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FETTE UND FETTSÄUREN
Einfach ungesättigte Fettsäuren in unserer Ernährung
ROGER DARIOLI
Zu den wichtigsten einfach ungesättigten Fettsäuren in der menschlichen Ernährung gehören die Ölsäure und die Palmitoleinsäure. Wachsendes Interesse an den beiden Fettsäuren besteht seit 1970, als die Herz-Kreislauf schützenden Wirkungen der mediterranen Kost erkannt wurden. Zahlreiche Studien belegen, dass der Ersatz gesättigter Fettsäuren durch einfach ungesättigte Fettsäuren in der Ernährung mit einer relevanten Besserung des Lipidprofils sowie weiterer kardiovaskulärer Parameter einhergeht. Andererseits lieferten mehrfach ungesättigte Fettsäuren vergleichbare Ergebnisse, was erklärt, warum keine Empfehlungen für die alleinige Verwendung einfach ungesättigter Fettsäuren gegeben werden. Die kürzliche Entdeckung eines Schlüsselenzyms, das an der endogenen Synthese einfach ungesättigter Fettsäuren sowie an der Energieregulierung und dem Glukose-Fettstoffwechsel beteiligt ist, öffnet ein neues Forschungsfeld. Dies wird möglicherweise dazu beitragen, dass der gesundheitliche Stellenwert dieser Fettsäuren besser definiert werden wird und sich gegebenenfalls neue Therapiestrategien gegen kardiometabolische Erkrankungen entwickeln lassen.
1970 wurde unter der Leitung von Ancel Keys die sogenannte Sieben-LänderStudie publiziert, die in Jugoslawien, Italien, Griechenland, Finnland, den Niederlanden, USA und Japan durchgeführt worden war (1). Die Ergebnisse zeigten, dass die Prävalenz ischämischer kardiovaskulärer Erkrankungen (KHK) bei gewissen Populationen der Mittelmeerländer deutlich niedriger war als anderswo, und zwar trotz ihrer recht fettreichen Ernährungsgewohnheiten. Allerdings nahmen diese Bevölkerungsgruppen weniger gesättigte Fette, dafür aber erhebliche Mengen an einfach ungesättigten Fettsäuren (MUFA) zu sich. Aufgrund dieser Erkenntnisse fokussierte sich das Interesse der Wissenschaftler zusehends auf diese Fettsäuregruppe, die schliesslich in Ernährungsempfehlungen zur Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen Eingang fanden (2).
Merkmale der einfach ungesättigten Fettsäuren
MUFA sind Fettsäuren mit Doppelbindungen zwischen zwei C-Atomen, meistens in der cis-Konfiguration. Unter den MUFA gibt es jedoch auch natürlich vorkommende Transfettsäuren bei Wiederkäuern oder als Folge industrieller Hydrierung oder Hitzebehandlung pflanzlicher Fette (3). Die Palmitoleinsäure (C16:1n-7) und die Ölsäure (C18:1n-9) sind die wichtigsten Vertreter der natürlich vorkommenden MUFA. Beide finden sich in Nahrungsfetten, sie können aber auch im menschlichen Körper de novo synthetisiert werden, dank einer spezifischen D-9-Desaturase aus der Familie der Stearoyl-Coenzym-A-Desaturasen (Scd), der Isoform Scd1. Aus neuesten tierexperimentellen Studien ist bekannt, dass die Scd1-Aktivität sowohl durch diätetische Massnahmen (z.B. bei Substitution der
cis-MUFA durch gesättigte Fettsäuren) als auch durch Genmanipulationen modifiziert werden kann, was sich offenbar auf die Anfälligkeit für Adipositas, Dyslipidämie sowie für Typ-2-Diabetes und Insulinresistenz auswirkt (4). Trotz dieser ermutigenden Ergebnisse sind die bisher verfügbaren Daten nicht ausreichend, um die Bedeutung dieser enzymatischen Dysregulationen beim Menschen und ihre Auswirkungen auf den Stoffwechsel einzuschätzen (5).
Welche Lebensmittel liefern einfach ungesättigte Fettsäuren?
Die Ölsäure (C18:1n-9) ist die wichtigste der in Nahrungsmitteln vorhandenen MUFA. Wie aus der Tabelle hervorgeht, schwankt der relative MUFA-Gehalt je nach Lebensmittel beträchtlich. Am höchsten ist der Gehalt in Ölfrüchten, wie Haselnüssen, Oliven, Mandeln und Pista-
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Tabelle: Fettsäuregehalt verschiedener Lebensmittel
Öle Distel Weizenkeim Traubenkern Soja Sonnenblumen Mais Palmkern Erdnuss Raps Oliven
Gesamt-FS (g/100)
99,9 99,9 99,9 99,9 99,9 99,9 99,9 99,9 99,9 99,9
Ölfrüchte Kokosnuss Nüsse Sonnenblumenkerne Pinienkerne Erdnüsse Avocado Cashewnüsse Pistazien Mandeln Olive grün Olive schwarz Haselnüsse
63,3 63,8 50,2 50,7 49,0 14,2 42,2 51,6 53,5 12,5 30,0 62,0
Fleisch und Wurstwaren Kaninchen Kalbsleber roh Poulet (geschnetzelt) Kalb (gebraten) Kalbsschnitzel Pferdefilet Schweinekotelett Bündner Fleisch Rind (Entrecôte) Kalbsbratwurst Lammkotelett Salami Schweinsbratwurst Cervelas Poulet (ganz mit Haut) Entenleber Rohschinken
7,5 4,4 1,3 4,8 1,6 1,9 10,9 5,0 5,4 21,8 15,6 35,2 21,0 22,7 10,3
14,3
Milchprodukte Joghurt, natur, Vollmilch Appenzeller fett Brie Vollfett Tête de moine Tilsiter Mozzarella Vollmilch, UHT Gruyère Ziegenmilch Mascarpone
3,6 31,7 23,5 35,5 28,0 16,1 4,1 21,4 4,2 47,0
SAFA (%)
10 19 10 14 11 12 46 18 8 13
92 9 11 13 20 21 23 14 8 15 15 8
44 41 33 42 36 47 41 42 46 41 46 39 38 41 32 43 26
69 68 68 68 68 68 68 70 65 63
MUFA (%)
13 17 18 21 24 26 39 43 56 67
6 19 20 40 50 65 68 71 72 73 73 82
21 25 42 42 45 47 47 47 48 48 49 50 50 51 51 56 66
25 27 27 27 27 27 27 27 30 33
PUFA (%)
72 60 64 61 56 57 10 31 28 8
2 72 69 47 30 13 8 15 20 12 12 10
35 34 25 15 18 6 11 11 7 11 6 11 12 8 17 1 8
6 5 5 5 5 5 5 3 5 3
zien, in einigen pflanzlichen Ölen (Oliven-, Raps-, Erdnussöl) und gewissen Fleischsorten (Entenleber, Schinken). Bei Milchprodukten und Fisch (ausgenommen Zuchtlachs) liegt der MUFA-Anteil dagegen unter 40 Prozent.
Einfach ungesättigte Fettsäuren in der Ernährung
(Schweiz und Industrieländer) Gemäss den Angaben im 5. Schweizerischen Ernährungsbericht nahm der durchschnittliche Fettverbrauch zwischen 1994 bis 1995 und 2001 bis 2002 geringfügig ab und zwar von 125,2 auf 122 g/Tag, während der Gesamtkalorienverbrauch leicht anstieg (3017 ± 196 vs. 2962 ± 239 kcal/Tag) (6). Neben der insgesamt immer noch zu fetthaltigen Ernährungsweise (36,2% der täglichen Gesamtenergiezufuhr) erwähnt der Bericht, dass sich die Zufuhr gesättigter Fettsäuren (SAFA) im gleichen Zeitraum von 42,8 auf 40,3 Prozent der Gesamtlipidaufnahme reduzierte; die entsprechenden Prozentzahlen für MUFA lagen bei 38,6 Prozent gegenüber 37,8 Prozent und für die mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) bei 18,6 Prozent beziehungsweise 22,1 Prozent. Ähnliche Resultate liegen seit Kurzem für Grossbritannien vor. Diese wurden im Zusammenhang mit der Whitehall-2-Studie publiziert, einer umfangreichen prospektiven Ernährungsstudie, die während einer Laufzeit von 15 Jahren die Auswirkungen der Essgewohnheiten von 8000 Patienten auf das Risiko für koronare Herzkrankheit, Diabetes und Mortalität untersuchte (7). Diese Vergleichszahlen belegen die Schwierigkeiten, die sich bei der Umstellung der Essgewohnheiten ergeben – insbesondere auch im Hinblick auf eine ausgewogenere und gesündere Fettzusammensetzung. Für die WHO ist dafür zumindest teilweise auch die europäische Landwirtschaftspolitik verantwortlich. Nach ihrer Schätzung gehen die insgesamt rund 13 000 kardiovaskulär bedingten Todesfälle in Europa im Jahr 2000 auf das Konto eines übermässigen SAFAKonsums. Würde dagegen nur 1 Prozent der verzehrten SAFA durch bescheidene 0,5 Prozent an einfach (MUFA) und
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0,5 Prozent an mehrfach ungesättigten PUFA für die Verbesserung des Lipidpro- hydratreichen Kost. Dagegen liess sich
Fettsäuren (PUFA) ersetzt, liessen sich fils den Vorzug zu geben (11).
hinsichtlich Insulinämie und Glykämie
jährlich etwa 9800 KHK-bedingte Todes- Diverse Studien deuten darauf hin, dass kein wesentlicher Vorteil der einen oder
fälle sowie 3000 tödlich verlaufende eine MUFA-reiche Kost die Oxidation der anderen Kostform nach jeweils sieben-
Schlaganfälle verhindern (8).
LDL-Partikel in vitro zu reduzieren ver- wöchiger Diätdauer feststellen (15). Ar-
Einfluss der einfach ungesättigten Fettsäuren auf das Lipidprofil und die Anfälligkeit der LDL-Partikel gegenüber oxidativem Stress
Aus Gründen eines verbesserten Lipidprofils wurde der breiten Bevölkerung lange die Aufnahme einer kohlenhydrat-
mag. Noch ist allerdings nicht klar, ob sich dieser antioxidative Effekt auf die Atherogenese und damit auf das kardiovaskuläre Risiko auswirkt (12, 13).
Einfluss einfach ungesättigter Fettsäuren auf Insulinresistenz, Diabetes Typ 2 und Übergewicht
beiten von S. Lopez et al. deuten darauf hin, dass die Funktion der pankreatischen Betazellen sowie die Insulinempfindlichkeit während der postprandialen Phase bei normoglykämischen und normotriglyzeridämischen Versuchspersonen unter MUFA-reicher Kost gegenüber solchen mit SAFA-reicher Kost eine progressive
reichen (55–60% der täglichen Gesamt- Diverse Argumente sehen in einer über- Verbesserung erfahren (16). Schliesslich
energiezufuhr [GEZ]), fett- (< 30% GEZ) mässigen, lang dauernden postprandia- berichteten M. Shah und Mitarbeiter, dass und insbesondere SAFA-reduzierten len Hypertriglyzeridämie den eigentli- die Insulinantwort bei Typ-2-Diabetikern (< 10% der GEZ) Ernährung empfohlen. chen Risikofaktor für Insulinresistenz, (ohne Störungen des glykämischen Als die trotz uneingeschränkter Fettzu- Typ-2-Diabetes und das metabolische Gleichgewichts) – im Vergleich zur Palmi- fuhr erstaunlich niedrige KHK-Inzidenz Syndrom. In Kenntnis des grossen Ein- toleinsäure (MUFA) und zur Linolsäure bei mediterranen Bevölkerungsgruppen flusses von Nahrungsfetten auf die post- (PUFA) – sowohl durch die Ölsäure als beobachtet wurde, war auch die Omega-3- dies Anlass für zahlreiche Studien über die Auswirkungen der MUFA auf das Lipidprofil. Die meisten Studien belegten, dass so- «Beim jetzigen Kenntnisstand ist es sinnvoll, »sich an den Zufuhrempfehlungen des BAG zu orientieren Fettsäuren EPA und DHA in bescheidenem Masse reduziert werden kann (17). Ob MUFA auch die Gewichtskontrolle günstig beeinflus- wohl die Ölsäure als auch sen können, lässt sich heute die übrigen cis-MUFA kei- aufgrund der unsicheren Da- ne Veränderung des Cholesterinspiegels prandiale Hyperlipidämie wandte sich die tenlage noch nicht bestätigen (18, 19). bewirken. Dieser neutrale Effekt scheint Forschung dem Stellenwert der verschie- Insgesamt sind die Resultate sicher er- auf einer leichten Zunahme der HDL-Cho- denen Fettsäuren zu. Besonders unter- mutigend, dennoch sind weitere For- lesterinspiegel verbunden mit einer mo- sucht wurde der Schutzeffekt einer schungsarbeiten erforderlich, um die Vor- deraten Reduktion des LDL-Cholesterins MUFA-reichen Ernährung im Vergleich teile einer MUFA-reichen gegenüber zu beruhen, was einen potentiell günsti- mit kohlenhydrat- oder SAFA-reicher einer PUFA-reichen Kost auf andere, nicht gen Anstieg des HDL/LDL-Verhältnisses Kost. Neuere Publikationen über entspre- mit dem Fettstoffwechsel zusammenhän- bewirkt (9). chende Interventionen beim Menschen gende Komponenten zu präzisieren. Dar- Gemäss einer Metaanalyse mit 14 Studi- sind sich über den positiven Effekt der über hinaus sind weitere Untersuchun- en, die zwischen 1983 und 1994 veröf- MUFA einig. So konnten A. Due et al. bei gen notwendig, um die spezifischen fentlicht worden waren, zeigt eine mit 46 adipösen, nichtdiabetischen Patienten Wirkungen der MUFA, insbesondere der PUFA oder MUFA angereicherte Ernäh- während einer sechsmonatigen Beob- Ölsäure, besser zu verstehen und die rung keine signifikanten Wirkungen auf achtungsperiode eine ausgeprägte Bes- regulierenden Effekte der wichtigsten Lipidparameter wie LDL-, HDL- oder Ge- serung der Glukosehomöostase unter ei- PUFA, Omega-3- und Omega-6-Fett- samtcholesterinspiegel; es war höchstens ner MUFA-reichen Kost (> 20% der GEZ) säuren, auf den Energie-, Glukose- und
ein leichter triglyzeridsenkender Effekt im Vergleich zu Normalkost und fettarmer Fetthaushalt aufzuklären.
zugunsten der PUFA zu verzeichnen. Kost beobachten (14). Die Autoren der Durch Substitution einer SAFA-reichen DELTA-Studie, die bei einem 85-köpfigen Einfluss der einfach ungesättigten Kost mit MUFA oder PUFA ergab sich zu- Patientenkollektiv mit hoher Prävalenz Fettsäuren auf den Blutdruck
dem ein vergleichbarer cholesterin- von Stoffwechselanomalien und kardio- Die zur Behandlung der Hypertonie emp-
senkender Effekt, der sich in einer Ab- vaskulärem Risiko die typisch amerikani- fohlene DASH-Diät sieht eine reduzierte
nahme des LDL-Cholesterins um etwa sche SAFA-reiche Kost durch eine MUFA- SAFA-Zufuhr vor, wobei nicht eindeutig
0,65 mmol/l manifestierte (10). Aus die- reiche Kost ersetzten, beobachteten geklärt ist, ob SAFA eher durch Kohlenhy-
sen Beobachtungen schloss der interna- danach ebenfalls eine signifikante Ver- drate oder durch ungesättigten Fettsäu-
tional anerkannte Experte S.M. Grundy, besserung des Lipidprofils, die weit ren, vor allem cis-MUFA ersetzt werden
dass es keinen Anlass gebe, MUFA oder stärker ausfiel als unter einer kohlen- sollen. In einer kürzlich von M. Shah und
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Mitarbeitern publizierten Metaanalyse zeigte sich, dass von 10 randomisierten Studien (mit einer Laufzeit zwischen 3 und 16 Wochen) 5 keine Blutdruckdifferenzen zeigten, während bei den anderen 5 unter einer MUFA-reichen Ernährung eine leichte Senkung des systolischen Drucks nachgewiesen werden konnte, die bei der Gruppe mit kohlenhydratreicher Kost nicht auftrat (20). Bei 3 dieser Studien war die Blutdrucksenkung allerdings signifikant. In der einzigen Studie mit 328 hypertonen und prähypertonen Patienten (OMNI-Trial) wurde zwischen diesen beiden Kostformen dagegen keine signifikante Blutdruckdifferenz beobachtet (21). Zwar wurde in einer Subgruppe mit Hypertonikern im Stadium I eine systolische Blutdruckdifferenz von 2,9 mmHg gemessen, dies erwies sich jedoch nicht als signifikant. Anzumerken ist ferner, dass die 9 anderen Studien nur kleine Patientenkollektive mit 20 und 82 Probanden umfassten, die entweder gesund waren oder an Diabetes oder Hyperlipidämie litten. Obwohl die kohlenhydratreiche Kost mit Blutdruckwerten assoziiert war, die geringfügig über den Werten der MUFA-Gruppe lagen, sind die Autoren der Ansicht, dass diese ausgesprochen geringe Differenz keine neuen Ernährungsempfehlungen mit modifizierten Richtwerten für den Kohlenhydrat- und MUFA-Gehalt zur Behandlung der Hypertonie rechtfertige.
Einfluss der einfach ungesättigten Fettsäuren auf andere kardiovaskuläre Risikofaktoren
Der wichtigste Vertreter der MUFA, die Ölsäure, wurde mit einer Verbesserung verschiedener atherothrombotischer Parameter in Zusammenhang gebracht. Diese, der Ölsäure eigenen Effekte müssen von den positiven Wirkungen des Olivenöls unterschieden werden, denn diese sind nicht nur eine Frage des Fettes (22). Einerseits reduziert die Ölsäure die Expression von Adhäsionsmolekülen und verringert die Chemotaxis der Monozyten, die an der Frühphase der Atherosklerose beteiligt sind (23), andererseits haben etliche Studien auch signifikante Verbesserungen der Thrombozytenag-
gregation, der Koagulationsfaktoren (Faktor VII, Faktor Xa, Faktor XIIa und XIIc) und der Fibrinolyse (Senkung des PAI-1) nachgewiesen. Auf die Endothelfunktion, insbesondere die postprandiale Vasodilatation und die Freisetzung von Stickoxid, liess sich jedoch keine Wirkung nachweisen.
Einfluss einfach ungesättigter Fettsäuren auf das globale kardiovaskulöre Risiko
Aufgrund der Ergebnisse der im Oktober 1999 publizierten Nurses-Health-Studie gingen F.B. Hu und Mitarbeiter davon aus, dass der Ersatz von 5 Prozent SAFA durch MUFA das Risiko eines Koronarereignisses bei Frauen mittleren Lebensalters um 19 Prozent (p < 0,05) senken und sich bei Ersatz der SAFA durch PUFA sogar um 38 Prozent verringern müsste (24). In anderen prospektiven Studien zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zwischen dem SAFA-Verbrauch und dem kardiovaskulären Risiko (25–27). J. Xu et al. berichteten dagegen ebenso wie McGee und Mitarbeiter von einer Risikoerhöhung (25, 28). Diese sehr unterschiedlichen Ergebnisse aus den verschiedenen Beobachtungsstudien sind mit methodischen Mängeln behaftet, die eine Interpretation möglicher gesundheitsrelevanter Effekte der MUFA erschweren. Gleichzeitig scheint es, als sei die regelmässige Zufuhr einfach ungesättigter Fette wie der Ölsäure oder der Palmitoleinsäure nicht allein ausschlaggebend für die positiven Effekte der mediterranen Ernährung.
Einfluss der einfach ungesättigten Fettsäuren auf das Krebsrisiko
Die Hypothese eines Zusammenhangs zwischen Ernährungsfaktoren und Krebserkrankungen bleibt angesichts der epidemiologischen Daten bestehen, wobei hier vor allem die Fette in der Kritik stehen. Auch wenn zahlreiche Beobachtungsstudien eine negative Korrelation zwischen mediterraner Ernährung und Krebsinzidenz nachgewiesen haben, so bleibt die mögliche protektive Wirkung der MUFA noch ungeklärt, insbesondere beim Prostatakarzinom. Hingegen sind sich die Autoren darüber einig, dass es
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wichtig ist, die Fettzufuhr gesamthaft einzuschränken und das Körpergewicht unter Kontrolle zu halten (30–32).
Schlussfolgerung
Dieser Überblick zeigt, dass MUFA verschiedene wichtige kardiovaskuläre Risikofaktoren positiv beeinflussen. Die neuen Daten zur Regulierung des Scd1, des Schlüsselenzyms in der endogenen Synthese der MUFA sowie solcher Funktionen, die mit der Energieregulation sowie der Glukose- und Lipidhomöostase verbunden sind, eröffnen ungeahnte neue Perspektiven und wecken Hoffnungen auf weitere therapeutische Fortschritte in der Behandlung kardiometabolischer Störungen. Was die Rolle der MUFA betrifft, so existiert eine Fülle aussagekräftiger Erkenntnisse zu den positiven gesundheitsrelevanten Wirkungen der Ölsäure und der Palmitoleinsäure, auch wenn die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse den Evidenzkriterien noch nicht ganz genügen. Beim derzeitigen Wissensstand ist es daher sinnvoll, sich an den Empfehlungen des BAG zu orientieren und auf eine ausgewogene Zufuhr der Fettsäuren zu achten (33), die bei einem mittleren Kalorienverbrauch von 2000 kcal/Tag bei 20 bis 25 g SAFA, 20 bis 30 g MUFA und 6 g PUFA Omega-6- und 1,7 g PUFA Omega-3-Fettsäuren liegen sollte.
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. R. Darioli Policlinique médicale universitaire Rue du Bugnon 44 1011 Lausanne E-Mail: Roger.Darioli@hospvd.ch
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