Transkript
HERZ-KREISLAUF-GESUNDHEIT UND ERNÄHRUNG
Das gesättigte Milchfett
Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestätigt
Im Juli 2012 wurde in der weltweit wichtigsten Fachzeitschrift für Ernährungswissenschaft, im «American Journal of Clinical Nutrition», das neueste Ergebnis der berühmten Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis (MESAStudie) veröffentlicht (1): Je mehr gesättigte Fettsäuren aus Milch und Milchprodukten man zu sich nimmt, desto geringer ist in der Folge das Risiko, einen Herz- oder Hirninfarkt oder andere klinisch relevante HerzKreislauf-Erkrankungen zu erleiden!
Milchfett besteht zu mehr als 50 Prozent aus gesättigten Fettsäuren. Der Grossteil davon ist allerdings kurz- und mittelkettig. Und diese unterscheiden sich in ihrer Stoffwechselwirkung von den längerkettigen gesättigten Fettsäuren. In den letzten Jahren kamen immer mehr Langzeitbeobachtungsstudien zum Ergebnis, dass ein hoher Konsum von Milch und Milchprodukten «trotz» des Fettgehalts und des hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren nicht mit einem erhöhten, sondern mehrheitlich mit einem geringeren Risiko für Übergewicht, metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes und HerzKreislauf-Erkrankungen einhergeht. Der Wirkmechanismus war nie endgültig geklärt worden, aber am häufigsten wurde spekuliert, die günstige Wirkung könne auf die gute Kalzium- und Proteinversorgung zurückzuführen sein. Dass aber die gesättigten Fettsäuren aus Milchfett per se protektiv wirken könnten, wurde nie diskutiert. Das könnte sich nun mit der neuen Studie ändern. Für die MESA-Studie waren im Jahr 2000 insgesamt 6814 gesunde Erwachsene im Alter von 45 bis 84 Jahren aus 6 verschiedenen Gemeinden in den USA rekrutiert worden. Nach der Basiserhebung waren bis zum Jahr 2010 mit entsprechendem Abstand 8 weitere Ernährungserhebungen durchgeführt worden. Für die statistischen Auswertungen wurden alle Teilnehmer mit auffällig hohen oder niedrigen Kalorienangaben wegen Verdachts auf «Under-» oder «Overreporting» ausgeschlossen. Alle Teilnehmer wurden zu
Anfang und noch 3 weitere Male während der 10-jährigen Laufzeit medizinisch nachuntersucht. In diesem Zeitraum waren 316 tödliche und nichttödliche Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen diagnostiziert worden. Dazu zählten neben Herz- und Hirninfarkt auch Herzstillstand und Angina pectoris.
Ergebnisse
Pro 5 Gramm Mehrkonsum von gesättigten Fetten aus Milchfett beziehungsweise pro 5 Prozent höherem Kalorienanteil aus gesättigten Milchfettsäuren sank im einfachsten Berechnungsmodell das HerzKreislauf-Risiko um jeweils 10 beziehungsweise 21 Prozent – allerdings nicht statistisch signifikant. Nachdem die Wissenschaftler aber neben Alter und Geschlecht, Rasse und Studiencenter auch noch weitere wichtige Einflussfaktoren in den Berechnungsmodellen wie BMI, Rauchen, körperliche Aktivität, Alkoholkonsum, Ballaststoff-, Obst- und Gemüsekonsum, Vitaminzufuhr und so weiter berücksichtigt hatten, wurde der «Schutzeffekt» des Milchfetts immer stärker erkennbar! Das voll adjustierte Modell ergab schliesslich eine signifikante Senkung des Herz-Kreislauf-Risikos um 21 beziehungsweise 38 Prozent mit den oben genannten Steigerungsschritten von gesättigten Milchfettsäuren. Dieser Schutzeffekt ist besonders bemerkenswert, weil er in der Stärke zunimmt, je mehr Lebensstilfaktoren in die Statistik einbezogen werden. Das spricht für einen kausalen Zusammenhang.
In Bezug auf reine Butter fand sich mit entsprechendem Mehrkonsum ein um 13 beziehungsweise 17 Prozent geringeres Risiko – allerdings nicht statistisch signifikant. Für gesättigte Fettsäuren aus Pflanzenfetten fand sich kein Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hingegen war eine entsprechende Steigerung der gesättigten Fettsäuren aus Fleischfett mit einem erhöhten Risiko assoziiert. Für alle gesättigten Fettsäuren aus der Nahrung zusammengenommen fand sich schliesslich ebenfalls ein signifikant geringeres Risiko: 14 Prozent geringeres Risiko pro 5 Gramm Mehrkonsum und 29 Prozent kleineres Risiko pro 5 Energieprozente Mehrkonsum. Diese neue und methodisch besonders hochwertige Studie untermauert von Neuem, dass die herkömmliche Ernährungslehre in Bezug auf gesättigte Fettsäuren überarbeitet werden muss und dass die Ernährungsberatung in Bezug auf den Konsum von Milch und Milchprodukten die vollfetten Milchprodukte in gleicher Weise empfehlen kann wie die fettreduzierten.
Literatur: 1. de Oliveira Otto MC, Mozaffarian D, Kromhout D et al. Dietary intake of saturated fat by food source and incident cardiovascular disease: the Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis. Am J Clin Nutr. 2012 Jul 3.
Korrespondenz: Susann Wittenberg Schweizer Milchproduzenten SMP, Swissmilk Weststrasse 10, 3000 Bern 6
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