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INFORMATION FÜR PATIENTINNEN
Diese Seiten dürfen – ausschliesslich von Praxisärzten – mit Genehmigung des Verlags und der Autorin kopiert und an die Patientinnen weitergereicht werden.
Impfen beim Frauenarzt
Wünschen Sie sich demnächst ein Kind? Gesund soll es sein und Sie möchten eine unkomplizierte Schwangerschaft! Sie haben einen Vorsorge-, Kontroll- oder Beratungstermin? Sprechen Sie doch bei dieser Gelegenheit auch Ihren Impfschutz an. Schweizer Frauenärzte sind jetzt beauftragt und legitimiert im Rahmen ihrer Gesundheitschecks auch zu impfen.
Ob anlässlich einer Pillenverordnung , einer Schwangerschaftskontrolle, einer Krebsvorsorge oder eines sonstigen Anliegens: Versäumte Impfungen im Kindes- und Jugendalter können nun in der Frauenarztpraxis nachgeholt werden. Infektionskrankheiten wie Masern, Röteln, Tetanus, Diphtherie oder auch Infektionen mit Humanen Papillomaviren (HPV), selbst eine «echte Grippe» (Influenza), müssen nicht mehr sein. Wenn Frauen geimpft sind, also selbst nicht «anstecken» können, schützen sie, im Falle einer Schwangerschaft, auch das ungeborene Kind und helfen mit, dass ältere Kinder und weitere Familienangehörige vor solchen vermeidbaren Infektionskrankheiten und möglichen schweren Komplikationen geschützt sind.
Wer kümmert sich um die gesunden jungen Frauen?
Warum beim Frauenarzt? Schon lange ist auffällig, dass die in der Regel gesunden Frauen zwischen 15 und 45 Jahren, über lange Zeiträume keine andere Arztpraxis aufsuchen als die der Frauenärztin oder des Frauenarztes. Meist geht es um Verhütung, Schwangerschaft, Menstruationsbeschwerden oder Genitalinfektionen. Wer aber kümmert sich bei den Frauen darum, dass alle wichtigen Impfungen erfolgt sind? Der Kinderarzt ist längst passé, der (nicht überall tätige) Schularzt ebenfalls ... Diese Lücke wurde erkannt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF) hat die Schweizer Frauenärzte (bzw. ihre Standesorganisation gynécologie suisse, SGGG) beauftragt, Impflücken zu schliessen und versäumte Impfungen ihrer Patientinnen nachzuholen. Damit
Noemi, 14 Jahre, Tochter von Karina Berger, bekannt als Organisatorin der Miss-Schweiz-Wahl, lässt sich vom Zürcher Frauenarzt Dr. med. Pierre Villars gegen Gebärmutterhalskrebs impfen. Gynäkologen bieten jetzt für Frauen jeder Altersgruppe alle empfohlenen Impfungen und Nachholimpfungen an.
werden die Gynäkologen ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Frauen gerecht und übernehmen eine wichtige Präventionsaufgabe. Nach dem Vorbild der deutschen und österreichischen Frauenarztverbände, wo Impfungen in den Frauenarztpraxen schon lange gang und gäbe sind, sind Schweizer Praxisgynäkologinnen und -gynäkologen nun dabei, sich in «Vacademy-Seminaren» zu Theorie und Praxis rund um Impfungen fortzubilden.
Was sollte «frau» über Impfungen wissen?
In bestimmten Situationen oder Lebensphasen ist insbesondere an die folgenden Impfungen zu denken.
Für die Jugendlichen: HPV- und Hepatitisimpfung Im Rahmen einer jugendgynäkologischen Sprechstunde, am besten vor der ersten Liebe, ist an die neue Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) zu denken. Die Impfung verhindert Krebs/ Krebsvorstufen und Feigwarzen im Genitalbereich, welche durch solche Virusinfektionen während eines Geschlechtsverkehrs entstehen können. Grundsätzlich ist die Impfung für die 11- bis 15-jährigen Mädchen, als Nachholimpfung für die 15- bis 19-jährigen, eventuell auch für die bis 25-jährigen ungeimpften Frauen empfohlen. Dreimal (Monat 0, 2 und 6) werden Impfdosen in den Oberarmmuskel injiziert. Zurzeit wird diese
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teure Impfung – die drei Dosen kosten zusammen 710 Franken – nur von Zusatzversicherungen übernommen. Die Hepatitis-B-Impfung, deren erste Dosen manchmal schon Neugeborene oder Säuglinge erhalten, ist für 11- bis 15Jährige generell indiziert. Wenn im Säuglingsalter nicht geimpft wurde, erhalten 11- bis 15-jährige Jugendliche zweimal den Erwachsenenimpfstoff. Wer (öfter) nach Fernost, Afrika oder Südamerika reist, kann sich zusätzlich gegen Hepatitis A impfen lassen. Dafür gibt es extra einen Kombinationsimpfstoff.
Vor einer Schwangerschaft: Schutz vor Masern, Mumps, Röteln, Windpocken Eine besondere Verantwortung hat der Frauenarzt naturgemäss gegenüber Frauen, die schwanger werden wollen, ganz besonders für Schwangere und für die Kinder im Mutterleib. Ungeimpfte Frauen sollten ausreichend lange vor einer Kindszeugung zweimal die kombinierte Masern/Mumps/Röteln-(MMR-)Impfung erhalten, denn eine Infektion in der Schwangerschaft kann das Ungeborene empfindlich treffen und zu Missbildungen führen. Frauen, die keine Windpocken (Varizelleninfektion) durchgemacht haben – dies kann der Frauenarzt auch durch eine Blutuntersuchung prüfen – sollten auch dagegen geimpft werden, bevor es zu einer Schwangerschaft kommt.
Nach einer MMR- und/oder Varizellenimpfung muss während vier Wochen verhütet werden, denn diese Lebendimpfstoffe sollen nicht werdenden Müttern injiziert werden. Dagegen dürfen Schwangere gegen Influenza geimpft werden. Diese Impfung (1 Dosis) wird im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel empfohlen, sofern diese vor oder auch noch während der winterlichen Grippesaison liegen. Grund für diese Empfehlung: Eine Influenza während der Schwangerschaft kann schwer verlaufen.
Bei der Vorsorgeuntersuchung: Tetanus- und Diphtherieauffrischimpfungen Gegen Tetanus und Diphtherie ist alle zehn Jahre zu impfen (Auffrischimpfung), damit der volle Schutz gegeben ist. Diphtherie kommt immer noch durch Kontakte mit Menschen aus Osteuropa vor. Tetanus (Wundstarrkrampf) bleibt permanent ein Risiko, weil Verletzungen verunreinigte Wunden hinterlassen und sich in der Wunde Starrkrampfbakterien vermehren können. Übrigens: Auffrischimpfungen gegen Polio (Kinderlähmung) sind bei Erwachsenen nur bei Reisen nach Afrika, Indien, Pakistan und Indonesien angezeigt. Die hochentwickelten Staaten der Erde sind inzwischen als «poliofrei» zertifiziert! Die jährliche Influenzaimpfung ist im Oktober bis Dezember jedes Jahres emp-
Impfgegner? Wie begegnen?
Immer wieder werden – insbesondere in «alternativen Kreisen» und speziellen religiösen Gruppen – Stimmen laut, die Impfungen partout ablehnen. Sie beschwören «natürliche Abwehrmethoden» herauf, weil sie die grossen Gesundheitsrisiken der vermeidbaren Infektionskrankheiten nicht kennen – oder nichts darüber wissen wollen. Die sehr seltenen Impfnebenwirkungen werden überzogen gross als Argument gegen die Impfung benutzt. Mit Sprüchen wie «Ich kann mich anders schützen.» – «Jeder sollte Masern und Windpocken durchmachen, das härtet ab.» – «Diphtherie gibt es bei uns nicht.» setzen sie sich selbst und insbesondere ihre Kinder grossen Gefahren aus. Zudem tragen sie dazu bei, dass Krankheiten wie Diphtherie und Masern hierzulande nicht ausgerottet werden können, denn: Ungeimpfte Menschen infizieren sich, erkranken (vielleicht schwer) und stecken andere, ebenfalls ungeimpfte, an.
fohlen, wird aber nur bei chronischer Grunderkrankung und bei Frauen und Männern über 65 Jahren von den Krankenkassen zurückerstattet.
Vor grossen Eingriffen: Auffrischimpfungen, Pneumokokkenund Influenzaschutz Wenn eine grosse Operation, eine Chemo- oder eine Strahlentherapie bevorsteht, das Immunsystem also geschwächt wird, ist etwa vier Wochen vorher an Auffrischimpfungen zu denken, damit der Körper im Fall des Falles geschützt ist. Auch eine Pneumokokken- und eine Influenzaimpfung können in diesem Fall sinnvoll sein, insbesondere wenn die Frau älter als 65 Jahre ist.
In Risikoregionen:
Zeckenimpfung, Hepatitis-A- und
Polioprävention
Vor dem Umzug oder vor Reisen in Ge-
genden, wo Zeckenstiche die hoch-
gefährliche Frühsommer-Meningoenze-
phalitis (FSME) auslösen können, ist eine
FSME-Impfung sinnvoll, insbesondere
wenn die Frauen jünger als 40 Jahre sind.
Grundsätzlich sind alle zehn Jahre Auf-
frischimpfungen erforderlich, damit der
volle Schutz gesichert ist.
Wer gern oder öfter Fernreisen macht,
abseits touristischer Pfade, oder auch in
Drittweltländer, dem sei eine Beratung
über Reiseimpfungen dringend ans Herz
gelegt. Dies kann im Rahmen einer Vor-
sorgeuntersuchung geschehen. Die
Frauenärztin/der Frauenarzt impft gegen
FSME, Hepatitis A und B, Polio und über-
nimmt die empfohlenen Auffrischimpfun-
gen.
Sind spezielle und seltene Impfungen
(Tollwut, Typhus, Meningokokken, Mala-
ria, Gelbfieber) angebracht, sollten zu-
sätzlich Impfzentren (bzw. das Schwei-
zerische Tropeninstitut) aufgesucht wer-
den, wo gegen diese hierzulande
seltenen Infektionen geimpft wird und
eigene Vorsichtsmassnahmen getroffen
werden.
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Bärbel Hirrle (im Auftrag der gynécologie suisse, SGGG)
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