Transkript
51st Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 29. Mai bis 2. Juni 2015
Fortgeschrittenes/metastasiertes Melanom unter Nivolumab/Ipilimumab
Die Immuntherapie in der Erstlinie setzt neue Massstäbe
Ein grosses Highlight des ASCO-2015-Jahreskongresses, präsentiert in der Plenary Session am 31. Mai und als erstes «late-breaking-abstract», war die CheckMate-
tion in Arm A sowie die Nivolumab-Monotherapie (Arm B) der Kontrollgruppe C (Ipilimumab) hinsichtlich des PFS und der
067-Studie zur Erstlinientherapie mit Nivolumab/Ipilimumab bei fortgeschrittenem ORR signifikant überlegen mit einem PFS
Melanom. Die auch vor den Medien explizit herausgestellte Studie ergab unter der
von 11,5 versus 6,9 versus 2,9 Monaten. Das Resultat war konsistent in allen Sub-
Kombination ein hochsignifikant verlängertes PFS (koprimärer Endpunkt) gegenüber gruppen. Dabei senkte sich das Progres-
der Ipilimumab-Therapie.
sionsrisiko unter Nivolumab/Ipilimumab um 58% und unter Nivolumab um 43%
gegenüber der alleinigen Ipilimumab-
Therapie. Auch die ORR war in den Nivo-
Dabei war die Monotherapie mit dem
alle 2 Wochen (= Arm A, Kombina- lumab-Armen (A und B) besser mit 57,6%
PD-1-Inhibitor Nivolumab* in dieser ran-
tionstherapie);
versus 43,7% versus 19% (Tabelle 1).
domisierten, doppelblinden Phase-III- L Nivolumab (3 mg/kg) alle 2 Wochen Es folgten explorative Analysen von PFS
Studie (1) der alleinigen Therapie mit
plus Plazebo (= Arm B);
und ORR auf der Grundlage der PD-L1-
dem CTLA-4-Checkpoint-Inhibitor Ipili- L Ipilimumab (3 mg/kg) alle 3 Wochen, Expression. Die explorativen Endpunkte
mumab (Yervoy®) im PFS ebenfalls deut-
4 Dosen, plus Plazebo (= Arm C),
umfassen die Dauer des objektiven An-
lich überlegen. Studienleiter Prof. Jedd dies bis zur Krankheitsprogression oder sprechens sowie die Verträglichkeit der
Wolchok, New York, erklärte zu dieser nicht akzeptierter Toxizität. Die Patienten Studienmedikation. Hier zeigte sich, dass
Studie: «Sie ist die erste Studie, die be- wurden nach ihrem PD-L1-Status, BRAF- der grösste Nutzen bei den Patienten er-
legt, dass ein PD-1-Inhibitor in der Erst- Mutationsstatus sowie Metastasierungs- zielt wurde, deren Tumoren keine oder
linientherapie in Mono- wie auch in grad stratifiziert. Koprimäre Endpunkte nur eine geringe PD-L1-Expression auf-
Kombination mit einer weiteren onkolo- waren das hier berichtete PFS sowie das wiesen (Tabelle 2).
gischen Immuntherapie bessere Ergeb- Gesamtüberleben, welches im Follow-up Die Resultate zum Gesamtüberleben
nisse erreicht als die derzeitige Stan- ermittelt wird (und zurzeit noch nicht vor- werden nun mit grosser Spannung er-
dardtherapie.»
liegt). Zu den sekundären Endpunkten wartet.
Randomisiert, doppelblind, drei Studienarme, fast 1000 Patienten
In der doppelblinden Phase-III-Studie erhielten 945 unbehandelte Patienten mit
gehörten die objektive Ansprechrate (ORR) und Sicherheit.
Nivolumab-Gruppen haben den grössten Profit Nach einer mindestens 9-monatigen Fol-
Verträglichkeit Das Verträglichkeitsprofil der Kombinati-
on war mit dem aus früheren Untersu-
chungen vergleichbar. Die Rate thera-
piebedingter Nebenwirkungen war unter
fortgeschrittenem Melanom im Verhält- low-up-Dauer zeigte sich die Kombina- der Kombinationstherapie höher (95,5%)
nis 1:1:1 eine der drei Therapien:
L Nivolumab (1 mg/kg) plus Ipilimu-
mab (3 mg/kg) alle 3 Wochen, 4 Do- Tabelle 1:
sen, danach Nivolumab (3 mg/kg) CheckMATE 067: Resultate zum progressionsfreien Überleben (PFS)
* In den USA erteilte die Food and Drug Administration (FDA) ihre erste Zulassung für Nivolumab (OPDIVO®) zur Behandlung von Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Melanom und Krankheitsprogression nach Behandlung mit Ipilimumab und einem BRAF-Inhibitor (falls BRAFV600-mutiert). Am 4. März 2015 folgte die zweite Marktzulassung für Nivolumab zur Behandlung des metastasierten nicht kleinzelligen Plattenepithelkarzinoms der Lunge (NSCLC) mit Progression während oder nach platinbasierter Chemotherapie. In Europa erhielt Nivolumab am 19. Juni 2015 die Zulassung zur Behandlung des fortgeschrittenen (inoperablen oder metastasierten) Melanoms bei Erwachsenen, unabhängig vom BRAF-Status. In der Schweiz ist Nivolumab zum Zeitpunkt dieser Redaktion noch nicht zugelassen.
und zur Ansprechrate (1)
Nivolumab + Ipilimumab Nivolumab + Plazebo Ipilimumab
(n = 314)
(n = 316)
(n = 316)
Medianes PFS
(Monate, 95%-KI) 11,5 (8,9–16,7) Monate
6,9 (4,3–9,5)
2,9 (2,8–3,4)
HR (vs. IPI)
0,42 (0,31–0,57)*
0,57 (0,43–0,76)*
–
HR (vs. NIVO)
0,74 (0,60–0,92)**
–
Objektive
57,6% (52,0–63,2)*
43,7% (38,1–9,3)*
19,0% (14,9–23,8)
Ansprechrate
(ORR; 95%-KI)
Komplettes
11,5%
8,9%
2,2%
Ansprechen
*p < 0,00001 vs. IPI. **Studie hatte statistisch für den Vergleich keine Power. 6 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2015 51st Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 29. Mai bis 2. Juni 2015 Tabelle 2: CheckMATE 067: Medianes PFS (Monate) bei PD-L1-Expression ≥ 5% und ≤ 5% Medianes PFS bei PD-L1-Expression ≥ 5% (Monate, 95%-KI) HR (vs. IPI) Medianes PFS bei PD-L1-Expression ≤ 5% (Monate, 95%-KI) HR (vs. IPI) Nivolumab + Ipilimumab 14,0 (9,7–NR) Monate 0,40 (0,25–0,64) 11,2 (8,0–NR) 0,42 (0,33–0,54) Nivolumab 14,0 (9,1–NR) 0,40 (0,25–0,62) 5,3 (2,8–7,1) 0,60 (0,47–0,76) HR = Hazard Ratio; NR = not reached Ipilimumab 3,9 (2,8–4,2) – 2,8 (2,8–3,1) – (unter Nivolumab 82,1%, unter Ipilimumab 86,2%. Grad-3- und -4-Nebenwirkungen bestanden zu 55,0%, 16,3% und 27,3% und waren meist Diarrhö, erhöhte Lipase, Anstieg der Alaninaminotransferase (9,3%). Ein diesbezüglicher Therapieabbruch bestand in 36,4%, 7,7% und 14,8%. Interessanterweise fand bei über der Hälfte der Patienten im Nivolumab/Ipilumumab-Arm A auch nach Therapieabbruch noch ein Therapieansprechen statt. Diskussion Diskutant Prof. Michael Atkins, Washington/DC, sah in diesen Studienresultaten mit Nivolumab einen Durchbruch in der Melanomtherapie. Zusammen mit Resultaten einer früheren Studie mit dem PD1-Blocker Pembrolizumab sollten neue Standards in der Therapie bei fortgeschrittenem Melanom aufgestellt werden. «Die CheckMate-067-Studie zeigt, dass die Monotherapie mit dem Antikörper Nivolumab wirksam und besser verträg- lich ist als die Monotherapie mit dem Antikörper Ipilimumab», kommentierte Prof. Reinhard Dummer, Universitätsspi- tal Zürich, das Studienergebnis im Rah- men einer Diskusssionsrunde. Damit werde diese Therapie zur Erstlinienbe- handlung für Patienten mit fortgeschrit- tenem Melanom. Die Wirkung von Nivo- lumab könne durch die gleichzeitige Applikation des Antikörpers Ipilimumab bei PD1-L1-negativen Patienten noch einmal verstärkt werden. «Leider ist diese Kombinationsbehandlung mit mehr Ne- benwirkungen verbunden, sodass jetzt sorgfältig Kriterien erarbeitet werden müssen, welche Patientenpopulation primär mit der Monotherapie und welche primär mit der Kombinationsbehandlung therapiert werden muss.» I Bärbel Hirrle Quelle/Referenz: 1. Wolchok JD et al.: Efficacy and safety results from a phase III trial of nivolumab (NIVO) alone or combined with ipilimumab (IPI) versus IPI alone in treatment-naive patients (pts) with advanced melanoma (MEL) (CheckMate 067). ASCO Annual Proceedings 2015; abstract #LBA1. Dazu: ASCO-Medienpräsentation am 1.6.2015. Hinweis: Kongressbericht zum BRAF-mutierten Melanom: Seite 37. SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2015 7