Transkript
KURZ VORGESTELLT
Analyse und Forschung im Bereich Lebensmittel
Schweizerische Stiftung für Ernährung und Gesundheit
Alles begann vor fast 100 Jahren mit der Überwachung des Vitamingehalts von Lebensmitteln. Daraus hervorgegangen ist eine unabhängige Stiftung, die vielfältige Aufgaben in der Analyse und der Forschung im Bereich Lebensmittel und Gesundheit übernommen hat.
Das Schweizer Vitamininstitut (SVI) wurde 1931 gegründet, weil zu jener Zeit viele Lebensmittel mit Vitaminen angereichert wurden und die Angaben kontrolliert werden mussten. Dazu wurde ein staatliches Institut gegründet, das mit den Universitäten Lausanne und Basel zusammenarbeitete. Im Verlaufe der Jahre hat sich das SVI weiterentwickelt und neue Aufgaben im Bereich Vitaminforschung und medizinische Analytik übernommen. 1995 wurde das SVI in eine unabhängige Stiftung umgewandelt; die Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne blieb bestehen. Die Tätigkeiten der Stiftung erweiterten sich kontinuierlich. 2021 wurde das SVI schliesslich in Swiss Nutrition & Health foundation (SNHf) umbenannt, um die erweiterten Aufgaben auch im Namen abzubilden.
• Medizinische Analysen: Die SNHf führt verschiedene medizinische Analysen durch, wie die Bestimmung von Vitaminen im Blut.
Korrespondenzadresse: Serge Rezzi, PhD CEO Swiss Nutrition & Health foundation Route de la Corniche 3B, 1066 Épalinges Tel. 021 653 26 50 E-Mail: info@nutritionhealthfoundation.ch Abbildungen: © Swiss Nutrition & Health foundation
Abbildung 1: Analyse der Bestandteile eines Nahrungsmittels.
Abbildung 2: Die zwei Label zur Zertifizierung.
Hauptaktivitäten der Stiftung
• Forschungsprojekte: Die SNHf ist ein Partner bei vielen Studien im Bereich Ernährung und betreut die Analysen. Die Zusammenarbeit erfolgt mit nationalen und internationalen Partnern.
• Zertifikation von Nahrungsmitteln. Die SNHf analysiert Lebensmittel, verifiziert die entsprechenden Angaben auf der Packung und zertifiziert das Produkt mit dem Label der Stiftung bezüglich der analysierten Bestandteile. Neben dem Label der SNHf wurde das alte Label des SVI für die Untersuchung von Vitaminen beibehalten, da es einen hohen Bekanntheitsgrad hat.
Neue Serie: Institutionen und Verbände im Bereich Ernährung
Abbildung 3: Analyse von Nahrungsmittelbestandteilen und Funktionsanalysen als wichtiger Bestandteil in der Forschung im Bereich Ernährung und Gesundheit.
26 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 5|2023
KURZ VORGESTELLT
Dr. Serge Rezzi, seit 2018 CEO der Swiss Nutrition & Health foundation, gibt einen Einblick in die Aktivitäten der Stiftung
SZE: Wie viele Personen arbeiten bei der SNHf ? Dr. Serge Rezzi: Wir sind ein kleines Team von sieben Personen. Wir wollen uns klar auf die Analyse von Nahrungsmittelbestandteilen und medizinische Analysen im Zusammenhang mit dem Ernährungsstatus beschränken. Dank unserer intensiven Zusammenarbeit mit vielen Partnern im In- und Ausland bilden wir aber ein grosses Netzwerk.
Wie muss man sich eine Zertifizierung vorstellen? Wir bieten einen Zertifizierungsdienst des Nährstoffgehalts in diversen Lebensmitteln oder Kosmetika an. Diese Zertifizierung basiert auf unabhängigen, im Labor ausgeführten Analysen dieser Produkte.
Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen? Je nach Projekt sind dies ganz unterschiedliche Partner. Mit dem CHUV (Centre hospitalier universitaire vaudois) beispielsweise arbeiten wir eng zusammen bei der Erforschung des Zusammenhangs zwischen gewissen chronischen Krankheiten und dem Ernährungsstatus, beispielsweise dem Vitamin D. Wir beteiligen uns auch an MenuCH, eine Schweizer Multizenterstudie zur Erfassung von Ernährungsgewohnheiten; unsere Aufgabe hier ist die Analyse des Ernährungsstatus der Probanden. Dabei untersuchen wir auch, ob die heute geltenden Normen relevant sind. Ein Beispiel für eine internationale Zusammenarbeit ist die Bestimmung der Folsäure, die sehr aufwendig ist, aber für die Frage der Spina bifida eine wichtige Rolle spielt. Hier ha-
Folgende Analysen werden von der SNHf durchgeführt
Zusammensetzung: • Vitamine • Mineralstoffe • Fettsäuren • Aminosäuren • Phytate • natürliche bioaktive Polyphenole Funktionsanalysen: • Verdaulichkeit von Eiweiss • Aktivität von Proteasen • Aktivität der Antioxidation • Transport der Nährstoffe mittels Lipoprotein • In-vitro-Permeation (Darmmodel) • Biomarker des Ernährungsstatus & Metabolomics
Serge Rezzi
ben wir in Zusammenarbeit mit dem Center of Disease Control (CDC) in Atlanta eine Methode entwickelt, die wir nun auch hier anwenden. Auch mit Privatfirmen, vom Start-up bis zu grossen Unternehmen, arbeiten wir zusammen, wenn sie ein Lebensmittel auf den Markt bringen wollen.
Können Sie uns etwas über Ihre innovativen Forschungsprojekte erzählen? Wir unterstützen das Bemühen, neue pflanzlichen Proteine für die Ernährung zu finden. Diese haben aber nicht immer die gleiche ernährungsphysiologische Qualität wie tierische Produkte. Um objektive Informationen über die Qualität der Proteine geben zu können, bestimmen wir deren Aminosäurenprofil, auch haben wir die Möglichkeit, die Verdaulichkeit zu analysieren. Der Kanton Fribourg ist ein grosser Agrar kanton und wollte die Innovation in diesem Bereich fördern. So arbeitet die SNHf mit Grangeneuve Conseils zusammen, einem Kompetenzzentrum für Landwirtschaft, bei der Entwicklung neuer Produkte. Der Kanton Fribourg ist berühmt für den Gruyère. Bei der Herstellung von Käse fällt viel Molke (Laktoserum) an. Bisher wird ein grosser Teil für die Tierfütterung verwendet. Doch immer stärker tritt die Verwendung für den Menschen in den Fokus. Uns interessieren die physikalischen Qualitäten der Molkenproteine; sie können im Darm die Absorption von antioxidativ wirkenden, sekundären pflanzlichen Stoffen verbessern. Nun fällt im Kanton Fribourg auch bei der Entkoffeinierung von Tee ein Nebenprodukt an, das sehr viele sekundäre Pflanzenstoffe enthält. Unsere Hoffnung ist, dass aus zwei ideal kombinierten Nebenprodukten, aus
Käseherstellung und Teeproduktion, ein neues Produkt entsteht, das später zur Anreicherung von Nahrungsmitteln verwendet werden oder als neues Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt kommen kann.
In der aktuellen Ausgabe der SZE sprechen wir über Künstliche Intelligenz. Haben Sie auch Projekte in diesem Bereich? Mit Innosuisse und SFR (Swiss Food Research) verfolgen wir ein Projekt im Bereich Fermentation. Bei pflanzenbasierten Lebensmitteln besteht oft der Nachteil, dass sie stark industriell prozessiert werden müssen, um den Geschmack und die Struktur angenehm zu gestalten. Die Fermentation könnte hier einen Beitrag leisten, die industrielle Bearbeitung zu reduzieren und den Geschmack und die Verdaulichkeit von pflanzlichen Lebensmitteln zu verbessern. Nun wird versucht, das passende Bakterium für ein bestimmtes pflanzliches Substrat zu finden. Dazu wurde zuerst das Genom verschiedener Bakterien untersucht. Zusammen mit Siftlink (www.siftlink.com) haben wir einen Algorithmus entwickelt, der aufgrund des Genoms das ideale Bakterium einem zu fermentierenden Lebensmittel zuordnen soll. Die theoretisch ideale Kombination wird dann im Labor getestet. Also zuerst KI, dann Labor. Auch können wir ab 2024 in einem grossen europäischen Projekt mitarbeiten, das in der europäischen Bevölkerung den Mangel an Mikronährstoffen untersucht. Die SNHf wird einerseits die konventionellen Analysen der Vitamine und Mineralstoffe durchführen, aber auch neue Verfahren verwenden. So ist zum Beispiel die Bestimmung des Kalziumstatus schwierig. Es kommen neue Methoden zum Einsatz, die unter dem Begriff «Metabolomics» bekannt sind. Man wird untersuchen, wie gewisse metabolische Signale mit dem Kalziumstatus korrelieren, und so neue geeignete Biomarker für den Kalziumstatus suchen. Dieses Projekt wird viele Ressourcen unserer Stiftung benötigen, aber es ist ein wichtiges und interessantes Projekt.
Metabolomics: umfassende Analyse von Metaboliten in einem biologischen System (Zelle, Gewebe etc). Die präzise Analyse von unzähligen Metaboliten erlaubt es, den Stoffwechsel zu charakterisieren und Abweichungen festzustellen. Damit sollen geeignete Biomarker und therapeutische Ziele gefunden werden.
Das Interview führte Barbara Elke.
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