Transkript
NUTRIGENOMIK
Leila Sadeghi
Franziska Scheidegger-Balmer
«Nutrigenomics» in der Ernährungsberatung: Weiterbildungsbedarf für Nutrition 2.0
Leila Sadeghi1, Franziska Scheidegger-Balmer1, Marta Silva1, 2, Helena Jenzer1
In der Ernährungsforschung werden seit einigen Jahren Interaktionen zwischen Nährstoffen und Genom untersucht. Das Wissen auf diesem Gebiet nimmt rasant zu, und der Aufwand zur Einstufung eines menschlichen Genoms wird immer geringer. Eine Einbindung dieses Themas in die medizinische und ernährungsberaterische Praxis rückt in greifbare Nähe und wirft damit auch gleich die Frage auf, ob die bisherige Herangehensweise in Medizin und Ernährungswissenschaft mit der «one fits all»-Lösung noch funktionieren wird. In Anbetracht dieser Entwicklung hat die Berner Fachhochschule in Zusammenarbeit mit der Universität von Porto im Jahr 2014 eine Umfrage zu diesem Thema durchgeführt. Es sollte untersucht werden, wie viel Wissen bei den Ernährungsfachleuten in der Schweiz und Portugal zu Nutrigenomik und Nutrigenetik vorhanden ist und ob sie sich zutrauen, künftig in diesem Feld zu arbeiten. Das Ziel war, aufgrund dieser Untersuchung ein massgeschneidertes Weiterbildungsangebot zu entwickeln.
Marta Silva
Helena Jenzer
1 Prof. Dr. Leila Sadeghi, PhD, Dozentin, Stv. Leiterin aF&E Ernährung und Diätetik 1 Franziska Scheidegger-Balmer, Praktikantin aF&E Ernährung und Diätetik 1, 2 Marta Silva, internationale Praktikantin, aF&E Ernährung und Diätetik 1 Prof. Dr. Helena Jenzer, Dr. pharm. Dozentin, Leiterin aF&E Ernährung und Diätetik 1 Bern University of Applied Sciences, Health Division, aR&D Nutrition & Dietetics, 3008 Bern 2 Faculty of Nutrition and Food Sciences of the University of Porto, Rua Dr. Roberto Frias, 4200-465 Porto, Portugal
Neue Horizonte – neuer Weiterbildungsbedarf
Im Jahr 2013 hat die European Federation of the Associations of Dietitians (EFAD) ihre Strategie für das Projekt «Lifelong Learning» (SLL) veröffentlicht (1). Das Ziel dieser Strategie ist die Förderung des Berufsstandes der Ernährungsberatung auf akademischer, wissenschaftlicher und professioneller Ebene sowie die Unterstützung der eigenständigen Entwicklung der Ernährungsberater. Um lebenslanges Lernen zu fördern, bietet die Berner Fachhochschule bereits heute während des ganzen Jahres mehrere Weiterbildungsprogramme in Form von kurzen Kursen oder eines CAS/DAS/MAS an. Jüngste Forschungsergebnisse im Bereich der Ernährung geben Anlass dazu, dieses Weiterbildungsangebot weiter auszubauen, da in letzter Zeit vermehrt neue Erkenntnisse zu Interaktionen zwischen Nährstoffen und Genom, Proteom, Transkriptom sowie Metabolom gewonnen wurden. Die Anwendung von Nutrigenomik und Nutrigenetik in der täglichen Arbeit von Ernährungsberatern rückt in greifbare Nähe und damit auch ein völlig neuer Behandlungsansatz, der nichts mehr mit einer «One fits all»-Lösung zu tun haben wird. Diese rasant fortschreitende Ernährungsforschung hat eine Art Paradigmenwechsel hervorgerufen (2), was zu wesentlichen Veränderungen in unserer Herangehensweise an Gesundheit und Krankheit und zu einem besseren Verständnis der profunden Wirkung von Nahrung auf unser Genom geführt hat.
Bereits jetzt versuchen sogenannt seriöse Unternehmen, daraus Profit zu schlagen, indem sie aufgrund einer auf das persönliche Genom abgestimmten individualisierten Ernährung wundersame Resultate versprechen. Deshalb sollten Ernährungsfachleute bei dieser Entwicklung von Anfang an involviert sein, um neueste wissenschaftliche Erkenntnisse von blossen Modeerscheinungen unterscheiden zu können. Kenntnisse zur Auswirkung einzelner Gene auf die Art, wie Menschen auf Nahrung reagieren und auf welche Weise Ernährung die Gene beeinflusst, werden mit Sicherheit ein integraler Bestandteil ihrer zukünftigen Tätigkeit. Weiter wird ihre Fähigkeit gefragt sein, die Errungenschaften dieses jungen wissenschaftlichen Zweiges in eine für ihre Klientel verständliche Sprache zu übersetzen (3). Aus diesen Gründen wurden das Wissen und der Weiterbildungsbedarf zu Nutrigenomik und Nutrigenetik bei Ernährungsberatern mittels eines Fragebogens evaluiert. Die Evaluation sollte ermöglichen, ein massgeschneidertes, attraktives Weiterbildungsangebot auf diesem Gebiet ins Leben zu rufen. Um zusätzlich eine Vergleichsgrösse auf internationaler Ebene zu haben, führte die Berner Fachhochschule in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Ernährung und Lebensmittelwissenschaften der Universität Porto eine Studie zu diesem Thema durch. Der erste Teil der hierfür zusammengestellten Umfrage diente der Evaluation des aktuellen Wissensstandes zu Nutrigenomik und Nutrigenetik, während der zweite Teil Aufschluss über die Themenbereiche und
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Unterrichtsformate eines Weiterbildungsangebotes zu diesen Themen geben sollte.
«Nutrigénomique» et conseil nutritionnel: besoins en formation continue pour la nutrition 2.0
Evaluation des Weiterbildungsbedarfes
Es handelte sich um eine quantitative Querschnittserhebung bei registrierten Ernährungsfachkräften in der Schweiz und Portugal. Der Fragebogen wurde auf Deutsch erstellt und anschliessend auf Portugiesisch übersetzt. Per E-Mail wurde ein Einladungsbrief mit Link zum Fragebogen an alle Deutsch sprechenden Mitglieder des Schweizerischen Verbandes der Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberater (SVDE) sowie an die portugiesischen Kollegen geschickt. Die Teilnahme war freiwillig und anonym. Zeitraum der Befragung war zwischen dem 1. Juli und 2. September 2014. Ausgewertet wurden 151 retournierte Fragebogen aus der Schweiz und 141 aus Portugal. Der Fragebogen wurde mithilfe der Online-Umfragesoftware Survey Monkey® entwickelt. Er enthielt total 33 Fragen, welche in 6 Rubriken unterteilt waren: 1. Demografische Informationen; 2. Wissensstand zu Genetik und Nutrigenomik/Nut-
rigenetik; 3. Erfahrung mit Genetik/Nutrigenomik/Nutrigene-
tik in der täglichen Arbeit und Sicherheit im Umgang damit; 4. persönliche Einstellung zur Integration von Nutrigenomik/Nutrigenetik in der Praxis; 5. persönliche Bewertung des eigenen Wissens; 6. Erwartungen an ein Weiterbildungsprogramm in Nutrigenomik/Nutrigenetik bezüglich Format und Themen. Der Fragebogen bestand aus geschlossenen Fragen. Raum für persönliche Kommentare und Rückmeldungen war vorhanden. Bewertungsfragen basierten auf der Likert-Skala. Eine Testversion des Fragebogens wurde an eine kleine Gruppe von Ernährungsberatern beider Länder versandt, welche dazu Rückmeldung erstatteten, die Antworten wurden automatisch auf Survey Monkey® gespeichert. Die Datenanalyse erfolgte mittels des Statistikprogrammes IMB SPSS (Version 22 für Windows). Es wurden deskriptive Analysen durchgeführt, und um den Zusammenhang der nominalen Variablen zu vergleichen, wurde der «Chi-Square-Test» verwendet.
Studienergebnisse
Charakteristika der Teilnehmenden: 93 Prozent aller Befragten waren weiblich. Bei 47 Prozent der Befragten aus der Schweiz betrug das Alter 40 bis 54 Jahre, auf portugiesischer Seite waren mit knapp 60 Prozent die Mehrzahl der Befragten 25 bis 39 Jahre alt. Der grösste Anteil der Antwortenden in der Schweiz (44%) wies ein Diplom einer Höheren Fachschule als höchsten Abschluss aus, während die Mehrheit der Antwortenden in Portugal (71%) über ein BachelorDiplom verfügte. Die meisten Befragten arbeiteten in einem Spital oder einer Privatklinik (Tabelle 1).
Mots clés: état des connaissances – importance – besoins en formation continue
Depuis quelques années, la recherche en nutrition s’intéresse aux interactions entre nutriments et génome. L’intégration de ce sujet dans la pratique médicale et de conseil nutritionnel prend une importance croissante. Cette évolution a amené la Haute École spécialisée bernoise à réaliser, en collaboration avec l’Université de Porto, une enquête sur ce sujet en 2014. Il s’agissait d’évaluer le niveau de connaissances en nutrigénomique et en nutrigénétique des spécialistes de la nutrition de Suisse et du Portugal et s’ils se sentaient aptes à travailler dans ce domaine à l’avenir. L’objectif était de développer une offre de formation continue sur mesure fondée sur les résultats de l’enquête.
Kenntnisstand und bisherige Ausbildung in Genetik
Die portugiesischen Ernährungsfachkräfte schienen ein etwas höheres Wissen über Nutrigenomik/Nutrigenetik zu haben als ihre Berufskollegen aus der Schweiz. Eine mögliche Erklärung dafür mag sein, dass 44 Prozent der Antwortenden aus der Schweiz während ihrer Ausbildung keinen und 52 Prozent nur wenig Unterricht zu Genetik hatten, wohingegen 66 Prozent der Antwortenden aus Portugal einen kompletten Kurs in Genetik belegt hatten (Abbildung 1).
Bedeutung der Genetik in der Ernährungsberatung und Selbsteinschätzung der Befragten
Bei den am häufigsten genannten Tätigkeitsfeldern, in welchen Genetik Teil des ernährungstherapeutischen Gespräches mit Patienten war, handelte es sich um «das Besprechen der Grundlagen von Krankheiten, welche sowohl diätetische, wie auch genetische Komponenten umfassen» (56%), um «Diskussionen über die geneti-
Tabelle 1:
Charakteristika der Teilnehmenden
Land
Total retournierte Fragebogen
Geschlecht
weiblich
männlich
Alter (Mehrheit)
Höchster Abschluss der Mehrheit
Tätigkeitsbereich Spital
(«andere» nicht
Privatklinik
berücksichtigt)
Gemeinschaftsgastronomie
Akademischer Bereich/
Forschung
Community Nutrition
Lebensmittelindustrie
Public Health
Berufserfahrung in der Ernährungsberatung
Portugal 141 92% (n = 129) 8% (n = 12) 25–39 Jahre (60%) Bachelor Degree (71%)
27% (n = 38) 25% (n = 35) 13% (n = 19) 9% (n = 13)
6% (n = 8) 4% (n = 5) 3% (n = 4) 6–15 (33%)
Schweiz 151 94% (n = 142) 6% (n = 9) 40–54 Jahre (47%) Post-graduate diploma HF (44%) 52% (n = 79) 30% (n = 45) 1% (n = 2) 4% (n = 6)
0% 5% (n = 8) 6% (n = 9) 16–25 (34%)
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80 70 66%
Schweiz
60 Portugal 52%
50 44% 40
30 27%
20
10 0% 0%
0 Bachelor
of Science in Genetic
4%
Kompletter Kurs in Genetik
Wenig Genetik im Kurs
7% Keine Genetik
Abbildung 1: Ausbildungsniveau in Genetik. Links Antworten aus Portugal (n = 89); rechts Antworten aus der Schweiz (n = 129).
29% 58%
49% 47%
69% 43%
Aussagekraft der genetischen Tests
Genetische Diskriminierung (z.B. Krankenkassen)
Vertraulichkeit der Daten
Kosten, die bei den Tests anfallen
Resultate verursachen Angst beim Patienten
Andere
Abbildung 2: Am häufigsten geäusserte Bedenken bezüglich Nutrigenomik/Nutrigenetik (nur Daten aus der Schweiz dargestellt, n = 126).
Tabelle 2:
Selbsteinschätzung bezüglich Integration von Nutrigenomik/Nutrigenetik im Arbeitsalltag (nur Daten aus der Schweiz dargestellt)
n keinesfalls vielleicht ganz sicher
Genügend Wissen vorhanden, um
127 95%
4%
1%
Nutrigenomik/Nutrigenetik in den
Praxisalltag zu integrieren
Kann sich vorstellen, eine Patientin/
126
26%
47% 27%
einen Patienten vom zusätzlichen Wert
einer Ernährungsberatung/-therapie,
die auf Nutrigenomik/Nutrigenetik
basiert, zu überzeugen
Fühlt sich fähig, einen genetischen 126 88% 10% 2%
Test zu interpretieren
schen Grundlagen einer Krankheit» (51%) und um «den Miteinbezug genetischer Informationen als Teil der Familienanamnese oder Krankheitsgeschichte» (37%)(*). Weiter wurde ersichtlich, dass 44 Prozent der Antwortenden bereits mit Patienten zu tun hatten, die an einer personalisierten, auf ihren Genotyp basierenden Ernährungsempfehlung interessiert waren (*). Gleichzeitig zeigte sich aber, dass nur 13 bis 17 Prozent
sich als kompetent genug einschätzten, in den eingangs erwähnten Tätigkeitsfeldern Beratungen durchzuführen (*). Diese tiefe Selbsteinschätzung könnte erklären, weshalb nur 3 Prozent der Antwortenden ihre Patienten auf Genetik basierende Beratungen empfahlen und nur 14 Prozent mit ihrer Klientel darüber diskutierten, wie die Nahrung mit Genen interagieren und das Risiko für eine Erkrankung beeinflussen kann, obwohl bis 56 Prozent von ihnen mit ihrer Klientel bereits über genetisch bedingte Erkrankungen gesprochen haben (*). Ganz grundsätzlich kann gesagt werden, dass die grosse Mehrheit der Antwortenden ihr Wissen als ungenügend beziehungsweise wahrscheinlich ungenügend betrachtet um Themen wie Genetik, Nutrigenomik und Nutrigenetik in ihren Arbeitsalltag zu integrieren (95%) und Resultate genetischer Tests zu interpretieren (88%) (Tabelle 2). Der Blick in die Zukunft hingegen verrät, dass 45 Prozent der Antwortenden vielleicht und 38 Prozent ziemlich bis ganz sicher ein besseres Ergebnis erwarten, wenn eine personalisierte Ernährungszusammenstellung passend zum Genotyp gemacht wird (*). Weiter könnten sich 47 Prozent vielleicht und 27 Prozent ganz sicher vorstellen, Patienten vom zusätzlichen Wert einer Ernährungsberatung/Ernährungstherapie basierend auf Nutrigenomik beziehungsweise Nutrigenetik zu überzeugen (Tabelle 2).
Ethische und rechtliche Bedenken
Die Antwortmöglichkeiten zu ethischen und rechtlichen Aspekten von Nutrigenomik und Nutrigenetik zeigen, dass die Bedenken der Antwortenden aus der Schweiz breit gestreut und beinahe gleichmässig auf die einzelnen Bereiche verteilt sind. Die grösste Sorge bei der Nutzung von genetischen Tests in Beratungen betrifft aber die «genetische Diskriminierung» (69%) und die «Aussagekraft der genetischen Tests» (58%) (Abbildung 2). Ähnliche Resultate ergab die Umfrage in Portugal (Ergebnisse nicht dargestellt).
Stellenwert: Haben Nutrigenomik und Nutrigenetik eine Relevanz im Curriculum?
Die Mehrheit (72%) der Antwortenden hält den Einbezug von Humangenetik und Nutrigenomik sowie Nutrigenetik ins Curriculum von Ernährung und Diätetik für ziemlich beziehungsweise ausserordentlich wichtig (*).
Bedarf an Weiterbildung und gewünschtes Format
Lediglich 60 Prozent erachten das Verständnis von Genetik für den Berufsalltag der Ernährungsberater als wichtig (Tabelle 3); ähnliche Resultate ergab auch die Umfrage in Portugal (*). Ein grosses Interesse an einer Aus- und Weiterbildung zum Thema Nutrigenomik und Nutrigenetik zeigten 66 Prozent der Antwortenden. Bei der Frage nach dem Format der Aus-
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und Weiterbildung wurde mit Abstand am häufigsten ein «eintägiger Kurs» gewünscht (66%), danach folgen ein «Workshop an einer Fachtagung» (41%) und eine «Vorlesung» (36%). Rund ein Viertel der Antwortenden wäre gewillt, mehr Zeit in eine Weiterbildung zu investieren, wie beispielsweise in ein Certificate of Advanced Studies (CAS) oder in einen Kurzlehrgang von 1 bis 2 Stunden pro Woche über einen Zeitraum von 8 Wochen. Die Beantwortung der offenen Frage zu den Erwartungen an ein Weiterbildungsangebot verdeutlicht, dass sich die Teilnehmer vor allem ein praxisnahes Angebot wünschen (Fallbeispiele, Selbsterfahrung, Rollenspiele, Handlungsempfehlungen).
Gewünschte Weiterbildungsthemen
Tabelle 3:
Wichtigkeit, Nutrigenomik/Nutrigenetik in der Ernährungsberatung zu integrieren, und Interesse an einer Weiterbildung auf diesem Gebiet (nur Daten aus der Schweiz dargestellt)
Interesse an einer Weiterbildung in Nutrigenomik/Nutrigenetik ist vorhanden Es ist wichtig, Nutrigenomik/ Nutrigenetik in die Ernährungsberatung zu integrieren
n 124
126
keinesfalls 5%
3%
vielleicht ganz sicher 29% 66%
37% 60%
Tabelle 4:
Gewünschte Weiterbildungsthemen (Mehrfachnennungen möglich) (nur Daten aus der Schweiz, n = 124)
Aufgefallen ist, dass sämtliche in der Umfrage aufgeführte Themen auf reges Interesse gestossen sind. Einen deutlichen Schwerpunkt in der Häufigkeit der angekreuzten Themen bilden dabei jedoch die Interaktionen von Ernährung, Genen und Erkrankungen sowie die Einführung in Nutrigenomik und Nutrigenetik. Übersichtliche Vermittlungen über die neusten Entwicklungen auf diesem Gebiet sowie Grundlagen der Humangenetik sind ebenfalls auf grosses Interesse gestossen (Tabelle 4).
Welche Schlussfolgerungen und Zukunftsaussichten lassen sich gewinnen?
Knapp 44 Prozent der Befragten hatten bereits mit Patienten zu tun, die an einer personalisierten, auf ihrem Genotyp basierenden Ernährungsempfehlung interessiert waren. Dem steht jedoch die Tatsache gegenüber, dass über 80 Prozent der Antwortenden sich nicht zutrauen, auf diesem Gebiet beraterisch tätig zu sein. Diese Lücke gilt es mittels eines zielgruppenorientierten Weiterbildungsprogrammes zu schliessen. Dies umso mehr, als dass sich hier ein wissenschaftliches Feld auftut, welches es der Berufsgruppe der Ernährungsberater ermöglicht, ihre Anerkennung und ihren Status zu festigen und sich zu spezialisieren. Die Resultate dieser Untersuchung haben gezeigt, dass Ernährungsfachkräfte aus der Schweiz und Portugal Interesse am Gebiet der Nutrigenomik und Nutrigenetik zeigen und bereit sind, sich auf diesem Gebiet weiterzubilden. Benötigt werden attraktive Weiterbildungsprogramme, welche an die Bedürfnisse und das Niveau der Ernährungsfachpersonen beider Länder angepasst sind und sie auf die Zukunft in ihrem Berufsfeld vorbereiten. Seit 2015 sind an der Berner Fachhochschule Molekularbiologie, Genomik und insbesondere Nutrigenomik sowie Nutrigenetik Teil des Unterrichts im jeweils ersten Jahr des Bachelorstudienganges Ernährung und Diätetik sowie des Masterstudienganges Food, Nutrition and Health. Bis jetzt sind diese Vorlesungen auf grosses Interesse gestossen und haben gezeigt, dass die Studenten begierig sind, mehr über diese Thematik zu erfahren. Diese Module werden weiterentwickelt, basierend auf bewährten Ausbildungsmodellen aus den USA, Kanada
Prioritäts-
% Prioritäts- % Prioritäts-
%
bereich 1
bereich 2
bereich 3
Grundlagen Ge- Ethische
Rund um
netik/Genomik Perspektive Nutrigenomik
Einführung in 90 Ethische, 59 Interaktion
94
Nutrigenomik
rechtliche
zwischen
und Nutrigenetik und soziale
Ernährung, Genen
Auswirkungen und Krankheit
von Nutri-
genomik/
Nutrigenetik
Einführung in 69
Jüngste
71
die Grundlagen
Erkenntnisse
der Human-
in Nutrigenomik/
genetik
Nutrigenetik
(Übersicht über
die neuesten
Publikationen)
Genetischer
50
Hintergrund der
häufigsten
Erkrankungen
Andere
3
Total 80%
59% 55%
(Durchschnitt %)
Prioritätsbereich 4 Genomik in der Praxis Wichtigkeit des familiären Hintergrundes zur Einschätzung der Prädisposition einer Erkrankung (49%) Patientengespräche zu genetischen Informationen (45%)
47%
% 49
45
und den Niederlanden, wo diese Thematik auf akademischer Ebene schon länger erfolgreich vermittelt wird. Auf den Punkt gebracht, zeigt die Ausbildung der (zukünftigen) Ernährungsfachleute in Nutrigenomik und Nutrigenetik ein weiteres Bestreben, denjenigen das nötige Empowerment und die Anerkennung ihres vielseitig geprägten Berufes zukommen zu lassen, die im Bereich Ernährung an vorderster Front tätig sind – den Ernährungsberatern.
(*) Nicht dargestellt, Daten sind bei der Autorin erhältlich.
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Leila Sadeghi Berner Fachhochschule, Fachbereich Gesundheit aF&E Ernährung und Diätetik Murtenstrasse 10 3008 Bern E-Mail: leila.sadeghi@bfh.ch
Interessenkonflikte: Es liegen keine Interessenkonflikte vor.
Danksagung Die Autorinnen bedanken sich ganz herzlich für die Beiträge und die Unterstützung der folgenden Personen: Prof. Dr. Nuno Borges, Rute Espanhol, Daniela Prozorovscaia und Susanne Müller.
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Literatur: 1. EFAD (2013): Strategy for Lifelong Learning within EFAD. 24th EFAD General Nov. 2013. 2. Hyman, M., MD, Paradigm Shift: The End of «Normal Science» in Medicine, Understanding Function in Nutrition, Health and Disease, Alternative Therapies, Sept/Oct 2004, Vol. 10. No 5. 3. Renee Rosen, Carrie Earthman, Len Marquart, Marla Reicks: Continuing Education Needs of Registered Dietitians Regarding Nutrigenomics; Journal of the American Dietetic Association. 2006;106 (8):1242–1245.
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