Transkript
EADV
Prävention und Therapie anogenitaler Warzen
Naht das Ende der Feigwarzen?
Die HPV-Impfung ist dabei, den von humanen Papillomaviren (HPV) hervorgerufenen anogenitalen Warzen den Garaus zu machen. Neue Behandlungsmöglichkeiten würden deshalb nicht benötigt, sagte Dr. Claudia Heller-Vitouch, Wien (A), am virtuellen EADV-Kongress 2020.
Anogenitale Warzen entstehen in über 95 Prozent der Fälle durch eine Infektion von Keratinozyten mit den nicht onkogenen HPV-Typen 6 und 11. Die Inkubationszeit beträgt bei Frauen durchschnittlich 2,9 Monate, bei Männern 11,8 Monate. HPV-Viren sind sexuell hoch ansteckend. Nach elfmaligem Sexualverkehr muss mit praktisch 100-prozentiger Transmission vom Mann zur Frau gerechnet werden. Die Verwendung von Kondomen reduziert das Ansteckungsrisiko. Anogenitale Warzen sind harmlos und beeinträchtigen die Fertilität nicht. Die Infektion kann aber erhebliche psychosexuelle Auswirkungen haben (z. B. Angst, Schuldgefühle, Scham, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, Sorgen bezüglich Fertilität). Es ist wichtig, Patienten mit detaillierten Informationen über ihre sexuell übertragene Krankheit zu versorgen. Schriftliche Patienteninformationen können bei den Internetadressen www.iusti.org oder www.eadv.org heruntergeladen werden.
Therapie anogenitaler Warzen
Die europäische Guideline der International Union against Sexally Transmitted Infections (IUSTI) empfiehlt zur topischen Behandlung durch die Patienten selbst (1): • Podophyllotoxin als Lösung 0,5% (Condyline®) oder als
Creme 0,15% • Imiquimod-Creme 5% (Aldara™) • Sinecatechine als Salbe 10% (Veregen® 10%, mit Trocken-
extrakt aus Grünteeblättern). Podophyllin (20 – 25%) ist ein nicht standardisierter Pflanzenextrakt, der auch potenziell mutagene Stoffe enthält und bei topischer Anwendung schwere systemische Nebenwirkungen hervorrufen kann. Podophyllin ist weniger wirksam als Podophyllotoxin und sollte nicht mehr verwendet werden. Zu den empfohlenen Behandlungen, die vom Arzt angewendet werden, gehören (1):
Differenzialdiagnosen anogenitaler Warzen
• Pearly Penile Papules («Hornzipfelchen» an der Corona glandis)*
• Fordyce Spots (Fordyce-Drüsen, freie Tagldrüsen)*
• Condylomata lata (Syphilis)
• Mollusca contagiosa
• Scabies
* Pearly Penile Papules und Fordyce Spots sind völlig harmlos, haben nichts mit anogenitalen Warzen zu tun und sollten nicht überbehandelt werden.
(nach Claudia Heller-Vitouch)
• Kryotherapie • Trichloressigsäure-Lösung 80% bis 90% • chirurgische Behandlungen (z. B. Exzision, Elektrokauteri-
sierung, Laserablation).
Prophylaxe anogenitaler Warzen
Die HPV-Impfung wird die Inzidenz anogenitaler Warzen
stark reduzieren. Bei hoher Durchimpfung mit dem 9-valen-
ten Impfstoff (Gardasil®9) könnte schon in einigen Jahren
erreicht werden, dass bei Adoleszenten und jungen Erwach-
senen kaum mehr genitale Warzen diagnostiziert werden
müssen. Auf die Frage, ob HPV-Impfungen nach der Behand-
lung anogenitaler Warzen Rezidive verhindern können, gibt
es noch keine abschliessende Antwort. Im Rahmen einer
Metaanalyse zu dieser Frage konnten lediglich zwei Studien
mit 656 Probanden ausgewertet werden (2). Die Metaana-
lyse ergab für die Impf- und Kontrollgruppen ähnliche Rezi-
divraten anogenitaler Warzen.
Derzeit wird eine neue randomisierte, kontrollierte Studie
mit vier Gruppen von je 125 Erwachsenen mit anogenitalen
Warzen durchgeführt (3). Gruppe A erhält Imiquimod-
Creme (5%) für 16 Wochen und 3 Impfungen mit der 4-va-
lenten HPV-Vakzine Gardasil®. Gruppe B erhält Podophyl-
lotoxin-Creme (0,15%) für 4 Wochen und ebenfalls die 3
Verum-Impfungen. Gruppe C erhält Imiquimod und 3 Plaze-
boimpfungen (Kochsalzlösung). Gruppe D erhält Podophyl-
lotoxin und 3 Plazeboimpfungen. In dieser Studie werden die
topischen Behandlungen mit Imiquimod-Creme bzw. Podo-
phyllotoxin-Creme direkt miteinander verglichen; zudem
wird untersucht, ob die HPV-Impfung von therapeutischem
oder Rückfall-prophylaktischem Nutzen ist.
s
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Gilson R et al.: 2019 IUSTI-Europe guideline for the management
of anogenital warts. J Eur Acad Dermatol Venereol 2020; 34: 1644–1653. 2. Husein-ElAhmed H: Could the human papillomavirus vaccine prevent recurrence of ano-genital warts?: a systematic review and meta-analysis. Int J STD AIDS 2020; 31: 606–612. 3. Murray M et al.: Human papillomavirus infection: protocol for a randomised controlled trial of imiquimod cream (5%) versus podophyllotoxin cream (0,15%), in combination with quadrivalent human papillomavirus or control vaccination in the treatment and prevention of recurrence of anogenital warts (HIPvac trial). BMC Med Res Methodol 2018; 18: 125.
Quelle: «New developments in the management of genital warts», Vortrag von Claudia Heller-Vitouch, Wien, am virtuellen EADV-Kongress, 29. Oktober 2020, Präsentation D1T04.2C.
26 CongressSelection Dermatologie | Januar 2021