Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Postmenopause
Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonist zur Therapie von menopausalen Hitzewallungen
Hintergrund: Hypothalamische Neurone, die Kisspeptin, Neurokinin-B- und Dynorphin-Rezeptoren exprimieren (sog. «KNDy neurons»), sind in Signalwege der autonomen Thermoregulation und somit in die Genese von Hitzewallungen involviert. Infolge des postmenopausalen Östrogenmangels kommt es zur Hypertrophie und gesteigerten Aktivität dieser Neurone, ein Prozess, der durch Östrogengabe umkehrbar ist (1). Die Hypothese ist, dass menopausale Hitzewallungen durch die Blockade des Neurokinin-B3-Rezeptors (NK3R) reduziert werden können.
Wie ist die oben genannte Studie von Prague und Kollegen zu bewerten?
Prof. Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Die Studie im Resümee
In der randomisierten, doppelt verblindeten, plazebokontrollierten CrossoverStudie der Phase II (Therapie à 4 Wochen mit 2-wöchiger Washout-Phase dazwischen) wurde die Wirksamkeit eines oralen NK3R-Antagonisten (MLE4901; 2 x 40 mg/Tag) auf menopausale Hitzewallungen untersucht. Von 68 gescreenten, gesunden, postmenopausalen Frauen wurden 38 Frauen randomisiert (Basis der Intention-to-treat-[ITT-]Analyse), von denen 28 die Studie beendeten (Basis der Per-Protocol-[PP-]Analyse). Primärer Endpunkt war die Gesamtzahl von Hitzewallungen während der jeweils 4. (letzten) Behandlungswoche. Sekundäre Endpunkte waren die objektive Anzahl von Hitzewallungen (wöchentliches 48-Stunden-Monitoring der Hautleitfähigkeit), deren Intensität (gemäss visueller Analogskala) und die Beeinträchtigung durch Hitzewallungen (gemäss Fragebögen Hot Flash Related Daily Interference Scale und MENQOL) sowie Laborparameter (FSH, LH, E2; LH-Pulsatilität). Der Wirkstoff MLE4901 reduzierte signifikant – um 45% (ITT) bis 52 (PP)% – die Gesamtzahl, die Intensität von wöchentli-
chen Hitzewallungen sowie die Beeinträchtigung durch sie im Alltag. Daneben verbesserte MLE4901 signifikant den psychosozialen und körperlichen Bereich der Lebensqualität in der Menopause gemäss MENQOL-Fragebogenauswertung. Das basale E2 und LH im Serum sowie die LH-Pulsfrequenz änderten sich unter der Substanz nicht, wohingegen die LH-Amplitude zunahm. Die Verträglichkeit von MLE4901 war gut. Es traten keine schweren unerwünschten Ereignisse auf. Bei 3 Teilnehmerinnen stieg ALAT im Serum bis zum Sechsfachen des oberen Referenzwertes an, es normalisierte sich jedoch innerhalb von 90 Tagen wieder.
Kommentar
Die Gabe eines Neurokinin-3-RezeptorAntagonisten zur Therapie von menopausalen Hitzewallungen erscheint vielversprechend. Das Studiendesign einschliesslich der Wahl der Endpunkte ist gut gewählt und überzeugend. Selbstverständlich müssen jetzt Phase-III-Studien folgen, um sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit über einen längeren Zeitraum zu zeigen. Interessanterweise verbesserte der NK3R-Antagonist
Kommentierte Studie: Prague JK et al.: Neurokinin 3 receptor antagonism as a novel treatment for menopausal hot flushes: a phase 2, randomised, double-blind, placebocontrolled trial. Lancet 389: 1809–20, 2017. LoE Ib
nicht nur Hitzewallungen, sondern auch
andere Symptome des klimakterischen
Syndroms. Hier wäre eine Studie zum
Vergleich mit der konventionellen Hor-
monersatztherapie wünschenswert. Die
Prävention langfristiger Östrogenman-
gelfolgen wie Osteoporose und koro-
nare Herzerkrankung darf man aber wohl
von diesem neuen, innovativen Thera-
pieansatz nicht erwarten.
I
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Rance NE, Dacks PA, Mittelman-Smith MA, Romanovsky AA, Krajewski-Hall SJ: Modulation of body temperature and LH secretion by hypothalamic KNDy (kisspeptin, neurokinin B and dynorphin) neurons: a novel hypothesis on the mechanism of hot flushes. Front Neuroendocrinol 2013, 34: 211–227.
30 GYNÄKOLOGIE 3/2017