Transkript
ZUCKER UND SÜSSSTOFFE
Aktuelle Studienlage
Zucker und Zuckeralternativen
Bettina Wölnerhanssen und Anne Christin Meyer-Gerspach
Übermässiger Zuckerkonsum schadet verschiedenen Organsystemen und fördert Karies, Fettleibigkeit, das metabolische Syndrom mit gestörter Glukosetoleranz bis hin zu Diabetes mellitus, Blutfettstörungen, arterieller Bluthochdruck, Fettleber und Herz-Kreislauf-Erkran kungen. Der Zuckerkonsum sollte daher dringend reduziert werden. Zuckeralternativen können bis zu einem gewissen Grad dabei helfen. Allerdings ist kein Süssungsmittel völlig inert, und es fehlen randomisierte, kontrollierte Interventionsstudien am Menschen, in denen die Auswirkungen jeder einzelnen Substanz über einen längeren Zeitraum untersucht wurden.
Bettina Wölnerhanssen
Auswirkungen des Zuckerkonsums
Anne Christin Meyer-Gerspach
In der Schweiz sind derzeit 2,2 Millionen Menschen von nicht übertragbaren Krankheiten (NCDs) wie Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerativen Krankheiten betroffen (1). Diese Krankheiten sind direkt oder indirekt mit einer ungesunden Ernährung verbunden, insbesondere mit einem übermässigen Konsum von Zucker. Viele dieser Krankheiten können durch intensive medikamentöse und nichtmedikamentöse Behandlungen gelindert oder teilweise geheilt werden, jedoch führen sie zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität und verursachen hohe Gesundheitskosten für das Individuum und die Gesellschaft. Ein gesunder Ernährungsstil, der frisch zubereitete, wenig verarbeitete Lebensmittel von hoher Qualität und wenig freiem Zucker umfasst, kann das Risiko diese NCDs zu entwickeln reduzieren und den Verlauf solcher Krankheiten – wie beispielsweise Diabetes, Leberverfettung und Bluthochdruck – positiv beeinflussen. Die WHO empfiehlt seit 2015 die tägliche Zuckerzufuhr beim Erwachsenen auf unter 50 g/Tag zu reduzieren (idealerweise nicht mehr als 25 g pro Tag) (2). In der Schweiz wird gemäss einer Erhebung,
« »Zuckeralternativen können helfen zumindest einen Teil
des Zuckers zu ersetzen.
Universität Cambridge, dass die Einführung einer Zuckersteuer in Grossbritannien dazu beitrug, die Rate übergewichtiger Schülerinnen im Alter von 10– 11 Jahren zu senken (5). Darüber hinaus führte die Zuckersteuer zu einer deutlichen Verringerung schwerer Kariesfälle bei Kindern, was dazu führte, dass geschätzt 5638 Kinder weniger pro Jahr eine Zahnextraktion unter Vollnarkose benötigten (6).
Zuckeralternativen
Eine Reduktion der regelmässig eingenommenen Zuckermenge lässt sich auf zwei Arten erreichen: direkter Verzicht oder Ersatz (teilweise oder vollständig) durch andere süss schmeckende Substanzen, die ein gesünderes Wirkprofil zeigen. Neben den synthetischen, kalorienfreien Süssstoffen wie Aspartam, Cy clamat und Sucralose sind auch Steviolglykoside, die aus der Stevia-Pflanze gewonnen werden, und natürlich vorkommende Zuckeraustauschstoffe wie Xylitol, Erythritol und Isomalt erhältlich. Die sogenannten «seltenen Zuckerarten» (wie u. a. D-Allulose, D-Tagatose) sind noch wenig untersucht und sind in der Schweiz und Europa zum Teil noch nicht zugelassen. Fruktooligosaccharide (bspw. Inulin) können auch zum Süssen verwendet werden. Im Folgenden wird auf einige dieser Zuckeralternativen eingegangen. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Zuckeralternativen finden sich in der Tabelle.
die 2019 publiziert wurde, im Durchschnitt täglich ca. 107 g Zucker pro Kopf konsumiert, wobei 86% über Süssigkeiten und Süssgetränke eingenommen wird (Abbildung 1) (3). Massnahmen zur Reduktion des Zuckerkonsums sind klar indiziert. Eine einfache, effektive und kostengünstige Massnahme zur Reduzierung des Zuckerkonsums ist die Einführung einer Zuckersteuer, wie sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihren Leitlinien von 2022 empfohlen wird, um wörtlich «Leben zu retten» (4). Viele Länder haben bereits solche Steuern eingeführt und positive Ergebnisse erzielt. Zum Beispiel zeigte eine Studie der
Künstliche Süssstoffe
Die meisten Süssstoffe werden künstlich hergestellt (mit Ausnahme der Stevioglycoside), liefern keine oder nur wenig Energie und haben eine vielfach höhere Süsskraft im Vergleich zu Haushaltszucker und werden daher nur in kleinen Mengen (im Milligramm-Bereich) gebraucht. Typische Vertreter sind u. a.: Sucralose, Saccharin, Acesulfam-K, Aspartam, Cyclamate, Steviolglycoside. Ein grosser Vorteil gegenüber dem konventionellen Zucker ist, dass Süssstoffe zahnschonend sind.
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ZUCKER UND SÜSSSTOFFE
Immer wieder kommt die Frage auf, ob der süsse Geschmack von Süssstoffen in Kombination mit fehlenden Kalorien den Appetit eher anregt und so Hungergefühle hervorruft. Zahlreiche Studien an Menschen haben gezeigt, dass Süssstoffe – im Gegensatz zu konventionellen Zuckern – nicht dazu in der Lage sind, die Freisetzung von Sättigungshormonen auszulösen oder die Ausschüttung von hungerauslösenden Hormonen (Ghrelin) zu reduzieren (7–9). Darüber hinaus wirken einige Süssstoffe im Vergleich zu konventionellem Zucker nur schwach auf das zentrale Belohnungssystem (10–12). Ob dies jedoch zu einer Kompensation der fehlenden Kalorien durch nachfolgend erhöhte Nahrungsaufnahme führt, ist noch nicht abschliessend geklärt. Die Datenlage zu diesem Thema ist heterogen.
Wirkung der Süssstoffe auf den Stoffwechsel
Ebenfalls noch nicht abschliessend geklärt sind die Fragen, ob der regelmässige Süssstoffkonsum den Zuckerstoffwechsel beeinflusst und ob der Ersatz von Zucker durch Süssstoffe bei der Gewichtsreduktion hilfreich ist. Bei akuter Einnahme haben die verschiedensten künstlichen Süssstoffe isoliert eingenommen keinen Effekt auf den Blutzucker- und Insulinspiegel (7, 8, 12). In der Realität relevant ist aber eher die chronische Einnahme und die Einnahme in Kombination mit anderen Nahrungsmitteln. Für Sucralose wurde beispielsweise gezeigt, dass der Blutzuckerund Insulinspiegel ansteigt und die Insulinsensitivität abnimmt, wenn Sucralose zusammen mit Glukose oder Maltodextrin eingenommen wird (13, 14). Zur Beurteilung der Effekte von chronischem Süssstoffkonsum auf das Gewicht und den Zuckerstoffwechsel wird meist auf epidemiologische Datensätze zurückgegriffen, da langdauernde Interventionsstudien beim Menschen fehlen. Bei epidemiologischen Studien stellt die Möglichkeit der «reversen Kausalität» bei der Interpretation der Daten allerdings ein Problem dar. So kann bei einer Population mit Übergewicht und Diabetes ein erhöhter Konsum von Süssstoffen im Vergleich zu anderen Populationen beobachtet werden, der aber nicht ursächlich ist für diese Krankheiten, sondern eher eine Reaktion dieser Population widerspiegelt, ihrer Krankheit zu begegnen. Metaanalysen von randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs) und prospektiven Kohortenstudien legen nahe, dass Süssstoffe wahrscheinlich keine signifikante Auswirkung auf die langfristige Regulation des Körpergewichts haben, was bedeutet, dass weder eine relevante Zunahme noch eine Abnahme zu erwarten ist (10, 12, 15, 16).
Süssstoffe und Darmmikrobiom
In der letzten Zeit haben sich diverse Forschungsgruppen mit den Auswirkungen von regelmässigem Süssstoffkonsum auf das Darmmikrobiom ausein andergesetzt, denn Veränderungen in Vielfalt, Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms
Tabelle:
Einige ausgewählte süss schmeckende Substanzen
Zucker Zuckeralternativen
Einfachzucker Zuckeraustauschstoffe Süssstoffe
Glukose Sorbitol Saccharin
Fruktose Mannitol Cyclamat
Galaktose Isomalt
Acesulfam-K
Tagatose Maltitol Aspartam
Allulose
Lactitol
Aspartam-Acesulfam-Salz
Zweifachzucker Erythritol
Sucralose
Saccharose
Xylitol
Neotam
Laktose Polyglycitolsirup Advantam
Maltose
Thaumatin
Isomaltulose
Neohesperidin DC
Mehrfachzucker
Steviolglykoside (u. a. Rebaudiosid A
und Steviosid)
Inulin
Mogrosid
Oligofruktose
Galaktooligosaccharide
könnten den Stoffwechsel beeinflussen. In einer kürzlich publizierten Studie wurde der zweiwöchige Konsum von vier verschiedenen Süssstoffen (Saccharin, Sucralose, Aspartam oder Stevia) auf das Mikrobiom und den Glukosestoffwechsel bei gesunden Erwachsenen untersucht, die angaben, sonst keine Süssstoffe zu konsumieren (17). Die Autoren fanden für jeden Süssstoff unterschiedliche Auswirkungen auf das Mikrobiom. In den Gruppen, die Sucralose oder Saccharin konsumierten, wurden Veränderungen des Darmmikrobioms mit einem beeinträchtigten Zuckerstoffwechsel in Verbindung gebracht. Allerdings reagierten nicht alle Personen gleich: Es gab offensichtlich «Responder» und «Non-Responder». Die Einnahme der Süssstoffe in dieser Studie war mit 2 Wochen allerdings sehr kurz, die untersuchten Probanden entsprechen keiner Durchschnittspopulation (vorgängig keine Einnahme von Süssstoffen) und aus den Resultaten lassen sich daher auch keine Aussagen für die Allgemeinbevölkerung machen. Andere Studiengruppen fanden zudem gar keinen Effekt einer 1 bis 2-wöchigen Einnahme von Saccharin oder Sucralose auf das menschliche Darmmikrobiom oder die Glukosetoleranz (18, 19).
Krebsrisiko von Aspartam
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) – der Krebsforschungszweig der WHO – hat kürzlich eine Sicherheitsüberprüfung von Aspartam durchgeführt. Die Experten der IARC unterscheiden in ihren Einschätzungen von verschiedenen Substanzen und Umwelteinflüssen zwischen vier Stufen der wissenschaftlichen Evidenz zum Krebsrisiko und publizieren diese jeweils in einer Liste (20). Die Stufen lauten: 1. «definitiv krebserregend»
(z.B. Tabakrauch, Asbest, etc.)
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ZUCKER UND SÜSSSTOFFE
2019: Zuckerkonsum in der Schweiz (menuCH)
2015: WHO Erwachsene maximal
2015: WHO Erwachsene ideal
2015: WHO Kinder
0 20 40 60 80 100 120 Abbildung: Empfohlener maximaler Zuckerkonsum und effektiver Konsum in der Schweiz (in Gramm pro Tag). Quelle: WHO Guidelines 2015(2); Umfrage Schweiz menuCH(3)
künstlichen Süssstoffen und einem erhöhten Krebsrisiko fanden (23). Die IARC/WHO wollte mit der Einstufung von Aspartam wahrscheinlich haupt sächlich ein Zeichen setzen und einerseits die Konsumenten dazu animieren den Zuckerkonsum zwar drastisch zu reduzieren, dabei aber Süssstoffe nur in Massen zu konsumieren und andrerseits Forschende dazu zu motivieren mehr Studien zu dieser Substanz durchzuführen. Es bleibt zu hoffen, dass die neue Klassifikation die Verbraucher nicht dazu verleiten, vermehrt auf Zucker zurückzugreifen, der gemäss der aktuellen Datenlage insgesamt immer noch unge sünder ist.
Zuckeraustauschstoffe
2. «wahrscheinlich krebserregend» (z.B. heisse Getränke > 65 °C, Glyphosat, etc.)
3. «möglicherweise krebserregend» (z.B. Aloe vera, Nickel, niederfrequente Magnetfelder, etc.)
4. «zu wenig Evidenz für eine Aussage». Zu betonen ist, dass diese Kategorisierung die vorhandene wissenschaftliche Evidenz und nicht das Krebsrisiko an sich beschreibt. Im Jahr 2023 wurde nun neu Aspartam in die dritte Stufe («möglicherweise krebserregend») aufgenommen. Die dritte Stufe ist noch sehr schwach: Es gibt vereinzelte Hinweise aus Tiermodellen, aber noch wenige Humanstudien mit ebenfalls limitierter Aussagekraft. In der Liste der Substanzen und Umwelteinflüsse der IARC kommen keine anderen Süssstoffe vor ausser Saccharin, das bei Rattenversuchen Blasenkrebs verursacht. Die neue Bewertung von Aspartam als «möglicherweise krebserregend» durch die IARC kommt überraschend, denn die Datenlage zu Süssstoffen und Krebsrisiko ist heterogen. Eine von der IARC bei ihrer Begründung erwähnte Beobachtungsstudie, bei der über 100 000 Erwachsene zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt wurden, fand zwar einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Konsum von künstlichen Süssstoffen und einem leicht erhöhten Krebsrisiko, konnte aber keinen direkten kausalen Zusammenhang zwischen dem Konsum von künstlichen Süssstoffen und Krebs nachweisen (21). Es ist zum Beispiel nicht klar, ob ein erhöhter Süssstoffkonsum im Zusammenhang mit einer insgesamt ungesünderen Lebensweise steht. Die gleiche Studiengruppe kommt im Übrigen bei der untersuchten Kohorte ebenfalls zu einem erhöhten Krebsrisiko im Zusammenhang mit Zuckerkonsum (22). Zucker kommt in der Liste der IARC nicht vor. Es gibt mehrere Übersichtsstudien die keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Konsum von
Weitere Infos, sowie den Wortlaut des Manifests für deutlich weniger Zucker in der Ernährung finden Sie hier:
www.rosenfluh.ch/qr/allianz-ernaehrung-zucker
Beispiele für Zuckeraustauschstoffe sind u. a. Sorbitol, Mannitol, Maltitol, Isomalt, Xylitol oder Erythritol. Xylitol und Erythritol kommen natürlicherweise in geringen Mengen in Früchten und Gemüsen vor. Für den Handel können sie entweder aus Harthölzern und Pflanzenresten extrahiert oder aber über Fermentation aus Glukose hergestellt werden. Bekannt geworden sind sie vor allem durch ihre positive Wirkung auf die Mundgesundheit durch Studien in Finnland in den 1970er-Jahren. Der Konsum dieser Substanzen bewirkt eine Reduktion der kariogenen Streptococcus mutans Population, stimuliert den Speichelfluss (und führt so zu einem Anstieg des pH-Wertes) und verbessert die Schmelzmineralisierung (24).
Wirkung von Xylitol und Erythritol auf den Stoffwechsel
Beim Menschen führt die akute Einnahme von Xylitol und Erythritol zu einer Freisetzung von Sättigungshormonen trotz der geringen bzw. fehlenden Kalorienzahl – was sie von künstlichen Süssstoffen unterscheidet (7, 25). Der Blutzucker- und Insulinspiegel steigt nach der akuten Einnahme von Xylitol nur gering an, während Erythritol gar keinen Effekt auf den Blutzuckerspiegel aufweist (25). Diese zwei Zuckerersatzstoffe verfügen also über eine günstige Kom bination von Eigenschaften: zahnfreundlich, keine Kalorien, keinen Effekt auf das Glukose-/Insulinsystem und dennoch eine sättigende Wirkung. In Tierversuchen und Pilotversuchen am Menschen wurden darüber hinaus zahlreiche positive Effekte dieser zwei Substanzen auf den Organismus beschrieben. In einem diabetischen Rattenmodell wurde durch die regelmässige Einnahme die Glukosetoleranz verbessert, unter anderem durch eine verminderte Glukoseabsorption im Dünndarm, eine gesteigerte Aufnahme der Glukose ins Muskelgewebe, und eine Verbesserung der Betazell-Funktion (26–29). Bei Mäusen führte die regelmässige Gabe von Xylitol ausserdem zu einer Abnahme des viszeralen Fettes (30). In einem Pilotversuch an Diabetikern führte die regelmässige Einnahme von Erythritol zu einer Verbesserung der Gefässelastizität (31). Eine mögliche Erklärung ist, dass es sich bei Erythritol um eine Substanz mit antioxidativen Eigenschaften handelt (32).
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Gastrointestinale Toleranz von Xylitol und Erythritol
Bei empfindlichen Menschen kann die Einnahme von diesen Süsssubstanzen zu gastrointestinalen Symptomen führen. Allerdings unterscheiden sich die Substanzen: Die gastrointestinale Toleranz von Erythritol ist im Vergleich zu Xylitol besser, da Erythritol fast vollständig im Dünndarm resorbiert wird und der osmotische Effekt auf den Dickdarm so wegfällt. Xylitol hingegen wird kaum resorbiert und führt deswegen rascher zu Problemen. Werden grössere Mengen in kurzer Zeit konsumiert, können beide Substanzen zu Blähungen und Diarrhoe führen. In unseren akuten Studien waren Mengen bis zu ca. 30 g aufs Mal gut verträglich. Es gibt Studien, die zeigen, dass sich der Darm bei täglicher Einnahme adaptiert und die Toleranz steigt. Bei den in den 1970er-Jahren durchgeführten Studien in Finnland wurden am Ende bis zu 200 g Xylitol pro Tag gut vertragen (33). Ob Xylitol und Erythritol die Darmflora beeinflussen, ist noch nicht abschliessend geklärt (34). In-vitro-Studien zeigen, dass Erythritol und Xylitol die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren erhöhen (35–38). Kurzkettige Fettsäuren wirken sich positive auf den Zuckerstoffwechsel und die Blutfette aus (39). In vivo Versuche am Menschen fehlen diesbezüglich noch.
Zusammenfassung
• Der Zuckerkonsum sollte dringend reduziert werden.
• Zuckeralternativen können helfen zumindest einen Teil des Zuckers zu ersetzen.
• Es gibt zahlreiche Zuckeralternativen mit unterschiedlichem Wirkprofil.
• Die Auswirkungen eines langfristigen Konsums von Zuckeralternativen werden kontrovers diskutiert: die Datenlage ist heterogen, die Evidenz für Schäden ist derzeit gering.
• Randomisiert-kontrollierte Langzeitstudien zu Zuckeralternativen fehlen.
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Bettina Wölnerhanssen PD Dr. phil. II Anne Christin Meyer-Gerspach Co-Leiterinnen Metabole Forschung St. Clara Forschung AG, Basel Kleinriehenstr. 43 4058 Basel E-Mail: bettina.woelnerhanssen@unibas.ch E-Mail: annechristin.meyergerspach@unibas.ch Finanzielle Bindung: Die Autorinnen erhalten finanzielle Unterstützung für ihre Studienprojekte vom Schweizer Nationalfonds (SNF), der Botnar Foundation, der Uniscientia Stiftung.
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