend der iRA-
NO-Kriterien wurde eine Krankheitskont-
rollrate von 100% erreicht. Mit einer
Nachbeobachtungszeit von median
7,4 Monaten zeigten 5 Patienten einen
Krankheitsprogress. Das mediane PFS
dieser Patienten lag bei 7,8 Monaten
und die 9-Monats-Überlebensrate nach
erster Injektion bei 80%.
n
Ine Schmale
Referenzen: 1. Tabatabai G et al.: First in human study of the mRNA-based cancer vaccine CVGBM in patients (pts) with newly diagnosed and surgically resected MGMT-unmethylated glioblastoma (GBM): First results from the dose escalation phase. ESMO 2024, Abstr. #440O. 2. Neyns B et al.: A phase I clinical trial on the intracranial administration of autologous CD1c(BDCA-1)+ /CD141(BDCA-3)+ myeloid dendritic cells (myDC) in combination with ipilimumab (IPI) and nivolumab (NIVO) in patients with recurrent high-grade glioma (rHGG). ESMO 2024, Abstr. #441O. 3. Huang Y et al.: A phase I clinical trial of intrathecal injection of allogeneic CAR-γδT cells targeting B7H3 for the treatment of patients with recurrent glioblastoma. ESMO 2024, Abstr. #442O.
12 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 4+5/2024