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LITERATUR ZUM SCHWERPUNKT
HPV-Impfung
Schutz vor Zervixkrebs epidemiologisch belegt
Die HPV-Impfung wirkt: Wenn Mädchen mit 13 Jahren gegen HPV geimpft werden, lassen sich im Erwachsenenalter kaum noch Neoplasien im Gebärmutterhals nachweisen.
Humane Papillomaviren (HPV) verursachen gemeine Warzen, Genitalwarzen (= spitze Feigwarzen, Condylomata acuminata) und sind ein Hauptauslöser des Gebärmutterhalskarzinoms. Gegen viele Subtypen kann man bekanntlich impfen.
HPV-Impfung verringert Kondylomrate
Das funktioniert auch bei den gynäkologisch bedeutsamen HPV-Stämmen. Mitte der 2000er-Jahre wurden die ersten Impfstoffe gegen HPV zugelassen, und schon bald folgten grosse Impfprogramme bei jugendlichen Mädchen, beispielsweise in Australien und Grossbritannien. So konnte schon nach wenigen Jahren nachgewiesen werden, dass die Rate an Kondylomen deutlich zurückging.
Lässt die HPV-Impfung die Krebsrate sinken?
Der Nachweis für das Zervixkarzinom stand aber naturgemäss noch aus, da es sich in der Regel erst im höheren Lebensalter manifestiert. Etwas früher treten intraepitheliale Neoplasien in der Zervix auf. Epidemiologen aus London wollten nun wissen, ob die seit 2008 etablierte HPV-Impfkampagne bei den Mädchen in England inzwischen Wirkung im Hinblick auf die Raten von Zervixkarzinomen und ihren Vorstufen, den zervikalen intraepithelialen Neoplasien Grad 3 (CIN3), gezeigt hat. Dazu wertete die Studiengruppe unter der Leitung von Dr. Milena Falcaro Daten aus einem Krebsregister zu Gebärmutterhalskrebs und CIN3 bei Frauen im Alter von 20 bis 64 Jahren aus. Es wurden 3 geimpfte Kohorten gebildet, um Unterschiede beim Alter, in dem der Impfstoff angeboten wurde, und bei der nationalen Abdeckung zu berücksichtigen. Es kamen Daten aus insgesamt 13,7 Millionen Jahren Nachbeobachtung von Frauen im Alter von 20 bis unter 30 Jahren zur Auswertung. Die geschätzte rela-
tive Verringerung der Gebärmutterhalskrebsraten nach Alter bei Impfung im Vergleich zur ungeimpften Referenzkohorte betrug s 34 Prozent (95%-Konfidenzintervall [KI]: 25–41) für
16- bis 18-Jährige (Schuljahr 12–13) s 62 Prozent (95%-KI: 52–71) für 14- bis 16-Jährige
(Schuljahr 10–11) s 87 Prozent (95%-KI: 72–94) für 12- bis 13-Jährige
(Schuljahr 8).
Je früher, desto besser
Die Risikoreduzierungen für CIN3 betrugen
s 39 Prozent (95%-KI: 36–41) für das Impfalter von 16
bis 18 Jahren
s 75 Prozent (95%-KI: 72–77) für 14 bis 16 Jahre
s 97 Prozent (95%-KI: 96–98) für 12 bis 13 Jahre.
Diese Ergebnisse blieben in allen Modellen ähnlich.
Bis zum 30. Juni 2019 gab es in den geimpften Ko-
horten schätzungsweise 448 (339–556) Gebärmutter-
halskrebsfälle weniger als erwartet und 17 235
(15 919–18 552) Fälle von CIN3 weniger als erwartet.
Fazit der Autoren: Bei jungen Frauen konnte nach
der Einführung des HPV-Impfprogramms in England
ein erheblicher Rückgang von Gebärmutterhalskrebs
und der Inzidenz von CIN3 beobachtet werden. Be-
sonders eindrucksvoll war der Rückgang bei Frauen,
denen der Impfstoff im Alter von 12 bis 13 Jahren
angeboten wurde. Durch das HPV-Impfprogramm
konnte Gebärmutterhalskrebs bei jungen Frauen, die
nach dem 1. September 1995 geboren wurden, fast
eliminiert werden.
s
Angelika Ramm-Fischer
Falcaro M et al.: The effects of the national HPV vaccination programme in England,UK, on cervical cancer and grade 3 cervical intraepithelial neoplasia incidence: a register-based observational study. The Lancet. 2021;398(10316):2084-2092.
30 SZD 1/2022