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FOKUS PROSTATAKARZINOM
Sektorenübergreifende zertifizierte Versorgung von Prostatakarzinompatienten
Von der Praxis ins Spital und zurück
Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Es bedarf einer strukturierten und leitlinienkonformen Diagnostik und Therapie dieser Erkrankung. Ein Grossteil der Versorgung von daran erkrankten Männern erfolgt dabei auch in der «Peripherie» – den urologischen Praxen. Deswegen sind deren Anbindung und Integration an zertifizierte Zentren ein weiterer Schlüssel zu Zukunft und Erfolg der Prostatakarzinomzentren. Eine nicht zu unterschätzende Hürde stellt hierbei der administrative und finanzielle Aufwand dar.
GREGOR KADNER, GABRIEL SCHELL
SZO 2023; 2: 17–20
Gregor Kadner Gabriel Schell
Das Prostatakarzinom ist in der Schweiz nach wie vor die häufigste Tumorentität bei Männern. Und bei der krebsspezifischen männlichen Mortalität steht das Prostatakarzinom nach dem Bronchialkarzinom an zweiter Stelle (1). Eine ähnliche Inzidenz ist auch in den Nachbarländern in Westeuropa zu verzeichnen (2). Auffallend ist, dass sich die Inzidenz abhängig von der geographischen Herkunft der Männer unterscheidet. So zeigt sich neben einem deutlichen NordSüd-Gefälle innerhalb Europas auch eine unterschiedliche Inzidenz bei Afroamerikanern im Vergleich zur weissen Bevölkerung in den USA (3, 4). Der Grund dafür ist nach wie vor nicht gänzlich geklärt (5). Die Diagnose eines Prostatakarzinoms wird in der Regel im Rahmen der urologischen Vorsorgeuntersuchung gestellt. Lokal weit fortgeschrittene Stadien fallen durch klinische Symptome wie Hämaturie oder lokale Schmerzen auf. Schmerzen durch Knochenmetastasen oder Organmetastasen sind
ABSTRACT
Prostate cancer is the most common tumor in men. In order to achieve a good quality of treatment, diagnostics and therapy are carried out according to oncological guidelines. Since 2008, the German Cancer Society («Deutsche Krebsgesellschaft», DKG) has certified numerous prostate cancer centers not only in Germany. In the meantime, almost all major university hospitals in Switzerland are also certified. The aim is to achieve a good quality of treatment for prostate cancer patients. In order to further improve this, cooperation partners such as urological practices can be co-certified. The aim is to establish qualified interdisciplinary and cross-sectoral institutions for optimal treatment quality.
Keywords: prostate cancer, prostate cancer centre, prostate center, accreditation, German Cancer Society, quality of care
Zeichen einer bereits systemisch fortschreitenden Erkrankung (6). Zur urologischen Vorsorgeuntersuchung, welche in der Regel ab dem 50. Lebensjahr einmal pro Jahr durchgeführt wird, zählt die digital rektale Untersuchung (DRU) sowie die Bestimmung des Prostataspezifischen-Antigens (PSA), einer Serinprotease im Serum des Patienten (7, 8). Gibt es hier Auffälligkeiten, wird in der Regel zunächst ein multiparametrisches MRI der Prostata durchgeführt; damit kann das Prostatagewebe aufgrund der guten räumlichen Auflösung gut dargestellt werden (9). In den letzten Jahren hat sich eine standardisierte Befunderhebung durchgesetzt. Die Einteilung nach PI-RADS (Prostate Imaging-Reporting and Data System) liefert eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines möglichen signifikanten Prostatakarzinoms (10). Je nach Risikokonstellation und Einteilung erfolgt dann die Biopsie der Prostata. Diese wird entweder mittels transrektaler Sonographie (nach vorangegangenem MRI meist kognitiv fusioniert) oder mittels einer softund hardwarebasierten Fusionsbiopsie (Roboterassistierte Fusionsbiopsie) durchgeführt. Beide Verfahren bieten die Möglichkeit, die Biopsie sowohl transrektal als auch perineal zu gewinnen. Bereits seit den 1970er-Jahren erfolgt die histopathologische Einteilung der Adenokarzinome gemäss der Drüsenmorphologie nach Gleason (siehe Abbildung 1). Dabei beschreibt ein Grad 1 die am besten differenzierten und ein Grad 5 die am schlechtesten differenzierten Tumore (11).
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Für die Entscheidung, welche Therapie erforderlich ist, sind eine korrekte Diagnosestellung und ein korrektes Staging unerlässlich. Dieses erfolgt nach dem internationalen TNM-System (Union internationale contre le cancer; siehe Tabelle 1) (13, 14). Zudem erfolgt die Stadien- und Risikoeinteilung nach D’Amico, diese gilt als wichtigster Faktor für die Prognose des Prostatakarzinoms (siehe Tabelle 2) (15). Je nach Stadium erfolgt dann die Einleitung der gemeinsam mit dem Patienten festgehaltenen Therapie. Bei sogenannten klinisch insignifikanten Prostatakarzinomen (PSA < 10 ug/l, Gleasonscore ≤ 6, ≤ 2 positive Stanzen) (16) kann eine abwartende 1. kleine gleichförmige Drüsen gut differenziert 2. mehr Stroma zwischen den Drüsen 3. deutlich infiltrierte Ränder 4. unregelmässige Ansammlungen von neoplastischen Drüsen 5. nur gelegentlich Drüsenbildung mässig differenziert schlecht differenziert/ anaplastisch Abbildung 1: Im Gleason-Score werden die Differenzierungsgrade unterschieden. Quelle: https://commons.wikimedia.org/ T-Staging T1a T1 T1b T1c nicht tastbarer Tumor T2 tastbarer T3 Tumor T4 Klinischer Befund Resektion der Prostata: weniger als 5% des Gewebes befallen Resektion der Prostata: mehr als 5% des Gewebes befallen Nur durch Nadelbiopsie nachgewiesen T2a Tumor nur in einem Lappen nachgewiesen mit ≤ 50% T2b Tumor nur in einem Lappen nachgewiesen mit > 50%
T2c Tumor in beiden Lappen nachgewiesen
T3a
Tumorausbreitung ein- oder beidseitig über Prostatakapsel hinaus, Samenblasen tumorfrei
T3b Ausbreitung der Samenblase(n)
Tumor ist fixiert oder hat sich auf benachbarte Strukturen (ausser T4 der Samenblase) wie Schliessmuskeln, Rektum und/oder
Beckenboden) ausgebreitet
<3 positive Stanzen ≤ 50% Krebs in jedem Kern PSA Dichte < 0,15 ng/mL/cm3 – Tabelle 1: Staging nach TNM-System, adaptiert nach (13, 14) Relevente Änderungen d'Amico Gruppe d'AmMiceoddr'k'AAmmmailicecoo GruppeGGrruuppppee 5 Jahres MerkRmeazMMildeeeivrrkrkammteaallee Re5zJiadhivrreRRase5te5ezzJiJiadadhihivvrrrereaRasstteeelevente<Ä3npdoesRriuetinlvegeveSentnRaRtneezlleeÄenvnveednnettreeuÄnÄgnneddneerruunnggeenn PSA ≤ 10 ng/ml sehr NR ≤ 50% Krebs in jedem<3KperonsitUign5neg0gsü%ünnpsstotiigsgieetsisve Kerne ISUP 3 IISSUUPP33
InHtoehRrmeiPssSiekARdIoHHSii>säoUoi2rkhPhe0oees4sns–RgR5/iismsiikklooP1S0AIIS
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> 50% pIS>o>Us55iP0t0i2%v%eppKooessriinttieivveeKKeerrnnee < 50% positive Kerne < 20%– Grade––4 in positiven Stanzen Tabelle 2: StadT2iebn- und RisikoeinteilunUgngnüInaRsctighesD’Amico>,50a%dpaIoSpUsiPttiiv3ee rKternneach (15)
Hohes Risiko
PSA > 20 ng/ml ISUP 4–5
>50 %
–
PSA ≤ 10 ng/ml ISUP 1 T1c/T2a
Merkmale
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5 Jahres Rezidivrate
< 25% 25 < Risiko ≤
50% >50 %
10 < PSA < 20 ng/ml ISUP 2–3 T2b PSA > 20 ng/ml ISUP 4–5
Günstiges IR
Ungünstiges IR
ISUP 2 < 50% positive Kerne < 20% Grade 4 in positiven Stanzen ISUP 3 > 50% positive Kerne –
Therapie/Überwachung erfolgen (active surveillance) (17). Bei klinisch signifikanten Karzinomen erfolgt in der Regel eine aktive Therapie (Radiatio, operative Prostatektomie) (18). Bei systemisch fortgeschrittenen Prostatakarzinomen kommt neben einer antiandrogenen Therapie oftmals eine systemische Chemotherapie zum Einsatz (19, 20).
Zertifizierung von Karzinomzentren
Ein elementarer Schritt hin zu hohen Qualitätsstandards in der Medizin ist die Zertifizierung von Karzinomzentren. Diese sollen Ansprechpartner für betroffene Patienten sein, und eine optimale Diagnostik und Behandlung des Krebsleidens ermöglichen. Krebserkrankungen sind in der Regel komplex und erfordern eine enge Zusammenarbeit von Spezialisten unterschiedlicher fachärztlicher Disziplinen. Aber auch weitere Berufsgruppen, beispielsweise Sozialarbeiter, spezialisiertes Pflegepersonal sowie Psychoonkologen, sind wichtig für eine erfolgreiche Betreuung der an Krebs erkrankten Menschen. Auch Selbsthilfegruppen bieten oft eine unerlässliche Stütze für Betroffene. Zwar ist es unbestritten, dass für die Betreuung und gute Versorgung von Krebspatienten multidisziplinäre Teams notwendig sind. Ein grosses Problem stellt jedoch seit jeher die Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung dar. Die fehlende oder mangelhafte Übermittlung von Informationen oder die nicht geklärte Regelung der weiterführenden Behandlung können gravierende Folgen für die Patienten haben. Gerade bei der Behandlung komplexer Krebs erkrankungen ist der aktuelle Stand des Wissens sowie dessen Anwendung elementar für eine qualitativ hochwertige Patientenbehandlung. Dem Medizinpersonal stehen dabei onkologische Leitlinien zur Verfügung, welche in der Regel von Expertengruppen erarbeitet werden. Die Überprüfung der Umsetzung von leitlinienkonformer Diagnostik und Therapie ist eine zentrale Aufgabe im Rahmen des Zertifizierungsprozesses, da diese einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Versorgung von Patienten hat. Einer der führenden Auditoren in Deutschland und Europa ist die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), welche bereits seit dem Jahr 2003 entsprechende Zertifizierungen vornimmt. Die zertifizierten Zentren sind Netzwerke aus stationären und ambulanten Einrichtungen und beziehen neben den Krankenhäusern auch niedergelassene Praxen mit ein. Aber auch weitere Einrichtungen wie Rehabilitationskliniken können miteingeschlossen werden (siehe Abbildung 2). Für eine erfolgreiche Zertifizierung müssen eine Reihe von Qualitätsanforderungen erfüllt werden.
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Hauptaugenmerk neben der erforderlichen Ausstattung (Technik, Personal) ist der Nachweis von Umsatz und Berücksichtigung einer leitlinienkonformen Diagnostik und Therapie.
Prostatakarzinomzentren
Im Jahr 2008 wurde in Deutschland das erste Prostatakarzinomzentrum von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert (21). Seither steigt die Zahl an zertifizierten Zentren stetig an. Im Auditjahr 2016 konnten bereits 103 Prostatakarzinomzentren von der DKG zertifiziert werden und es wurden an diesen 20’000 Primärfälle mit der ersten Diagnose Prostatakarzinom behandelt. Aktuell sind in Deutschland knapp 140 zertifizierte Zentren zu verzeichnen. Auch in der Schweiz zeigt sich in den letzten Jahren ein rasanter Anstieg an DKG-zertifizierten Prostatakarzinomzentren. So sind hierzulande alle universitären Spitäler prostatakarzinomzertifiziert. Aber auch beispielsweise die Kantonsspitäler Fribourg, Baden und Aarau sowie Winterthur und Luzern sind entsprechend zertifiziert. Seit diesem Jahr zählt auch das Kantonsspital Münsterlingen im Kanton Thurgau zu den DKG-zertifizierten Prostatakarzinomzentren; zeitgleich wurde unsere urologische Praxis (Urologie Amriswil, Kanton Thurgau) erfolgreich von der DKG mitzertifiziert. Als Mass für die Qualitätssicherung dienen 26 Qualitätskennzahlen. Diese ermöglichen die Bewertung der Qualität in Bezug auf Behandlungsergebnisse sowie Struktur- und Prozessqualität. Dadurch wird auch eine transparente Vergleichbarkeit unter den zertifizierten Zentren erreicht (siehe Abbildung 3). Allerdings müssen die Zentren zahlreiche weitere Anforderungen erfüllen, um eine Zertifizierung zu erlangen (22). So stellt beispielsweise die Erfüllung der Behandlung von ausreichend Primärfällen an Krebspatienten eine entscheidende Hürde im Bereich des Zertifizierungsprozess dar. Aber auch die Durchführung einer strukturierten, interdisziplinären Tumorboard-Konferenz zum Zweck der Therapieplanung ist nachzuweisen. Zusätzlich muss für eine erfolgreiche Zertifizierung unter anderem eine interdisziplinäre Sprechstunde für betroffene Patienten angeboten werden.
Ablauf Zertifizierung DKG
Für einen erfolgreichen Zertifizierungsprozess müssen strenge Qualitätskontrollen durchlaufen werden. Dabei folgt die Zertifizierung einem strukturierten Prozess mit unterschiedlichen Instanzen (23). Dieser wird durch eine Zertifizierungskommission festgelegt. Dabei begleiten und überprüfen onkologisch tätige Fachärzte (sogenannte Auditoren) in Zusammenarbeit mit dem Institut OnkoZert den gesamten Zertifizierungsprozess. Hierbei spielt ein Auditorentermin vor Ort im Krankenhaus und/oder
Vorsorgekoloskopie
Niedergelassene Ärzte
Rehabilitation Palliativmedizin
Früh erkennung
Krebsregister Psychoonkologie
Nachsorge / Palliation
Selbsthilfe
Pathologie Radiologie
Urologie
Diagnostik Pflege
Therapie
Sozialarbeit Brachytherapie
Strahlentherapie
Chirurgie
Abbildung 2: Zertifizierte Prostatakrebszentren, adaptiert nach (24)
z. B. Kennzahl 2
z. B. Kennzahl 10
Tumor konferenz
Chemo-/ Antikörper
therapie
Diagnose
Operation
Strahlen therapie
z. B. Kennzahl 12
Nachsorge Hormon therapie
z. B. Kennzahl 7
Beratung Sozialdienst
Studien teilnahme
Psycho onkologie
Abbildung 3: Ausgewählte Kennzahlen beim Prostatakarzinom, adaptiert nach (24)
der Praxis eine entscheidende Rolle: Die Auditoren prüfen die Erfüllung und Einhaltung der Anforderungen und können sich vor Ort ein Bild über deren Umsetzung machen. Schliesslich entscheidet als dritte Instanz der sogenannte Ausschuss Zertifikaterteilung über die Vergabe des Zertifikats. Durch diese Gewaltenteilung wird ein fairer, objektiver und transparenter Zertifizierungsprozess gesichert und kein Gremium allein kann über eine Zertifizierung entscheiden.
Praxen / Kooperationspartner
Ziel des Zertifizierungssystems ist die Bildung eines Netzes von qualifizierten interdisziplinären und sektorenübergreifenden Einrichtungen. Diese sollen möglichst die gesamte Versorgungskette für Betroffene umfassen. Dabei können kooperierende Praxen die Organzentren unterstützen und sich selbst als Teil des Zentrumsnetzwerks zertifizieren lassen. Die DKG stellt dann für die Praxen ein entsprechendes Zertifikat aus. Aktuell besteht diese Möglichkeit für gastroenterologische Praxen, bei Prostatakrebszentren für urologische Praxen, bei Brust- bzw. Gynäkologischen Krebszentren für gynäkologische Praxen und bei
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Merkpunkte
■ Das Prostatakarzinom ist der häufigste Tumor des Mannes. ■ Das erste Prostatakarzinomzentrum wurde 2008 von der DKG zertifiziert. Seither
steigt die Zahl international rasant an. ■ Die Zertifizierung von Zentren soll die Behandlungsqualität von Krebspatienten steigern. ■ Die Bildung von sektorenübergreifenden Einrichtungen inklusive Zertifizierung von
Kooperationspartnern / Praxen soll die Struktur- und Prozessqualität weiter verbessern.
Hautkrebszentren für dermatologische Praxen. Bisher sind in der Schweiz nur sehr wenige urologische Praxen zertifiziert.
administrative Aufwand hinter derartigen Karzinomzentren ist enorm und Gegenstand von Diskussionen. Dem muss sich auch eine urologische Praxis kritisch stellen und zusammen mit dem Zentrumsspital nach entlastenden Wegen suchen. Einen Weg der Entlastung bietet die Digitalisierung mit z.B. Möglichkeiten zentraler Zugriffe auf die Patientendaten oder die Teilnahme an M&M und Tumorboard via Videokonferenz. Aber auch die Krebsregister sind gefordert. Momentan herrscht Doppelspurigkeit in der Datenerfassung beim Prostatakarzinom – eine unnötige Belastung.
Zertifizierung als urologische Praxis
Um eine urologische Praxis in einem Prostatakarzinomzentrum zertifizieren zu lassen, müssen im Rahmen des Zertifizierungsprozesses der DKG ebenfalls zahlreiche Kriterien erfüllt werden. Für die DKG-zertifizierten Prostatakrebszentren wird von OnkoZert ein «Stammblatt» geführt. Nur Praxen, welche die o.g. Anforderungen erfüllen und diese auch in einem vor Ort durchgeführten Audit nachweisen können, werden auch in diesem Stammblatt aufgeführt und sind somit erfolgreich DKG-zertifiziert – und nur diese dürfen sich offiziell als Teil des zertifizierten Zentrums ausweisen. Ein Grossteil dieser Anforderungen ist für eine modern aufgestellte urologische Praxis gut erfüllbar. Neben einem etablierten und zertifizierten Qualitätsmanagementsystem (z.B. Equam) sind Verfahrensbeschreibungen (Standard Operation Procedure: SOP) nachzuweisen (Prostatadiagnostik inkl. Befundmitteilung; Einweisung und Kommunikation Zentrum; Nachsorge von Prostatakrebspatienten; Beschwerdemanagement) sowie regelmässige Fortbildungen im Bereich der Uro-Onkologie mit Wiederholung in 3-jährigen Abständen. Ein wichtiges Augenmerk liegt auf der leitliniengerechten Indikation und Durchführung zur transrektalen Biopsie der Prostata. So lautet die Vorgabe, dass mindestens 20 % der Stanzen positiv sein müssen. Zudem müssen je Biopsie mindestens zehn Stanzbiopsiezylinder entnommen werden mit jeweils einer Mindestlänge von 10 mm. Ebenso sind die Wartezeit bei Karzinomverdacht für Sprechstundentermine, die Durchführung der Biopsie und Befundmitteilung wichtige Kennzahlen. Die Termine müssen innerhalb eines definierten Zeitrahmens stattfinden. Auch die Teilnahme an den Morbiditäts- und Mortalitäts(M&M)Konferenzen sowie den Tumorboard-Konferenzen ist obligat und es müssen pro Jahr mindestens vier Patienten persönlich von den Ärzten der Praxis vorgestellt werden. Auch eine jährliche Auswertung der Quote der Nachsorgedaten und Meldung dieser an das Zentrum wird verlangt. Hier sind wir auch schon bei den problematischen Themen angekommen. Der finanzielle und vor allem
Ausblick
Trotz dieser angeführten kritischen Punkte sind wir überzeugt, dass wir und unsere Patienten im Rahmen der Zertifizierung des Prostatakarzinomzentrums Spital Thurgau profitieren und freuen uns, als urologische Praxis mitzertifiziert worden zu sein. Wir glauben, dass dadurch nicht nur unsere Prostatakarzinompatienten sektorübergreifend in Bezug auf Diagnose, Therapie sowie Prozessqualität profitieren, sondern alle Patienten unserer Praxis.
Dr. med. Gregor Kadner, Dr. med. Gabriel Schell Korrespondenzadresse: Urologie Amriswil Nordstrasse 7 8580 Amriswil Tel. 071 511 70 25 E-Mail: gabriel.schell@hin.ch
Interessenkonflikte: keine
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