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SAKK AWARDS UND FORSCHUNGSSTIPENDIEN
Ausgezeichnete Krebsforschung in der Schweiz
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) hat an ihrer diesjährigen Halbjahresversammlung in Luzern für besonders vielversprechende Studien rund um die klinische Krebsforschung fünf Preise und ein Forschungsstipendium im Gesamtwert von 1 160 000 Franken vergeben.
Die SAKK setzt sich für eine unabhängige klinische Krebsforschung auf höchstem Niveau in der Schweiz ein. Die Awards werden sowohl an bereits etablierte als auch an Nachwuchsforscher vergeben; die Preisgelder werden von Partnern aus der Industrie unterstützt. Folgende Arbeiten und Forscher wurden diesmal ausgezeichnet:
Unterstützung für künstliche Intelligenz in der Brustkrebsdiagnostik
Der «SAKK/AbbVie Digital Innovation Award» geht an Dr. Elene Diana Chiru und PD Dr. Marcus Vetter vom Kantonsspital Baselland, Liestal. Sie arbeiten daran, die diagnostischen Möglichkeiten mithilfe künstlicher Intelligenz (Ataraxis KI-Model) durch den Einbezug zusätzlicher klinischer und pathologischer Daten zu erweitern. Dieser Ansatz könnte bestehende Limitationen der bisher genutzten genetischen Testmethode überwinden und insbesondere bei seltenen genetischen Varianten von Brustkrebs eine verbesserte Vorhersagegenauigkeit bieten. Die Entscheidungsfindung bei der Therapie könnte künftig damit noch zuverlässiger unterstützt werden.
Studie zu neuer Behandlungsoption für Prostatakarzinom prämiert
Menschliche Körperzellen können über einen speziellen Mechanismus bei Bedarf wichtige Gene zur DNA-Reparatur einschalten. Tumorzellen nutzen dieses «Minor Intron Splicing» etwa während einer Krebstherapie, um zu überleben und so therapieresistent zu werden. Der «SAKK/Astellas GU-Oncology Award» geht an die Forschungsgruppe um Dr. Anke Katharina Augspach von der Universität Bern, die zeigen konnte, dass therapieresistente Prostatakrebszellen weniger gut überlebten, wenn dieser Mechanismus durch eine siRNA gehemmt wurde. Dieser Ansatz könnte auch bei weiteren soliden Tumoren zur Anwendung kommen, bei denen das Minor Splicing eine Rolle spielt.
Prof. Dr. med. Richard Cathomas (Jury Chair), Dr. med. Anke Augspach, Dr. rer. nat. Stephanie Saul
Thomas Birchler, Prof. Dr. med. Miklos Pless (Jury Chair), Dr. med. Elena Diana Chiru, Christian Knapp
Auszeichnung für Forschung zur Vermeidung von Graftversus-host-Erkrankung nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation
Eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (allo-HSCT) kommt bei vielen hämatologischen Erkrankun-
gen zum Einsatz. Eine Graft-versus-hostErkrankung (GvHD) ist die häufigste nicht infektiöse Komplikation – und die Hauptursache für ein Versterben ohne Rückfall. Aktuell werden zu deren Prophylaxe Immunsuppressiva eingesetzt, die jedoch ebenso die Antitumorwirkung der allo-HSCT selbst hemmen können. Der «SAKK/BMS HEM Pioneer Grant» wurde an PD Dr. Chiara Bernardi vom Universitätsspital Genf (HUG) vergeben, die mit ihrem Team auf Basis regulatorischer T-Zellen (Treg) eine neue Zelltherapie entwickeln möchte. Deren immunregulierende Wirkung soll das Auftreten der gefürchteten, nicht infektiösen Komplikation verhindern.
Prof. Dr. med. Gabriela Baerlocher, PD Dr. med. Chiara Bernardi und Dr. Maryna Levikova
Award für die Ausbildung von Gesundheitspersonal im Bereich Patienteneinbindung
Die verstärkte Einbindung von Patienten in die onkologische Forschung verspricht Vorteile, etwa bei der Evaluation neuer Behandlungsmethoden. Vor diesem Hintergrund hat die European Patients Academy on Therapeutic Innovation (EUPATI) Empfehlungen zur Patienteneinbindung in klinischen Studien herausgegeben, und das Oncology Institute of Southern Switzerland (IOSI) startete 2023 eine entsprechende Initiative. Mit dem «SAKK/Gilead Expanding Horizons in Oncology-Award» wird Dr. Marcio Cefalì vom Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) prämiert, der im Rahmen gemeinsamer Aktivitäten von SAKK und IOSI Workshops für Gesundheitspersonal in Onko-
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SAKK AWARDS UND FORSCHUNGSSTIPENDIEN
logie und Hämatologie organisiert. Diese vermitteln die Bedeutung und Umsetzung der Patienteneinbindung sowie deren Vorteile und Herausforderungen im klinischen Alltag. Im Anschluss sollen die Teilnehmer aktiv an Projekten von SAKK und IOSI mitwirken, etwa durch die Vorbereitung von Patienten auf eine beratende Rolle in Advisory Boards oder in der Entwicklung neuer Studienprotokolle.
Prof. Dr. med. Richard Cathomas (Jury member), Prof. Cristiana Sessa, Philip Becker
Förderung für die Ausweitung der ambulanten OnkologieRehabilitation
Da immer mehr Krebspatienten geheilt werden oder eine lange Remissionsphase erreichen, ist die Reintegration in das Arbeits- und Sozialleben heute ein wichtiges Thema. Zur Unterstützung dieser Patienten hat Dr. Kristin ZeidlerKnoblauch an den vier Spitälern der LUKS-Gruppe ein ambulantes Onkologie-Rehabilitationsprogramm etabliert. Das Programm soll nun ausgebaut werden – mit verbesserten Bildungsinhalten, einem Motivationstraining zur Erhöhung der Adhärenz und einem Video für Antworten auf häufig gestellte Fragen. Zudem wird ein interprofessionelles Team Ansätze zur weiteren Optimierung und zur begleitenden klinischen Forschung erarbeiten. Eine Publikation soll anschliessend den Beitrag des Programms zur Erleichterung des klinischen Alltags und die Auswirkungen auf die Reintegra-
tion zusammenfassen. Das Vorhaben wird unterstützt durch den «SAKK/Novartis Together for Patients Award». Mü n
Milica Zecevic, Prof. Dr. med. Miklos Pless (Jury Chair), Dr. med. Kristin Zeidler-Knoblauch, Astrid Marti Quelle: Medienmitteilung der SAKK, 27. Juni 2024 Fotos: SAKK
Hoch dotiertes Forschungsstipendium der SAKK geht ans Luzerner Kantonsspital
Der mit einem Fördergeld von 1 Million Franken dotierte «SAKK Trial Award 2023–2024» geht nach Luzern an Prof. Christian Fankhauser vom Luzerner Kantonsspital. Das Geld soll die Durchführung der Phase-II-Studie ISOTONIC ermöglichen, um eine neue Kombinationstherapie für Patienten mit einem kastrationsresistentem Prostatakarzinom zu untersuchen. Eine Androgen-Deprivationstherapie bei einem hormonsensitiven Prostatakarzinom geht mit unangenehmen Nebenwirkungen einher und verlängert die Überlebenszeit der betroffenen Männer doch oft nur mässig. Entwickelt sich daraus mit der Zeit ein (metastasiertes) kastrationsresistentes Prostatakarzinom, kann die Lebenserwartung bei limitiertem Ansprechen auf die verfügbaren Therapieoptionen mit 1 bis 2 Jahren gering sein. Neue Therapiean-
sätze sind also dringend gesucht. In diesem Kontext werden sowohl spezifische PARP-1-Hemmer als auch eine bipolare Androgen-Therapie mit hohen Testosterondosen untersucht. In der von Fankhauser und seinem Team geplanten ISOTONIC-Studie sollen diese beiden Therapieansätze nun kombiniert werden. Da beide auf den DNAReparaturmechanismus zielen, könnten sie synergistische Effekte haben. Aber auch wichtige Nebenwirkungen könnten sich gegenseitig abmildern: Während der PARP-1-Inhibitor Blutarmut verursachen kann, kommt es unter Testosteron zu einer erhöhten Zahl an roten Blutzellen. Zwar steht in der Phase-II-Studie die Wirksamkeit in Bezug auf Krankheitsprogression im Mittelpunkt, aber auch die Nebenwirkungen der Kombinationstherapie werden erhoben. Fallen die Ergebnisse positiv
Prof. Dr. med. Miklos Pless, Prof. Dr. med. Christian Fankhauser, Dr. Hans Rudolf Keller
aus, könnte diese Kombination nicht nur den Krebs bekämpfen, sondern auch die Lebensqualität und Sexualfunktion der Patienten verbessern. Mü
Quelle: Medienmitteilung der SAKK, 27. Juni 2024 Fotos: SAKK
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