Transkript
ERNÄHRUNG UND STOFFWECHSELERKRANKUNGEN BEI KINDERN
Falsch programmierter Stoffwechsel
Forschungen zur frühen Stoffwech-
selprägung zeigen, dass mütterli-
che Ernährungsfaktoren bereits
während der Schwangerschaft
und Stillzeit lebenslange program-
mierte Effekte auf das Krankheits-
risiko des Kindes ausüben. Zudem
zeigte sich, dass auch in späteren
Entwicklungsabschnitten im Kindes-
und Jugendalter noch eine nega-
tive metabolische Programmierung
erfolgen kann.
Mit MetS (metabolisches Syndrom) wird das gleichzeitige Auftreten von erhöhtem Blutzucker, erhöhten Blutfetten, Bluthochdruck und stammbetontem Übergewicht bezeichnet. Mit dem Anstieg von Übergewicht und Fettsucht in den industrialisierten Ländern steigt auch das Auftreten des MetS. Die Folgeschäden wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt es zu vermeiden.
Vorgeburtliche Programmierung
Die Weichen für das Auftreten oder Verhindern des Risikos, dereinst am metabolischen Syndrom zu erkranken, werden bereits im Mutterleib gestellt. Die «perinatale Programmierung» bezieht sich auf die Erkenntnis, dass durch äusserliche Einflüsse Hormone der Mutter beeinflusst werden, die wiederum die künftigen Funktionsweisen von Organen und Organsystemen des werdenden Menschen festlegen. Gut erforscht ist der Einfluss eines (nicht behandelten) Schwangerschaftsdiabetes. Bei übermässiger Zunahme des Fettgewebes wandern Immunzellen ein und bilden in den Fettzellen Entzündungsfaktoren aus. Dadurch verändern sich Stoffwechselvorgänge im Körper der schwangeren Frau und des Ungeborenen. Beide werden insulinresistent.
Fette Folgen von Übergewicht in der Schwangerschaft
Übergewichtige Frauen haben ein doppelt so hohes Risiko, einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln. Prof. David Ludwig vom Children’s Hospital an der Harvard-Universität überprüfte die Daten von 513 501 Frauen, die zwischen 1989 und 2003 insgesamt 1 164 750 Kinder zur Welt gebracht hatten. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die Kinder von Frauen, welche mindestens 24 kg zugenommen hatten, im Schnitt bei der Geburt 150 g mehr wogen als die Kinder von Frauen, die nur 8 bis 10 kg zugenommen hatten. Daraus errechneten die Forscher ein deutlich erhöhtes Risiko, ein Kind mit über 4 kg Gewicht auf die Welt zu bringen, verglichen mit den Müttern mit normalem Gewichtszuwachs. Ein so hohes Geburtsgewicht zeigt auf, dass sich der Fötus im Mutterleib in einer für ihn nicht optimalen Umgebung entwickeln musste. Nach der Geburt wird eine Ernährung mit Muttermilch empfohlen. Sie hilft mit, die Babys schlank zu halten, und mindert langfristig ihr Risiko, später Diabetes mellitus Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Krankheiten zu bekommen.
Weitere kritische Phasen
Doch auch in späteren Entwicklungsabschnitten, den sogenannten «kritischen
Phasen» im Kindes- und Jugendalter, kann noch eine metabolische Programmierung erfolgen. Sie betrifft etwa den Pubertätsbeginn. Kinder, die in den ersten beiden Lebensjahren rasch an Gewicht zunehmen, treten früher in die Pubertät ein, vor allem, wenn sie bei ihrer Geburt ein niedrigeres Gewicht (unter 3 kg) hatten. Als kritische Phase für eine Stoffwechselprogrammierung und die Körperzusammensetzung wird die Zeit zwischen dem 3. und 8. Lebensjahr angesehen. Als weitere kritische Phase gilt die Pubertät selbst. Neben unzähligen hormonellen Veränderungen ist diese Entwicklungsphase durch eine vorübergehende physiologische Insulinresistenz gekennzeichnet. Gemäss Studien könnte sich eine Ernährung mit hoher Blutzuckerwirkung besonders ungünstig auf die Körperzusammensetzung von Jugendlichen auswirken und einen vermehrten Fettansatz fördern. Auch ist dann ein vermehrter Konsum von gezuckerten Erfrischungsgetränken mit einem Anstieg des BMI verbunden. Hingegen scheint der Konsum von Milch keinen negativen Einfluss zu haben. Bei Jugendlichen hat Milch möglicherweise sogar präventive Eigenschaften auf das Körpergewicht. Fakt ist, dass Milch eine gute Quelle für hochwertige Eiweisse und verschiedene Mineralstoffe sowie Vitamine ist. Fett, auch Milchfett, ist ein wichtiger Geschmacksträger. Deshalb schmecken vollfette Milchprodukte besser als Magermilch und Co. Der Kalorienunterschied ist jedoch gering: So liefert ein Glas Vollmilch im Vergleich zu Magermilch gerade einmal 20 Kalorien mehr.
Korrespondenzadresse: Marianne Botta Diener Dipl. Lebensmittelingenieurin ETH 3063 Ittigen Mobil 079-175 24 37 E-Mail: kinder.essen@gmail.com
Literatur bei der Autorin erhältlich.
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