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JOURNAL CLUB
CAR-T-Zell-Therapie
Welche Bedeutung hat der Lebensstil für den Erfolg der Therapie?
Die CAR-T-Zell-Therapie hat sich als praxisverändernde Immuntherapie für eine Reihe von Tumoren erwiesen. In zwei neuen Studien wurde jetzt untersucht, welchen Einfluss Patientenfaktoren wie die Fett- und Muskelmasse sowie der Ernährungszustand und die Zusammensetzung des Mikrobioms auf den Behandlungserfolg haben.
Ob und wie gut CAR-T-Zellen einen Tumor bekämpfen, hängt von vielen Faktoren ab: zum einen von Mutationen in den Tumorzellen oder biologischen Eigenschaften der CAR-T-Zellen. «Aber offenbar auch von gewissen körperlichen Gegebenheiten der Patienten», erklärt Dr. Kai Rejeski, Co-Erstautor einer neuen Studie (1).
Ernährung, Bewegung, körperliche Reserven
In dieser retrospektiven Beobachtungsuntersuchung werteten Forscher die Daten von 106 Patienten mit rezidiviertem/refraktärem grosszelligen B-ZellLymphom aus, die am Klinikum der Universität München (LMU Klinikum) und am Moffitt Cancer Center in Tampa (Florida, USA) eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten hatten. Anhand von (PET-)CT-Bildern ermittelten die Wissenschaftler die Körperfettverteilung und bestimmten den Anteil der Muskelmasse. Des Weiteren wendete das Team einen Indikator zur Beurteilung des Ernährungszustands der Patienten an, der sich unter anderem aus Entzündungswerten wie dem C-reaktiven Protein (CRP) und dem Proteingehalt im Blut berechnete (2). Patienten mit erhöhter Viszeralfett- und Muskelmasse sowie mit niedrigem CRP und einem guten Ernährungszustand hatten die besten Chancen für eine erfolgreiche CAR-T-Zell-Therapie. Mithin die «rustikale Patientin, die täglich ihre drei Kilometer geht oder im Garten arbeitet, die trotzdem gut isst und einige körperliche Reserven hat», wie Rejeski sagt (1).
Patienten mit wenig Bauchfett, aber viel Muskelmasse lagen bezüglich des Behandlungserfolgs im Mittelfeld. Bei Personen mit wenig viszeralem Fett und niedrigem Skelettmuskelindex wurden die ungünstigsten Behandlungsergebnisse beobachtet. Auch ein schlechter Ernährungszustand war mit einem kürzeren Überleben verbunden. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass Bewegung und Ernährung mit den entsprechenden körperlichen Reserven im Zusammenhang mit der CAR-T-Zell-Therapie eine bedeutende Rolle spielen (2). Insbesondere sollten Patienten unter einer Chemotherapie ihrer Ansicht nach darauf achten, Therapiepausen für moderate Bewegung zu nutzen und kein Gewicht zu verlieren – mit guter und ausgewogener Kost (1).
Zusammensetzung des Mikrobioms
Die Bedeutung guter Ernährung für den Therapieerfolg mit CAR-T-Zellen zeigte sich auch in einer weiteren Studie (3). Hier analysierten Wissenschaftler die Zusammensetzung des Darmmikrobioms und evaluierten dessen Einfluss auf die Symptomatik und das Überleben. Dazu werteten Co-Erstautorin Dr. Viktoria Blumenberg und ihre Kollegen die Daten von Patienten mit B-Zell-Lymphomen aus fünf Zentren in Deutschland und den Vereinigten Staaten (Deutschland: n = 66; Vereinigte Staaten: n = 106; insgesamt: n = 172) aus, die eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten hatten (3). Im Rahmen der Studie zeigte sich, dass eine Exposition gegenüber Breitspekt-
rum-Hochrisiko-Antibiotika wie Merope-
nem (Meronem® und Generika), Pipera-
cillin-Tazobactam (Tazobac® und
Generika) oder Cefepim (Generika) inner-
halb von drei Wochen vor der CAR-T-Zell-
therapie bei Patienten aller Kohorten mit
einem schlechteren progressionsfreien
Überleben (PFS) und Gesamtüberleben
(OS) verbunden war. In diesem Zusam-
menhang spielte den Autoren zufolge
möglicherweise auch die antibiotikabe-
dingte Schädigung des Mikrobioms eine
Rolle (3).
Anschliessend werteten die Forscher die
Daten der Patienten aus, die im Vorfeld
der CAR-T-Zell-Therapie keine Antibio-
tika erhalten hatten. Bei diesen Personen
waren Bakterien der Gattungen Bacteroi-
des, Ruminococcus, Eubacterium und
Akkermansia im Darmmikrobiom am aus-
geprägtesten mit dem Ansprechen auf
die CAR-T-Zelltherapie assoziiert, vor al-
lem nach Monat 6. «Das ist deshalb wich-
tig, weil nach allem Wissen nur wenige
Patienten sechs Monate nach einer CAR-
T-Zell-Therapie noch einen Rückfall erlei-
den», erläutert Blumenberg (3). Die Er-
gebnisse dieser beiden Studien weisen
darauf hin, dass die CAR-T-Zell-Therapie
ein ganzheitliches Programm für die Pa-
tienten erfordert, resümiert Prof. Dr. Ma-
rion Subklewe, Leiterin des CAR-T-Pro-
gramms der Medizinischen Klinik III des
LMU Klinikums (1).
n
PS
Quellen: 1. Pressemitteilung des LMU Klinikums vom 22. Mai
2023 2. Rejeski K et al.: Influence of adipose tissue distribu-
tion, sarcopenia, and nutritional status on clinical outcomes after CD19 CAR T-cell therapy. Cancer Immunol Res. 2023. 3. Stein-Thoeringer CK et al.: A non-antibiotic-disrupted gut microbiome is associated with clinical responses to CD19-CAR-T cell cancer immunotherapy. Nat Med. 2023;29(4):906-916.
38 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 5/2023