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KONGRESSBERICHTE ZUM SCHWERPUNKT
SGML
Hypertrophe Narben und Keloide
Mit Laser gegen wucherndes Narbengewebe
Hypertrophe Narben und Keloide sind immer noch eine Herausforderung für Dermatologen. Lassen sich die Narbenwülste nicht mit Silikon-Druckverbänden oder Kortikoid-Injektionen bessern, bietet die Laserbehandlung – auch mit gleichzeitiger Einbringung von Kortikoiden in die Narben – Aussicht auf Erfolg.
Hypertrophe Narben und Keloide sind nicht nur hässlich bis entstellend, sie schmerzen und jucken auch häufig. Zudem können ausgedehnte Narbenareale beispielsweise durch Kontrakturen zu funktionellen Behinderungen führen. Auf Dauer gesehen entwickeln viele Betroffene durch Entstellung und Stigmatisierung auch erhebliche psychische Probleme. Hier gilt es, so früh wie möglich dieser Entwicklung entgegenzusteuern, betonte Dr. Lorenzo Pelloni aus Bellinzona auf der Jahrestagung der Schweizer Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML). Auch wenn sich Keloide und hypertrophe Narben makroskopisch ähneln und therapeutisch auch meist gleich angegangen werden, gibt es doch Unterschiede. So ist für die Entstehung von Keloiden eine genetische Disposition bekannt. Sie treten auch bei stärker pigmentierten Menschen häufiger auf als bei hellem Teint. Dennoch gehen die Experten heute davon aus, dass beide Narbenarten auf der gleichen fibroproliferativen Hautstörung beruhen, so Pelloni. Ausser genetischen Risikofaktoren gibt es auch noch weitere. Vor allem Sexualhormone in der Adoleszenz oder während einer Schwangerschaft können offenbar den Auf- und Abbau von Kollagenfasern, die Vasodilatation und die Entzündungsbereitschaft fördern. Hinzu kommen noch lokale mechanische Dehnreize, z.B. an Brust und Schulter, die die Ausbildung von Keloiden mitbedingen. Bei Menschen mit Vitamin D-Defizit und auch bei Patienten mit atopischer Dermatitis besteht ein erhöhtes Risiko für hypertrophe Narben. Trotz bester Operationstechnik bzw. Wundmanagement plus frühem Einsatz von Silikonverbänden kann sich also eine hypertrophe Narbe bzw. ein Keloid einstellen. Um diese so klein wie möglich zu halten bzw. weicher, dünner und blasser zu gestalten, solle möglichst früh behandelt werden, so das Credo von Pelloni.
Dafür eignet sich auch die klassische, streng intraläsionale Injektion von Kortikoiden, die als Mittel der ersten Wahl gilt. Denn die Glukokortikosteroide reduzieren die Kollagen- und Glykosaminoglykan-Synthese und hemmen die Fibroblastenproliferation. Neben der bekannten antiinflammatorischen Wirkung von Glukokortikosteroiden kommt es zur Hemmung der iNOS-Transkription (inducible form of NO-Synthase) mit Herabsetzung der Kollagenproduktion in Fibroblasten und Hemmung der Synthese von α2-Makroglobulin, einem Inhibitor der Kollagenase. Nachteil: diese Injektionen sind sehr schmerzhaft. Am besten wirkt diese Massnahme bei frischen, aktiven, das heisst noch hellroten und eventuell auch subjektiv juckenden oder schmerzhaften Narben. Bei Risikopatienten kann auch eine prophylaktische intraoperative Injektion direkt in die Wundränder in einer Dosierung von 1 mg Triamcinolon pro Zentimeter erwogen werden.
Lasern: ablativ oder nicht?
Zu den First-Line-Behandlungsoptionen bei Narben werden heute die Lasertherapien gezählt. Auch hier kann früh nach der Verletzung mit der Behandlung begonnen werden. Bei der Frage «Wie früh?» gingen die Meinungen auseinander, sie schwankten von «nach einer Woche» bis zu «nach einem Monat», wie Pelloni berichtete. Zur Verfügung stehen verschiedene Lasertechniken, auf die Pelloni näher einging.
Ablative fraktionierte Laserbehandlung
Zur Behandlung von pathologischen Narben hat sich bei den ablativen Lasern (CO2, Er:YAG, Er:YSGG und Thulium-Laser) das fraktioniere Vorgehen etabliert. Dabei verbleibt zwischen den Ablationszonen jeweils vitales Gewebe, welches die spezifische Effektivität des Verfahrens bei geringer Nebenwirkungsrate sicherstellt. Eine spezifische spatiotemporale Wund-
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Tabelle:
Hypertrophe Narbe und Keloid: klinische und histologische Merkmale
Merkmal
Hypertrophe Narbe
Inzidenz
häufig
Ausdehnung
auf ursprüngliche Verletzung beschränkt
Auftreten
< 6 Monate nach Verletzung
Rückbildung
häufig
vorausgegangene Verletzung Ja, meist auf den Bereich der Verletzung
begrenzt
Lokalisation
gesamtes Integument
genetische Prädisposition
nicht bekannt
Histologie
s α-Actin positive Myofibroblasten
s Kollagenfasern in wellenförmigen
Mustern, parallel zur Epidermis
angeordnet
Keloid
selten, steigt mit zunehmender Hautpigmentierung
wächst über ursprüngliche Läsion hinaus
> 6 Monate nach Verletzung
nein
ja, oftmals vom Patienten unbemerkte «Minimaltraumata» (z. B. Follikulitis, Kratzexkoriation oder Insektenstich); Ausdehnung über die Primärverletzung hinaus
gesamtes Integument, häufig Ohrläppchen, Sternum, Nacken
ja
s verminderte Apoptose – vermehrte
Gefässbildung s dicke Kollagenfasern teils parallel zur Epidermis, teils knotig angeordnet s zellarm im Zentrum ➔ Hyalinisierung
Quelle: Nast A et al. S2k-Leitlinie Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide) – Update 2020. J Dtsch Dermatol Ges. 2020. https://doi. org/10.1111/ddg.14279
heilungssequenz, bei der den Hitzeschockproteinen in der die Ablationskanäle umgebenden Epidermis eine entscheidende Funktion zukommt, sorgt für epidermale und dermale Restrukturierung. Dabei normalisieren sich die zellulären und bindegewebigen Strukturen, die Gefässe, Nerven und wahrscheinlich auch das lokoregionäre Immunsystem. Meist vermindern sich durch dieses Vorgehen die Narbendicke, die Pigmentierung sowie Juckreiz und Rötung, und weicher werden die Narben auch. Damit kann zum Beispiel bei Kontrakturen der funktionale Aspekt verbessert werden.
LADD: Löcher stanzen, Topikum drauf
Das ablative fraktionierte Lasern kann auch dazu genutzt werden, um Wirkstoffe in die Haut jenseits des Stratum corneum einzubringen. Bei dieser Laser assisted Drug Delivery (LADD) werden zunächst fraktioniert die Läsionen gesetzt, dann wird der Wirkstoff als Externum aufgetragen – beispielsweise Kortikoide. Wie Pelloni berichtete, werde mit topischem Triamcinolon eine ebenso gute Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs wie bei der intraläsionalen Injektion erreicht, allerdings deutlich schmerzärmer.
Nicht ablative Laserbehandlung
Auch nicht ablative Laser kommen bei der Narbenbehandlung zum Einsatz. Bei den Farbstofflasern wird durch die Laserkoagulation die Gefässversorgung vermindert. Damit kommt es im Narbengewebe konsekutiv zur Hypoperfusion und Hypoxie. Die Laser-Intervention führt auch zu einem Remode-
ling der Kollagen- und Elastin-Fasern. Die Folge: die Narben gehen zurück. Auch die Pigmentation verbessert sich, da normale Melanozyten von den Rändern der hitzekoagulierten Stellen einwandern. Darüber hinaus wurde über eine Reduktion der Transforming-Growth-Factor (TGF)β1-Expression und Fibroblastenproliferation, Hochregulation von MMP-13 (Kollagenase 3), Induktion der Fibroblastenapoptose und Hochregulation der ERK (extracellular signal-regulated kinase) und der p38-MAP-Kinase-Aktivität nach flashlamp-pumped pulsed dye laser (FPDL) Anwendung berichtet. Für die nicht-ablative Lasertherapie kommt auch der Nd:YAG-Laser (1064 nm) in Betracht. Der Wirkungsmechanismus beruht vermutlich auf der Schädigung tiefer dermaler Gefässe mit konsekutiver Reduktion der Kollagenproduktion durch die Fibroblasten.
Fazit
Die Narbentherapie bleibe eine Herausforderung für
den Dermatologen, so das Fazit von Pelloni. Nach
Möglichkeit sollte pathologischen Narben vorge-
beugt werden. Falls das nicht erfolgen kann, ist eine
frühe Behandlung entscheidend, um die Narben klei-
ner, blasser und weicher zu machen. Dabei kommt
den Laser-Behandlungen eine immer grössere Be-
deutung zu.
s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Kongress der Schweizer Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML) «Laser and Procedures Zurich» am 23. Januar 2023 in Zürich.
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