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2022 ASCO
Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology, 3. bis 7. Juni 2022, Chicago und online
Mammakarzinom
Hoch effektive Therapieoptionen für Brustkrebspatientinnen
Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) sind hoch effektive Therapiestrategien, die in der Regel zudem gut verträglich sind. Beim diesjährigen ASCO wurden für die Behandlung von Brustkrebspatientinnen mit fortgeschrittener Erkrankung Ergebnisse von zwei Studien mit ADC präsentiert, die zur verbesserten Prognose bei niedriger HER2-Expression bzw. HER2-negativem Status beitragen. Die LUMINA-Studie beantwortet die Frage, ob bei frühem Brustkrebs für alle Patientinnen nach brusterhaltender Therapie eine Radiatio notwendig ist.
0,48; 95%-KI: 0,24–0,95). Ein Ansprechen zeigten 52,6 versus 16,8% der HRpositiven und 50,0 versus 16,7% der HRnegativen Patientinnen. Die Dauer des Ansprechens betrug median 10,7 versus 6,8 bzw. 8,6 versus 4,9 Monate. Das Sicherheitsprofilwarkonsistentmitden bekannten Daten.
Trastuzumab deruxtecan bei niedriger HER2-Expression
Patientinnen mit Mammakarzinom und niedriger HER2-Expression (HER2-low) werden bisher wie HER2-negative (HER-) Brustkrebspatientinnen behandelt. In der Studie DESTINY-Breast04 wurde mit Trastuzumab deruxtecan (T- DXd) ein neuer Standard für HER2low, unabhängig vom Hormonrezeptorstatus, etabliert (1). Die niedrige HER2Expression ist definiert als ein IHC1+ oder IHC2+/ISH-. Häufig wird sie mit einer Hormonrezeptor-Koexpression beobachtet. In der Phase-III-Studie DESTINYBreast04 erhielten Patientinnen mit nicht resektabler und/oder metastasierter Erkrankung, die 1 bis 2 Chemotherapielinien im metastasierten Setting erhalten hatten und im Fall einer Hormonrezeptor-positiven(HR+)Erkrankung endokrin refraktär waren, 2:1 randomisiert T-DXd oder eine Therapie nach Wahl des Behandlers (Capecitabin, Eribulin, Gemcitabin, Paclitaxel oder nabPaclitaxel). Primärer Studienendpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) der HR+ Population. In hierarchischer Testung wurden als sekundäre Endpunkte das PFS bei der gesamten Studienpopulation (ITT) das Gesamtüberleben (OS) der HR-positiven sowie der ITT-Population ausgewertet. 557 Patientinnen im medianen Alter von 56 bis 58 Jahren wurden randomisiert. Bei 58% der Patientinnen war der HER2Status IHC1+ und bei 42% IHC2+/ISH-. 89 bis 90% der Patientinnen wiesen ei-
nen positiven und 10 bis 11% einen negativen HR-Status auf. Bei 4 bis 6% der Patientinnen wurden Hirnmetastasen identifiziert,bei67bis71%Lebermetastasenundbei32bis34%Lungenmetastasen. Im Median hatten die Patientinnen im metastasierten Setting 3 vorherige Therapielinien erhalten, davon median 1 Chemotherapielinie. 75 bis 76% der Patientinnen waren mit zielgerichteten Therapien und 64 bis 65% mit CDK4/6-Inhibitorenbehandeltworden. Unter der Therapie mit T-DXd betrug das mediane PFS bei der HR+ Population 10,1 versus 5,4 Monate im Kontrollarm(HazardRatio[HR]:0,51;95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,40–0,64; p < 0,0001). Ein vergleichbares Ergebnis mit median 9,9 versus 5,1 Monaten wurde für die gesamte Studienpopulation gesehen (HR: 0,50; 95%-KI: 0,40–0,63; p < 0,0001). Der PFS-Vorteil übertrug sich auf das OS: In der HR-positiven Population wurde ein Median von 23,9 versus 17,5 Monate und in der gesamten Studienpopulation einer von 23,4 versus 16,8 Monate erreicht. Das Risiko zu versterben wurde mit T-DXd in beiden Populationenum36%reduziert(HR+:HR: 0,64; 95%-KI: 0,48–0,86; p = 0,0028; ITT: HR: 0,64; 95%-KI: 0,49–0,84; p = 0,0010). Auch bei den explorativen Endpunkten PFS und OS der HR-negativen Population wurde mehr als eine Verdopplung der Wirksamkeitsergebnisse für die TDXd-Therapie beobachtet: Das PFS betrug median 8,5 versus 2,9 Monate (HR: 0,46; 95%-KI: 0,24–0,89) und das OS median 18,2 versus 8,3 Monate (HR: Sacituzumab govitecan beim HR+/ HER2- negativen Brustkrebs Bei intensiv vortherapierten Brustkrebspatientinnen mit HR+, HER2- Erkrankung erwies sich Sacituzumab govitecan in der TROPiCS-02-Studie als statistischsignifikanteundklinischrelevante Therapieoption (2). In der randomisierten Phase-III-Studie erhielten 543 intensiv vorbehandelte Patientinnen mit HR+, HER2- metastasiertem Brustkrebs nach endokriner Therapie, einem CDK4/6-Inhibitor und Chemotherapie das Trop-2-gerichtete ADC Sacituzumab govitecan. Patientinnen im Kontrollarm wurden mit Capecitabin, Vinorelbin, Gemcitabin oder Eribulin entsprechend der Wahl des behandelnden Arztes behandelt. Primärer Studienendpunkt war das PFS. In der Testhierarchie wurden des Weiteren das OS, das Ansprechen (ORR) und die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität geprüft, unter der Voraussetzung, dass der vorangegangene Endpunkt erreicht wurde. Die Patientinnen waren im Median 57 bzw. 55 Jahre alt, mit einem Anteil von 25bis27%imAltervon≥65Jahren.Bei 95% der Patientinnen beider Studienarme lagen zu Studienbeginn Viszeralmetastasenvor,bei84bzw.87%Lebermetastasen und bei 29 bzw. 22% ein de novo metastasierter Brustkrebs. Die Zeit seit der Diagnose der metastasierten Erkrankung lag bei 48,5 versus 46,6 Monaten. Zum Zeitpunkt der Auswertung waren, mit einer Nachbeobachtungszeit von 8 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3/2022 2022 ASCO Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology, 3. bis 7. Juni 2022, Chicago und online median 10,2 Monaten, noch 18 Patientinnen im experimentellen und 4 Patientinnen im Kontrollarm unter Studienmedikation. Gründe für das Abbrechen der Therapie waren im Wesentlichen der Krankheitsprogress. Das mediane PFS betrug 5,5 Monate unter Sacituzumab govitecan versus 4,0 Monate im Kontrollarm. Das Risiko für einen Progress war im experimentellen Arm um 34% gegenüber der Kontrolle reduziert (HR: 0,66; 95%-KI: 0,53–0,83; p = 0,0003). Die PFS-Rate betrug nach 6 Monaten 46,1 versus 30,3%, nach 9 Monaten 32,5 versus 17,3% und nach 12 Monaten 21,3 versus 7,1%. In einer ersten von drei geplanten Interimsanalysen zum Gesamt überleben wurde kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Studienarmen festgestellt. Im Median überlebten die Patientinnen 13,9 versus 12,3 Monate (HR: 0,84; 95%-KI: 0,67–1,06; p = 0,14). Ein Ansprechen wurde bei 21 versus 14% der Patientinnen beobachtet, die klinische Benefitrate lag bei 34 versus 22%. Das Nebenwirkungsprofil von Sacituzumab govitecan entsprach den bekannten Ergebnissen aus anderen Studien. Es brachen 6% der Patientinnen im experimentellen versus 4% im Kontrollarm die Therapie aufgrund von Therapieassoziierten Nebenwirkungen ≥ Grad 3 ab. Die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität war mit 4,0 versus 2,9 Monaten unter der Therapie mit Sacituzumab govitecan länger als unter den Kontrolltherapien. Stellenwert der Radiatio nach brusterhaltender Operation In der Regel wird Patientinnen nach einer brusterhaltenden Operation als Teil der adjuvanten Vorsorge eine Bestrahlung des Tumorbetts angeboten. In der LUMINA-Studie wurde untersucht, ob Brustkrebspatientinnen mit sehr geringem Progressionsrisiko eine Radiatio erspart werden kann. Studienziel der LUMINA-Studie war es daher zu klären, ob Frauen mit klinisch pathologischen Faktoren für ein geringes Risiko (≥ 55 Jahre, T1N0, G1–2) und Luminal A- Tumoren (ER ≥ 1, PR > 20%, HER2-, Ki67 ≤ 13,25%), die über 5 Jahre mit brusterhaltender Operation und endokriner Therapie ohne Radiatio behandelt werden, ein ausreichend niedriges Risiko (< 5%) für ein lokales Rezidiv nach 5 Jahren haben. Es wurden 500 Patientinnen mit invasiven duktalen Tumoren, die mit einem Geweberand ≥ 1 mm operiert wurden, in die Studie eingeschlossen. Im Durchschnitt waren die Patientinnen 67 Jahre alt und die Tumorgrösse betrug durchschnittlich 1,1 cm. 41% der Patientinnen erhielten als endokrine Therapie Tamoxifen, 59% einen Aromatase-Inhibitor. Ein lokales Rezidiv wurde innerhalb von 5 Jahren kumulativ bei 2,3% der Patientinnen beobachtet. Ein kontralaterales Mammakarzinom trat bei 1,9% der Patientinnen auf. Nach 5 Jahren waren 89,9% der Patientinnen krankheitsfrei und 97,2% noch am Leben, wobei nur einer der 13 Todesfälle brustkrebsassoziiert war. Die Autoren schlossen aus diesem Studienergebnis, dass Patientinnen ≥ 55 Jahre mit T1N0, G1-2 Luminal A Brustkrebs nach brusterhaltender Operation mit einer alleinigen endokrinen Therapie behandelt werden sollen. Die geringe Rate an lokalen Rezidiven in der spezifischen Patientinnenpopu- Auf einen Blick ■ Brustkrebs-Patientinnen mit niedriger HER2-Expression profitieren von Trastuzumab deruxtecan. Laut Ergebnissen der Studie DESTINY-Breast04 wird somit ein neuer Standard für HER2-low-Tumoren (IHC1+ oder IHC2+/ISH-), unabhängig vom Hormonrezeptorstatus, etabliert. ■ Sacituzumab govitecan ist für intensiv vorbehandelte Brustkrebspatientinnen mit HER2-negativer, HR-positiver Erkrankung eine vielversprechende Therapieoption. In der TROPiCS-02-Studie wurden statistisch signifikante und klinisch relevante Vorteile gegenüber einer Mono-Chemotherapie nach Wahl des Behandlers gesehen. ■ Patientinnen ≥ 55 Jahre mit T1N0, G1-2 Luminal A Brustkrebs sollten nach brusterhaltender Operation mit einer alleinigen endokrinen Therapie behandelt werden. Eine Bestrahlung ist aufgrund geringer Rezidivraten für diese Population nicht notwendig. lation bestätige die Hypothese, dass eine Radiatio für dieses Patientinnenkollektiv vernachlässigt werden könne. n Ine Schmale Referenzen: 1. Modi S et al.: Trastuzumab deruxtecan (T-DXd) vs treatment of physician´s choice in patients with HER2-low unresectable and / or metastatic breast cancer: Results of DESTINY-Breast04, a randomized phase 3 study. ASCO 2022, Abstract LBA3. 2. Rugo HS et al.: Primary results from TROPiCS-02: A randomized phase 3 study of sacituzumab govitecan versus treatment of physician´s choice in patients with hormone receptor-positive/HER2negative advanced breast cancer. ASCO 2022, Abstract 1001. 3. Whelan T et al.: LUMINA: A prospective trial omitting radiotherapy following breast conserving surgery in T1N0 luminal A breast cancer. ASCO 2022, Abstract LBA501.